Ein paar helle Sekunden im Öffentlich-Rechtlichen: Wahrscheinlich durch einen Fehler eines Mikrophonträgers beschreibt Michael Klonovsky im Deutschland-Radio ein Phänomen der deutschen Gegenwart. Ausnahmsweise zutreffend, und völlig im Gegensatz zu dem, was hierzulande allgemein als richtig zu gelten hat, sobald die Kameras und Mikrophe angeschaltet sind.
Ein Gutteil des vermeintlichen Kampfes gegen "rechts" ist nichts weiter als ein seelisches Wellnessprogramm für seine Betreiber. Gegen "rechts" zu kämpfen, schafft definitiv ein gutes Gefühl. Schließlich weiß man ja heutzutage nicht mehr so genau, wofür und wogegen man zu sein hat, die Globalisierung ist zu anonym, George Bush oder Sarah Palin sind zu weit weg, die Klimakatastrophe ist unzuverlässig, Hitler letztlich nun doch irgendwie tot, und die Mülltrennung allein bringt das emotionale Gleichgewicht auch nicht ins Lot - also engagiert man sich gegen "rechts".
Vom Mitte-links-Politiker bis zum Hausbesetzer, von der alternden TV-Diva bis zum Moderator, vom Gewerkschaftsfunktionär bis zum Fußballprofi: Man warnt vor den Rechten und ihren Rucken, rockt gegen "rechts", zeigt Gesicht gegen "rechts" und meint damit so ziemlich alles Böse auf der Welt.
Mancher, der die fröhlichen Jagdszenen auf Teilnehmer des sogenannten Anti-Islamisierungskongresses in Köln gesehen hat, die lustvoll empörten Gesichter derjenigen, die den autonomen Mob beim Steinewerfen und Prügeln anfeuerten, fühlte sich an Bilder von amüsierten Menschenmengen erinnert, die während der chinesischen Kulturrevolution Prozessionen von "Rechtsabweichlern" flankierten, oder die 1938 in Wien zusahen, wie Juden die Straße schrubben mussten: das gleiche herdenhafte Wohlbehagen, die gleiche angemaßte Rechtschaffenheit, das gleiche restlos gute Gewissen.
Von Letzterem zeugte auch das Vokabular, welches die politischen Redner wählten: "Nazidreck", "verfaulte Clique", "braune Exkremente", "Pest". Und dass eine TV-Reporterin versehentlich das Horst-Wessel-Lied zitierte - "gegen die Rechten", sprudelte es aus ihr, seien in Köln "die Reihen fest geschlossen" gewesen - rundet die Assoziation feinstens ab: Die Volksgemeinschaft formiert sich zur Bekämpfung der Volksgemeinschaft. Dass hier diverse Grundrechte verletzt wurden, zum Beispiel jenes auf Versammlungsfreiheit - wen schert das noch bei so viel Gruppenseligkeit?
"Gott ist widerlegt, der Teufel nicht", heißt eine Notiz aus dem Nachlass von Friedrich Nietzsche. Wenn wir schon keinen Gott mehr haben, dann muss es wenigstens den Teufel geben. Und einer muss ihn verkörpern. Diese Gesellschaft wird von nahezu nichts mehr zusammengehalten, sie braucht einen kleinsten gemeinsamen Nenner des zu Verabscheuenden, zu Bekämpfenden. Vor allem dafür steht der "Kampf gegen rechts". Es ist ein Kampf gegen einen angeblich die Gesellschaft als solche bedrohenden, aber in Wirklichkeit schwer greifbaren Gegner. Die meisten, die sich dabei hervortun, haben ja noch nie einen Rechten, geschweige einen veritablen Neonazi gesehen. Das Risiko, sich bei diesem Kampf eine Beule zu holen, tendiert also erfreulich gegen Null, während die Lorbeeren garantiert sind.
Jährlich gibt der Bund 24 Millionen Euro für Projekte gegen Rechtsextremismus aus. Zwischen 2001 und 2006 habe die Bundesregierung mit fast 200 Millionen Euro "Initiativen gegen rechts" gefördert, meldete der "Spiegel" vor zwei Jahren und ergänzte - Zitat: "Weitere Millionen stehen bereit - obwohl keiner weiß, was die bisherigen Projekte genützt haben." Nun, womöglich ist tatsächlich der eine oder andere Skinhead resozialisiert worden, aber eines haben die Projekte mit Sicherheit bewirkt: Sie haben ihren Betreibern ein gutes Gefühl verschafft. Und da viele Linke und Linksextreme, die sich gegen "rechts" produzieren, sonst dem Staat direkt auf der Tasche liegen würden, darf zudem von ABM-Maßnahmen gesprochen werden.
