Mittwoch, 20. November 2024

Nachsicht mit Nazis: Wie deutsche Medien vor Trump kuschen

Zwei Wochen nach seiner Wahl zum nächsten US-Präsidenten wird das Bild von Donald Trump in den deutschen Medien neu gemalt. Nur noch Meter sind es bis zum Heiligenschein.

Kein Blatt Papier passte zwischen die deutschen Medien und die demokratische Präsidentschaftskandidatin in den USA. Kamala Harris war die Hoffnung der Herzen in allen Elfenbeintürmen, je enger die Umfragen für sie wurden, umso emsiger schossen sich die Schreibmaschinengewehrstellungen auf ihren Konkurrenten ein.

Trump war nicht mehr nur "Hassprediger", "Irrer" und "Putin-Freund"; natürlich "umstritten", ein "Milliardär", "Frauenfeind", "verurteilter Straftäter" und "Rassist". Sondern auf den allerletzten Metern des Wahlkampfes avancierte er zum reinen Bösen. Hitler kam ins Spiel, Kamala Harris selbst nannte ihren Gegenkandidaten einen "Faschisten".

Die kommende Frau

Was genau die kommende Frau in den USA und für die Welt plante, blieb bis zuletzt geheimnisumwittert. Doch ihr Hinweis darauf, was Trump vorhaben würde, fiel in Deutschland auf fruchtbaren Boden. Kurz vor dem Wahltag rollte eine himmelhohe Welle an Trump-Warnungen durch das Land, von den einfallsreichen oder den angeschlossenen Abspielanstalten fantasiereich nachgewürzt als Verschwörungstheorien.

In denen agierte der düstere Elon Musk als geheimer Hintermann des nunmehr "mit absoluter Gewissheit" (Stern) dementen Trump die Strippen zog und der deutsche Milliardär Peter Thiel mit dem Hillbilly-Hinterwälder J.D.Vance schon den wahren Präsidenten installierte, der den Westen endgültig vernichten werde.

Mutige Schlagzeilen

Es waren mutige Schlagzeilen, tapfere Titelbilder, große, farbenfrohe Reportagen, die an die besten Tage von Modellbahnkeller und dem quer durch die Vereinigten Staaten seiner Vorstellungskraft reisenden Claas Relotius erinnerten. Jedoch bewirkten sie nichts.

Durch Fake News auf X, Trumps fortgesetzter Leugnung, dass seine Wahlkampfveranstaltungen kaum jemand besuchte, und die vielen Milliarden, die seine Unterstützer weniger ausgaben als die der deutschen Kandidatin, verlor Kamala Harris die Wahlen. Einmal noch tauchte die 59-Jährige anschließend auf. In einer engagierten Dankesrede machte sie klar, was Amerika und der Welt verlorengehen wird. Seitdem ist dröhnende Stille.

Kaum mehr Enthüllungen

Auch an der vordersten Front des Kampfes gegen den neuen, alten Mann im Weißen Haus. Wie katatonisch wurde dessen Triump als letzter Schritt in den Abgrund kommentiert. Danach folgte nur noch eine aufrüttelnde Enthüllung über den mutmaßlichen "Schattenpräsidenten" (Spiegel) Elon Musk und die Riege von "Verschwörungstheoretikerin, Fernsehmoderatoren und Impfgegnern", mit denen Trump sein Kabinett besetzte. 

Doch die Wortwahl verriet schon, wie mutlos die Nachhutgefechte geführt werden: Musk war vier Wochen zuvor noch als "Staatsfeind" bezeichnet worden, Robert F. Kennedy musste sich für seine Nähe zu den Grünen verantworten  und Trump selbst war ein "Faschist" (Spiegel), dem man als anständiger Mensch nicht einmal zu gratulieren hatte, wie Margarete Stokowski im ersten Schockmoment nach dem Aufwachen in einer erneut anderen Welt im Chor mit der "Frankfurter Rundschau" dekreditierte.

Der letzte "Faschist"

Es war das letzte Mal, dass der nächste US-Präsident im ehemaligen Nachrichtenmagazin mit dem Begriff bezeichnet wurde. Vier Wochen später erscheint derselbe Mann plötzlich als Hauptfigur in menschelnden Promi-Geschichten: Er isst Burger und besuchte Sportwettkämpfe. Er werde "die Raumfahrt verändern". Und aus dem Alptraum seiner zweiten Amtszeit wurde der "Tagtraum einer dritten". 

Nicht alles, was Trump anfasst, ist richtig gut. Sein Vorhaben, einen Hauptmann mit 20 Jahren Felddiensterfahrung zum Oberbefehlshaber der Streitkräfte zu machen, lehnen deutsche Leitmedien nach wie vor ebenso vehement ablehnen, wie sie den Plan begrüßen, in Deutschland einen gelernten Obergefreiten zum obersten Kriegsherren zu machen. 

Nun nur noch ein "Clown"

Was fehlt, sind die starken Worte, die Verbalinjurien, Hitlervergleiche und "Parallelen zu Höcke" (FR). Der "Spiegel" wagt sich mit einem schüchternen "Clown" als Synonym für Trump nur noch so weit vor wie im Frühjahr, als alles noch hätte gut ausgehen können. Die vom Verfassungsschutz überwachte kommunistische "Junge Welt" reanimiert zaghaft den 2016 vom Kölner Boulevardblatt "Express" erfundenen "Horrorclown". Die wirklich schweren Geschütze Nazi, Hitler, Faschist, Rassist und Menschenfeind aber bleiben inzwischen im Depot.

Als müssten sie Strafverfahren und Hausdurchsuchungen befürchten, kuschen deutsche Medien kollektiv vor dem Mann, der noch nicht einmal im Amt ist. Und sie sind nicht allein. Walter Steinmeier, der Trump einst den Titel "Hassprediger" verliehen hatte, gratulierte artig. Auch der scheidende Bundeskanzler Olaf Scholz ignorierte Stokowskis Mahnung und verzichtet bei d´seinen Glückwünschen sogar auf Merkels Mahnung, Deutschland werde nur weiter mit den USA zusammenarbeiten, wenn Trump einwillige, "gemeinsame Werte wie Demokratie, Freiheit, den Respekt vor dem Recht und der Würde des Menschen" zu respektieren.

Vernichtungswille null

Statistisch ist die große Kehrtwende mittlerweile nachvollziehbar. Zwei Wochen nach seiner Wahl ist Trump kein "Nazi" und kein "Faschist" mehr, er ist auch nicht mehr umstritten. Selbst der Trend bei der Verwendung des Wortes "vernichten", das lange genutzt wurde, um seine Absichten zur Zerstörung der westlichen Wertegemeinschaft, des internationalen Handels und der deutsch-amerikanischen Freundschaft zu beschreiben, oszilliert auf der Nulllinie. 

Weniger Meter sind es noch bis zur Verleihung des Heiligenscheins, so scheint es, der "sehr gefährliche" (n-tv) 78-Jährige, den noch im Oktober sein hohes Alter einzuholen drohte,  noch im Oktober sein hohes Alter einzuholen drohte, war seit seiner Wahl nur noch ein einziges Mal "verurteilter Straftäter", "Frauenhasser" finden sich nun nur noch in seinem Umfeld und einzig der NDR wagte es noch, ihn ungeachtet seiner Beliebtheit bei Schwarzen und Latinos einen "Rassisten" zu nennen.

Wahlkampfstart bei der SPD: Putsch in der Schlangengrube

Die SPD-Zentrale in Berlin gilt als politische Schlangengrube. So berichtete der frühere Vorsitzende Kurt Beck glaubhaft von einer Verschwörung hinter seinem Rücken.

Die Straße rufe nach dem Mann, der fast so beliebt ist wie Robert Habeck und beinahe so unbekannt wie Kamala Harris. Die Menschen wollten nicht den, den die Parteiführung will. Sondern den anderen, diesen kernigen Kerl, der nie lange redet, aber auch nie viel sagt. Knut Kreuch, als Oberbürgermeister im thüringischen Gotha, einer Stadt, in der die deutsche Sozialdemokratie noch genau 7.468 treue Anhänger hat, ist keine mächtige Stimme in der SPD. Aber eine, die überall zu hören ist, weil der ostdeutsche Provinzpolitiker es als Erster wagte, die Axt an die Einigkeit der Partei zu legen.  

Die Wiese brennt lichterloh

Noch steht der Baum, aber die Wiese rundherum, sie brennt lichterloh. Kaum hatte Olaf Scholz Deutschland verlassen, um mit den Großkopferten der G20 in Brasilien neue, prächtige Abschlusserklärungen zu erarbeiten, trat der D-Day-Plan der FDP mit Phase zwei in Kraft: Wie es die Liberalen eigentlich für den Tag beabsichtigt gehabt haben sollen, an dem Scholz beim Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs in Budapest arglos Deutschlands freundliches Gesicht hätte zeigen sollen, machten sich nun die Parteifeinde des Kanzlers daran, den Regierungschef "aus der Ferne zu demontieren" (Spiegel). 

Alles erinnert an Lummerland, wenn die Lok "Emma" tutet. Im Willy-Brandt-Haus, einer bekannten Schlangengrube, über die der frühere Parteivorsitzende Kurt Beck Erschütterndes zu berichten hatte,  über die der frühere Parteivorsitzende Kurt Beck Erschütterndes zu berichten hatte, springen sie alle aus der Kiste.

Vor der "Wahlsieg"-Konferenz

Juso-Chef Phillip Türmer drängt SPD-Spitze noch vor der geplanten "Wahlsieg-Konferenz" (SPD) Ende des Monats zu einer Entscheidung über die Kanzlerkandidatur, die nach Angaben von Saskia Esken längst gefallen ist. Gerhard Schröder, erst neulich wieder in Gnaden aufgenommen in die deutsche Sozialdemokratie, warnt vor Demontage. Sigmar Gabriel, der Scholz nie verziehen hat, dass der seine politische Karriere nach einem Zwiegespräch mit der damals noch mächtigen Andrea Nahles kurzerhand beendete, rächt sich nach sechs Jahren, indem er Scholz den "Weiter-so"-Kanzler nennt und der aktuellen SPD-Führung vorwirft, ihr fielen nur "Beschwichtigungen und Ergebenheitsadressen" ein.     

Olaf Scholz ist verbraucht, er hat das Vertrauen verloren, er wird die SPD in eine katastrophale Niederlage führen, warnte Kreuch, den niemand in den Plan der Führung eingeweiht hatte, die FDP für das Ampel-Aus verantwortlich zu machen und Olaf Scholz  als Opfer einer Dolchstoßlegende in den Wahlkampf zu schicken.

Für und gegen alles

Dort würde der zur Zeit so angeschlagen wirkende Kanzler als SPD-Spitzenkandidat für eine moderate Sowohl-als-auch-Politik eintreten: Frieden in der Ukraine ja, aber ohne weitreichende Waffen aus Deutschland und je nach Entscheidung des künftigen US-Präsidenten mit mehr oder weniger Gebietsabtretungen. Dazu eine solide Wirtschaftspolitik, die weder den neoliberalen Ideen von Friedrich Merz noch den sozialistischen Vorstellungen von Robert Habeck folgt. Keine Anzeigen gegen mutmaßliche Beleidiger. Sichere Renten. Et cetera pp., mit Klima, Heizung, Gerechtigkeit und allem. 

Es hätte was werden können, denn so gut sind die Angebote der Konkurrenten beileibe nicht. Merz will den Boomern an die Frührente und Millionen das Bürgergeld wegnehmen. Habeck wiederum droht mit Zuversicht und engem Gürte, ein "Angebot, das den Mut hat, die Herausforderungen für unser Land ehrlich zu benennen und die richtigen Antworten darauf zu entwickeln". Aber auch nicht prinzipiell von Hausbesuchen absieht. 

Keine schlechten Chancen

Scholzens Chancen standen so schlecht nicht. Warum also lieber mit Boris Pistorius als Kanzlerkandidaten antreten? Weshalb ohne Not den beliebtesten Politiker der Republik verschleißen? Einen Verteidigungsminister, dem die Menschen zumindest Umfragen zufolge als einem der wenigen Akteure auf der Berliner Bühne noch vertrauen? Weil er seinen Job so gut macht, dass die Bundeswehr im zweiten Jahr nach seiner Amtsübernahme "trotz 100 Milliarden Sondervermögen und der Zeitenwende des Kanzlers weiterhin Personal-, Material- und Finanzprobleme" (Tagesschau) hat?

Rational ist das nicht, doch die SPD war nie eine rationale Partei, sondern eine ihrer Funktionäre. Für die geht es bei der Frage, ob die stolze frühere Arbeiterpartei mit 13, 15 oder 18 Prozent durchs Wahlziel geht, ums blanke Überleben. 13 Prozent reichen absehbar nur noch für etwa 90 Abgeordnete, 15 retten immerhin 120 Sitze und 18 sichern immerhin mehr als 150 von derzeit mehr als 200 SPD-Parlamentarier Auskommen und Mitwirkungsmöglichkeit.

In neuer Rolle

Olaf Scholz'* Strategie, es darauf ankommen zu lassen, ob die Leute ihm seine neue Rolle des Friedensengels abnehmen, erscheint der Funktionärsbasis offenbar als zu riskant. Jetzt schon sind die Möglichkeiten der Partei, verdiente Genossen anderswo unterzubringen. 

Die süßen Kirschen sind gegessen, die schönsten Stellen vergeben. Zuletzt musste ein früherer Außenminister sich mit einem Lobbyposten in heimischen Stahlindustrie abfinden lassen - ein Ort, wo es stinkt und kracht. Ein Ort also, an dem ein moderner, welterfahrener und klimabewusster Sozialdemokrat eigentlich nicht mehr auftauchen müssen sollte.

Selbst der Nächste

Die Enttäuschung darüber, dass der Plan der Parteiführung nur noch darauf zielt, ein paar wenige funktionable Reste der Partei in die nächste kleine GroKo zu retten, sie hat existenzielle Gründe. Jeder in der SPD ist sich mit Blick auf die so oder so drohende Wahlniederlage selbst der Nächste. Und jeder entwickelt Hoffnungen, wie sie in solchen verzweifelten Situationen, abgeschirmt  von der Welt und gefangen in der eigenen Blase, unumgänglich sind. 

Den einen ist Scholz der Fels, auf dem sie auch ihre nächste Kirche bauen wollen. Den anderen erscheint Pistorius als Walther Wenck, der heranstürmen wird und das unausweichlich scheinende Schicksal im letzten Augenblick wendet.

Allen zusammen wird die Enttäuschung nicht erspart bleiben. Denn dass dieser Start in den Bundestagswahlkampf geeignet ist, die maladen Umfragezahlen hochzutreiben, dürften weder die Scholz-Fans noch die Anhänger des Boris Pistorius glauben.



Dienstag, 19. November 2024

Saskia Esken: Erlöserin im Wartestand

Saskia Esken steht für eine Sozialdemokratie, die blitzsaubere Meinungskorridore über die Schuldenbremse stellt. Den Krieg mit Russland würde die Schwäbin beenden.

Das Volk reagiert ablehnend, die eigene Partei zweifelt. Ein "Grummeln" hat der Chef der Russland-Fraktion in der SPD in der deutschen Sozialdemokratie ausgemacht, in der viele Genossen ihren Glauben an ein Wundercomeback des ungeliebten Bundeskanzlers Olaf Scholz verloren haben. "Mächtige Abgeordnete", reportiert der "Spiegel", gingen schon auf "Distanz zu Scholz".

Wie damals, als sie dem Niedersachsen bei der Wahl zum Parteivorstand die Rote Karte gezeigt hatten, tendieren auch jetzt wieder zahllose SPD-Mitglieder zur amerikanischen Lösung: Ein Kandidatenwechsel kurz vor knapp, weg mit dem Mann, der seinem Ruf als "Scholzomat" in diesen Tag wieder alle Ehre macht. Scholz wirkt kraftlos, aber arrogant. Er behauptet, alles im Griff zu haben. Jeder kann jedoch sehen, wie ihm das Haus unterm Hintern auseinanderfällt.  

Der bedauerte Tropf

Scholz wird kaum mehr gehasst oder verabscheut. Er wird bedauert und beschmunzelt wie jeder, der mit großem Aplomb startet und später vor aller Augen scheitert. "Olaf the Eagle" nennen sie ihn im politischen Berlin, garstig orientiert am berühmten Skispringer "Eddie the Eagle", einem Briten, der nie vom Schanzentisch wegkam.  Kann die SPD, älteste deutsche Partei und aus eigener Sicht bedeutsamste Kraft im Kampf gegen, mit so einem Mann als Angebot in die Bundestagswahl ziehen?

Selbst Scholz' Selbstbeschreibung als "intersektionaler Feminist" und die Solidarität, die ihm von Menschen entgegenschlägt, deren Küchen so klein sind, dass eine Einladung an Robert Habeck und sein Gefolge nicht infragekommt, machen kaum Hoffnung. Selbst die scholztreuen Medien zeigen eine nervöse Wechselsehnsucht: Scholz sei "der falsche Kandidat" und stützt damit die Einschätzung der "Süddeutschen Zeitung", die den 66-Jährigen für seine überragende "Dialektik" (SZ) lobt - im politischen Geschäft ein Todesurteil.

Mützenichs Anti-Scholz-Kampagne

Das ist dieses "Grummeln", von dem Rolf Mützenich im Rahmen seiner Anti-Scholz-Kampagne spricht. Es gleicht nicht dem kurz vor dem fliegenden Wechsel von Joe Biden zu Kamala Harris in den USA. Es ist viel, viel lauter. Die deutsche Sozialdemokratie steht unmittelbar vor einem Königssturz, die ersten mutigen Stimmen aus den Provinzen und wackere Widerständler von der Basis reden schon Klartext: Scholz müsse den Weg frei machen für einen anderen Kandidaten, ein letzter, ehrenvoller Dienst an der Partei, der dem von vielen favorisierten Boris Pistorius noch vor Weihnachten aufs Schild heben würde.

Die Parteiorgane lieben den Mann, der es vom Obergefreiten bis an die Spitze der Bundeswehr geschafft hat. Die Basis verehrt ihn, weil er das Müssen und Sollen, mit dem im politischen Geschäft gehandelt wird, erdiger und kerniger rüberbringt als der amtierende Kanzler. Doch Pistorius selbst mag nicht in ein weiteres Amt scheitern, in dem das Ausmaß an Problemen sich im Rahmen der vorgegebenen Regeln so gut lösen lassen wird wie ein Gordischer Knoten ohne Schwert. Der Niedersachse, mit 64 ohnehin kurz vor dem Ruhestand, hat allen Begehrlichkeiten abgesagt.

Endlich eine Frau

Viele sind enttäuscht, andere aber sehen eine Chance. Endlich könnte auch die SPD mit einer Kandidatin ins Rennen gehen - gerade den progressiven Teil in der Partei wurmt es bis heute, dass es bisher nur die CDU geschafft hat, eine Frau ins Kanzleramt zu bringen.  Infrage kommt dabei nur eine: Während Scholz sich als "Belastung für die Partei" herausgestellt hat und Pistorius seine SPD in der Stunde der größten Not im Regen stehen lässt, wäre Saskia Esken sofort bereit, die Aufgabe zu übernehmen.

In  Zeiten, in denen "Personen Parteien ziehen", wie der Landesvorsitzende der SPD in Thüringen, Andreas Bausewein, gesagt hat, spricht alles für Esken, die als kompletter Gegenentwurf zum Kurzzeitkanzler gilt. Esken, die Scholz bei der Wahl zum SPD-Parteivorsitzenden wie aus dem Nichts kommend überholt hatte, ist eine Politikerin klarer Worte. 

Im allerbesten Alter

Mit 63 im besten Alter für eine volle Legislaturperiode, gibt es bei der gebürtigen Schwäbin kein Eiapopeia. Esken ist glasklar für saubere blitzsaubere Meinungskorridore, mit ihr würde über sozialdemokratische Herzensprojekte wie die Schuldenbremse keine fünf Minuten diskutiert. Ohne die SPD wäre sie nie eingeführt worden, also kann die SPD sie auch abschaffen.

Saskia Esken hat klare Vorstellungen, wie Deutschland in 50, 100 und 200 Jahren aussehen soll. Legendär ihre Beschreibung, warum das so lange von so vielen so beneidete Land im Herzen Europas heute bedauert und bemitleidet wird: Es sei schwer, offene Stellen zu besetzen, weil "wir immer weniger Menschen in Deutschland werden", sagte sie, als statt 81,7 Millionen nur noch knapp über 84 Millionen im Land lebten. 

Das soll sich ändern. Saskia Esken würde Schluss machen mit "überzogenen Maßnahmen zur Migrationsbegrenzung, mit ihr wäre Deutschlands freundliches Gesicht wieder zu sehen und der Magnetismus des Sozialsystems, immer  noch eines der besten der Welt!, würde Menschen trotz seines üblen Rufs als "Wachstumsbremse" (BR) und "kranker Mann Europas" (n-tv) anziehen. 

Verfechterin erfolgreicher Politik

Für Saskia Esken ist der "erste Migrationspakt keineswegs gescheitert, sondern erfolgreich durchgeführt worden", auch die "Regierung war sehr erfolgreich", sagt sie und setzt den Unkenrufen von Opposition und verunsicherten Leitmedien eine andere Erzählung entgegen.

Deutschland kann was! Und Deutschland kann sich was leisten! Wie die Bundesregierung die Messerterrorhysterie im Sommer mit einem neuen Verbotsgesetz beinahe rückstandslos entsorgt hat, nicht in Monaten oder Jahren, sondern binnen Tagen!, zeigt die überragende  Übersicht der SPD-Parteichefin Saskia Esken. 

Sie war die Erste, die auf dem Höhepunkt der Aufregung um vermeintliche Messeropfer erklärte, aus dem Blutbad könne man eigentlich nichts lernen, weil das Leben nun mal so sei. Sie war es auch, die die führende Rolle der verbalen Gewalt bei den Angriffen auf staatliche Verantwortungs- und Würdenträger  betonte und sich deshalb von der Hetzplattform X abmeldete.

Zurück im Reich der Hetzer

Jetzt ist ihre Partei dorthin zurückgekehrt, weil "herausfordernde Zeiten besonnene Antworten" benötigten und sich die SPD am besten dort Gehör verschaffen könne, wo "Clickbait-getriebener Empörung, misogyner Hass und Fake News" (Saskia Esken) jede Vernunft übertönen. Als Parteivorsitzende hat sie traditionell das erste Zugriffsrecht auf den Kandidatenposten. Offen ist nur, ob sie nach Gesprächen mit Familie und engsten Freunden zum Schluss kommt, dass sie Deutschland so am besten helfen könnte.

Ja, Esken ist bereit, über ihren Schatten zu springen, sie hat die Biegsamkeit, die viele deutsche Medienschaffende an Kamala Harris so schätzten und sie könnte für die SPD das werden, was die sympathische Demokratin in den USA für ihre Partei war: Hoffnungsträgerin und von innen hell leuchtende Fackel im Sturm unsicherer Zeiten. Ein Versprechen auf bessere Zeiten. Der personifizierte Aufbruch. Ein Symbol dafür, was Deutschland kann. Die Erlöserin, auf die Millionen warten.

Ein bisschen Frieden: Scholz' letzte Karte

Viel wird die SPD an ihren Plakaten von 2021 nicht verändern müssen.

Der erste Versuch, vorzufühlen, ging noch schief. Als Olaf Scholz dem Kreml kurz nach den für seine Partei verheerenden Landtagswahlen in Thüringen, Brandenburg und Sachsen öffentlich ein Gesprächsangebot machte, blitzte der Bundeskanzler bei Wladimir Putin ab. Die Berliner Bitte um einen Telefontermin lehnte Wladimir Putin eiskalt ab. Es gebe "keine gemeinsamen Themen", über die es sich zu sprechen lohne, bestellte ein Kreml-Sprecher. Scholz stand düpiert da, aber beim Moskau-Flügel der SPD hatte er Punkte gemacht.  

Vorsorge in Berlin

Und vorgesorgt: Später würde er immer sagen können, dass er es an Anstrengungen nicht habe fehlen lassen, um nach der bisher ausgebliebenen baldigen Staatspleite Russlands  Brücken zum Despoten zu bauen. Würde sich den Wind drehen, etwa nach einem Wahlsieg Donald Trumps in den USA, wäre der deutsche Kanzler nicht nur beim Liefern von Waffen an die Ukraine Letzter. Sondern auch bei Friedensverhandlungen zwischen Washington und Moskau einer, der sagen kann, er habe sich immer bemüht, Brücken zu bauen.

Als es so weit war, wartete der Sozialdemokrat nicht lange, jedenfalls kaum länger als es bis zu seinem ersten Telefonat mit dem President-elect dauerte. Eine Stunde lang sprach Scholz mit Putin, ein Tabubruch, der vier Monate zuvor noch beinahe zur EU-Exkommunikation des ungarischen Präsidenten Viktor Orbán geführt hatte. Die Kritik am Alleingang des deutschen Regierungschefs auf Abruf war  pflichtschuldig, aber leise. Polen und Finnland empörten sich, der ukrainische Präsident Volodymyr Selenskyj zeigte sich entsetzt. 

Kritik von der Hinterbank

Doch die deutschen Parteien schickten nur ein paar Hinterbänkler, um den Alleingang des Kanzlers infrage zu stellen. Zwei Monate vor Trumps Einzug in Weiße Haus will niemand mehr auf dem falschen Fuß erwischt werden. Selbst auf dem Parteitag der Grünen, die sich seit Kriegsausbruch in Konkurrenz zur FDP als härteste Militärpartei etabliert haben, musste der weithin unbekannte Bundestagsabgeordnete Robin Wagener die Rolle des Gesprächskritikers übernehmen, während Kanzlerkandidat Robert Habeck das Thema in seiner fulminanten "Jetzt nicht kneifen"-Rede genauso weiträumig umging wie die desolate Wirtschaftslage.

Alles deutet darauf hin, dass Olaf Scholz den richtigen Riecher hatte, als er nach den ersten Fake News über ein Gespräch zwischen Putin und Trump beschloss, selbst zum Hörer zu greifen. Der Kanzler, der sich zur Europawahl erfolglos mit dem Slogan "Frieden sichern - SPD wählen" plakatieren ließ, ist bei Gerhard Schröder in die Lehre gegangen, dem er Anfang der 2000er als Generalsekretär diente. Beim Wähler hatte sich der damalige Kanzler als Isolationist beliebt gemacht, als er gegen die Bitten der amerikanischen Verbündeten und die Mehrheit der EU-Partnerländer der "militärischen Option" eine Absage erteilte. 

Mit Frieden in den Wahlkampf

Die Herzen der "Nie wieder Krieg"-Begeisterten flogen dem knorrigen Niedersachsen zu. Die bis auf 24 Prozent eingebrochenen Umfragezahlen der SPD kletterten bis zur Bundestagswahl zwei Jahre später wieder auf 34 Prozent. Am Wahltag fehlten Schröder nur Millimeter zur Wiederwahl, weil seine These, es sei der Krieg, der die "die Reform- und Dialogbereitschaft in den islamischen Ländern" blockiere, in Millionen Ohren so bequem und gemütlich geklungen hatte.

Jetzt, wo Joe Biden seinen Hinterbliebenen noch ein ganz besonderes Abschiedsgeschenk auf den Tisch gelegt hat und an der Heimatfront die ersten Schanzübungen stattfinden, steht wieder die Frage, wie die Zieldaten übermittelt werden, ohne den aus den Bundeswehr-Leaks bekannten Weg zu gehen. Medial wird die Frage danach, wer die US-Raketen nach Russland steuern wird, noch peinlich vermieden. Doch wenn Scholz Glück hat, ringt sich in den nächsten 99 Tagen doch noch jemand durch. Dann darf der Kanzler wieder hoffen.

Scholz' Umfragergebnisse sind ungleich fürchterlicher als alle, die Schröder je zu verkraften hatte. Der Krieg aber ist diesmal näher, das Bedrohungsgefühl akuter und die Friedenssehnsucht vielmals größer. Zweieinhalb Jahre nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine macht sich niemand mehr Illusionen darüber, dass Russland bald Staatsbankrott anmelden wird. Noch deutlich weniger Stimmen gehen davon aus, dass die Ukraine Russland in zwei, fünf oder 15 Jahren besiegt und aus dem eigenen Land getrieben haben wird.

Nichts in der Auslage

Der Bundeskanzler handelt angesichts der Bedrängnis, in der er mitsamt seiner Partei steckt, rational. Im Wahlkampf der kommenden drei Monate wird die SPD wenig ins Schaufenster legen können. Die wundersame Wirtschaftserholung, auf die Scholz mit Blick auf den regulären Wahltag im September 2025 gehofft hatte, wird bis Februar nicht eintreten. 

Weitere soziale Wohltaten aus leeren Kassen zu verteilen, reicht die Kraft nicht mehr. Die Karte, man habe viel erreicht und ohne die an allem Bösen schuldige FDP sei noch mehr zu machen, sticht nicht. Und auch die überstürzte Rückkehr der Kanzlerpartei zum Hassportal X ändert nichts am Fakt, dass die älteste deutsche Partei mit leeren Händen in die Wahlschlacht zieht.

Hilfe kommt aus den USA, wo Joe Biden seinem Nachfolger eine Aufgabe hinterlassen und Olaf Scholz zugleich Wahlkampfhilfe gegeben hat. Die Freigabe für den Einsatz weitreichender Raketen, von US-skeptischen Medien als "Verzweiflungstat" geframt, könnte für Europa noch wichtig werden. Gelänge es, den weitgehend festgefrorenen Konflikt im Osten der Ukraine noch einmal in Bewegung zu bringen, könnte Trump mit seinem Friedensversprechen scheitern. Und der damit weiterschwelende Krieg würde Scholz helfen, sich als konsequenter Friedensbringer zu inszenieren.

Kaum Wahlkampfmunition

Als unbeliebtester unter den chancenlosen Kanzlerkandidaten, die antreten werden, ist es dem aktuell umstrittenen Kandidaten der SPD versagt, einen Wahlkampf gegen die CDU oder die Grünen zu führen, mit denen eine Koalition nach dem 23. Februar eher wahrscheinlich als ausgeschlossen ist. Nur gegen Wagenknecht und AfD anzutreten, zeitigte zuletzt aber auch wenig Erfolg. Da der SPD zudem das Personal fehlt, einen Beliebtheitswettbewerb zu gewinnen, sind die Alternativen rar, um Wählerinnen und Wähler anzulocken.

Dann also Frieden. Den hat Donald Trump ohnehin angedroht, den kann Scholz sowieso nicht verhindern, genauso wenig, wie er selbst den Krieg beenden kann. Olaf Scholz reiht sich deshalb ein in die Front deren, die zumindest verbal vorantreiben, was sie seit 2022 kategorisch verweigert haben.

Montag, 18. November 2024

Doku Deutschland: Grüße von der Krönungsmesse

Mit einer mitreißenden Rede hat Robert Habeck beim Grünen-Parteitag alle Herzen auf seine Seite gebracht.

Er hatte viel zu sagen, doch er machte es kurz. Die Zeit drängt, das Klima verhandelt nicht mehr und der Flieger wartet beinahe schon, der Bundesklimawirtschaftsminister Robert Habeck nach Brasilien bringen sollte. Auch dort gehen es wieder um das Schicksal der Menschheit, über das letzten Endes aber in Berlin entschieden werden wird.

Schärfe und Nachdenklichkeit

In der deutschen Hauptstadt, das hat Robert Habeck bei der ihm zu Ehren durchgeführten grünen "Krönungsmesse" (Tagesspiegel) in Wiesbaden noch einmal in aller gebotenen Schärfe und Nachdenklichkeit verdeutlicht, müssen die Weichen gestellt werden. Noch mehr Rechtspopulismus? Noch mehr Klimaschäden durch Kernkraft und Co.? Oder Heizungsgesetz, Fernwärme für alle, Rückbau der Gasnetze, reformierte Schuldenbremse und eine Zukunft für Generationen, die für alle Kredite gern geradestehen wollen?

Seit dem "einfühlsamen Werbefilm", mit dem Habeck als erster deutscher Politiker überhaupt eine Kanzlerkandidatur über die Hassplattform X ankündigte, ohne zuvor von einer Partei nominiert worden zu sein, hängen Millionen an den Lippen des 55-Jährigen, der auch bei einem Scheitern seiner eigenen Kanzlerambitionen einen Sitz am nächsten Kabinettstisch haben dürfte. Was Habeck sagt, dürfte auch dann wieder Gesetz werden und zuweilen auch bleiben.

Kontrolle ist besser

Die Überzeugungen des Familienvaters aus Schleswig-Holstein sind damit Existenzgrundlage der Nation und wegweisend für den weiteren Ablauf von Energieausstieg und Wirtschaftswende, dem Umbau zur nachhaltigen Mobilität und die Transformation der unkontrolliert wuchernden Meinungsfreiheit hin zu einer gemeinnützigen Variante unter strenger staatlicher Kontrolle durch freiwillige Hassmeldestellen und Trusted Flagger.

Umso erstaunlicher, dass der Wortlaut der Bewerbungsrede um den Kanzlerposten zwar nachzuhören, aber nicht nachzulesen ist. Die großen Medien bescheiden sich mit einer Agenturzusammenfassung, die großen Wert darauf legt, Rolle und Bedeutung eines Schwimmbadbesuches und eines Satzes aus Kindermund für die Ambitionen des Chefs von #teamhabeck hinreichend zu beleuchten.

Nicht der Tollste sein

Dass Habeck ausdrücklich klargestellt hat, "nicht der Tollste sein zu wollen, sondern "die Verantwortung anzunehmen", bleibt weitgehend unerwähnt, ebenso die Mitteilung des früheren und neuen Chefs der Grünen, dass Führungsanspruch nicht aus "persönlicher Eitelkeit, sondern aus der Objektivität der Wirklichkeit" erwachse und in ihm den Wunsch geweckt habe, "mit der Leidenschaft des Anfangs und der Orientierung, die aus der Kraft der Gesellschaft kommt, die großen Zeiten, die großen Themen unserer Zeit mit Antworten zu bearbeiten, die groß genug sind wie die Verantwortung."

Worte wie ein Weckruf, eine Rede wie ein Donnerhall, die sich nicht scheut, danach zu fragen "wie ist die Wirklichkeit"? "Was ist eigentlich los?" und "was ist die Geschichte hinter allen Geschichten, die wir erleben" (Habeck) und "warum sind gerade unsere Antworten die, die zu allem passen?"

PPQ hat die Rede von Robert Habeck von einer KI* transkribieren und in aus dem Politischen in normales Kirchentagsdeutsch übersetzen lassen, wie es auch draußen bei angezeigten Beleidigern und Menschen verstanden wird, die nicht wie Habeck ihren "Norwegerpullover lässig gegen das Sakko tauschen" (Annalena Baerbock) und trotzdem weiterhin Staatsmann bleiben können. Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

heute stehen wir hier zusammen, um über das Morgen zu sprechen - über die Zukunft, die uns noch so viele Herausforderungen bietet und doch so viele Chancen verspricht. In diesen Zeiten der Unsicherheit, in denen wir uns inmitten eines Krieges in Europa befinden und zudem eine Klimakrise und einen globalen Wandel zu vollziehen haben, ist es umso wichtiger, dass wir uns daran erinnern, was uns verbindet und wie wir gemeinsam diese Herausforderungen meistern können. Der Krieg in der Ukraine hat uns allen gezeigt, wie schnell Frieden und Sicherheit zerbrechen können. Als Bundeswirtschaftsminister habe ich klargemacht, dass Deutschland keine Kriegspartei ist, sondern eine Nation, die für Frieden, Freiheit und Demokratie einsteht. Unsere Kriegsanstrengungen sind nicht militärisch, sondern humanitär und diplomatisch. Wir haben die Ukraine nicht mit Waffen, sondern mit Unterstützung, mit Sanktionen gegen die Aggressoren und mit einem klaren Bekenntnis zu internationalem Recht unterstützt. Das Land haben wir mit Friedensenergie versorgt, als das russische Gas ausblieb, mit dem uns frühere Regierungen an den Kreml zu fesseln versucht haben. Ja, wir haben in Deutschland große Anstrengungen unternommen, um uns vom russischen Gas unabhängig zu machen. Und hier komme ich zu einem wichtigen Erfolg unserer Regierung: Die Umsetzung des Heizungsgesetzes. Es war ein hartes Stück Arbeit, aber wir haben es geschafft, durch innovative Lösungen wie die Nutzung von Fernwärme aus Erdgas, nicht nur unsere Energieversorgung zu sichern, sondern auch einen wichtigen Schritt in Richtung Klimaneutralität zu setzen.

Dabei ist es uns geglückt, die Angriffe, denen die neue Regelung von Populisten ausgesetzt war, zu kontern, indem wir die Zeitschiene ein wenig verlängert haben. Diese Maßnahme zeigt, dass wir auch in schwierigen Zeiten kluge, nachhaltige Entscheidungen treffen können, denn heute glauben Umfragen zufolge etwa 90 Prozent unserer Bürgerinnen und Bürger, dass das Heizungsgesetz damals an ihrem Widerstand gescheitert ist. Doch es ist kein Geheimnis: Wer zuletzt lacht, lacht am besten! Dass es innerhalb unserer inzwischen gescheiterten Koalition unterschiedliche Meinungen gab, wusste jeder. Aber Streitereien sind in einer Demokratie nicht nur normal, sondern notwendig, um die besten Lösungen zu finden, wie wir sie stets vorgeschlagen haben. Doch entgegen mancher Befürchtungen haben wir in vielen entscheidenden Fragen eine feste Geschlossenheit bewiesen. Wir haben gezeigt, dass wir in der Lage sind, auch in den schwierigen Zeiten zusammenzuhalten und gemeinsam kühn voranzuschreiten in Richtung auf ein Ziel, das manch anderer noch nicht mal sieht. Diese Geschlossenheit war bei allem Streit nicht nur im Koalitionskabinett zu finden, sie ist es bis heute auch innerhalb unserer Partei, der Grünen. Wir sind nicht immer einer Meinung, aber wir sind vereint in unserem Ziel: eine lebenswerte Zukunft für alle zu schaffen. Wir wissen, dass wir nicht nur über die nächsten vier Jahre, sondern über die nächsten Jahrzehnte hinaus denken müssen. Wenn ich sage, wir haben heute, also sechs Wochen vor dem Jahresende, noch keinen Haushaltsplan für die kommenden zwölf Monate, dann heißt das noch lange nicht, dass wir keinen Plan zum Umbau der gesamten Gesellschaft haben, der die kommenden fünf, 15 und 25 Jahre umfasst! Lasst uns also an die Kraft des Zusammenhalts glauben, an die Fähigkeit, Dinge anzupacken, auch wenn sie schwer erscheinen. Ich möchte euch heute Mut machen, keine Angst zu haben, denn Angst lähmt, sie schließt die Türen, bevor wir überhaupt hindurchschauen können. Wir dürfen nicht zulassen, dass Angst über unsere Entscheidungen herrscht, sondern sollen mit Mut und Überzeugung vorgehen. Zusammenhalt ist unser Fundament. Wir sind keine Einzelkämpferinnen und Einzelkämpfer, sondern Teil einer Gemeinschaft, einer Gesellschaft, die sich immer dann am stärksten zeigt, wenn sie füreinander einsteht. Tragt diesen Gedanken hinaus, in eure Familien, Freundeskreise und Arbeitsplätze. Seid Leuchttürme der Zuversicht. Denn manchmal reicht ein kleines Licht, um einen ganzen Raum zu erhellen. Die Zukunft mag ungewiss sein, doch sie ist offen - offen für unsere Ideen, unser Engagement und unseren Glauben daran, dass das Beste erst noch kommt. Gehen wir gemeinsam diesen Weg, furchtlos, verbunden und mit offenen Herzen. Vielen Dank!

*Fachleute warnen vor der Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI), um Lügen zu identifizieren. 

Grüner Machtanspruch: Der Staat sind wir

Aus dem Angebot "Breit, wenn ihr es seid" wurde das unverhohlen auf Führung abstellende "Der Staat sind wir".

Keine andere Partei ist so für Klima, keine setzt sich dermaßen ein für Gerechtigkeit und Sicherheit, innere wie äußere. Keine andere ist zugleich so beliebt und verhasst, keine erstattet mehr Strafanzeigen und keine bekommt mehr Achtung von der Vierten Gewalt gezollt. Erstmals haben die Grünen, früher gefürchtet für ihre zum Teil anarchischen Parteitage, auf denen Richtungskämpfe um den richtigen Weg zu Sozialismus offen ausgefochten wurden, jetzt gezeigt, dass sie nicht nur erwachsen und staatstragend geworden sind, sondern den Anspruch haben, den Staat selbst zu führen.

Der Staat sind wir

"Der Staat sind wir" hatte die Parteitagsregie nicht über die Hühne geschrieben, auf der der bis dahin nur von sich selbst ernannte Kanzlerkandidat Robert Habeck schließlich ohne Nebengeräusche zum Anwärter der gesamten Partei gekürt wurde. Doch das mitnehmende "Breit wenn ihr es seid" vom letzten Mal ist weg. Die Grünen haben das "ihr", das für die Menschen draußen im Lande stand, hinter sich gelassen. Die Habeck-Führung orientiert sich ganz an Angela Merkel, deren "Wir" immer ein "ich" meinte.

In "der Start sind wir" schwingt die eigentliche Botschaft mit: Diese Partei, in den Tagen nach dem Ampelaus mit einem Ansturm neuer Mitglieder*innen konfrontiert, ist nicht mehr machtkritisch, gegen das System und bemüht, als Korrektiv zu kapitalistischer Wirtschaftsweise und bürgerlicher Demokratie aufzutreten. Sie begnügt sich auch nicht mehr damit, ein wenig mitzubestimmen. Nein, die Grünen erheben 44 Jahre nach ihrer Gründung den Anspruch auf Führung von ganz vorn. 

Ein reinweißes Elitenprojekt

Weiß und westdeutsch: Elitenprojekt Grüne.
Die Bilder aus Wiesbaden waren erschreckend und sie sprachen Bände. Die Grünen sind heute nahezu reinweiß. Sie sind westdeutsch und sie werden dominiert von den Generationen der mitteljungen und mittelalten Altstadtbewohner, die im Glauben aufgewachsen sind, dass Deutschland eine sehr reiches, sehr schuldiges und sehr zu verabscheuendes Land ist, dessen Strafe es sein muss, den Völkern der Welt durch einen schmerzhaften Opfergang zu Energieausstieg, Klimaneutralität und Wirtschaftsrückbau und Wohlstandsverzicht zu zeigen, dass eine andere, ärmere Welt möglich ist.

Die von Robert Habeck installierte neue Parteivorsitzende Franziska Brantner zeigte nach ihrer Wahl demonstrativ die Arbeiterfaust, obwohl der seit einem Vierteljahrhundert im politischen Geschäft tätigen Politikwissenschaftlerin eine Zugehörigkeit zum Realo-Flügel der Grünen nachgesagt wird. Ihr als Gegengewicht installierter linker Kollege Felix Banaszak beschwor ein allgegenwärtiges Gefühl der Angst, gegen das nur grüne Politik helfen könne. Die Partei von Heizungsgesetz, Hausdurchsuchungen und Gaskraftwerke-Neubauprogramm werde mit "Empathie und Zuhören" der "Gasrechnung am Ende des Monats" oder auch "dem nächtlichen Nachhauseweg" den Schrecken nehmen, "um weiter Zukunft zu machen". 

Kampfansage an alle


Eine Kampfansage an alle, die den Grünen nicht zugetraut hatten, nach der Serie von Wahlniederlagen und Umfrageschlappen genau so weiterzumachen wie bisher. Vor allem in Kreisen früherer Sympathisanten herrschte vielerorts noch die Überzeugung, die inzwischen zu den Altparteien zählende frühere Alternative für Deutschland werde es kaum wagen, einen weiteren Wahlkampf mit Leerformeln wie "Machen, was zählt", "Einigkeit gegen rechts und Freiheit" oder "Ein starkes Europa bedeutet ein sicheres Deutschland" zu bestreiten. 

Doch genau das ist der Plan, den die neue Parteivorsitzende in groben Zügen vorstellte. "Wir brauchen Investitionen, Investitionen und nochmals mehr Investitionen", kündigte sie kommenden Generationen höhere Schuldenlasten an. Den Gürtel enger zu schnallen bringe ja nichts, "wenn die Hose schon fehlt". Brandtner sagte "Deutschland kann mehr" und sie meinte damit zweifellos mehr Schulden machen - zugleich aber gelang es der Parteitagsregie, einen Beschluss der Delegierten zur Aufhebung der Schuldenbremse zu verhindern. 

Kraft der Zuversicht

Starke Grüne, "in diesen Zeiten eine Kraft der Zuversicht", werden beides haben können: Mehr Investitionen, aber weniger Schulden. Soziale Verbesserungen für Kinder, Flüchtlinge, Menschen mit geringeren Einkommen und Entlastungen für die "hart arbeitende Mitte" (Ricarda Lang). Mehr Sicherheit. Mehr Rüstung. Mehr Klimaschutz. Mehr Empathie. Mehr Freiheit. Mehr Staat. Mehr Ordnung. Mehr Überwachung und mehr Schutz der Privatsphäre. 

Robert Habeck selbst hat auf dem Parteitag die Lösung skizziert: "Milliardäre und Superreiche, deren Vermögen einfach nur in großen Prozentzahlen weiter wächst", müssten "einen gewissen Anteil ihres Vermögens zur Verfügung stellen". Die Schulenbremse müsse so reformiert werden, dass sie die Staatsausgaben nicht mehr bremse. Die Wirtschaft wird erneuert, "indem Zukunftstechnologien im Lande gehalten werden". Habeck will Europa stärken, indem er noch mehr "Souveränitätsrechte nach Brüssel übertragen" wird. Und er verspricht günstige Energie, sobald "wir sie sauber gemacht haben".

Alles wie gehabt


Alles wie immer, alles wie gehabt. Nur in einem Punkt haben die Grünen, ausweislich der vom Parteitag aus verbreiteten Bilder mehr denn je ein im Grunde rein weißes westdeutsches Elitenprojekt, ihren Kurs radikal geändert. Galt der "Kampf gegen rechts" bis zu den Landtagswahlen in Ostdeutschland im Spätsommer als zentraler Kern der politischen Glaubenslehre der in ihren frühen Jahren vom Verfassungsschutz beobachteten Partei, verzichtete die neue Führung unter Habeck konsequent auf jeden Hinweis auf die wachsenden Gefahren durch Rechte, Nazis und geheime Trump-Fans. 

Obwohl es Robert Habeck selbst gewesen war, der noch bei den EU-Wahlen im Frühjahr darauf gesetzt hatte, dass ein entschiedener Fokus auf den Kampf gegen rechts seiner Partei die Sympathien von Millionen eintragen werden, steuerte das "Elitenprojekt" (Ricarda Lang) in Wiesbaden still und heimlich um. Kein Wort fiel über die Grünen als "Anti-Rechte", über "Einigkeit gegen rechts" und die Notwendigkeit, Deutschland als demnächst "ersten klimaneutralen Wirtschaftsstandort in Europa" gegen Abwicklungspläne von Konservativen und Rechtsextremen" (Lang) zu verteidigen und "Demokratiefeinde in die Schranken zu weisen".

Anflug der Plattitüdenbomber


Das geschieht nun hinter den Kulissen, etwa indem Robert Habeck und Annalena Baerbock sich Satire, Hohn und Spott nicht mehr so einfach gefallen lassen. Vor dem Vorhang übersetzt sich das in das Angebot, "die Wirtschaft anzukurbeln, mehr für den Klimaschutz zu tun, gesellschaftliche Ungleichheit abzubauen und die Demokratie zu schützen". Die bekannten Propagandaparolen, die in Kürze wieder von ganzen Luftflotten aus Plattitüdenbombern über dem Land abgeworfen werden, sie haben den "Start" (Grüne) vom "Ihr" zum "Wir" unbeschadet überstanden.

Sonntag, 17. November 2024

X-tra Runde der Unbeugsamen: Aufrecht ins Abseits

Das K in "SPD" steht für Konsequenz.

Es ist fürchterlich. Eine Hassmaschine. Wer wie die Organisatoren der #habeck4kanzler-Kampagne versucht, für das Gute, Fortschrittliche und Wichtige zu werben, bekommt steifen Gegenwind zu spüren. Nicht einmal harsche Worte bleiben aus, hier bei X, wo sich im Windschatten des allmächtigen Besitzers der Kurznachrichtenplattform Twitter Hasser, Hetzer und Frauenfeinde, Nazis, Libertäre und Schwurbler, öffentliche-rechtliche Redaktionsleiter, Minister und Parteiführer aller Farben tummeln. 

Störende Berichtigungen


Dazu kommen seit geraumer Zeit die Community notes, ein von Elon Musk erfundener und eingeführter Werkzeug der Rache der Masse an der geltenden Tageswahrheit aus "ZDF heute" und "Morgenmagazin". Inzwischen ist es kaum mehr möglich, mit gezielt verbreiteten Falschinformationen die beabsichtige Wirkung zu erzielen.  

X, schon unter der demokratischen Führung der früheren Eigentümer als zentrales Schlachtfeld um die Deutungshoheit ausgemacht, erlitt nach der Übernahme durch Elon Musk einen Aderlass ohnegleichen. Manche waren schon zuvor gegangen, wegen der "Clickbait-getriebenen Empörung, misogynem Hass und Fake News". Andere hielten wacker aus und mutig dagegen. Aus Trotz und Sendungsbewusstsein stemmen sich Georg Restle, Ruprecht Polenz, Marcel Fratzscher und Ralf Stegner bis heute unerbittlich gegen den Hass.

Gierig nach Aufmerksamkeit

Sie wissen, Anerkennung für ihre Anstrengungen, die Wärmepumpe zu popularisieren, Robert Habeck ins Kanzleramt zu schreiben und verfassungsfeindliche Parteien von den Wahllisten, wird es nicht geben. Doch genau die Aufmerksamkeit, die Aufmerksamkeit, nach der sie gieren, ohne die sie nicht leben können und für die sie bereit sind, jede Blamage, jede peinliche Zurechtweisung zu erleiden, hält sie am Leben: Auch wer beschimpft wird, wem Lügen, Einseitigkeit und billige Propaganda für eine gescheiterte Ideologie vorgeworfen werden, ist auf eine spezielle Art wichtig.

Die EU-Kommission, jener eine hochmoderne Großkonzern, den Europa im vergangenen Vierteljahrhundert in der Riege der Amazons, Metas, Alphabets und Tesla platzieren konnte, stand lange an der Seite der letzten Aufrechten, die X gegen den Faschismus, gegen Schwurblertum, Verhöhner und Falschbehaupter verteidigten. Es war Mode und Trend, X getrieben von der Angst vor dem Hass den Rücken zu kehren. 

