Halle, August, die Sonne scheint. Der HFC spielt gegen den FC Sachsen. Unentschieden. Halle, Oktober, ein Herbstwind bläst. Der HFC spielt gegen Türkiyemspor. Unentschieden. Halle, Oktober, ein schöner Spätsommertag. Der HFC spielt gegen Chemnitz. Unentschieden. Halle, Dezember, es nieselt. Der HFC spielt wieder. Natürlich unentschieden.
Auch gegen Wolfsburgs Reserve, die achte Regionalligamannschaft, die in der laufenden Saison nach Halle gereist ist, hält die Serie des Halleschen Fußballklub, der früher einmal "Chemie" hieß: Standesgemäß trennen sich die Niedersachsen und die Sachsen-Anhalter 0:0, nachdem sie 1408 Zuschauer zuvor neunzig Minuten gnadenlos mit der Art Antifußball gequält hatten, der Italien 1982 in Spanien zum Weltmeistertitel verhalf.
Hinten steht die Null, vorn ist nicht so wichtig. Nach dem überraschenden Auswärtssieg beim Aufstiegsaspiranten Babelsberg vor drei Tagen hätte Halles Trainer Sven Köhler Kurs auf die Tabellenspitze nehmen können. Doch ein sicherer dritter Platz, eine Fortsetzung der Serie von nunmehr 16 ungeschlagenen Spielen hintereinander und die Verteidigung des Titels "einzige ungeschlagene Mannschaft aller vier oberen Ligen" ist dem Trainerneuling lieber als eine Nacht auf dem Ligathron.
Halle beginnt also wie immer mit zwei defensiven Mittelfeldspielern und langen Bällen auf die beiden Offensivkräfte Stark und Neubert. Letzterer, eine Art fußballernder eiserner Holzfäller, hatte am Mittwoch zum zweiten Mal seit dem Ende der Freibadsaison das gegnerische Tor getroffen. Doch die Hoffnung, damit sei eventuell nun endlich der imaginäre Knoten geplatzt, der den eisernen Heinrich an ein Schicksal als Chancentod bindet, erweisen sich auf dem nassen, tiefen Rasen des maroden Kurt-Wabbel-Stadions als vorschnelle Euphorie. Thomas Neubert bleibt seinem Stil treu: Er hetzt wie von Furien gejagt über den Platz, sammelt Kilometer, als bekomme er Lufthansa-Bonusmeilen dafür. Doch sobald ein Ball in seine Nähe springt, scheint es, als habe ihm der Mannschaftsarzt die Füße falschherum angeschraubt.
Ein Stöhnen und Mitleiden ist das auf den Rängen, die den kämpfenden Riesen liebevoll "Neubi" rufen, aber dennoch einen Stürmer herbeisehnen, der weniger als 600 Minuten Anlauf braucht, um das Tor zu treffen.
Dass das hier heute nichts Großes wird, weder hier, noch da, weiß auch der Wolfsburger Trainer Bernd Hollerbach schon zur Halbzeit. Der Ex-Profi aus Hamburg hat sich für die Ost-Exkursion einen Hausmeister-Kittel übergezogen. Das Arbeitsethos des Gewandes färbt offenbar ab: Nimmermüd hilft Hollerbach dem unsicheren Schiedsrichtergespann beim Einwinken von Abseitsstellungen und Entscheidungen über die Verteilung von Einwürfen.
Mehr ist auch nicht zu tun, abgesehen davon, dass Schiedsrichter Sascha Thielert einen regulären Treffer von Thorsten Görke aberkennen muss, nachdem Halles Mittelfeld-Chef einen viel zu kurzen Abstoß von Wolfsburgs Torwart Platins genommen und ins Netz geschoben hatte. Wäre ungerecht gewesen, durch so ein Tor zu gewinnen.
Schließlich sind das hier nicht die Bayern. Sondern bloß die Hallenser, die nach dem Mauerfall in die 2. Bundesliga aufstiegen, um von dort aus über mehr als ein Jahrzehnt hinunterzutauchen in die Kick-Kloaken der fünften Liga.
Glück, dass es den Verein überhaupt noch gibt. Glück, dass er seit einiger Zeit ständig auswärts siegt. Zu Hause reichen dann regelmäßige Remis, auch Halles Trainer Köhler: "Es war für uns das dritte Spiel in Folge, welches wir auf schweren Boden bestreiten mussten", sagt der Ex-DDR-Nationalspieler, dem der Ball ein Freund, Interviews aber ein Graus sind. Da müsse man zufrieden sein. Ist man ja. Sechs von acht Heimspielen wurden diese Saison nicht gewonnen. Aber auch keines verloren. Ganze acht Tore haben die Serienkiller von der Saale vor eigener Kulisse geschossen. Aber auch nur sechs reinbekommen. Jetzt kommen zwei Auswärtsspiele. Quasi sichere sechs Punkte.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
3 Kommentare:
liebe hfcer, ihr habt thomas "fußballgott" neubert noch nicht begriffen. er macht keine stinknormalen tore! das kann jeder. sein ding ist es ausschließlich, unmögliche vorlagen in noch unmöglicheren situationen genau dann zu verwerten, wenn niemand es ihm zutraut (wahrscheinlich nichteinmal er selber). wir in dresden können ein lied davon singen und lieben ihn deshalb auch so. sport frei!
als fan dürfte man nach dem video zur selbstentleibung neigen - zum glück bin ich nur, nun ja, liebhaber.
@ vorstopper: wir mögen den thomas, ehrlich. hätten wir noch einen zweiten mann da vorn, der die tore macht, wäre er längst publikumslieling.
@webmaster: wir sind hier schlimmeres gewöhnt aus den letzten jahre. schön daran ist, dass man ihm mit der kamera problem los folgen kan ;-)
Kommentar veröffentlichen