Zum Kampf gegen "rechts" gehört, dass rechts, rechtsradikal und rechtsextrem als dasselbe zu gelten haben. Wenn alle Kämpfer gegen "rechts" auf echte Neonazis verteilt würden, sie müssten busladungsweise bei jedem Einzelnen anreisen. Aber um die tatsächlichen Neonazis kümmern sich ja die wenigsten davon. Tatsächliche Neonazis sind nicht nur selten, sondern intellektuell viel zu unterbelichtet und unappetitlich, aus einer Distanzierung von denen lässt sich wenig moralisches Kapital schlagen, und außerdem ist der Direktkontakt nicht ungefährlich. Lieber kämpft man symbolisch gegen ihre "Hintermänner", gegen den vermeintlichen "Extremismus der Mitte", den "Stammtisch" und ähnliche Windmühlen. "Wie begierig der Mainstream das rechtsradikale Rinnsal zu vergrößern sucht", konnte sich bereits 1993 der Dichter Botho Strauß wundern, und prompt wurde Strauß dann vom Mainstream dem Rinnsal zugeschlagen. So wird aus einem Polizeiproblem am Rande der Gesellschaft ein Problem der Gesellschaft schlechthin, für das jeder haftet.
Der Kampf gegen "rechts" wird an Dringlichkeit zulegen, je mehr Linksparteiler in den Parlamenten sitzen. In Wirklichkeit richtet er sich längst auch gegen jede Art von Konservatismus und bürgerlicher Mitte und treibt sogar die CDU vor sich her - die folglich auch selber schon brav gegen "rechts" kämpft. Wer will schließlich schon zum Abschuss freigegeben sein?
Michael Klonovsky, Jahrgang 1962, ist Journalist, Romanautor und Essayist. Er arbeitet als Chef vom Dienst bei "Focus". 1990 erhielt er den "Wächterpreis der Tagespresse". www.michael-klonovsky.de
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11 Kommentare:
ich wollte es gerade posten :-)
Die Blockflöte holt zum Rundumschlag gegen alles linke aus, wie niedlich.
Es ist zur Zeit äusserst amüsant konservative Blogs zu lesen.
Der Neoliberalismus neigt sich dem Ende und die Verfechter winden sich im Todeskampf...
und danach kommt was? der sozialismus? mach dich nicht lächerlich
1.) ich habe einen rundumschlag gegen alles dumme, selbstgefällige gewesen.
2.) konservativ hat uns noch keiner genannt. ein neues etikett - prima.
3.) wir haben vor, uns noch eine weile zu winden, auch wenn wir keine verfechter von irgendwas sind :-)
Entweder man ist gewesen oder man hat gelesen.
und ich habe eben gewesen - mach das mal nach.
der begriff "linke mitte" ist schon ein brüller für sich. man will links sein, aber nicht links, sondernin der mitte. wasch mich, aber mach mich nur nicht nass. gibt es eigentlich tapfere mutlosigkeit? und häßliche schönheit? schlaue dummheit? eine rechte mitte?
Niedlich finde ich, wie ihr Euch immer wie die Betriebsparteileitung (wahlweise auch eine Horde Stabü-Lehrer) auf diejenigen stürzt, die euren Blog nicht nur zu lesen, sondern auch zu kommentieren (und dann auch noch kritisch) wagen. Gelernt ist gelernt?
Niedlich ist auch, wie ihr (ich komme mal zum ursprünglichen Blogeintrag) versucht, den Eindruck zu erwecken, dies wäre eine unterdrückte Einzelmeinung im linksdominierten Medienmainstream. Großes JF-Kino! Ich bitte Euch, Artikel / Beiträge dieser Art erscheinen im Wochentakt in FAZ, Focus, Rheinischen Merkur, mithin alles bundesrepublikanische Leitmedien.
Zum Artikel selber: Köln is not Magdeburg! Hier marschieren in gespentischer Formation 1000 Neonazis durch die Stadt und es findet sich ein Häuflein von 300 aufrechten Bürgern. Die Polizei hat nichts besseres zu tun, als ein buntes Häufchen Konfetti schmeißender Jugendlicher (linke Mitte?) mit Pfefferspray anzugreifen, weil die nach der Wende importierten Polizeigeneräle (mithin alles stramm rechte SPD-Männer - ja so etwas gibts liebes PPQ!) MD 2008 mit Wackersdorf/Hamburg in den achtziger Jahren verwechseln. Quasi als Sähnehäubchen obendrauf werden die Nazis ohne Not und Einschränkung der Versammlungsfreiheit am Synagogendenkmal (ihr habt jemanden dabei, der die deutsche Geschichte wie kein Zweiter kennt..., na der kann sicher erklären, warum in MD statt einer Synagoge nur noch ein kleines Denkmal steht) vorbei geführt, und einzig die hier oft und fleißig geschmähten Anti-Rechts-Initiativen finden das problematisch. Passt alles nicht in Eure Klischees, ich weiß, deshalb jammert ihr hier ja seit Wochen mit ProKöln um die Wette...
