Mitte Januar segelten die Mails durch die Lande. "Boykottiert Aldi und Lidl" forderten anonyme Friedensfreunde. Die beiden Discounter hätten es nicht anders verdient, schließlich spendeten sie einen Teil ihrer Einnahmen nach Israel. Unterschrift "Eure Schwester".
Aldi spendet für Israel? Nunja, wo die Sozialdemokratie für die Commerzbank spendet und die Slowakei für China ist auch das denkbar. Aber ist es wirklich wahr?
Darauf kommt es gar nicht an. Auch ohne Quellenangabe oder irgendwelche Belege verbreitete sich der Boykottaufruf auf der Welle der Friedensbegeisterung der Deutschen wie von selbst. Katholiken und Muslime waren empört, die großen Zeitungen konnten natürlich kein Wort darüber schreiben, weil Aldi und Lidl ihre größten Anzeigenkunden sind.
Also auch keine Richtigstellung. Also noch mehr Leute, die die Mail verbreiteten, um das "Morden der Israelis" (Halleforum) durch ein verändertes eigenes Einkaufsverhalten umgehend zu stoppen.
Hauptsache ein Feindbild, am besten ein möglichst monströses, anonymes, gern auch eingebildetes wie die Bilderberger, am liebsten natürlich Juden oder Amerikaner, zur Not aber eben auch ein deutscher Discounter. Was früher der "militärisch-industrielle Komplex", danach die Neoliberalen und noch später George Bush, sind nun plötzlich der Heilbronner Kaufmann Dieter Schwarz und die beiden Brüder Karl und Theo Albrecht.
Heute, 70 Jahre und drei Monate nach der Reichskristallnacht, hängt Aldi in Berlin Schilder aus, auf denen der Konzern erklärt, er habe nicht gespendet und er werde nicht für Israel spenden.
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