Weitgehend unerforscht ist die Frage, warum in Wetterberichten anfangs immer ausführlich davon die Rede ist, wie das Wetter bis dahin war. Mit vor Ernsthaftigkeit bebendem Stimme verkünden diplomierte Wetterwirte wie der ARD-Experte Ben Wettervogel dann, es sei in Karlsruhe regnerisch und um die 20 Grad warm, in Stade aber weniger regnerisch, sondern wolkig und um die 22 Grad warm gewesen. In Dresden hätten Wolken über der Stadt gehangen und in Olbernhau ebenso. Tatsachen, die den Menschen, die in Stade, Karlsruhe, Dresden und Olbernhau weilen, durchaus bekannt sind. Und die andererseits Menschen in Stendal, Wuppertal, Fürth und Erfurt mit großer Wahrscheinlichkeit, ja, kalt lassen dürften. Unabhängig sogar von den jeweils erreichten Temperaturen in Erlebens- wie Erfahrensregion.
Warum also widmen sich frühaufstehende Wetteransager wie Wettervogel, der wohl wirklich so heißt, dennoch mit so viel Hingabe dem Aufsagen von aktuellen Temperaturen und längst versickerten Niederschlagsmengen? Sind es geheime Botschaften an das deutsche Agentennetz im Ausland, die sich hinter der Mitteilung "Zugspitze, -1 Grad, bewölkt" verbergen? Oder wäre die Wettersendung sonst einfach zu kurz?
Die wahrheit liegt wie immer irgendwo in der Mitte, das heißt im psychologischen, also mitten im Menschen. Um dem Zuschauer klar zu machen, mit wieviel Treffsicherheit Metereologen heutzutage das Wetter vom nachmittag prophezeien können, greifen die Wettermacher im Mediengeschäft auf einen psychologischen Trick zurück: Sie sagen das vergangene Wetter an, was keine große Kunst ist, und stellen damit ihre Kompetenz nachdrücklich unter Beweis. Anschließend geht es über die aktuellen Temperaturen, die sich zweifelsfrei messen und damit ebenso fehlerlos über die Rampe tragen lassen, direkt und ohne Vorwarnung in den Bereich reiner Spekulation. Wuppertal wird regnen. Dresden im Sonnenschein liegen. Olbernhau eine Gewitterfront erleben.
Das Kunststück besteht darin, möglichst viele mögliche Wetterzustände und möglichst viele möglichst konkrete Orte zu nennen, um damit jeder Überprüfung der Vorhersagen aus dem Weg zu gehen. Was, Dresden regnete nicht? Aber Olbernhau. In Köln kein Wind? Aber in Leverkusen, knapp daneben. Der Zuschauer schaut der versteckten Kompetenzübertragung aus dem Bereich des Messens in den Bereich der aus Erfahrungswerten und Messergebnissen gespeisten Spekulation zu. Und fragt sich: Warum muss ich hier in Kühlungsborn wissen, wie das Wetter auf der Zugspitze ist?
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3 Kommentare:
auch gut ist, wenn mdr info mit sitz in halle das aktuelle wetter in halle nicht richtig vermelden kann. sehr putzig, immer wieder.
ich hatte schon mal darauf hingewiesen, dass dieser wetterbesprecher nicht BEN WETTERVOGEL heißt, sondern dies das ergebnis einer grandios-größenwahnsinnigen eigen-pr ist. der knabe hat seinen namen geändert - alle details aus der wikipedia:
Ben Wettervogel (eigentlich Benedikt Vogel, * 18. Dezember 1961) ist ein deutscher Fernsehmoderator und Diplom-Meteorologe beim ZDF.
in echt? ich fasse es nicht. könnte ich mich auch in bin platschquatsch umbenennen? oder die merkel? in Angela Bundeskanzlerin? Chavez würde ich als Hugo Menschheitsretter vormerken und Miroslav Klose als Miro Torschießer. wie wäre die welt doch einfach
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