Deutschland ist Weltspitze: Nirgendwo im gesamten Kosmos gibt es genauere Vermutungen darüber, wie sich der Klimawandel auf das Wetter hierzulande auswirken wird. Nach jahrelanger Rechenarbeit ist die Klimaprognose der Bundesregierung fertig, die das Kabinett jetzt exklusiv über die Hamburger Illustrierte "Spiegel" verbreiten lässt: Das Papier gibt vor, "in nie erreichter Genauigkeit" (Spiegel) und auf einzelne Regionen aufgeschlüsselt voraussagen zu können, wie sich das Klima bis ins Jahr 2100 verändert. Hoffnung für Camper und Angler macht es nicht: Da Wetter von übermorgen, nächster Woche, Weihnachten und Ostern 2010 bleibt den Forscher ein Rätsel.
Fest steht nur: Das Klimamodell des Hamburger Max-Planck-Instituts (MPI) für Meteorologe ist die präziseste Kalkulation der Folgen des Klimawandels, wenn diese Folgen so eintreten wie von den Autoren angenommen. Sinken die weltweiten Emissionen von Treibhausgasen von heute ab langsam, wird sich das Klima in Deutschland so entwickeln wie in der Studie für alle 30 Sekunden in den kommenden 92 Jahren berechnet.
Dabei wird kein Stein auf dem anderen bleiben, seltsamerweise aber ist von einem sieben Meter höherem Meeresspiegel, einem in der Nordsee versunkenen Hamburg und einer Wüste in Brandenburg nicht mehr die Rede. Jetzt ist die rede von einem bis zu 59 Zentimeter höheren Meeresspiegel, der eventuell auch 1,5 Meter betragen könne. Das ist nun wirklich "präzise wie nie". Auch die übrigen neuen, interessanten Gefahren aus der Klimaprognose erinnern ein bisschen an ein Gericht, gekocht nach dem Rezept, mit dem Wetterberichte angerührt werden: Überwiegend heiter, dazwischen teilweie bewölkt, im Tiefland trocken, auf den Bergen etwas kälter, zeitweise Niederschlag.
Auch hier ist alles drin und alles dran: Es gibt einen sinkenden Grundwasserspiegel im Sommer, insbesondere in Südwestdeutschland, eine erhöhte Waldbrandgefahr, besonders in Südwestdeutschland und Nordostdeutschland, eine Zunahme hitzebedingter Krankheiten vor allem in Süddeutschland und eine größere Hochwassergefahr im regenreichen Herbst, vor allem an der Elbe. Keine Hochwassergefahr besteht, wo es keine Flüsse und Bäche gibt, möchte PPQ ergänzen.
Von Hurrikans und Tornados ist nicht mehr die Rede, auch das Wort "Hochwassergefahr" trägt den Teilrückzug schon in sich: Mehr Hochwasser werden ebensowenig vorhergesagt wie Palmen am Ostseestrand, dafür aber höhere Ernten in der Landwirtschaft vor allem in Norddeutschland, eine ertragreichere Weinlese in Süddeutschland und weniger kältebedingte Krankheiten. Deutschland werde weiterhin in der Westwindzone liegen, wie eh und je werden regenreiche Tiefdruckgebiete übers Land ziehen. Ende des Jahrhunderts fällt den Berechnungen zufolge im Jahresmittel etwa ebenso viel Niederschlag wie derzeit; weder Trockenepisoden noch Starkregenfälle werden häufiger.
Nur Schnee gibt es nicht mehr, denn insgesamt wird es wärmer. Bäume sollen deshalb bald, das wissen die Klimatologen wohl von Beobachtungen an italienischen Eichen, ganzjährig Laub tragen. Auch das ist sehr präzise berechnet worden. Allerdings steht im Kleingedruckten wie immer: Obwohl von einem Großcomputer errechnet, der mehrere Räume des Max-Planck-Instituts in Hamburg füllt, unterliegen die Klimamodelle erheblichen Unsicherheiten. Unklar ist etwa, ob der zugrunde liegende Anstieg der Treibhausgasemissionen tatsächlich eintritt. Zudem wirken sich Vegetation und Bodenbedeckung auf das Klima aus – die Veränderung beider Faktoren ist indes nicht vorhersehbar.
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1 Kommentar:
59 Zentimeter höheren Meeresspiegel, der eventuell auch 1,5 Meter ....
Könnte das Phänomen von Ebbe und Flut sein. :) Es ist tatsächlich immer noch verblüffend, wie Leute, nicht mal das Wetter präzise voraussagen können, das Klima prognostizieren. Und wie Leute, die unfähig sind, die Arbeitslosenzahlen zu senken, denken, sie können das beim CO2-Ausstoss erfolgreich tun.
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