Zuletzt warnten Sicherheitsexperten vor Spammern, Forscher warnten vor der Dengue-Epidemie in Südostasien, Bürgerrechtler warnten vor Kriminalisierung von Parallelimporten, der Deutsche Wetterdienst vor "Dauerregen" und Richter vor einem Justiz-Kollaps in Berlin. Auch die Taliban sind in großer Sorge - sie warnten Kabul vor einer Befreiung der Geisel, Analysten warnten vor Private Equity für Privatanleger und Geheimdienste vor Terroranschlägen in Italien. Kein Tag ohne Sorge, kein Tag ohne Warnung. Warn-Weltmeister aber sind zweifellos die Grünen, die Woche für Woche an der Sirene drehen: Mal warnen sie vor der Gentechnik-Gefahr, dann vor der Bahn-Privatisierung, kurze Zeit später scheint eine Warnung vor der Großen Koalition angebracht und kaum ausgerufen, wird sie schon abgelöst vor einer Warnung davor, die Terrorgefahr zu dramatisieren - übersetzt also: zuviel zu oft und laut zu warnen.
Darin zeigt sich wahre Meisterschaft, denn warnen kann jeder, vor Warnungen zu warnen aber, die man möglichst selbst ausgestoßen hat, das ist geradezu brillant. Dazu gehört eine innerte Warnkultur, die die stärksten Momente von Alarmismus, Skeptizismus und Rampenlichtgeilheit miteinander vereint.
Wie jedoch darf der Warnungsempfänger, jener Bauer draußen in der Scholle, jener Fluggast und jener arglose Fondskäufer sich die Entstehung einer medialen Warnung vorstellen? Sitzen Claudia Roth und Ströbele mit Bütikhofer beisammen, um nachzudenken, wovor im Moment am meisten zu warnen wäre? Spielzeug aus China, längere Arbeitszeit, kürzerer Nachtschlaf? Analysiert die Runde dann Studien, Alarmpläne, Warnkonzepte? Sagt Claudia Roth schlußendlich mit bebender Stimme: "Wir müssen die Menschen warnen?"
Im Auto auf der Bundesstraße ist eine Warnung ja ein einfaches Ding. Der Beifahrer stößt sie aus, wenn der Mähdrescher blinkt, während der Fahrer gerade nach eine Zigarette wühlt: "Achtung, der will abbiegen!" Auch im Behandlungszimmer eines Allgemeinmediziners ist die Warnung ein übliches Mittel zur Disziplinierung des Patienten: "Herr Müller, ich warne Sie, wenn Sie so weitermachen, werden Sie Schwierigkeiten haben, zu Ihrem nächsten Durchchecktermin zu kommen."
Warnungen legen es, bei Lichte betrachtet, auf Verhaltensänderungen an. Ich warne Dich, mach nicht so weiter, sagt der Vater zum Sohn. Ich warne Dich, wenn Du so weitermachst, knirscht der Lehrer zum Schüler. Wen aber knirschen die Grünen an? Wenn sie "vor einem Scheitern der Afghanistan-Mission warnen"? Frau Merkel? Weil die noch nicht weiß, dass ein Scheitern nicht gut ankäme? Oder die Taliban? Weil die für ein Scheitern verantwortlich wären? Welche Verhaltensänderung versucht eine Warnung der "SPD vor eienm Bündnis mit der Linken" auszulösen? Dass SPD-Chef Kurt Beck den Hörer in die Hand nimmt, PDS-Chef Lafontaine anruft und sagt: "Du, Oskar, entschuldige, aber jetzt, wo die Grünen uns warnen, müssen wir Abstand von einem Bündnis nehmen"? Oder der Wetterdienst, auch ein zuverlässiger Warner vor Dingen, die niemand, der sie rechtzeitig vernimmt, wirklich ändern kann. Warnt er den Himmel, nicht dauernd zu regnen? Oder die Menschen vor dem Nasswerden?
Nachsatz: Am Tag nach unserer Warnung vor permanenten Warnungen meldet Googlenews für die letzten 24 Stunden 2.139 Warnmeldungen, die irgendwo in deutschen Medien erschienen sind. Darunter ist eine des Deutschen Wetterdienstes, in dem der vor Sonnenschein warnt.
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1 Kommentar:
die warnung ist schlicht ein kurzer weg zu medialer aufmerksamkeit.
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