Greller die Glocken nie klingen als beim Weihnachtssingen des halleschen Klubs Objekt 5, das alljährlich in der stillen Zeit die Illusion nährt, Halle, die marode Großgemeinde im Süden des westlichsten aller östlichen Bundesländer, könne nicht nur von sich behaupten, eine Kulturstadt zu sein. Sondern auch den Beweis dafür antreten. So viel Talent unterm Volk am Saalestrand. Länger als ein Jahrzehnt schon schlüpfen zum Jahresende ganz gewöhnliche Hallenser in die Haut ganz gewöhnlicher Superstars, um in einer Art Karaokeshow all die großen Namen in die kleine Stadt zu holen, die sich hier dank der unermüdlichen Bemühungen der Politik zum dauerhaften Kulturabbau schon seit langer Zeit nicht mehr selbst sehen lassen.
Nicht weiter schlimm, denn Ronan Keating, die Beatles, Amy Winehouse, David Bowie und allerlei anderes Volk aus dem Traumland Pop könnten selbst nicht viel selbstähnlicher sein als ihre ehrenamtlichen Vertreter. Die agieren anno 2008 unter einem nebelverhangenen Londoner Himmel, flankiert von Union Jack und Königin Elisabeth, singen aber deshalb nicht gleich nur Englisches oder gar nur in Englisch. Kurt Cobain entbietet aus dem Grab Grüße aus den befreiten Kolonien, Cora singt von Amsterdam, Udo Jürgens kredenzt "Griechischen Wein". Hört sich alles verblüffend echt an, nur gelegentlich ist den Akteuren anzumerken, dass sie ihr Geld nicht damit verdienen, Jimmy Sommerville oder die Beatles zu sein.
Kurzweile ohne Eile, unterhaltsam moderiert von einem wiederauferstandenen Händel in wadenfreien Beinkleidern. Es geht irgendwie manchmal um die Finanzkrise, irgendwie immer um Eric Clapton, Oasis, Blur, die Kinks und die Stones müssen draußen bleiben, dafür dürfen Alt-Internationale wie Heart mit epochalen Stücken wie "Barracuda" andeuten, dass es eine Zeit gegeben haben muss, in der Musik die Hitparaden dominierte und nicht Casting-Quatsch aus der Fast-Pop-Fabrik. Im Abspann läuft dann Led Zeppelin, der Saal stinkt, als hätte es nie einen Politiker gegeben, der das Wort "Rauchverbot" als Chance auf seine Wiederwahl begriffen hat. Es geht noch lange keiner nach Hause.
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