Sonntag, 7. Dezember 2025

Echo der Erinnerung: Vom Tapetenkutte

Die EU-Kommissionspräsidentin ist angetreten, die europäische Interpretation von "Freiheit" weltweit mit allen Mitteln durchzusetzen.   

Vom Tapetenkutte 

 

Legen Sie das Stirnrunzeln an

Die Kuriere bitten

um Aufmerksamkeit und

gespielten Gleichmut

 

In Moskau tapezieren sie

nicht nur, Genosse Hager 

 

Lars Leibrecht, Erfurt, DDR, August 1987

Angriffe auf EUropa: Einmischung in innere Angelegenheiten

EU Strafe, Digital Services Act Bußgeld, X 120 Millionen Strafe, EU gegen Elon Musk, DSA Verfahren Twitter X, Bestrafung
Ursula von der Leyen hat den Vereinigten Staaten mit ihrer Entscheidung, X abzustrafen, den Fehdehandschuh hingeworfen. geht alles glatt, gelingt es der Kommission damit, die transatlantsichen Beziehungen dermaßen in Brand zu setzen, dass die Sorgen der USA um den bedenklichen Zustand der EU kein Thema mehr sind.

Kein Zurückziehen, kein Einknicken. EUropa bleibt im Kampf mit der Regierung in Washington unbeugsam. Mit der Verhängung einer empfindlichen Strafe gegen Elon Musks Internetportal X hat die EU-Kommission deutlich gemacht, dass sie nicht bereit ist, im Streit um die von der US-Firma nach eigenem Dafürhalten festgelegten Regeln zur Authentifizierung von Nutzerkonten klein beizugeben.  

Vergebliches Ultimatum 

Zwei Jahre nach dem ersten Ultimatum an den US-Milliardär, umgehen din Brüssel zu erscheinen, um vor einer EU-Wahrheitskommission Rechenschaft über die geduldete Verbreitung von sogenannten "illegalen Inhalte und Desinformationen" abzulegen, kommt es zum Showdown: Gestützt auf das Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act - DSA), das Anbieter digitaler Dienste verpflichtet, gegen Hass und Hetze im Netz vorzugehen, erließ die EU als Gericht auf Klage der EU als Staatsanwalt ein Bußgeld in Höhe von 120 Millionen Euro gegen die Kurznachrichtenplattform. 

Die Strafe ist die erste, mit der die EU-Kommission versucht, dem weltweit einzigartigen Digital Service Act weltweite Geltung zu verschaffen. Ein Unternehmen, vor dem die Kommissare lange zurückschreckten. Nach der Auswechslung des französischen Meinungsfreiheitsbeauftragten Thierry Breton, sich den Kampf gegen Musk zur persönlichen Hauptaufgabe gemacht hatte, schien es lange, als scheue sich Europa, offen gegen den lange eng mit dem US-Präsidenten Donald Trump befreundeten Tesla-Gründer vorzugehen. 

"Bedrohung von innen" 

Erst war es die Ankündigung von Trumps Vize JD Vance, Europa die Zuwendung zu entziehen, wenn die EU nicht gegen "die Bedrohung von innen" durch die Einschränkung der Meinungsfreiheit vorgehe und den "Rückzug Europas von einigen seiner grundlegendsten Werte" beende, die die Kommission zu einer nie näher terminierten Verlängerung ihrer Ermittlungen gegen X bewegte. Später scheute Brüssel das Risiko, nach dem erfolgreichen Aushandeln eines Zolldeals mit den USA eine neue Front zu eröffnen.

Doch die Langmut EUropas ist nun aufgebraucht. Kaum waren die ersten Nachrichten über die neue Sicherheitsstrategie der US-Regierung in den Messengerkanälen der Brüsseler Spitze aufgeploppt, ging die Kommission all in. Getreu dem Versprechen von Ursula von der Leyen, "ein starkes Signal für Menschen, Unternehmen und Länder weltweit" auszusenden, dass die "neuen Regeln die Nutzer im Internet schützen, die Meinungsfreiheit gewährleisten und Chancen für Unternehmen bieten" wirft  Brüssel der Schutzmacht in Übersee den Fehdehandschuh hin. 

Fehdehandschuh für Washington 

X als die Plattform, auf der Fake News  am entschiedensten widersprochen wird, eignet sich am besten, selbstbewusst den offenen Konflikt mit den USA zu suchen. Die Stellung, aus der die 27 Mitgliedsstaaten nach Monaten des Duckmäusertums zum Angriff übergehen, könnte nicht besser sein. Vor wenigen Wochen erst hatten führende EU-Digitalpolitiker sich zur mächtigen "Democratic Tech Alliance"  zusammengeschlossen, um schon in den kommenden Jahren ein europäisches Google, ein EU-X und ein demokratisches Facebook zu erfinden. 

Auch beim 5. Digitalgipfel in Berlin saßen mächtige europäische Internetkonzerne und Entscheider aus der Politik zusammen, über die besten Wege zu beraten, wie das derzeit noch mit nur 30 Digitalbeamten besetzte bundeseigene "Zentrum für Digitale Souveränität der Öffentlichen Verwaltung" (ZenD) allumfassende Alternativen zu den US-Diensten entwickeln kann.

Brüssels neues Selbstbewusstsein 

Das hat nicht nur in Brüssel neues Selbstbewusstsein geschaffen. Auch Berlin reagierte auf die in der amerikanischen "Anti-Europa-Doktrin" (Die Zeit) enthaltenen Vorwürfe, ohne das Knie zu beugen.  In der letzten Zeit häuften sich die "Aktivitäten und Versuche gegnerischer Kräfte zur unmittelbaren Einmischung in innere Angelegenheiten" der EU, hieß es. Unverkennbar sei, dass Behörden, Einrichtungen und Institutionen der USA "in massiver Form Bürger der Gemeinschaft inspirieren", "Widerstand gegen aktuellen Kurs Europas" (Tagesschau) zu leisten. 

Damit ziele Washington auf die Organisierung politischer Untergrundtätigkeit zur Aufweichung, Zersetzung und Destabilisierung der gesellschaftlichen Verhältnisse und letztlich auf die Beseitigung Unsererdemokratie. Europa aber sei mächtig genug, sich diese Art politischer Wühlarbeit an seinen Fundamenten nicht bieten lassen zu müssen. 

Wer behauptet, Europa leide nicht nur unter niedrigen Verteidigungsausgaben und wirtschaftlicher Stagnation, "sondern unter einem kulturellen und demografischen Niedergang samt EU‑Überregulierung, Migrationspolitik, Einschränkungen der Meinungsfreiheit, politischer Repression, sinkenden Geburtenraten und Verlust nationaler Identität", der spicht Ungeheuerliches an. Wer fürchtet, Europa könne schon in 20 Jahren unkenntlich sein und "möglicherweise nicht mehr fähig, ein starker Verbündeter zu bleiben", der mische sich in Dinge ein, die ihn nichts angehen.

"Subversive Angriffe" 

Es handele sich eindeutig um "subversive Angriffe auf die verfassungsmäßigen Grundlagen" eines ganzen Kontinent, heißt es in Brüssel, wo die derzeitige EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas noch "gute Miene zum bösen Spiel"  (Der Spiegel) macht und den neuerlichen "Schock für Europa" wegzulächeln versucht. Die Vereinigten Staaten dürften aus EU-Sicht dennoch weiterhin "unser größter Verbündeter" bleiben, erklärte Kallas bei einem Auftritt in Katar.

Mit dem Emirat verbindet die Gemeinschaft eine enge Partnerschaft, die auch zwischenzeitliche Irritationen durch einen großen Bestechungsskandal in Straburg schadlos überstanden hat. Seit der damalige Klimawirtschaftsminister Robert Habeck den Finanziers der Terrorganisation Hamas in Doha im März 2022 seine Aufwartung und vor Scheich Mohammed bin Abdulrahman Al Thani einen Hofknicks machte, sind beide Staaten auch wirtschaftlich eng verbündet.

Katar als guter Partner 

Über seine Flüssiggasanlage Golden Pass im US-Bundesstaat Texas liefert Katar Deutschland dringend benötigtes Flüssggas, das hilft, den Energieausstieg weiter erfolgreich voranzutreiben. Im Gegenzug haben deutsche Politiker und Medien ihre Kritik an der Menschenrechtslage in dem kleinen Emirat vollkommen eingestellt. Auch die aktuelle Bundesregierung lobt die katarischen Blutprinzen für ihre "engagierte Außenpolitik in vielen regionalpolitischen Fragen"

Als Israel führende Hamas-Funktionäre in Doha angriff, stellte sich Deutschland solidarisch an die Seite der Terroristen und ihrer Unterstützer. Das Vorgehen gegen die Hamas-Spitze "gefährdet auch unser aller Bemühungen zur Freilassung der Geiseln", floskelte Bundesaußenminister Johann Wadephul und nannte den "Schlag inakzeptabel."

Keine Nachsicht für die USA 

Die Vereinigten Staaten dürfen weder auf so viel Verständnis noch auf solche Nachsicht hoffen. Aus europäischer Sicht rutscht die frühere Schutzmacht des alten Europa seit dem Einzug von Donald Trump mehr und mehr in eine regellose Meinungsanarchie ab. Die "Leitplanken" (RND), die jede anständige Meinungsfreiheit braucht, waren auf Anweisung aus Washington zuerst bei X ignoriert worden. Alle Dämme brachen jedoch, als Facebook-Chef Mark Zuckerberg öffentlich erklärte, auch seine Firma wolle die "freie Meinungsäußerung wiederherstellen", in die während der Amtszeit von Präsident Joe Biden von Amts wegen eingeschränkt worden sei.

Facebook beendete die Praxis der Kommantaraufseher, die als "Moderation" bezeichnete Unterdrückung sogenannter gefährlicher Meinungen wird allerdings in Europa derzeit noch weiter fortgesetzt. Das Vorgehen der EU gegen X, das sich dieser Praxis vom ersten Tag nach der Übernahme durch Elon Musk verweigert hat, soll zeigen, dass Brüssel beißen kann. Doch es zeigt vor allem, wie zentral der Kampf um die Meinungsfreiheit in der Auseinandersetzung um den Weg des gesamten Westens in die Zukunft nicht nur aus dem Blickwinkel der US-Regierung ist. 

Zwei Züge auf Kollissionskurs 

Hier rasen zwei Züge voller Passagiere mit grundverschiedener Weltsicht aufeinander zu. Während die Verantwortlichen in den USA darauf verweisen, dass Kontinentaleuropa seit Jahrzehnten an Wirtschaftskraft verliere, seiner Migrationsprobleme nicht Herr werde, die Meinungsfreiheit immer weiter einschränke und so schwer unter sinkenden Geburtenraten leide, dass schon in 100 Jahren nur noch knapp zehn Millionen Menschen in Deutschland leben werden, steht die EU auf dem Standpunkt, dass ihre Erfolge beim Wiederaufbau nicht infrage gestellt werden dürfen. 

Der in der Sicherheitsdoktrin als Gefährung genannte drohende "Verlust nationaler Identität", der aus Sicht der USA zu einer "zivilisatorischen Auslöschung" führen werde, wird nicht argumentativ bestritten. Sondern als feindseliger Akt gebrandmarkt. Deutschland brauche keine externen Ratschläge zu Fragen der freien Meinungsäußerung oder "der Organisation unserer freiheitlichen Gesellschaften", hat Johann Wadephul Richtung Washington bestellen lassen. Er werde die neue US-Sicherheitsstrategie nun "intensiv auswerten".

Furcht gegen Furcht 

Damit sind die Frontlinien beschrieben. Die USA fürchten um die Stabilität ihrer wichtigsten Verbündeten. Die Europäer fürchten, dass zu den vielen Krisen, für die die Mitgliedsstaaten und die als multinationale Überregierung agierende EU-Kommission seit Jahren keine Lösung finden, noch ein auf offener Bühne ausgertagener Konflikt kommt, den Europa nicht gewinnen kann. Zwar hat der frühere Zentralbankchef Mario Draghi die von Washingtons beklagte Zerbrechlichkeit Europas in seinem Draghi-Bericht vor zwei Jahren mit deutlich drastischeren Worten als strategischen Risikofaktor für die EU beschrieben. 

Doch mit dem üblichen Wortgeklingel über anstehende große Reformen, Förderprogramme und neue bürokratische Initiativen wie den "Kompass für Wettbewerbsfähigkeit gelang es Kommission und Mitgliedsstaaten, alle Konsequenzen aus der übermittelten schlechten Botschaft auf die lange Bank zu schieben.

Übergriffige Einmischung 

Die Beschwerden über die übergiffige Einmischung der Amerikaner in die inneren Angelegenheiten der EU dockt zielgerichtet am lateten Anti-Amerikanismus vieler Europäer an - dem letzten Gemeinschaftsgefühl, das Europa neben dem Antisemitismus noch pflegt. Das Angebot der USA, die Verbündete bei der Erhaltung von Europas Freiheit und Sicherheit weiter zu unterstützen, wenn diese sich bereit erklären,  die westliche Identität Europas wiederherstellen und zu erhalten, soll, so spekulieren die Kommissare in Brüssel, nicht von oben abgelehnt werden müssen.

Sondern von unten. Gut verkauft, werde vielen Menschen die Offerte des "Hasspredigers" (Steinmeier) Trump so vergiftet vorkommen, dass sie sich lieber von der EU sagen lassen, was sie sagen dürfen, als  von den Amerikanern,  dass die uneingeschränkte Meinungsfreiheit in den drei knappen zeilen des Artikel 11 der "Charta der Grundrechte der Europäischen Union" festgelegt ist. Und in den Fußnoten mit nur 17 weiteren Zeilen einhegt wird.


Samstag, 6. Dezember 2025

Zitate zur Zeit: Wie die Messerverbotszonen wirken

Soll bald um den Hinweis auf verbotene Revolver, Pistolen, Gewehre und Geschütze ergänzt werden: Schild an einer Berliner Messerverbotszonen.


Dass Kriminelle in Berlin ihre Streitigkeiten vermehrt mit Schusswaffen austragen, überschreitet eine rote Linie und ist nicht hinnehmbar.

Die sozialdemokratische Berliner Innensenatorin Iris Spranger will künftig mit Schusswaffenverbotszonen konsequent auch gegen illegalen Pistolen, Revolver und Gewehre vorgehen.

Top Ten: Das sind die schönsten Terrorsperren auf deutschen Sicherheitsmärkten

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Tannenbaum, Glühweinduft und Sicherheit: Deutschlands Wintermärkte überzeugen die Prüfer*innen in diesem Jahr mit einer bunten Vielfalt an Sperrelementen.

Glühweinduft mischt sich mit dem Summen von Drohnen. Bewaffnete Streifen marschieren unauffällig durch die dicht gedrängte Menge. Am Waffelstand findet gerade eine Personenkontrolle statt. Der Marktmeister tippt nebenan auf seinem Tablet, um den versenkbaren Poller für den beladenen Glühweintanker freizugeben – der biometrische Check der Fahrzeugpapiere ist bereits erledigt, die Kennzeichenüberprüfung ist geglückt, die Ladefläche kontrolliert.

Vorfälle ausgeschlossen 

Zwölf Jahre nach dem Vorfall vom Berliner Breitscheidplatz hat sich die Pollernation Deutschland noch einmal verwandelt. Aus den achtlos gehandhabten Sicherheitsauflagen sind nach dem Vorfall von Magdeburg im vergangenen Jahr straff geführte Prozesse geworden. Die großen Christkindl-, Weihnachts- und Wintermärkte wurden durch kollektive Anstrengungen von Veranstaltern, Kommunen und überregionalen Behörden zu Hochsicherheitszonen geworden. Anziehungspunkte für Millionen, die sich in der stillen Zeit wieder einmal richtig sicher fühlen wollen. 

Festlich geschmückt sind die Buden mit Angeboten des aussterbenden Handwerks, mit veganen Lebkuchen und tüv-geprüften Lichterketten von Temu. Doch die neuen Stars sind die kreativ umgestalteten Terrorbremsen, die nicht nur schützen, sondern auch Selfie-Magneten sind. Mal als Rentierschlitten verkleidet, mal mit LED-Weihnachtsmännern umhüllt, stehen die sogenannten Vorfallsbremsen auf Plätzen großer Städte oder in idyllischen Altstädten – jede Kommune verziert sie anders, jede steckt viel Liebe hinein. 

Liebevolle Sicherheit 

In der einen Stadt haben die Stadtväter sie in große Geschenkbeutel verpackt. In der anderen sind sie rot-weiß-grün bemalt, ein Solidaritätszeichen für Palästina. In der Nachbargemeinde, SPD-regiert, ist alles rot, der Farbe der Arbeiterklasse. Manche der in liebevoller Erinnerung an die Erfinderin "Merkelpoller" genannten Beton- und Stahlbarrieren sind schon zur festen, gemütlichen Tradition geworden. Deutschlandweit werden in diesem Jahr zwischen zwei und vier Milliarden in die Sicherheitsmärkte investiert - gut angelegtes Geld, denn wer das zahlen muss. Der Steuerzahler jedenfalls nicht, denn der Bund hat gut gewirtschaftet. 

Es sind festliche Tage, schon vor dem eigentlichen Fest. Alle kommen zusammen in den festungsartigen Innenstädten, Musik läuft, wo die Kommune noch Geld für die Bezahlung der explodierten Gemakosten gefunden hat. Dank Klimawandel können die Gasheizpilze vielerorts noch ausgeschaltet bleiben. 

Der große deutsche Weihnachtstest 

PPQ hat die Runde gemacht, die neuesten Sicherheitskonzepte gecheckt und die kreativsten Terrorsperren auf deutschen Weihnachtsmärkten 2025 herausgepickt – von Betonklötzen mit Stollen-Form bis zu Traktoren mit Lichtershow, die die latente Terrorgefahr trotz insgesamt zurückgehender Bedrohungslage in weihnachtlichen Charme verwandeln.

Weihnachtsmarkt und Weihnachtswald Goslar

Die Terrorsperren auf dem Weihnachtsmarkt der Weltkulturerbestadt Goslar verzaubern Besuchende mit ihrer mittelalterlichen Tarnung: Wuchtige Betonelemente, dezent mit Moos und LED-Fackeln überzogen, verschmelzen nahtlos mit dem Weihnachtswald am Rande der Fachwerk-Altstadt. Fast wie Relikte einer mittelalterlichen Festung lädt die Heimatstadt des früheren SPD-Chefs und Außenministers Sigmar Gabriel zum Verweilen, zum Erinnern an das Magdeburg-Trauma und zum Blick auf die blockierten Zufahrten.  Bei Nacht verwandeln sich Weihnachtsmarkt und Weihnachtswald Goslar in ein Lichterlabyrinth, das Besucher zu Selfies mit historischem Flair einlädt: Spätere Generationen werden die Verwandlung der Weihnachts- in Sicherheitsmärkte in vielen Familienfotoalben nachvollziehen können.

Dortmunder Weihnachtsmarkt

Seit 1996 thront am Hansaplatz der Rekord-Weihnachtsbaum mit 45 Metern, doch 2025 glänzt der Markt dazu nicht nur mit 48.000 klimafreundlichen LEDs, sondern mit fröhlich-festlich gestalteten Spezialzement-Bremsen: In Rot-Weiß - in Erinnerung an die vielen polnischen Mitbürger, die vor vielen Jahrzehnten ins Ruhrgebiet geströmt waren, blockieren sie die Zufahrten. Augenzwinkernd hat die Stadt sogar einen eigenen Poller-Wettbewerb für die beste Glühwein-Inspiration ausgerufen. Der einmonatige Aufbau kostet die Stadt zwar eine sechsstellige Summe, doch allein um die Sicherheitsmaßnahmen zu bestaunen, pilgern Gäste aus nah und fern herbei. Hintergedanke bei vielen ist es auch, um zu zeigen: Die unbeschwerte Feier bleibt unser Revier.

Dresdner Striezelmarkt

Der älteste Sicherheitsmarkt Deutschlands, seit 1434 bereits betrieben. Dresden galt unter Weihnachtsfreunden lange als gefährliches Pflaster. Über Jahre hinweg bedrohten Pegida-Marschierer hier friedliche Glühweintrinker, es wurden geschlossene Grenzen und Remigration gefordert, um Sachsens Ruf endgültig zu zerstören. Doch der Freistaat hat überlebt. Auch 2025 finden Besuchende  am Altmarkt wieder den vielleicht hellsten, sicher aber sichersten Sicherheitsmarkt von ganz Dunkeldeutschland. Erstmals wird der Festbereich von verschärften Lkw-Bremsen aufsehenerregend abgesichert. Von lokalen Künstlern als übergroße Rosinenstollen geformt, mit Marzipan-Motiven und LED-Glasur, zaubern sie der flach im Land liegenden Angriffsfläche ein Paradies für Glühwein-Trinker. Erweitert um KI-Überwachung und internationale Polizeikooperation, locken sie 2,5 Millionen Besucher in eine Mischung aus Tradition und Tarnung.

Weihnachtsmarkt am Kölner Dom

Auf der Domplatte, Schauplatz der längst aufgearbeiteten Silvester-Vorfälle, erstrahlt 2025 der Markt mit rheinischem Schwung. Über 500 Pavillons für Punsch und Plätzchen, abgeschirmt von locker gestellten Betonbausteinen, die als Dom-Miniaturen und Kölner Kathedralen-Gardisten gestaltet worden sind. Flankiert von strengeren Messerverboten sorgen zivile Streifen, verkleidet als Wichtelmänner, für hundertprozentigen Schutz. Die Barrieren, loben Gäste, verschwinden hinter Leckereien und Kunst fast unsichtbar – eine Referenz an eine fröhliche Sicherheitsstimmung, die alle mitnimmt.

Esslinger Mittelalter- und Weihnachtsmarkt

Klein, aber fein und supersicher. In Esslingen lebt die stille Zeit wie in alten Zeiten, als die Veranstalter des traditionsreichen Sicherheitsmarktes noch davon ausgingen, dass Angreifer ihr hübsches Städten auf einer Landkarte nicht finden können. 2025 hat man sich umentschieden. Die bedrohliche Außenwelt wird akzeptierend angenommen, aber ausgesperrt. Hinter Mischmaterial-Bombensperren aus Holz und Stahl, verziert mit Fackel-Imitaten und Herzchen-LEDs, bieten Händler in mittelalterlichen Rüstungen Handwerkskunst und heiße Zuber-Bäder an. Ein Drahtverhau rund um die Waschzuber soll Angreifer abschrecken, eigens aus Norwegen importierte Rentier-Netze verhindern das Vordringen von Messertätern auf den Veranstaltungsplatz. Kreativ, kostensparend und gemütlich. Inklusive Notfall-App für Besuchende.

Nürnberger Christkindlesmarkt

Der größte und berühmteste der deutschen Sicherheitsmärkte, betrieben schon zu einer Zeit, als der spätere Prophet Mohammed noch selbst mit der Trommel um den Weihnachtsbaum rannte. Nürnberg hält trotz besserer Sicherheitslage durch die neuerdings geschlossenen Grenzen daran fest, seinen Markt mitten in der Altstadt durchzuführen. 2025 schützt wird das Festgelände, gelegen beinahe in Rufweite von Hitlers früheren Reichsparteitagsgrundstück, mit handbemalten Betonelementen aus regionalem Sand und lokalen Bindemitteln geschützt. Ökologisch und ikonisch. Bereits im dritten Jahr wählen die Nürnberger das schönste "Lego-Kunstwerk" unter den Pollern, die als Christkind-Throne oder Lebkuchen-Mauern bezeichnet werden. Drohnenpatrouillen und Taschenkontrollen sind ein Muss, Sicherheitsbeamte, meist als Wichtel und Feen verkleidet, posieren gern für ein Selfie vor der mannshohen Mauer, die Vorfallfahrer zuverlässig draußen hält.

 

Christkindlmarkt auf der Fraueninsel

Auf der idyllischen Insel im Chiemsee, nur per Schiff erreichbar, fehlen 2025 die üblichen Bollarden – stattdessen patrouillieren Bundesmarine-Schnellboote auf dem Wasser, die als Weihnachts-Elfen lackiert worden sind. Die unüberwindlichen Wasser-Barrieren, beleuchtet mit Schwimm-LEDs, und Drohnen vom Festland smachen den Markt auf der Fraueninsel zu Deutschlands wahrscheinlich sicherstem Sicherheitsmarkt. Hier gibt es Isolation pur für alle, die sich ihre Art zu leben von niemandem nehmen lassen wollen. Ein Markt, der in Gemütlichkeit schwimmt, auch weil Besucher nach der Überfahrt in den kleinen Booten von als Seesoldaten verkleideten Helfen des Weihnachtsmannes durchsucht werden. bemerkenswert: Zwischen Kunsthandwerk und Fischbrötchen gibt es nicht einen einzigen Poller.

Weihnachtsmarkt Berlin

Wo 2016 alles begann, nah der Gedächtniskirche, funkeln 2025 Drahtverhaue und bunte Betonquader im Glanz. Ein deutliches Zeichen, dass Deutschland sich dem Terror nicht beugt und sich eingerichtet hat auf Lebensverhältnisse, die sich genau so drastisch geändert haben, wie es die aus dem Grünen herzen Deutschlands stammende Bundestagsabgeordnete Kathrin Göring-Eckhart einst vorhergesaht hat. Berlin und Weihnachten, das sind zwei Begriffe, die organsisch zusammengehören. Aufgerüstet mit versenkbaren Nagelbrettern und Gesichtserkennungs-Drohnen, die beim Überflug über die Köpfe der Besucher*innen wie Sterne funkeln, ist der Berliner Weihnachtsmarkt womöglich einer sichersten weltweit. Die hundertjährige Tradition mischt den kalten Beton des Bauhausstils mit roten Hütten und Currywurst-Duft. Heimelig piepen Metalldetektoren, vor den besonders sicheren Rucksack-Verbotszonen stehen Schilder, die in die dahinterliegende Hygge-Zone einladen. Nicht nur Messer, sondern auch alle Sorgen vor der Zukunft müssen draußen blieben.

Weihnachtsmarkt Erfurt

Der Heimatmarkt der hier unten in den tiefen Wäldern besonders starken Grünen, die die Thüringische Hauptstadt weiterhin als eine ihre Hochburger führen, umgeben von einem düsteren Meer aus Blau. Vor dem imposanten Dom glänzt auch in diesem Jahr ein Ensemble aus einbetonierten Bremsen als Weihnachtskrippen: Handgeschnitzte Figuren von SEK-Männern in Krippen-Szenen, umgeben von  eine zwölf Meter hohen Erzgebirgische Laubhaubitze, die von einem traditionellen Lichterbaum noch überragt wird. Der Wesensart des Thüringer entgegenkommend, wird hier nicht nur auf passiven Schutz gesetzt. An Karussells drehen sich Mitfahrpanzer, Schießstände locken Kids, selbst über eine Mitarbeit bei Heimatschutz oder Bundeswehr nachzudenken. Selbstverständlich bietet auch das oft als rückständige abgestempelte Städtchen im tiefen Süden des Ostens inzwischen Messerverbote und Kameras, die das geschehen KI-gestützt beobachten und fortlaufend analysieren. 

Internationaler Weihnachtsmarkt Essen

Bunt wie nie: 2025 schützen über 250 Stahlbeton-Abwehrstellungen, von regionalen Künster*innen gestaltet als globale Pavillons mit Falafel-Lichtern und Poffertjes-Motiven, den Verkauf aus 21 Ländern. Es gibt wirklich wenig zu fürchten, aber viel zu Essen. Exotische Käfer-Snacks und traditionelles afrikanisches Weihnachtshandwerk blühen hinter den Barrieren, die mit internationaler Kooperation und Hunde-Patrouillen ein Bollwerk bilden – günstiger als Neuzugänge, da Essens City-Team kreativ recycelt, für eine Weltparty, die Angreifer mit Vielfalt verwirrt. 

Zeitlose Eleganz : Warum das perfekte Outfit erst mit einer Taschenuhr vollendet ist

In einer Welt, in der modische Accessoires oft von kurzlebigen Trends geprägt sind, erlebt die Taschenuhr eine bemerkenswerte Renaissance. Sie steht nicht nur für handwerkliche Tradition und nostalgischen Charme, sondern auch für eine subtile, gepflegte Art der Selbstpräsentation. Immer mehr Menschen entdecken, dass ihr Outfit an Tiefe und Ausdruckskraft gewinnt, wenn sie es mit Bedacht auswählen – und dass eine Taschenuhr dabei ein außergewöhnliches Detail sein kann, das Eleganz und Persönlichkeit zugleich vermittelt. 

Der ästhetische Mehrwert – Warum ein Accessoire den Stil definiert

Ein hervorragend abgestimmtes Outfit lebt von feinen Details, die dem Erscheinungsbild Charakter und Harmonie verleihen. Wer eine Taschenuhr trägt, setzt damit ein bewusstes, ästhetisch anspruchsvolles Statement. Das elegante Zusammenspiel zwischen Stoffen, Farben, Schnitten und dem metallischen Glanz des Zeitmessers schafft eine visuelle Balance, die sofort ins Auge fällt. Darüber hinaus ermöglicht die Taschenuhr eine subtile Individualisierung des Stils: Ob minimalistisch, vintage-inspiriert oder luxuriös – sie lässt sich in nahezu jedes Outfit integrieren und wertet dieses durch ihre klassische Ausstrahlung auf.

Ein Symbol für Persönlichkeit – Mode als Ausdruck innerer Werte

Die Entscheidung, eine Taschenuhr in das eigene Erscheinungsbild einzubinden, geht über reinen ästhetischen Genuss hinaus. Sie verrät etwas über die Haltung des Trägers. Eine Taschenuhr steht für Hingabe an Qualität, Liebe zum Detail und einen gewissen Respekt gegenüber sorgfältiger Handwerkskunst. Wer sie trägt, zeigt, dass Mode nicht nur zweckmäßig, sondern Ausdruck einer bewussten Lebenseinstellung ist. Diese Form der Selbstinszenierung bleibt subtil und dennoch kraftvoll – ein Hinweis darauf, dass Eleganz nicht laut sein muss, um Wirkung zu entfalten.

Die praktische Raffinesse – Ein Accessoire mit funktionaler Stärke

Neben ihrer ästhetischen und symbolischen Bedeutung zeichnet sich die Taschenuhr durch einen hohen praktischen Wert aus. Anders als moderne Armbanduhren oder digitale Geräte wird sie nicht permanent am Handgelenk getragen und wirkt daher weniger aufdringlich. Sie kann elegant aus der Westentasche gezogen werden, was nicht nur ein charmantes Ritual darstellt, sondern auch die Kleidung schont. Zudem sind Taschenuhren langlebig, reparierbar und oft wahre Erbstücke. Ihre Funktionalität tritt nicht in Konkurrenz zur modernen Technik, sondern ergänzt sie stilvoll – ein zeitloser Begleiter, der Form und Nutzen miteinander verbindet.

Schlussfolgerung – Ein Accessoire, das Stil, Tradition und Funktion vereint

Ein Outfit mit einer Taschenuhr abzustimmen bedeutet, Mode als Ganzes zu denken: als Zusammenspiel aus Ausdruck, Eleganz, Persönlichkeit und praktischer Wertigkeit. Dieses besondere Accessoire bringt Tiefe in das Erscheinungsbild, verleiht ihm historische Anmut und hebt die Individualität des Trägers hervor. Wer Wert auf einen stilvollen, bewussten Auftritt legt, findet in der Taschenuhr ein unvergleichliches Element, das moderne Garderoben auf subtile Weise bereichert.

Freitag, 5. Dezember 2025

Herbst der Reförmchen: Der größte Trick der Politik

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Der frühere Linken-Landesvater Bodo Ramelow zeigt den größten Trick der Politik: Er gibt einem imaginären Regenbogenpferd mit einer leeren Hand unsichtbares Futter.

Er ist abgewählt und aussortiert worden und nur ein Jahr nach seinem Auszug aus der Staatskanzlei in Erfurt muss sich der frühere Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow als Handlungsreisender durchschlagen. Kreuz und quer reist er durch die Republik, im Gepäck ein Bändchen mit selbstgemachten Gebeten an Unseredemokratie.

Der gebürtige Osterholz-Scharmbecker war lange das schönste Gesicht des Westens in der ostdeutschen Regionalpartei Die Linke. Ramelow nahm die Farbe des Ostens sogar so gut an, dass ihn der Deutsche Bundestag, in dem er auch mit fast 70 noch sitzt, inzwischen zu einem "erfahrenen Politiker aus Thüringen" erklärt hat.  

Fütterung aus der hohlen Hand 

Obschon heute meist als Wanderprediger für mehr Gerechtigkeit, weniger Armut und mehr Bürgernähe unterwegs, steht Ramelow sinnbildlich für ein Land in sehnsuchtsvoller Erwartung auf den Herbst der Reförmchen, den der Kanzler der scharf mit der Linkspartei konkurrierenden Unionsparteien versprochen hat. 

Ein aktuelles Foto zeigt den ehemaligen Thüringer Landesvater bei der Ausführung seines größten Tricks: Ramelow füttert ein imaginäres Regenbogenpferd aus der Hand. Die aber ist leer. Die Szene, vom Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages selbst verbreitet, illustriert die deutsche Gegenwart besser als jeder analytische Roman einer ARD-Moderatorin und jedes öffentlich-rechtliche Drama über die Notwendigkeit schärferer Maßnahmen gegen Dämmverweigerer und E-Auto-Leugner.

Eine selbstbewusste Geste 

Ramelow, obschon kein Regierungspolitiker mehr, lebt vor, wie Herrschaft funktioniert. Er hat nichts mehr zu geben, tut es aber mit selbstbewusster Geste. Darin gleicht der Mann am Ende seiner langen Karriere, die er überwiegend im Biotop aus Gewerkschaften und Linksparteien verbrachte, den Frauen und Männern der rot-schwarzen Regierungskoalition, denen seine Kleinstpartei von den Oppositionsbänken aus immer wieder zu lebensrettenden Mehrheiten verhilft. 

Gerade erst war es die Linke, die der jungen Gruppe in der Union und ihrem Widerstand gegen das Rentenrettungspaket das Genick brach. Zuvor schon hatte Ramelows Partei sich die Zustimmung zur Schaffung weiterer Schuldenhaushalte in Billionenhöhe mit Zugeständnissen abkaufen lassen. 

Aus einer kategorischen Abehnung der Extraschulden für Infrastruktur und Verteidigung, mit denen der "politische Hasardeur Merz" (Sören Pellmann) sich als "Erlöser von Ängsten und Qualen" gerierte, wurde im Bundesrat ein mittlerweile als Linken-Votum bekanntes Manöver: Die von der Partei mitregierten Bundesländer stimmten  dem Plan zu, "mit einer gigantischen Aufrüstungsverschuldung die Probleme von morgen" zu schaffen, wie der Linken-Abgeordnete Sören Pellmann kurz zuvor noch im Bundestag angeprangert hatte.

Grüne fliegen erste Klasse 

Sagen und Tun, sie sind im neuen Bundestag nicht weniger verschiedene Dinge als sie im alten Bundestag waren. Dass die grüne Partei, abgeführt von einer Riege schon nach dem Augenschein asketischer Leiter, gegen die Senkung der hohen deutschen Luftverkehrssteuern waren, die immer mehr Touristen dazu trieb, von Straßburg, Prag oder Amsterdam aus in den Urlaub zu starten, versteht sich von selbst. Auf dem Weg in die Klimaneutralität ist der Verzicht der von der Partei favorisierte Pfad, das Steuern durch Steuern soll die Menschen zur freiwilligen Einsicht lenken, nur wer nicht hören will, dem soll notfalls auch mit strengen Verboten geholfen werden. 

Jeder, der sich der Einsicht in die Notwendigkeit verweigert, muss fühlen, dass er schief liegt. Helfen soll dabei eine hohe Sondersteuer auf Privat- und First-Class-Flüge, von denen die Parteispitze annimmt, dass sie bei denen, die Holzklasse fliegen, sehr gut ankommen würde. Zahlen soll eine ganz kleine Clique von Privatjetbesitzer und "Männern in Maßanzügen" (Bärbel Bas), die sich in First- und Business-Class-Sitzen räkeln.  Klassenkampf über den Wolken, mit Neid als Antrieb zurück zum Status der Volkspartei, so hat es der letzte Grünen-Parteitag mit einem Leitantrag des Bundesvorstands zur Klima- und Sozialpolitik beschlossen. 

Ausreichend Symbolpolitik 

Abgeordnet*innen hingegen haben die schlimmsten Jahre hinter. Vier Jahre nach dem Beschluss des Ältestenrates im Bundestag, dass die Parlamentarier, wenn sie schon fliegen müssen, aus Kostengründen in der Touristenklasse beim gemeinen Volk sitzen sollen, haben sich die Vertreter der Parteien jetzt geeinigt, dass es genug ist mit solcher Symbolpolitik. Bei längeren Flügen ins Ausland würden "oft auch Dokumente mit Vertraulichkeitsgrad studiert werden", bei kürzeren sei die Einsparung geringer als erwartet. Auch die Grünen stimmten zu, die Bestimmung aufzuheben, nach der aus Kostengründen für Flüge unter vier Stunden immer Economyclass-Tickets gebucht werden müssen. 

Die Freiheit über den Wolken, sie ist wieder grenzenlos für die, die nicht selbst zahlen müssen. Allen anderen aber präsentiert die SPD-geführte Bundesregierung noch vor Weihnachten Geschenke, die in den angeschlossenen Rundfunkstationen und der parteieigenen Presse als "steuerliche Entlastungen!" mit einem Volumen von "fünf Milliarden Euro" gefeiert werden. Der "Herbst der Reformen", Fortsetzung des Sommers des Stimmungsumschwungs, kommt als Herbst der Reförmchen so richtig in Fahrt.

Gnade für ausgewählte Gruppen 

Denn "Fernpendler, Gewerkschaftsmitglieder und Gastwirte" (FAZ) profitieren von den mutigen Einschnitten, die der Bundestag mit dem jüngsten Steueränderungsgesetz beschlossen hat. Das enthält eine "ganze Reihe von Maßnahmen", analysiert die Frankfurter Allgemeine Zeitung, "die alles in allem die Steuerzahler im nächsten Jahr um fünf Milliarden Euro entlasten" werden. Wenn der Bundesrat zustimmt.

Fünf Milliarden, das sind pro Kopf der Bevölkerung knappe 60 Euro. Angesichts eines Steueraufkommens, das sich von den 947,7 Milliarden Euro des Jahres 2024 in laufenden Jahr wohl nur um 33 Milliarden Euro auf etwa 980 Milliarden Euro erhöhen wird, wirkt die Geste der rot-schwarzen Koalition nur umso generöser. Bundeskanzler Friedrich Merz und sein Finanzminister Lars Klingbeil wollen noch vor dem Beginn der stillen Tage zeigen, dass sie ganz im Gegensatz zu dem Eindruck, den ihre Wackelkoalition vermittelt, noch lange nicht am Ende sind. 

Der Trend in den Umfragen, in denen SPD, CDU und CSU gemeinsam nur noch elf Prozentpunkte vor der inzwischen stärksten deutschen Partei AfD liegen, soll gedreht werden. Koste es, was es wolle. 

Ein leerer Hafersack  

Ramelows leere Fütterhand ist bei Merz und Klingbeil ein leerer Hafersack, der mit großem Aplomb geschwenkt wird. Auf einmal sind die fünf Milliarden, die vor sechs Monaten nicht aufzutreiben waren, um die Stromsteuer für alle zu senken, leicht verfügbar. Auf einmal gestattet es die prekäre Lage der Koalition, die eben noch überlebenswichtige Gasspeicherumlage abzuschaffen, die Netzentgelte für Strom aus der leeren Steuerkasse zu bezuschussen und in Deutschland rekordhohe Stromsteuer zumindest für die paar noch produzierenden Unternehmen vorübergehend zu subventionieren.

"Dauerhaft niedrig halten" nennt die Bundesregierung selbst diese "Entlastungen für alle" (Bundespresseamt), die nur einer ausgewählten kleinen Gruppe der Bevölkerung zugutekommen. Neid aber ist nicht angebracht. Auch der, der schließlich wirklich profitiert, wird schon in Kürze wieder abkassiert:  Die Abgabenquote für Steuern und Sozialabgaben steigt am 1. Januar auf  41,5 Prozent der Brutto-Löhne und -Gehälter. Das ist der höchste Wert seit Bestehen der Bundesrepublik.

Fridays for Frieden: Freizeit statt Wehrwilligkeit

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Die Initiative "Fridays for Frieden" ruft zum Schulstreik gegen Verteidigungsfähigkeit.

Es geht wieder los, Freitag ist wieder Streiktag. Zwei Jahre nach dem Rückzug der weltweiten Klimabewegung Fridays for Future ins Kernland Deutschland und ein Jahr nach dem endgültigen Wechsel von der Straße ins Talkshow-Studio schickt sich eine neue Schüler*innen-Generation an, den Staffelstab der von der Schwedin Greta Thunberg gestarteten Proteste gegen das Klima aufzunehmen. 

Wieder sind die jungen Leute Teil einer neuen weltweiten Bewegung, die sich auf Deutschland konzentriert. Wieder bewegt sie vor allem ein Eigeninteresse. War es eben noch der Klimawandel, der ihnen Angst machte, sind es jetzt die Aussichten, in Zukunft wieder wie frühere Generationen für einen Dienst in den Streitkräften des Landes gemustert und später vielleicht sogar für ein halbes Jahr in Uniform eingezogen zu werden.

Keiner hört auf sie 

Sie wollen das nicht. Und sie wehren sich mit den Mitteln, von denen ihnen Eltern, Lehrer und Medien eingeredet haben, dass sie wirksam sind. Petitionen, öffentliche Klagen in Interviews, Rufe nach Beteiligung bei der Abstimmung darüber, ob das Land verteidigt werden muss und ob junge Männer die geeignete Gruppe sind, das dazu notwendige Personal zu stellen. Vieles haben sie versucht. Nichts hat die gewählten Volksvertreter daran gehindert, schließlich doch zu tun, was sie für richtig halten.

Deshalb wird jetzt gestreikt. Deshalb  verliert die Jugend die Geduld mit den Alten. Schülerinnen und Schüler streiken. Statt in die Schule zu gehen, werden sie auf der Straße sein. In 90 Städten sind Aufmärsche gegen die Wehrdienstpläne der Bundesregierung, der schon die Jungen nicht weiter trauen als sie gegen den Wind spucken können. "Erst das Los entscheiden und dann kommt die Pflicht für alle. Es heißt, wir sollen für Deutschland Krieg führen können", heißt es im Aufruf der "überparteilichen Jugendbewegung", für die ein Moritz Nagel verantwortlich zeichnet, von dem außer dem Namen nichts bekannt ist.

Aufstand bei Instagram

Die Bewegung, jung und außer beim amerikanischen Datensammelportal Instagram noch nirgendwo aktiv, richtet sich gegen den amtlich heraufbeschworenen Wehrwillen und gegen alle Zwangsdienste. Milliarden sollten für Bildung statt für Waffen ausgegeben werden, für "bessere Ausbildungsplätze, das Klima und unserer Zukunft". 

Im Visier sind jedoch auch Altersgenossen, die wie die Anführer mehrerer Nachwuchsorganisationen politischer Parteien bereits bekundet haben, dass sie bereit sind, fürs Vaterland zu streben. Der Russe spielt in den Überlegungen der Initiatoren hingegen keine Rolle. Sie berufen sich auf ihr "Recht, in Frieden zu leben". Das sei Abschreckung genug, denn auch Putin sei bekannt, dass es verboten sei, fremde Länder anzugreifen.

PPQ hat die langjährige Jugendstreikbewegungsbeobachterin und Transitionsforscherin  Frauke Hahnwech zu den Erfolgsaussichten der neuen globale Wehrverweigererbewegung befragt, die sich anschickt, Schlagzeilen zu machen. Hahnwech arbeitete lange als Gebärdendolmetscherin im sächsischen Bitterfeld, wo sie wegweisende EU-Papiere etwa zur "Just-Transition-Strategy" aus dem Politischen ins Deutsche übersetzte. Heute führt die 42-Jährige in Berlin eine sprachmedizinische Praxis mit Blick auf die Baustelle zur Erweiterung des Kanzleramtes um die berühmte große "Halle des Volkes".

PPQ: Frau Hahnwech, vor viele, vielen Jahren hat die junge Schwedin Greta Thunberg eine Klimabewegung begründet, die zwischendurch medial omnipotent schien. Mit Blick auf die ähnlich aufgestellt neue Gruppe Fridays for Frieden - was ist denn aus Fridays for Future geworden?

Hahnwech: Sie hat eine enorme Entwicklung durchlaufen: Die singuläre Aktion von Greta Thunberg hatte sich weltweit ausgebreitet, erst waren es wirklich engagierte Schülerinnen und Schüler, ganz jung oft, die in der Protestform "Klimastreik" ihre ersten rebellischen Aufwallungen ausleben konnten. Das "Schule-schwänzen-am-Freitag-um-zu-demonstrieren" hatte eine magische Anziehungskraft, auch auf Medien. Die verschafften der Bewegung einen untadeligen Ruf trotz der Grenzüberschreitung, dass da die Schulpflicht ignoriert wurde. Auf dem Höhepunkt der Entwicklung war FFF das Gewissen der Nation. Wer auf sich hielt, auch als älterer Mensch, musste sich da sehen lassen. Darin lag aber auch der Todeskeim.

PPQ: Wie muss das verstanden werden?

Hahnwech: FFF hat verschiedene Phasen durchlaufen. Aber als dort mehr Ältere als Kinder standen, war der Reiz für die Generation, die den Protest anfangs getragen hatte, verflogen. Niemand möchte mit 13 oder 15 gemeinsam mit den Omas gegen rechts oder der Ortsgruppe der Linken auf der Straße gesehen werden.

PPQ: Der Todeskuss war also die Vereinnahmung durch die Erwachsenenwelt?

Hahnwech: Das kann man so sagen. Bis 2019 ist "Fridays for Frieden" stark angewachsen. Viele Kinder merkten, dass es nicht bestraft wird, wenn man am Freitag nicht in der Schule erscheint, weil man demonstrieren will. Demonstrieren geht deutlich schneller, auch ökonomisch ist die Entscheidung, was ich tue, da für jeden rational denkenden Teenager nicht schwer. Dazu kommt ja, dass dem Schulstreiken ein Nimbus zugeschrieben wurde. Die sogenannten Klimademos sollten die Welt verändern können, schrieben die Zeitungen. Nehmen Sie noch die hochrangigen Adressen dazu, die Frau Thunberg und Frau Neubauer mit höchsten Ehren empfingen. Das ist dann etwas, an dem jeder teilhaben will.

PPQ: Kommen wir auf den aktuellen Anlass, im Grunde ist doch Fridays fort Frieden der Versuch, diesen Erfolg zu wiederholen, oder?

Hahnwech: Zumindest knüpft der Name und die Organisationsform dort an. Sie müssen bedenken, dass der Höhepunkt der Straßenproteste von FFF im September 2019erreicht war, als der sogenannte dritte globale Klimastreik zumindest in Deutschland fast sieben Prozent der Kinder und Jugendlichen als Teilnehmer zählte. Als FFF später die palästinensische Sache entdeckte, nachdem das Klimathema den führenden Persönlichkeiten zu unergiebig und zu langwierig geworden war, gelang es nicht mehr, genug Menschen zu mobilisieren, um die Behauptung aufstellen zu können, es seien Millionen an den Demos beteiligt. Ich sehe, dass das bei Fridays for Frieden von Anfang an ein Problem sein wird.

PPQ: Wieso denn? Ist Frieden nicht etwas, das alle Menschen  wollen?

Hahnwech: Das sicherlich. Aber was versteht der Einzelne darunter? Sehen Sie, die früher so starke und vitale deutsche Friedensbewegung ist im Grunde genommen an dem Tag gestorben, an dem Putins Truppen die Grenze der Ukraine überschritten. Die Mitte, die immer den Ausschlag gibt, ob ein Randthema, das kleine, radikale Gruppen beschäftigt, zu einem gesellschaftlichen wird, das von einer Mehrheit als essentiell betrachtet wird, traut sich nicht mehr, für den Frieden zu sein. Sie hat Angst, dass das als Paktieren mit Putin ausgelegt wird. Also  bleiben noch die Extremen vom rechten und linken Flügel. Dieses Hufeisen ist weitgehend einer Meinung, aber im Glauben an das richtige Handeln gespaltener als die Regierungskoalition in Berlin. 

PPQ: Aber heißt es nicht, beide Seiten seien russlandfreundlich?

Hahnwech: Das ist ein Nebenaspekt. Worum es geht, ist die Reaktion hier bei uns. Wenn die einen die Deutschlandfahne schwenken und dazu Picassos Friedenstaube, tragen die anderen die rote Fahne mit Hammer und Sichel und die Palästinenserfahne. Die eine glauben, man müsse den Krieg verbieten, die anderen, man solle sich durch demonstrative Wehrlosigkeit verteidigen. Daraus entsteht keine Volksbewegung.

PPQ: Wo ordnen sie Fridays for Frieden in diesem Spektrum ein?

Hahnwech: Das ist eine interessante Frage, denn diese Gruppe, die wir ja noch gar nicht so gut kennen, passt weder in die eine noch in die andere Ecke. Ich würde sie eher zu den sogenannten Selbstnutzdemonstranten rechnen, also in der Nähe einer Bewegung sehen, wie wir sie in Deutschland zuletzt bei den Massenprotesten gegen Hartz 4 hatten.

PPQ: Das klingt jetzt ein wenig verschroben. Was hat das eine mit dem anderen zu tun?

Hahnwech: Sehen Sie, bei öffentlichen Aufmärschen ordnen wir in der Wissenschaft erstmal stets danach, ob dort Menschen für ein übergeordnetes Ziel oder für ihre eigenen Vorteile auf die Straße gehen. Im Fall einer Demonstration, die in Deutschland ein Ende des Krieges im  Sudan oder mehr Entwicklungshilfe für den Iran fordert, liegt auf der Hand, dass die Motive der Demonstranten philanthropisch sind. Werden ihre Forderungen erfüllt, haben sie selbst nichts davon, außer ein gutes Gefühl, etwas Tolles für andere erreicht zu haben.

PPQ: Der Gegenentwurf ist?

Hahnwech: Den Gegenentwurf fanden wir im Grunde auch schon bei Fridays for Future. Denken Sie an die Forderungen, in denen behauptet wurde, die Erde gehöre kommenden Generationen, die derzeit lebenden Menschen müssten so leben, dass es denen, die nach ihnen kommen, möglichst gut geht. Und so weiter. Ich erinnere an den Satz einer Aktivistin, dass die Älteren doch bitte die Klappe halten sollten, weil sie dann später ja ohnehin nicht mehr da sein würden. So etwas nennen wir egozentriertes Engagement. Die Teilnehmer sehen sich selbst und ihre eigenen Interessen als einzig wichtige. Und mit einem solchen haben wir es auch bei  Fridays for Frieden zu tun.

PPQ: Erklären Sie unseren Lesern doch bitte, wie Sie darauf kommen? 

Hahnwech: Das ist ganz einfach und schon anhand der Zeitleiste unwiderlegbar. Der Krieg in der Ukraine läuft jetzt seit fast drei Jahren, manche sagen sogar, er läuft seit elf Jahren, wie auch immer. Haben wir in dieser Zeit Jugendliche auf der Straße gesehen, die für den Firden demonstriert haben? Massen von Teenagern, die ihre Schulen bestreikten, um Putin zur Umkehr zu bewegen? Oder die Führerinnen des Westens dazu zu bringen, in Friedensgspräche einzusteigen? Ich sehe an Ihren Gesicht, dass auch Sie sich an dergleichen nicht erinnern.

PPQ: Und was sagt uns das?

Hahnwech: Es sagt uns klipp und klar, dass es den Demonstrierenden und Schulstreikenden, mit denen wir es jetzt zu tun haben, nicht um den Frieden geht. Denn sehen Sie: Diese Schulstreik-Aufrufe kommen ausgerechnet kurz nachdem die Wehrpflicht quasi auf Raten wiedereingeführt wird! So wenig Krieg und Frieden die Teenager beschäftigt haben, weil das gerade für einen 15- oder 17-Jährigen weit weg ist, so sehr beschäftigt jetzt alle die Bedrohung, unversehends wie frühere Generationen auch wieder Uniform tragen und dienen zu müssen. Hier finden wir die Motivation, die die Beteiligten dazu bringt, jetzt auf einmal für den Frieden zu sein.

PPQ: Ist denn das verwerflich?

Hahnwech: Keineswegs. Solche Jugendbewegungen zeichnen sich immer dadurch aus, dass sie am Anfang utopische Forderungen stellen, ihre eigene Bedeutung überschätzen und letztlich auch nur ein vorübergehendes Phänomen sind. Bei Fridays for Future hieß es zu Beginn, die Politik müsse "ihre Hausaufgaben machen", jetzt klagen die jungen Leute, sie würden "nicht gehört und nicht gefragt. Jeder Erwachsene weiß, dass eine parlamentarische Demokratie genau so funktioniert - Sie fragen nicht die Frösche, ob der Sumpf trockengelegt werden soll, sondern die Wählerinnen und Wähler, wer für sie entscheiden soll, ob es überhaupt ein Sumpfproblem gibt.

Donnerstag, 4. Dezember 2025

Enttäuschte Erwartungen: Die Organe der Niedertracht

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Jedes Mittel, aber auch jedes ist recht, wenn es gilt, den Todfeind zu bekämpfen und Klicks einzusammeln.

Er hätte längst tot sein sollen, tot und vergessen, ein vorübergehender Alpdruck nur, verjagt von vielen mutigen, unbeugsamen Menschen, die sich ihm beherzt entgegenstellen. Doch Donald Trump ist immer noch da, er schimpft und scherzt und ledert los, wann und wie es ihm gefällt. Seine eingeschworenen Gegner sind seit einem Jahrzehnt überzeugt, dass der als Orange Man verspottete New Yorker sich den Untergang der Welt als politisches Hauptziel vorgenommen hat.  

Der Herr der Zerstörung 

Was immer Trump tat oder tut, dient allein dieser Zerstörungsvision. Daraus ergibt sich eine umfassende Legitimation, alle Mittel einzusetzen, um gegen den Diktator, Irren, Abschaffer der Demokratie, Spalter des Westens, Russlandfreund, König und Hassprediger Front zu machen.

Das Muster der Trump-Berichterstattung ist kein sonderlich originelles. Es folgt den alten Propagandalehren der großen Vordenker der sozialistischen Massenrevolution von rechts und links. Was immer einer wie Trump sagt oder tut, fällt in zwei Kategorien: Könnte es positiv missverstanden werden, scheidet es als Thema aus. Lässt es sich negativ interpretieren, wird es verkürzt, beschnitten und bis ins Extreme ausgedeutet. An Ende steht ein Zerrbild, das stolz im Zirkus unserer Mediendemokratie herumgereicht wird: Seht her, sehr her! Der Teufel in Menschengestalt! 

Der Teufel in Menschengestalt 

Jedes Mittel ist recht, jede Waffe darf eingesetzt werden, jede Unterstellung ist erlaubt, jede Erfindung entschuldigt. Trump stand bereits unter Verdacht, Atomkriege auslösen zu wollen. Jetzt wird er bezichtigt, für Frieden zu sein. Trump hat alles getan, um die Behörden der US-Regierung personell so auszudünnen, dass der amerikanische Staat nicht mehr arbeitsfähig ist - damit wollte er seinen Milliardärsbuddys zu noch mehr Reichtum verhelfen und die Armen in noch tiefere Armut stürzen. Er hat aus niederen Beweggründen auch die Zölle erhöht, um den Welthandel zu Erliegen zu bringen. Und er hat Putin in Alaska empfangen, aus demokratischem Boden. Ohne ihn verhaften zu lassen.

Nichts davon kann ihm je verziehen werden. Alles rechtfertigt jede Anstrengung, wenigstens das deutsche Medienpublikum weiter wach und gespannt zu halten, bereit für den Kampf gegen Trump und seine Kamarilla, sobald die Trompeten zum Abmarsch rufen. Die Mischung der Meldungen ist dabei mittlerweile durchaus eine andere als anfangs. 

Stupende Realitätsverleugnung 

Damals machten sich Spiegel, Taz, FAZ, ARD, ZDF, Stern und Frankfurter Rundschau noch Hoffnungen machten, mit stupender Realitätsverleugnung dazu beitragen zu können, den greisen Joe Biden oder die später eingesetzte Ersatzkandidatin Kamala Harris ins Weiße Haus schreiben zu können. In der Berichterstattung überwogen die bösartigen Unterstellungen. Trump tauchte als Ku-Klux-Klan-Mann auf, als Zerstörer von Freiheitsstatue und Erdball, er war Lügner, Dieb und Todeswelle, ein Primitivling, der sich als Milliardär tarnt, aber pleite ist. Eine Kartoffel. Ein Dummkopf. Ein Anti-Amerikaner.

Nutzlos. Erfolglos. Die Dauerwelle der Trump-Empörung schwappte auf ihre Urheber zurück. Kein Publikum erträgt ein jahrelanges Trommelfeuer der Verdummung, ohne sich entnervt und übersättigt abzuwenden. Dazu kommt der selbst für uninteressierte Beobachter kaum zu leugnende Umstand, dass all die Weltuntergänge, Atomkriege und Errichtungen eigener Trump-Königreiche bisher nicht stattgefunden haben. 

Erschütterung in Brüssel und Berlin 

Stattdessen hat Trump einige Kriege und Konflikte beendet oder zumindest eingehegt. Er den Europäern den Ernst ihrer militärischen Lage so weit klargemacht, dass selbst Grüne, SPD, Union und EU hellauf begeistert davon sind, endlich kriegstüchtig werden zu dürfen. Und ihm ist es im Vorbeigehen sogar gelungen, den Verfassern der Brüsseler 50-Jahr-Pläne deutlich vor Augen zu führen, dass ihre Richtlinien, Regeln, Auflagen und Vorgabemaßnahmen für alles und jedes am Ende nur zu einem führen werden: Dem wirtschaftlichen und sozialen Tod eines ganzen Kontinents.

Niemals wird ihm das irgendjemand in den eingebildeten Chefetagen Europas verzeihen. Alles hat sich als falsch herausgestellt hat, was Politik und Medien über zwei Jahrzehnte wie unabänderliche Glaubenssätze gepredigt hatten. Die "Friedensdividende", von der alle meinten, sie sei ein free lunch, hat es nie gegeben. Die vermeintlich brummende Wirtschaft lief auf Diesel- und Verbrennermotoren und nur deren Lärmen überdeckte, dass es in ganz Europa kein neues, modernes Geschäftsmodell gibt, das eine überalternde, durch unkontrollierte Zuwanderung strapazierte Gesellschaft im nächsten halben Jahrhundert unterhalten könnte.

Die Herren des Schlamassels 

Eine Blamage, die sich kaum mehr verbergen lässt. Noch versuchen die, die den Schlamassel angerichtet haben, sich mit lauen Reförmchen, Umbauten an der Fassade und Klassenkampfparolen über Wasser zu halten. Doch das alles wird nicht reichen, es reicht ja jetzt schon nicht mehr. Der Griff in die leere Kasse immer noch möglich, mit dem sich sogenanntes "frisches Geld" hervorzaubern lässt. Sachsen-Anhalt, ein Bundesland, das pleite ist, aber im kommenden Jahr vor einem titanischen Abwehrkampf gegen die Übernahme durch eine zeitweise gänzlich als gesichert rechtsextremistisch eingestufte Partei steht, hat jetzt eine "Corona-Notlage" noch für das Jahr 2026 ausgerufen

Freilich schwant selbst den Zauberlehrlingen der Sondervermögenrepublik, dass der Sumpf nur immer tiefer wird, aus dem man nicht mehr entkommen wird. Tiefgreifende Reformen sind durch die Mehrheitsverhältnisse unmöglich. Der Einsatz der Kettensäge wäre nötig, er würde aber umgehend zum Verlust der Macht führen. Man müsste, aber man kann nichts tun. Dass Friedrich Merz vor allem im Auslandseinsatz kämpft, hat seinen guten Grund.

Die mediale Medizin 

Die mediale Medizin dagegen ist allerdings bewährt. Statt bei sachlichen Beschreibungen zu bleiben, anlassbezogen konzentriert auf die tatsächlichen großen Probleme, empfehlen alle Klassiker der Propaganda, sich auf Nebenkriegsschauplätze zu konzentrieren. Am besten strikt personalisiert. Strukturen verschwinden so hinter Petitessen. Grundlegende Fragen werden mit individualisierten Vermutungen beantwortet.

Fakten oder Tatsachen braucht kein Überzeugungstäter, der sich dieser Methode bedienen will. Das beste Beispiel dafür ist der bereits 2020 angekündigte nahe Tod des russischen Präsidenten Wladimir Putin.  Der war seinerzeit schwer an "Krebs und Parkinson" erkrankt, schrieb der "Focus". So schwer, dass das frühere Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" mit unverkennbarer Vorfreude berichten konnte, dass der Kreml zu verheimlichen versuche, dass der russische Patient sich gar nicht mehr in Moskau befinde, sondern am Schwarzen Meer auf den Tod warte. Die "Frankfurter Rundschau", ein Clickbait-Portal aus dem Imperium des greisen Anzeigenverlegers Dirk Ippen, sah Putins Beine zittern und ihn "Medizin aus einer Tasse trinken". 

Bald wird die Welt erlöst 

Bald, das war die Botschaft, würde die Welt erlöst. Noch besser sogar: Auch der böse Trump zeigte Zeichen nahen Verfalls. Auf einem Foto entdeckten Mitarbeiter des "Münchner Merkur", wie die FR Teil des Propaganda-Bauchladens des Dirk Ippen "rote Flecken auf Trumps Hand". Was für eine Gelegenheit, Gerüchte zu schüren, dass nun auch der frühere US-Präsident schwer erkrankt ist!

Die "Organe der Niedertracht" (Max Goldt) haben aus dem Todsagen der Menschen, die ihnen verhasst sind, ein Geschäftsmodell gemacht. So sorgsam sie in den Jahren des Joe Biden darauf bedacht waren, die Stolperer, Holperer und Haspler des Präsidenten unter der Decke zu halten, so sehr jiepern sie heute auf jeden Hauch einer Hoffnung, die Natur könnte das Problem Trump für sie lösen. "Ein schläfriger Auftritt von Donald Trump" heizt da im "Spiegel" wohlige "Spekulationen über eine mögliche Altersmüdigkeit an."  Höhnisch nennen die den Präsidenten "Commander Sleep", die bei Biden niemals Anlass sahen, Mediziner einen "heiklen Verdacht" zur Gesundheit des Präsidenten äußern zu lassen. 

"Commander Sleep" 

 Heute, mit einer Hassfigur im weißen Haus, sind Zweifel angebracht, so oft es geht. Jede schräge Verschwörungstheorie melkt die Aufmerksamkeitszitze. Selbst wenn Trumps Arzt MRT-Ergebnisse vorlegt, die dem 47. Präsidenten bescheinigen, bei "exzellenter Gesundheit" zu sein, dauert es nur einige Stunden, bis "die Skepsis über Trumps Gesundheitszustand wächst". Die "Verunsicherung" (ntv) muss bleiben. Sie ist das Mittel, mit dem Zweifel am gesundheitlichen Zustand Trumps genährt und gefüttert werden können. Auf dieser Basis schreiben sich dann Schlagzeile über den "alternden US-Präsidenten" wie "Und immer öfter gibt es Kritik aus der eigenen Partei" oder "der US-Präsident wirkt verwundbar" wie von selbst.

Aus Hamburg gesehen ist "Trump unter Druck", wo Bidens "robuste Gesundheit" (Handelsblatt)  dessen "Antritt zur Wiederwahl" noch  "wahrscheinlicher" (Handelsblatt) machte, als außer dem ZDF-Amerika-Experten Elmar Theveßen schon jeder bangte, dass es doch hoffentlich nicht dieser arme verwirrte Mann sein werde, der das mächtigste Land der Welt noch weitere vier Jahre lenken und leiten müsse.

Ein Teil der US-Bürger zweifelte, das mussten selbst deutsche Solidarmedien einräumen. In den Redaktionen aber zweifelte so sehr niemand wie heute alle zweifeln.  Trump zeige "sich kaum noch vor 12 Uhr mittags", dichtet ein Marc Etzold im "Stern", er habe "Blutergüsse am Körper", spreche über aufwendige Untersuchungen und das Leben nach dem Tod. "Wie fit ist er noch für das Amt?", ist die Frage, die die Gesundbeter Bidens ihren verbliebenen Lesern und Zuschauern aufdrängen wollen: "Schläfrig" sei Trump, er absolviere "weniger Auftritte" und "Mediziner" äußerten auch schon einen "heiklen Verdacht zu Trumps Gesundheit".

Es müssen dieselben Koryphäen sein, die Putin "dünne Haut, dunkle Adern" und ein zitterndes Bein bescheinigten und ihm vor zehn Jahren einen Schlaganfall attestierten, den er nicht in einer Klinik behandeln lassen habe, um sich aufzusparen für die "schwere Krebserkrankung" sieben Jahre später, die sich "wie ein Todesurteil" (Morgenpost) las. 

Eure Majestät Miersch: Zum Lachen bitte in den Keller

Bärbel Bas Auslachen, SPD Arbeitgebertag Skandal, Matthias Miersch Lachen verbieten, Sozialdemokratie Satire, Hohn und Spott StGB, Maßnahmenpaket Rechtsextremismus, Ministerin ausgelacht
Wenn sie nicht lachen können, dann sollen sie eben applaudieren!

Es reicht. Das wars jetzt. Die deutsche Sozialdemokratie hat schon viel erduldet. Verfolgung, Verbot und Verhöhung. Das Gelächter der Männer in den Maßanzügen aber, das ihre Vorsitzende Bärbel Bas beim  Arbeitgebertag hatte ertragen müssen, bringt auch die duldsamsten Genossen an den Rand dessen, was sie noch hinnehmen können. Matthias Miersch, Niedersachse und Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, hat sich im Streit um die Klassenkampfansage seiner Vorsitzenden an Deutschlands Unternehmer wie ein Mann vor die Arbeitsministerin geworfen.  

Vor einer barocken Bildwand 

Schluss. Aus. Es reicht. Vor dem Hintergrund einer barocken Bildwand mit einem klassisch-royalem Prachtmotiv, das den Parteinamen in goldenen Lettern zeigt, sprach Miersch der Nation mit ernster Miene in Gewissen. "Begonnen hat das ja alles mit ihrem Auftritt beim Arbeitgeberverband", erklärte den weitgehend uneingeweihten Pressevertretern noch einmal die Urgründe der Auseinandersetzung, die mit Bas' tröstend gemeinte Aussagen zur Finanzierung des kommenden  Rentenpakets durch Steuermittel statt durch Beiträge der Steuerzahler begonnen hatte.

Statt zu applaudieren, wie es sich gehört, hatten "Männer in bequemen Sesseln" (Bas) ihren Entwurf eines "starken Sozialstaat zum Gegenentwurf zum Faschismus" ausgelacht. Die verständliche Gegenwehr der Ministerin - zuerst mit dem Satz "das ist nicht lustig", später dann mit dem Aufruf, gemeinsam gegen die Kapitalisten zu kämpfen - wurde ein Skandal. Gelenkt von einem wütenden Arbeitgebermob äußerten selbst CDU-Politiker Rücktrittsforderungen. Es gab Parteiaustritte. Und sogar der Kanzler, der ein großes, verständnisvolle Herz für die verfahrene Klage seines Koalitionspartners hat, soll Bas ins Gebet genommen haben.  

Hetze, Hass und Zweifel

Matthias Miersch mochte diese Demontage seiner Genossin nicht länger mitanschauen. Vor nicht einmal zwei Jahren hatte seine Partei, damals noch vertreten durch die heute abgetauchten Lisa Paus (Grüne) und Nancy Faeser, zur Feier des 25. Jahrestages der Erfindung des Begriffes Hate Speech eine Neudefinition von Hetze, Hass und Zweifel verkündet. Im damals neuen "Maßnahmenpaket gegen Rechtsextremismus" - dem zwölften dieses Namens seit 2001, zuvor hatte es kein einziges gegeben - werde nicht nur Hass adressiert, sondern auch ausdrücklich auch der Hohn, jene so schwer zu erkennende Einstiegsdroge in den Hass.

"Diejenigen, die den Staat verhöhnen, müssen es mit einem starken Staat zu tun bekommen", umriss Nancy Faeser die neue Linie grob genug, um potenzielle Verhöhnern keinen leichten Ausweg zu lassen. Zählt nur Hohn? Oder auch Häme? Wird die Redensart "mit Hohn und Spott" auf der Verdachtsliste des Ministeriums landen? Was ist mit Verächtlichmachen? Mit Auslachen, mit Schmähen und satirisch aufspießen? Die Unsicherheit war Methode. Wer nicht genau weiß, was er noch darf, hält sich eher zurück, so spekulierten sie im Willy-Brandt-Haus.

Fortschreitende Verrohung 

Vergeblich. Die Verrohung schritt weiter fort. Der Respekt vor den staatlichen Organen schwand. Zuletzt rief ein Unionspolitiker, der in seiner Partei als Hoffnungsträger gilt, zu einer Wahlkampfführung "bis zum letzten Blutstropfen". In der SPD haben sie die Sache lange laufen lassen, zu lange zugeschaut, zu lange gehofft. Vielleicht zu lange. Für die Partei, die die Leitung des Innenministeriums zwar nicht mehr stellt, über ihren direkten Zugang zu Friedrich Merz aber die Möglichkeit hat, jedes Gesetz nach Wunsch durchzubringen, indem sie für den Weigerungsfall mit dem Abschied aus der Koalition droht, war der Fall Bas ein Signal. Es muss etwas geschehen. 

"Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass das Auslachen einer Ministerin an dieser Stelle überhaupt nicht geht", hat Matthias Miersch auf der Pressekonferenz zur Klarstellung von Bas' Klassenkampfthesen verkündet. Bas selbst äußerte sich in der Veranstaltung nicht noch einmal zu ihrem Aufruf zum gemeinsamen Kampf, sie nickte aber zustimmend. 

Die Politikerin hat früher 13.270 Euro aus der Steuerkasse für ein "angemessenes Erscheinungsbild" (Bärbel Bas) ausgegeben, ohne deshalb gleich einen Maßanzug zu tragen. Sie weiß, wovon Miersch spricht. Offenbar sind die weiteren Schritte der deutschen  Sozialdemokratie gegen das Lachen über Minister mit der Parteivorsitzenden abgestimmt. 

"Partei der Arbeit und der Arbeiterinnen" 

Natürlich, hat Miersch noch einmal klargemacht, "sind wir die Partei der Arbeit und die Partei der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer". Deshalb kümmere sich Bärbel Bas auch so engagiert um  Arbeitsplätze und Standortsicherheit in Deutschland. Ihr lachend den Respekt zu versagen, sei keine "Sachlichkeit", so Miersch. Zu der aber müsse man zurückfinden.

Entsprechende Maßnahmen sind in der Endberatung. Sie könnten mit dem für Februar erwarteten 13 Maßnahmenpaket gegen Rechtsextremismus in den Wirkbetrieb gehen. Im Gespräch ist eine zielgenauer Erweiterung des Paragrafen 188 StGB. Seit der letzten Ergänzung schützt der Paragraf alle "im politischen Leben des Volkes stehenden Person" vor "öffentlichen, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts" begangenen Beleidigungen, wenn sie "aus Beweggründen" geschahen, "die mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen".

Lachen aus Beweggründen  

Die im Moment noch auf zwei knappe Artikel beschränkte Regelung - Art.2 beschreibt das Vorgehen bei übler Nachrede - würde künftig auf gegen Personen des politischen Lebens gerichtetes Lachen erweitert. Beschränkt wäre die Bestimmung nicht auf Ministerinnen. Dem ersten Entwurf nach wird sie lauten: "Wir das Lachen aus Beweggründen begangen, die mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen, und ist die Tat geeignet, sein öffentliches Wirken erheblich zu erschweren, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Das politische Leben des Volkes reicht bis hin zur kommunalen Ebene."

Darunter beginnt das Reich der Freiheit, in dem strenges Humorverbot herrscht, wenn Personen des politischen Lebens anwesend sind. Wer dort weiterlachen will, kann immer noch in den Keller gehen. 

Mittwoch, 3. Dezember 2025

Zehn Jahre danach: Die Wurzeln des "Wir schaffen das"

Mit ihrem flotten Spruch "Wir schaffen das" beruhigte Angela Merkel vor zehn Jahren Millionen. Woher aber stammte der magische Satz? Forscher haben es herausbekommen.

Sie trug einen ihrer berühmten Blazer, diesmal in lachs, eine schmale goldene Kette und ein weißes Leibchen. Angela Merkel saß an jenem 31. August 2015 auf der großen Bühne in Berlin und sie war gefordert wie selten. Diesmal galt es für die Bundeskanzlerin, den Kleinmut zu vertreiben, die Zweifel und die miese Stimmung, die sich im Lande breitmachten.

 Buhrufe drohten, den Bahnhofsapplaus zu übertönen, der die Zufluchtsuchenden aus aller Welt empfangen hatte, denen Merkel freies Geleit und kostenlose Aufnahme auf unbegrenzte Frist versprochen hatte. Es murrte selbst in ihrer eigenen Partei, in der mancher nicht nachvollziehen wollte, dass eine Naturwissenschaftlerin wirklich glaubte, in ein Gefäß mit begrenztem Volumen passe - guten Willen vorausgesetzt - eine unbegrenzte Menge an Inhalt.

Bewältigung der Flüchtlingssituation 

Merkel sprach auf der Pressekonferenz, überschrieben "Zur Bewältigung der Flüchtlingssituation", allerlei Fragen an. 15 Minuten lang nahm sie Stellung, sie lobte die deutschen für ihre Duldsamkeit und Langmut, sie sprach ihnen ihr Vertrauen aus, nur mehr leisten zu können.  „Ich sage ganz einfach: Deutschland ist ein starkes Land. Das Motiv, mit dem wir an diese Dinge herangehen, muss sein:  Wir haben so vieles geschafft - Wir schaffen das".  

Es folgte gleich noch ein "Schaffen", Betonung durch Wiederholung. "Wir schaffen das, und dort, wo uns etwas im Wege steht, muss es überwunden werden, muss daran gearbeitet werden." Der Bund werde "alles in seiner Macht Stehende tun - zusammen mit den Ländern, zusammen mit den Kommunen -, um genau das durchzusetzen."

Ein Augenblick, der geblieben ist

Der Augenblick, der bleiben wird, weil er den Weg ebnete zur Grenzöffnung vom 5. September, die später vielfach geleugnet wurde, aber ausweislich der Angaben des früheren US-Präsidenten Barack Obama doch stattgefunden haben muss. 

Angela Merkel, gebürtig in Hamburg und doch ein Kind der DDR, schaffte, was kaum einem Kanzler vor ihr gelungen war: Sie veränderte  das Land nicht ein bisschen und nicht vorübergehend. Sondern mehr als jeder ihrer Vorgänger in kürzerer Zeit und dauerhafter, nämlich für immer.

Umstrittener Umstand 

So umstritten der Umstand ist, ob es sich bei Merkels Entscheidung aus der Nacht auf den 5. September, eine aus Richtung Budapest heranmarschierende große Gruppe nicht an der österreichischen Grenze zurückzuweisen, um eine Grenzöffnung handelte, so unklar ist bis heute, woher die damals 61-Jährige die Inspiration für ihren historischen Satz nahm. 

Die Bundesworthülsenfabrik (BWHF) in Berlin hat später mehrfach betont, sie sei nicht involviert gewesen. Auch enge Beraterkreise der Kanzlerin haben sich nie geäußert und Vertraute aus der Partei schwiegen ebenso konsequent. 

Großzügiger als seit der Völkerwanderung

Der Satz wirkte, das konnte Merkel spüren. Sie hatte es geschafft, mit seiner Hilfe ein ganzes Volk zu beruhigen. Am 13. September 2015 entscheidet sie daraufhin, dass es generell keine Zurückweisungen an der deutschen Grenze mehr geben wird. Die Karnevalsfrage, ob mer se rinlasse wolle, wird nicht gestellt. Es ist entschieden. 

Eine Einladung, wie sie großzügiger seit der Völkerwanderung nicht mehr ausgesprochen worden ist. Bis zum Sommer 2016 kommen rund 1,4 Millionen Geflüchtete nach Deutschland, die meisten aus Syrien, dem Irak und Afghanistan, drei Nachbarländern in mehreren tausend Kilometern Entfernung. 

Jeder, der kam, musste eine ganze Handvoll sicherer Staaten durchwandern. Jeder, der kam, durchquerte zwangsläufig sichere EU-Staaten und verwirkte damit faktisch automatisch sein Recht, in Deutschland aufgenommen zu werden. Ein Paradoxon.

Der magische Satz 

Merkels magischer  Satz aber, zusammengesetzt auch nur 14 Buchstaben, setzte Recht und Logik außer Kraft.  Der Ausspruch wurde zu dem historischen Zitat der Kanzlerin. Er machte sie zur mächtigsten Frau der Welt, denn mit ihm hatte sie gezeigt, dass wirklich Macht nicht Gewehre, Gesetze oder skrupellose Gefolgsleute in großer Zahl braucht. Sondern einzig und allein den bedingungslosen Glauben von Millionen, die da oben wüssten allemal besser, was gut und richtig ist.

Merkel wusste es nicht, das ist zehn Jahre später unverkennbar. Unbekannt aber war bisher, woher sie sich den wirkungsmächtigen Satz geholt hatte, mit dem es ihr gelang, die furchtsamen  Reaktionen auf den starken Anstieg der Flüchtlingszahlen in Deutschland zu beschwichtigen. Das sprachliche Bild vom "Wir", das etwas "schaffen" werde, verschaffte ihr Prokura dafür, den Bürgerkrieg in Syrien als ein deutsches Problem zu behandeln, das in Deutschland gelöst werden müsse. Sie musste kein Parlament fragen. Sich keiner Wahl stellen. Das Wir-schaffen-das-Wunder allein bewirkte alles.

Sie war dankbar 

Später ist Angela Merkel vielfach auf diese wolkige Formulierung zurückgekommen. Sie hat sie zum Markenkern ihrer auf Verwaltung und Verzögerung ausgerichteten Politik gemacht. Man habe „ein freundliches Gesicht gezeigt“, wie Merkel später formuliert hat, als sie „auch heute noch überzeugt" war, "dass das in diesem Moment und in dieser Situation die richtige Entscheidung war".

Ihr Satz war so stark in der Außenwirkung, dass Merkel dauerhaft vollkommen darauf verzichten konnte, Details zu erwähnen. Zwar nannte sie Plätze "wo uns etwas im Wege steht". Als Rezept dagegen reichte aber der Hinweis, das müsse dann eben "überwunden werden", indem "daran gearbeitet werden" müsse, etwa vom  Bund der "alles in seiner Macht Stehende tun" wird - "zusammen mit den Ländern, zusammen mit den Kommunen -, um genau das durchzusetzen."  

Was, wo, gegen wen?

Was, wo, gegen wen. Merkels Satz konnte und wollte es nicht durchbuchstabieren, denn wie Forschende des An-Institutes für Angewandte Entropie in Frankfurt an der Oder jetzt ermittelt haben, entstammt er einer völlig anderen Zeit, in der von einer "Herausforderung der Flüchtlingsaufnahme" durch ein "starkes Land, das bereits viele Herausforderungen erfolgreich bewältigt" habe, noch keine Rede sein konnte. 

Auf der Suche nach dem großen, geheimnisvollen Ursprung des "Wir schaffen das" stießen die Wissenschaftler in der Literatur auf den britischen Autor Robert Harris, der fast zwei Jahrzehnte vor Merkels Weichenstellung  das Fundament für ihren Geniestreich gelegt hatte. In seinem Roman "Aurora" - englisch "Archangelsk" - schickt der für Bestseller wie "Vaterland" und "Enigma" bekannte frühere BBC-Reporter den Historiker Fluke Kelso nach Russland, um an einem Kongress in Moskau teilzunehmen. Dort trifft er auf einen früheren Leibwächter des von Stalins Geheimdienstchefs Lawrenti Beria, der ihm von einem Tagebuch des roten Höllenfürsten berichtet, das er vergraben habe. 

Gleichnis aus Sibirien 

Kelso findet das Versteck der mutmaßlichen Dokumente. Er reist nach Sibirien, um Stalins geheimen Sohn zu suchen, den der sterbende Diktator von eingeschworenen Parteisoldaten hat zu seinem Nachfolger heranzüchten lassen. Dieser Sohn, ein Ungeheuer mit Stalins Aussehen und Stalins Geist, hält Kelso in seiner Behausung, die ebenso verfallen und verrottet ist wie das Russland der 90er Jahre, einen Vortrag über Treue und Verrat, Stalinschen Geist und Gottvertrauen, das in seinem Fall das Vertrauen in einen gottgleichen Führer ist. 

Schon als junger Mann, berichtet Stalins Erbe, habe er "Erscheinungstendenzen des Rechtsabweichlertums" erlebt. Die Genossen, die in bewachten, aufzogen, ausbildete und schützen, glaubten nach den Radionachrichten vom Tod seines Vaters nicht mehr an die große Mission. "Oh, Genossen, in den Dörfern sagen sie, dass der Leichnam des Genossen Stalin von seinem ihm zustehenden Platz neben Lenin entfernt worden", jammern sie. "Oh, Genossen, es ist hoffnungslos, Genossen! Wir müssen uns ergeben!"

Die Fischer im Sturm

Das aber ist nicht, wie große Führungspersönlichkeiten reagieren. "Haben Sie je erlebt, wie sich Fischer verhalten, wenn auf einem großen Fluss ein Sturm aufzieht?", fragt der neue Stalin. Er habe es viele Male erlebt und gesehen, dass es zwei Typen von Fischern gebe - "diejenigen, die, wenn sie einen Sturm befürchten, den Mut verlieren, zu winseln beginnen und ihre eigenen Kollegen demoralisieren: Was für ein Unglück, ein Sturm zieht auf, legt euch hin, flach auf den Boden des Bootes, macht die Augen zu; wir können nur hoffen, dass wir irgendwie ans Ufer kommen." 

Und diese anderen, die angesichts des Sturms ihre gesamte Kraft zusammen nehmen, die Kollegen ermutige und sich dem Sturm kühn entgegenstellen. "Nur Mut, Freunde, lasst das Ruder keine Sekunde los, zerteilt die Wellen", ruft Stalin junior durch seinen verfallenen Bau: "Wir schaffen das!" 

"Rechtsabweichlerisches Geblök" 

Danach, beschreibt Harris, spuckte der Russe bekräftigend auf den Boden. Es ist das Ende des "rechtsabweichlerischen Geblöks", das sich bis in den sibirischen Dschungel geschlichen hat. Das Ende von Zweifel und Kleingeist. "In den nächsten paar Jahren ging die stetige Arbeit weiter, geprägt von unseren vier Parolen: der Parole Kampf gegen Defätismus und Selbstgefälligkeit, der Parole Bemühen um Autarkie, der Parole Konstruktive Selbstkritik", sagt Stalin. Das "ist das Fundament unserer Partei und der Parole Aus Feuer wird Stahl!"

Angela Merkel muss beeindruckt gewesen sein. Kampf gegen Defätismus! Kampf gegen Selbstgefälligkeit! Bemühen um Autarkie! Konstruktive Selbstkritik! Aus Feuer wird Stahl! Öffentlich hat Merkel mehrfach erklärt, dass sie keine Krimis möge. Doch Harris' Buch ist weniger Kriminalroman als historischer Schnitzeljagd-Thriller, ein Metier, in dem auch die langjährige CDU-Vorsitzende tätig war. Merkel hat sich immer wieder bei großen Denkern Inspiration geholt. 

Gorbatschows neues Denken 

Gerhard Schröders "Reformen" gehörten zu Merkels Lieblingsfloskeln. 2015 übernahm sie mit dem "neuen Denken" eine Erfindung des sowjetischen Staats- und Parteichefs Michael Gorbatschow, um die globale Einbettung Deutschlands trotz ihrer einsamen Grenzentscheidung zu betonen.

"Selten haben wir so hautnah erlebt, wie unser eigenes deutsches Handeln und Tun in eine globale Welt eingebettet ist", sprach sie und teilte noch tiefergehende Erkenntnisse, die ihr neu waren: "Dieses Jahr hat uns in umfänglicher Weise bewusst gemacht: Wir leben in einer gemeinsamen Welt." In der könne  Zusammenarbeit die Probleme bewältigen, "wenn jeder seinen Beitrag leistet". 

Angela Merkel landete schließlich wieder bei Robert Harris, Stalin junior und dem Gleichnis mit den Fischern: "Ich bin davon überzeugt, oder andersherum: Wir schaffen das".