Mittwoch, 11. April 2007
Thüringer Steppenwolf feiert
Mit dem Namen kannst du nichts werden. Schon gar nicht in Amerika. Und schon gar nicht mit dem Vornamen! Joachim! Nein, der Name muss weg. Mag sein, dass Joachim Krauledat, der später als erster DDR-Bürger überhaupt Rock'n'Roll-Weltruhm ernten sollte, genau diesen Gedanken dachte, damals, Mitte der sechziger Jahre, als ein Hauch von Haschisch durch den amerikanischen Westen wehte und er eben im Begriff war, sich mit seiner alten Wandergitarre unter dem Arm aufzumachen aus dem kanadischen Toronto ins angesagte amerikanische New York.
Jedenfalls, soweit ist die Geschichte verbürgt, nennt sich Krauledat seit dem schlicht Kay, John Kay. Kein Mensch denkt bei diesem Klang mehr an Joachim, an Mutter Krauledat und an den kleinen ostpreußischen Ort Tilsit, in dem im Jahre 1944 Joachims Wiege stand. Die Wirren des Kriegsendes verschlugen die Familie nach Thüringen, wo sich Joachims Mutter in einem amerikanischen Besatzungssoldaten verliebte, dem sie 1958 nach Ende seiner Dienstzeit über den großen Teich folgte. Dort infiziert sich der halbwüchsige Joachim nach Ende seiner Schulzeit mit dem Beat-Bazillus. Joachim trampt zwei Jahre kreuz und quer über den Kontinent, treibt sich mit letzten Beatniks und ersten Hippies rum und schließt sich nach seiner Rückkehr der Folkrock-Band The Sparrow an. Erfolg aber hat Kay, wie sich Krauldat nennt, nicht. Ganz im Gegenteil: Die erste Single „Tomorrows Ship" wird ein ganz ernsthafter Flop, nach dem die Plattenfirma nicht mehr von den „Spatzen" wissen will.
Doch John Kay gibt nicht auf. Nach der Lektüre des Hermann Hesse Romans „Steppenwolf" ändert er nach seinem eigenen auch den Namen seiner Band und wagt von Los Angeles aus einen neuen Anlauf. „Born To Be Wild" heißt die Nummer, die den Jungen aus Thüringen über Nacht an die Spitze der US-Hitparade katapultiert. Unterstützung kommt nun auch von der nebenan in Hollywood beheimateten Filmindustrie.
Peter Fonda sucht zufällig gerade eine Filmmusik für sein Outlaw-Opus „Easy Rider" - und „Born To Be Wild" mit seinen schwermetallichen Gitarrenriffs und dem emphatisch rollenden Refrain scheint ihm genau der richtige Song dafür zu sein. Seitdem hat Joachim Krauledat alle Höhen und Tiefen durchmessen. Erst auf dem 1990er Album „Rise & Shine" nahm er Stellung zu seiner Herkunft: „Mauer der kalten Angst/du wirst mich nicht halten/ich will unter der Mauer durchkriechen/meinen Träumen folgen", singt er über seine Gefühle bei der Flucht aus dem Reich der Arbeiter- und Bauern ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Auch der Moment der Grenzüberquerung wurde im Stück
„The Wall" wieder Gegenwart: „Dies ist kein Spiel / mein Junge /Mach kein Geräusch / und achte auf den Mann mit dem Gewehr." Und ein Gebet "für all jene, die wir zurücklassen", habe seine Mutter noch gesagt.
Er selbst brauchte keine Gebete mehr, denn er hatte Hits wie „Magic Carpet Ride" und „The Pusher", tourte mit Superstars wie Led Zeppelin und The Who, verkraftete Flops wie „For Ladies Only" und auch den Tod seines langjährigen Bassisten Rushton Moreve. Insgesamt verkaufte der Junge aus Thüringen über 20 Millionen Schallplatten, mehr als die Puhdys und Karat zusammen. John Kay spielte allein im Jahr 1970 vor zwei Millionen Menschen und verdiente bis heute Millionen Dollar. Nicht zuletzt liefert Krauledat mit der Textzeile „heavy metal thunder" aus „Born To Be Wild" eine Formulierung, die seitdem eine ganze Musik-Gattung bezeichnet.
Kays kraftvolle Rockmusik, an der alle Moden und Trends vorbeigegangen zu sein scheinen, hat bis heute, wo Joachim Krauledat 63. Geburtstag feiert, nichts von ihrem Zauber verloren: Im Mai starten Steppenwolf zu einer neuen Tournee durch die USA. Foto: Kay bei gibson.com
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2 Kommentare:
aber den schnauzbart hat er direkt aus dem osten mitgebracht und nie wieder abgelegt.
ansonsten zitiere ich gerne einen geschätzten kollegen: mussichnichhabn.
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