Bob Geldof sieht nicht so aus, aber er hat Humor. Einmal hat er ein Konzert für den SPD-Kanzlerkandidaten Rudolf Scharping gegeben, und das aus innerster Überzeugung: "Ich bin Unterhaltungskünstler", grient Geldof, "ich spiele für jeden, der mich bezahlen kann." Wer dieser "komische Typ mit dem Bart" war, versichert er, habe er ohnehin erst nach dem Auftritt mitbekommen. Und davon abgesehen: "Es war ein gutes Konzert. Wir hatten jede Menge Spaß und haben ihnen ganz schön die Hölle heißgemacht."
Das zählt immer noch für den Mann, der Anfang der 80er Jahre mit seiner Band Boomtown Rats zum irischen Rockexport Nummer 1 avancierte, Hit auf Hit in den Charts plazierte und 1985 schließlich wegen seines Engagements für die Welthungerhilfe von der britischen Königin zum Ritter geschlagen wurde. Geldof ist längst zurückgekehrt aus dem Loch, in das ihn persönliche Tragödien gestürzt hatten. Seine Frau Paula Yates verließ ihn für den Popkollegen Michael Hutchence und starb schließlich an einer Überdosis; nachdem er die Reparaturrechnung für sein Auto nicht bezahlen konnte, erklärte ihn die britische Regenbogenpresse kurzerhand für pleite. Davon war zwar "kein Wort wahr". Aber Geldof dementierte nicht einmal. "Sie verdienen ihr Geld damit, so etwas zu schreiben, ich verdiene meines damit, Musik zu machen", kommentiert er knapp.
Zuletzt hat er das allerdings kaum noch getan. Die Rock-Karriere war nur ein Abfackeln der alten Hits in immer kleineren Hallen. Denn Bob Geldof hatte sich erneut neu erfunden und war zurückgekehrt zur Karriere des Weltverbesserers, die er eigentlich nie mehr hatte weiterverfolgen wollen. Denn nach dem 13. Juni 1985, dem Tag des weltweit in zwei Milliarden Haushalte übertragenen "Live-Aid"-Spektakels, war Geldof, der ein Jahr seines Lebens, seinen Ruf und sein gesamtes Vermögen in die Vorbereitung des Ereignisses investiert hatte, schlicht und einfach nicht mehr popmusikfähig. "Plötzlich wollten sie mich alle nur als seriösen Menschen sehen, der gefälligst ernste Texte über die großen Probleme der Zeit zu schreiben hatte."
Damals hat er das Gegenteil gemacht: Geldof sang zynischen Folk und trug einen Anzug mit Sonnenblumenmuster dazu. Damals dachte er an Live Aid als "Teil meiner Vergangenheit. Und nicht einmal der wichtigste." Festgelegt zu werden auf das Image des singenden Moralapostels und Wohltätigkeitrockers machte ihn "ganz krank". "Ich mag es nicht, wenn man mich darauf festnagelt. Bob Geldof ist der Live Aid Erfinder." Dass er wegen seines Einsatzes für die Welthungerhilfe für den Friedensnobelpreis nominiert wurde, hat ihn verwundert. "Dreimal hintereinander", wundert er sich, "haben sie mich vorgeschlagen - wofür eigentlich?". Hätte er den Preis angenommen? Aber natürlich. "Selbst wenn das bedeutet hätte, dass ich mich als Rockmusiker vollkommen unmöglich mache". Wer, denkt er, kaufe schon eine Platte von Mutter Theresa?
Geldof, als Hungerbotschafter in Heiligendamm ein Dauerbrenner auf den Fernsehschirmen der Welt, zuckt die Achseln. "Wen interessiert das? Mich jedenfalls nicht. Sie nennen jeden Tag irgendwelche Leute irgendwie."
Geldof verweigert sich seit Jahren allen in ihn gesetzten Erwartungen. Wo zumindest ein Teil seines Publikums wichtige Worte zur Zeitgeschichte erwartet, präsentiert sich der Rocker mit dem Ritter-Titel als fröhlich feiernder Partylöwe auf irgendwelchen Provinzbühnen. "Ich denke nicht über die Regierung nach / mich interessiert nicht, wie es um die Nation steht / das ist mir alles egal", reimte er in seinem "Great Song Of Indifference". Auf der weltpolitischen Bühne aber gibt der Polit-Punk unbeeindruckt von der Kritik, dass er und sein Kollege Bono sich viel zu wichtig nähmen, die Stimme des Volkes, die mehr Hilfe für Afrika fordert.
Demn Thema entkommt er nicht mehr. Es holt ihn immer wieder ein. An einem Live-Aid-Revival zum zehnjährigen Jubiläum Mitte der 90er war Bob Geldof seinerzeit noch nicht interessiert. "Schau dir Woodstock an: Woodstock war ein grandioses Ereignis, die Woodstock-Wiederholungen waren nur noch Mist, Mist, um einen Haufen Geld zu scheffeln", schimpfte er. So etwas funktioniere nur einmal in jeder Generation, war er sich sicher. Im übrigen sei Popmusik nicht in der Lage, die Probleme der Welt zu lösen: "Live Aid hat das auch nicht gekonnt." Warum er dennoch weitermacht mit der Singerei gegen die Ungerechtigkeit der Welt und dem Klingelputzen gegen die Globalisierung weiß Geldof dennoch genau: "Live Aid hat immerhin dazu beigetragen, dass die politische Führung wachgeworden ist und gesagt hat: Oh, Afrika, da müssen wir uns kümmern, dann kriegen wir eine gute Presse."
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6 Kommentare:
ich nehme an, dass es dieses stueckchen nich bis zwischen die walzen gebracht hat?
ja, also: nee. zumindest nicht bis morgen :-)
das isn upgedatetes werk aus einer zeit, in der die welt noch nicht bono war
deswegen war der text so gnädig :-)
du beginnst, dein eigenes werk ernst zu nehmen. das is der erste schritt auf dem weg zum autor. der culicchia von der saale.
unsinn, beides unsinn. ich versuche, zu verstehen, das ist alles. denkt an lenin und die alten zeitungen, die der in seiner laubhütte gelesen hat. oder so.
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