Freitag, 2. Mai 2008

Briefwechsel mit Lobbyisten

am mittwoch die wichtigste nachricht auf tagesschau.de: die (privaten) zeitungsverleger in deutschland sehen ihre pläne im internet durch öffentlich-rechtliche expansionsbestrebungen bedroht. doch eigentlich - so lässt tagesschau.de seine user wissen - weisen die verleger nicht auf ein himmelschreiendes missverhältnis hin (geld, manpower, rendite - ja/nein), sondern betreiben - mindestens mit dollarzeichen in den augen - lobbyismus gegen "inseln der qualität". der abendliche bericht von thomas leif war dann auch entsprechend: hier die geldgierigen, offensiven liebhaber des boulevard, dort die um das wahre, schöne, gute bemühten vertreter einer wertvollen volksaufklärung. leif lieferte in seinen interviews die antworten immer gleich mit, damit die öffentlich-rechtlichen stichwortgeber wirklich nichts falsch machen konnten ("ist es nicht so, dass ..."). objektivität scheint jedenfalls nicht das anliegen der sendung gewesen zu sein, eher lobbyismus mit lobbyismus zu bekämpfen. dass es gerade in dieser frage einen unterschied zwischen privatwirtschaftlichen und öffentlich-rechtlichen unternehmen geben sollte, scheint auch in den kopf der redakteure von tagesschau.de nicht hineinzugehen. man beachte den letzten absatz, er ist - entlarvend. ein briefwechsel im vorfeld des leif-features:

Sehr geehrte Damen und Herren,

haben Sie es nicht ein bisschen weniger plump? "Der ARD-Journalist Thomas Leif hat für ein ARD-Feature die Kritik der Verleger untersucht." Holla, ein öffentlich-rechtlicher Redakteur fertigt ein öffentlich-rechtliches Feature über das Verhältnis seines öffentlich-rechtlichen Arbeitgebers zur privaten Konkurrenz an - und kommt zu der überraschenden Erkenntnis, eben jene Konkurrenz befleißige sich eines "Lobbyismus mit groben Mitteln". Dieses ARD-Gebaren, mit Verlaub, stinkt. Und zwar nach "Lobbyismus mit groben Mitteln". Wenn dann noch direkt und indirekt behauptet wird, private Anbieter könnten weder Qualität liefern noch Maßstäbe setzen, fühle ich mich veralbert, und zwar auf ganzer Linie. Dies auch vor dem Hintergrund, dass ich den Privaten mein Geld freiwillig gebe und so ungenügende Angebote sanktionieren kann, die Öffentlich-Rechtlichen mein Geld jedoch zwangsweise eintreiben und ich den Lobbyismus bezahlen muss - ob ich will oder nicht.

Mit freundlichen Grüßen
Eisenschwein


Sehr geehrter Eisenschwein,

herzlichen Dank für Ihre Mail. Zu dem Interview haben uns viele Zuschriften erreicht – viele zustimmend, einige aber auch mit Kritik.
Wenn Sie die Medien-Berichterstattung der vergangenen Monate verfolgt haben, werden Sie vielleicht festgestellt haben, dass insbesondere die überregionalen Zeitungen und ihre Internet-Portale wiederholt über die Online-Aktivitäten von ARD und ZDF geschrieben haben. Diese Berichterstattung war in der Regel kritisch, zumeist interessengeleitet und mitunter auch polemisch. Eine Links auf diese Berichte, sofern sie im Internet noch abrufbar sind, füge ich am Ende an.
Tagesschau.de hat sich aus dieser Debatte bis April herausgehalten. Da Ende März aber der Entwurf für den 12. Rundfunkstaatsvertrag vorgestellt wurde, der einen massive Gefährdung unserer Arbeit darstellt und da die kritische Berichterstattung in den privaten Medien ein immer breiteres Ausmaß annahm, haben wir uns entschlossen, in diese Berichterstattung einzusteigen. Wir sind der Meinung, dass auch die Nutzer von tagesschau.de ein Anrecht haben, Informationen über die Debatte zu erhalten. – insbesondere Informationen, die in der privaten Berichterstattung nach unserer Wahrnehmung zu kurz oder verzerrt dargestellt wurden. In der Tat berichten wir damit über einen Konflikt, an dem wir beteiligt, also Partei sind. Dieses ist aber in diesem Fall nicht zu vermeiden – sie werden schwerlich von uns erwarten, dass wir die Berichterstattung aus der Hand geben.
Wir sind der Überzeugung, dass die Gebührenzahler auch ein Anrecht auf öffentlich-rechtliche Angebote im Internet haben und fühlen uns darin durch das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgericht bestätigt. Wenn dieses Anrecht, dass die Verfassungsrichter ausdrücklich hervorgehoben haben, von privaten Medien regelmäßig und augenscheinlich aufeinander abgestimmt verneint wird, muss es erlaubt sein, darauf zu reagieren.
Eine Schlussbemerkung noch: Wenn man ARD und ZDF für eine zu verdammende Zwangseinrichtung hält, ist eine Debatte wohl nur schwer möglich. Sollten Sie aber dennoch in der Existenz der Öffentlich-Rechtlichen einen Sinn erkennen, sollten Sie sich das TV-Feature von Thomas Leif anschauen - vielleicht revidieren Sie Ihr Urteil, dass es sich dabei um Lobbyismus mit groben Mitteln handelt, ja noch.

Mit freundlichen Grüßen
etc. pp.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ich habe, um von der GEZ endlich in Ruhe gelassen zu werden, unseren Fernseher von einem Fernsehtechniker KAPUTT machen lassen müssen, so dass er jetzt nur noch als Playstation-Bildschirm dient aber keine Programme mehr empfangen kann. Fernsehtechniker-Bestätigung musste als Nachweis an die GEZ geschickt werden.

Ich hoffe, die Lobby der Privaten GEWINNT und die öffentlichen GEHEN UNTER :-)