Kleiner Nachtrag zu den Realitäten in Sachsen-Anhalt abseits der PPQ-Bildschirme (aus dem linksmittigen Tagesspiegel):
Extreme Gewalttat in Dessau
Im sachsen-anhaltinischen Dessau sollen zwei Männer einen Obdachlosen völlig enthemmt totgeprügelt haben. Die Staatsanwaltschaft plant Anklage wegen Mordes - außerdem gibt es Anzeichen, dass die Schläger aus rechtsextremer Gesinnung handelten.
Von Frank Jansen
23.10.2008 0:00 Uhr
Berlin - Sie schlugen wie von Sinnen auf das Opfer ein. Den Tätern reichten ihre Fäuste nicht, sie misshandelten den 50-jährigen Mann auch mit einem Abfallbehälter aus Metall. Was sich in der Nacht zum 1. August nahe dem Bahnhof Dessau abgespielt hat, regt den erfahrenen und eher spröden Oberstaatsanwalt Christian Preissner bis heute auf. „Ich bin immer noch emotional betroffen“, sagt der Sprecher der Dessauer Staatsanwaltschaft. Er war in der Tatnacht zum Ort des Geschehens geeilt und sah die Leiche, die so übel zugerichtet war, dass Preissner keine Details nennen mag. Aber er äußert sich zu den Konsequenzen: Bis spätestens Anfang November wird gegen die zwei mutmaßlichen Täter Anklage erhoben. Preissner will ihnen gemeinschaftlichen Mord vorwerfen. Es handele sich um eine „menschenverachtende Tat“, sagt der Oberstaatsanwalt, um eine „auf niedrigster Stufe“. Und es gibt Indizien, die vermuten lassen, dass die Schläger aus einer rechtsextremen Gesinnung heraus das Opfer totgeprügelt haben.
Nach Informationen des Tagesspiegels fanden die Ermittler bei der Durchsuchung der Wohnungen der 33 und 23 Jahre alten Tatverdächtigen Dateien mit rechtsextremistischer Musik. Anfang Oktober hatte Preissner bereits in einer Pressemitteilung angedeutet, „tatauslösend“ könnte „rechtsextremes, Gewalt verherrlichendes und zugleich menschenverachtendes Gedankengut“ gewesen sein. Dem Tagesspiegel sagt er, es sei denkbar, die Beschuldigten hätten den Mann, der in einer Einrichtung für betreutes Wohnen in Halle lebte, für minderwertig gehalten. Wie es zu dem Angriff in der Nacht kam, ist allerdings noch nicht ganz klar. Passanten in der Umgebung sahen angeblich nichts. Ein Zeuge jedoch, der zumindest hörte, was da vor sich ging, alarmierte die Polizei, die schnell zur Stelle war. Die Tatverdächtigen, beide alkoholisiert, wurden sofort festgenommen. An ihren Händen und der Kleidung klebte das Blut des Opfers.
Sollte sich Preissners „Hypothese“ bestätigen, die Beschuldigten könnten rechtsextrem motiviert gewesen sein, wäre der Fall möglicherweise der erste einer Serie von drei einschlägigen Tötungsverbrechen aus dem August in Sachsen-Anhalt. Zwei Wochen nach dem Gewaltexzess in Dessau traktierte ein Rechtsextremist in Magdeburg einen 20 Jahre alten Kunststudenten. Der Täter trat in der Nacht zum 16. August nahe einer Bushaltestelle massiv auf das Opfer ein. Der Student erstickte an seinem Blut. Die Staatsanwaltschaft Magdeburg hat jetzt Anklage gegen den 20-jährigen Tatverdächtigen erhoben. Die Behörde wirft ihm Totschlag vor – und betont, der Mann sei der Neonazi-Szene zuzurechnen.
Dritter Fall: Am 24. August wurde in Bernburg ein 18-Jähriger erstochen. Dringend tatverdächtig ist ein 19 Jahre alter Mann, der schon als krimineller Rechtsextremist aufgefallen war. In seiner Wohnung verblutete das mit Stichwunden übersäte Opfer. Die Staatsanwaltschaft Magdeburg erhob jetzt ebenfalls Anklage, auch wegen Totschlags. In Justizkreisen heißt es, in den Fällen zwei und drei könnten die Prozesse noch 2008 beginnen.
herablassung und kenntnisfreiheit: eine prima mischung. however. es war von öffentlich-rechtlichen medien die rede, du hast als erster kommentiert (by the way: wir stürzen uns, wann, wie und so oft wir wollen - ppq ist unser blog) und - ups, ich habe keine lust mehr. schade eigentlich. nur ein kleiner tipp: ignoriere uns doch einfach.
"herablassung und kenntnisfreiheit" - treffend treffend für das was ihr so macht...
schade eigentlich, dass ihr immer so schnell aufgebt.
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