Überwucherte Geschichte hinter rostigen Zäunen aus Schmiedeeisen. Rund um die Paul-Stuhr-Straße, rein geografisch eigentlich mitten im Zentrum von Halle gelegen, von der gefühlten Lage her aber doch weit abseits aller bewohnten Gegenden, befanden sich bis vor 17 Jahren allerlei militärische Dienstellen von ruhmreicher Sowjetarmee und Kasernierter Volkspolizei. Geblieben davon ist das Revier Mitte, ein verzweigter Bau, in dem flächendeckend DDR-Funktionstapeten und guterhaltene Ölsockel ausgestellt werden. Und ein halbes Dutzend leerstehender Gebäude, die die erste Phase des Verfalls, während der Fensterscheiben zerschossen und Waschbecken geschliffen werden, schon einige Zeit hinter sich haben. Mittlerweile sind die muffig riechenden Bauten nicht einmal mehr Ziel von Sprayern, denn alle Wände sind bereits besprüht. Beeindruckend allerdings ist die verschwenderische Weitläufigkeit der leerstehenden Schachtelbauten: Fußballplatzgroße Höfe finden sich hier, bizarr gemauerte Hochgänge zwischen einzelnen Häusern und tiefe Keller, aus denen der staubige Geruch der Geschichte weht. Ungestört wuchert frisches Grün aus den Ruinen, die Balkone beulen sich unter sprießenden Jungpappeln und nur die militärisch-grüne Bemalung einiger verwitterter Balken an den Fahrzeugunterständen könnte den Basketballern auf dem Spielplatz nebenan noch davon erzählen, dass hier einst die vorderste Front im Kampf der Systeme verlief. Vor drei Jahren hat das Immobilienunternehmen Weisenburger
eine Immobilienauktiongenutzt, um eines der prächtigsten Häuser am Platz zu kaufen. Noch aber wartet auch diese dreistöckige Villa, die einst einen Kindergarten beherbergte, auf bessere Zeiten.
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