Ein paar schlecht beleuchtete Infotafeln, ein Haufen Stasi-Akten auf dem Boden verstreut, zwei Dutzend Schwarzweiß-Fotografien überlebensgroß auf Pappe gezogen und 200 Audiokassetten der Band "The Hotknives" an die Wand geklebt - fertig ist die Punkausstellung Too Much Future. So etwa müssen sich die Kuratoren der kruden Schau, die gerade in einem finsteren Fabrikanbau neben dem Stadtmuseum Halle Station macht, das jedenfalls gedacht haben, denn viel Geist üder gar Mühe haben sie nicht darauf verschwendet, Ausstellungsbesuchern das historisch durchaus interessante Kapitel deutscher Jugendkultur nahezubringen.
Punk, auch in der Arbeiter- und Bauernrepublik eine bauchgesteuerte Angelegenheit, wird intellektualisiert und politisiert, bis die Musik überhaupt nur gespielt worden zu sein scheint, um die Staatssicherheit zu ärgern: Mittendrin ist der Punk, gesehen durch die Augen der Ausstellungsmacher, die einst selbst Punks waren, plötzlich die Jugendbewegung in der DDR, deren Anhänger "wie die keiner anderen verfolgt und bestraft wurden" - eine durchaus diskussionswürdige These.
Diskutiert aber wird nicht, sondern belehrt. Hier eine Tafel mit drolligem O-Ton, dort ein didaktischer Text ohne Hinweis auf den Verfasser, hier eine Parole an der Wand und auf dem staubigen Werkhallen-Klo ein paar Bilder von tanzenden Punks hinters Becken geklebt. Fertig.
"Dokumente des Widerstandes", nach Angaben der Ausstellungsmacher angeblich Bestandteil der Schau, sucht man vergebens. Selbstgebaute Schlagzeuge, selbstgefärbte Malerhosen, selbstgebastelte Buttons, Eigenbau-Gitarren und die in Kirchenkellern zusammengestoppelten Aufnahmen bleiben bloße Behauptung ohne Beleg. Ein paar kopierte Kassettencover sind alles an Authentizität, was aufzutreiben war. Dafür hat man sich viel Mühe gemacht, die zufällig sowieso in der vor Jahren aufgegebenen Fabrik herumstehenden Spinde mit den Pararaphen aus der DDR-Strafgesetzbuch zu besprühen, nach denen Punks verurteilt wurden. Daneben Vitrinen, in denen Spruchbänder mit Worten wie "Rebellion" liegen, zu welchem Zweck auch immer. Originell immerhin: Der Bohrmaschinenplattenspieler, dessen als Endlosschleife scheppernder Kratzsound auch den letzten Altpunk zur Eile beim Rundgang treibt.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen