Von Coldplay lernen heißt verkaufen lernen, denn wenn Werbung nicht viel kosten soll, macht man sie einfach kostenlos. Auch Sigur Ros, die seltsamen Ritter von der traurigen Rockgestalt, lassen die erste Single aus ihrem neuen Album „Með suð í eyrum við spilum endalaust“ ab heute abend 21.30 Uhr kostenlos bei sigurros.com downloaden. Schon vorab ein Erfolg, denn bei den gewohnt langwierigen musikalischen Epen, die die Isländer normalerweise produzieren, war der Welt bisher entgangen, dass es auch Singles des Quartetts gab.
Die neue heißt “Gobbledigook“, was wahrscheinlich gar nichts weiter heißt. Das fünfte Album aber hat einen richtigen Namen, der in der englischen Übersetzung soviel wie "With A Buzz In Our Ears We Play Endlessly" bedeutet. Sagt die Plattenfirma, die das Werk am 20. Juni 2008 veröffentlichen wird.
Bis dahin gibt es richtig Brimborium: Einen Vorverkauf bei www.sigurros.com und iTunes ab 02. Juni, ab dem 09. Juni für jeden Vorbesteller einen Zugang zu einem Stream des kompletten Longplayers und für die Preisgabe der eigenen E-Mail-Adresse "eine Fülle von Sigor Rós-Specials wie exklusive Clips und Hinweise auf startende Ticketverkäufe für kommende Konzerte".
Auch die technischen Angaben zu "Með suð í eyrum við spilum endalaust“ klingen wie die Verfilmung eines Promotion-Traums. Eingespielt unter Produzent Flood in den Sear Sound Studios in New York City, in den Assault-, Battery- und Abbey Road-Studios in London, in einer Kirche, im bandeigenen Studio Alafoss in Reykjavik und in Havanna, Kuba, erstmal singt Jon „Jonsi“ Thor Birgisson außerdem auf englisch – zumindest einen Song. der Rest ist wahrscheinlich wie immer in Hopelandish getextet, obschon die Plattenfirma meldet "die restlichen Songs sind wie gehabt in isländischer Sprache gehalten". Aber das waren die ja nie.
Das Resultat sei jedenfalls "eine perfekte Synergie vom Auratischen mit dem Visuellen", dichtet der Werbetexter. Das lassen wir mal vollumfänglich so stehen, inklusive "Prämiere" und "perkeft". Hopelandish eben: "Von der gefühlten Grenzenlosigkeit der Akustik-Auftritte inspiriert, die für „Heima“ gefilmt worden waren, entschied sich die Band für eine lockerere Herangehensweise and das Schreiben und die Kreation ihres brillanten, fünften Albums. Das Material für das neue Album wurde in seiner Gänze 2008 geschrieben, aufgenommen und gemischt – und nur knapp einen Monat nach seiner Fertigstellung liegt es auch schon zur Veröffentlichung bereit. Das Album glüht förmlich vor der perfekten Unperfektion von Live-Takes, über Gitarrensaiten schlitternden Fingern, rissigen Noten und einer kargen, direkten Präsenz, die bislang so eindringlich noch in keiner Sigur Rós-Aufnahme wahrnehmbar war. Damit bewegt sich die Band von den Reverb-Gitarrensounds der Vergangenheit fort und findet dabei weitaus ergreifender und fragiler zu einem neuen klangästhetischen Selbstverständnis. Gleichzeitig enthält das Album einige der fröhlichsten Musikexkursionen, die von der Band jemals aufgenommen wurden.
Mit seinem verspielten Gesang, den Taktverschiebungen, wirbelnder Perkussion und seinen beweglichen Akustikgitarren-Akkorden, gibt der erste Song, „Gobbledigook“, den Ton für das neue Album an. „Inni Mer Syngur Vitleysingur“ (Within Me A Lunatic Sings), funkelt als einer der hymnenträchtigsten Songs, die je von Sigur Rós geschrieben worden sind. „Festival“ ist in seiner Hochstimmung und seinem Ausmaß als episch zu bezeichnen. „Illgresi“ (Weeds) beinhaltet eine der schönsten Gesangsmelodien Jonsis über einem im Alleingang eingespielten Akustikgitarren-Muster. „Ára Bátur“ (Row Boat) ist das bislang größte musikalische Unterfangen der Band für einen Song, weil es in einer One-Take-Aufnahme live mit der London Sinfonietta und dem London Oratory Knabenchor aufgenommen wurde – 90 Musiker und Sänger spielten dafür gleichzeitig! Die Band nutzte außerdem einmal mehr das kollektive Talent des befreundeten Amiina-Streichquartetts und eine fünfköpfige Bläsersektion für diverse Songs des neuen Albums. Die Prämiere des Mellotrons im Schreib- und Aufnahmeprozess der Band, hat mit „Fljótavik“ einen der sanftesten Songs des neuen Albums zur Folge.
Der Geist hinter „Með suð í eyrum við spilum endalaust“ wurde für das Artwork des Albums vom gefeierten bildenden Künstlers Ryan McGinley perkeft eingefangen. McGinley traf die Band erstmals vor sechs Jahren als er Jonsi fotografierte. Das Albumcover stammt von einem Flyer für McGinleys jüngste Ausstellung „I Know Where The Summer Goes“, der seinen Weg just in dem Moment in Jonsis Briefkasten fand, als die Band gerade die Entscheidung darüber fällen wollte, wie die neue Song-Kollektion am besten visuell umgesetzt werden konnte.
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