Aderlass nie überwunden

Die Plattform erlitt einen Aderlass, von dem sie sich so sehr nie wieder erholte, dass die von Elon Musk persönlich gesendeten Wahlkampf-Posts heute als entscheidende Einflussgröße für Donald Trumps verheerenden Sieg bei der US-Präsidentenwahl gelten. So habe Kamala Harris zwar nahezu zwei Milliarden Dollar für ihren Wahlkampf der Herzen ausgegeben. Den Ausschlag über Sieg und Niederlage aber gaben letztlich nicht die daraus resultierenden Beiträge in "Spiegel", "Stern" und Süddeutscher Zeitung. Sondern Musks Posts im Gegenwert von schmalen 24 Millionen Dollar. 

Ein Taschengeld, mit dem der "Staatsfeind Nummer 2" (Spiegel über Musk) die Welt verändert hat. Aus der Sorge vor dem Hass ist nun der Neid der Einflusslosen geworden. Dieselben Moralgranaten, die versucht hatten, den Meinungssumpf bei X mit ihrer öffentlichen Selbstaufopferung à la Saskia Esken trockenzulegen, kehren jetzt mit großer Geste zurück: Robert Habeck ist wieder da, die SPD will doch wieder Front machen gegen Andersdenkende und unter "#TeamRobert" und "#Habeck4Kanzler" haben sich Robert-Habeck-Propagandisten, bierernste Satireaccounts und nichtsahnende Altgläubige im Dutzend versammelt, um Habeck zum Regierungschef zu posten wie Musk es mit Trump getan hat.

Aufgeschobenes Verbot

Keine ist Rede mehr von Verbot, keine Rede mehr von notwendiger Enteignung. Obwohl klar ist, dass X die "Mainstreammedien" (Manager Magazin) ablösen soll, sind die Stimmen diesmal leise, die den "X-odus" feiern und klammheimliche Freude über die neue Welle von Abwanderern bei Musks Plattform melden. Dass mit dem "Guardian" ein "Weltmedium" (SZ) sich abgemeldet hat und auch der FC St. Pauli nicht mehr in der Kloake schwimmen wolle, wird ähnlich achtungsvoll gemeldet wie einst die Selbstverbrennung tibetischer Mönche. Aber sich selbst anzünden? Nur um ein Zeichen zu setzen, das niemand sieht?

Lieber Offensive, lieber selbstbewusste Aufrufe zur gesellschaftlichen Spaltung und selbstgemachte Fake News, um Furcht zu verbreiten. Niemand dort draußen kennt §68a SGB VI, keiner weiß auf Anhieb, dass die vom Kanzler für den Fall seines fortgesetzten Scheiterns vorhergesagten "Rentenkürzungen" eine ähnlich freie Erfindung sind wie einst die von der Parteipresse verbreitete Geschichte der Großmutter, die ihren hässlichen Enkel umtauschen wollte

Verschwendete Zeit

Richtig oder falsch, die SPD ebenso wie der grüne Kanzlerkandidat ein taktisches Verhältnis zur Wahrheit. Nützen Hetze, Hass, Spaltung und Fake News den eigenen Zwecken, dann kann der "Guardian" gern "rechtsextreme Verschwörungstheorien und Rassismus" auf X kritisieren. Die eigenen Bemühungen auf Bluesky, dem Konkurrenten, zu dem gerade wieder "erneut Teile der Nutzer gewechselt" (SZ) waren, sind von so trauriger Gestalt, dass die Bundestagsfraktion der SPD Bundestagsfraktion der SPD schon vor Monaten aufgehört hat, ihre Zeit dort zu verschwenden.

Auch der Bundesvorsitzenden fehlten dort letzendendes wohl  "Clickbait-getriebene Empörung, misogyner Hass und Fake News so sehr, dass sie im Spätsommer dauerhaft verstummte. Auf X wird das erst in 99 Tagen wieder der Fall sein.

Deutschland in Angst: Arbeiter, Trump nimmt Euch Eure Villen weg!

Deutschland bangt: Arbeiter, Trump nimmt Euch Eure Villen weg!
Die Angstmaschine produziert Warnungen in schnellem Rhythmus.

Er wird die Grenzen schließen, genauso wie es die Ampel-Regierung seit Monaten versucht. In großem Stil abschieben wie Olaf Scholz. Zölle erheben wie die EU. Dem Beamtenapparat und der Bürokratie mit Robert Habecks Kettensäge zu Leibe rücken. Wie Annalena Baerbock weit mehr Geld für Aufrüstung verlangen als es das bescheidene Nato-Ziel von zwei Prozent vorsieht. Und den Klimaschutz rückabwickeln, ganz ähnlich wie es die Union schon im Europa-Wahlkampf vorgeschlagen hatte.

Kommende Katastrophe


Kurz gesagt: Die zweite Amtszeit von Donald Trump wird eine Katastrophe, vor allem für Europa und erst recht für Deutschland, das in aller Regel am schlimmsten betroffene Gebiet. Seit der "irre" (FR) "Hassprediger" (Steinmeier) für deutsche Medien und deutsche Politik völlig überraschend die US-Präsidentschaftswahlen gewonnen hat, um eine "Egokratie" (Die Zeit) zu errichten, geht eine Angst um in Europa, die "Angst vor Trumps K.-o.-Schlag" (Zeit). 

Was soll werden, wenn er EU-Behörden die  geplante tiefgründige und weitreichende Kontrolle von Meinungsverstößen im Internet verbietet? Wenn er Frieden schließen lässt zwischen der Ukraine und Russland? Wenn er "radikal" (Spiegel) auf America First setzt wie die SPD und die EU-Kommission auf "Europa First"?

Das Verlöschen der Ampel


Leicht überdeckt vom Verlöschen der Ampel in Berlin, die für die Klimanationen der Welt ein Leuchtfeuer der Hoffnung war, fließt ein Strom an Tränen durchs Land. In den USA rasieren sich Frauen die Köpfe kahl, den Redaktionen des Gemeinsinnfunks schlagen sie vor die Wände. 

"Der Wahlsieg von Donald Trump kann die Weltwirtschaft ins Wanken bringen", warnt der "Spiegel". Das nächste "goldene Zeitalter Amerikas", das Trump einzuläuten gedroht hat, könnte schlimmstenfalls wirklich ein "wohlhabendes Amerika" (Trump) hervorbringen. Und das wohlhabende Europa zu einem Armenhaus machen. 

Das wird teuer für Deutschland


Trump will schließlich nicht nur Industriejobs zurückholen nach Amerika. Sondern auch noch gut bezahlte. Er will nicht nur Importe aus China besteuern, wie es die EU tut, sondern auch alles, was aus Deutschland kommt. Wenn aber erst niemand mehr den Rest an Autos, Maschinen und Chemieprodukten kauft, die Deutschland derzeit noch produziert, dann wird das "teuer für Deutschland", dudelt es aus allen Empfängern. Zerstört der Mann, den "Faschist" zu nennen in aufgeklärten Kreisen zum guten Ton gehört, dann auch noch die amerikanische Demokratie zerstört, wird es dunkel in den Reichen der Menschen.

Die Welt, wie alle sie kennen, sie gerät aus den Fugen. Eine ganze Generation droht verlorenzugehen, emotional ausgebombt von schlechten Nachrichten, krank vor Angst, es  könnte kommen, wie alle es vorhergesagt haben. Viele wollen schreien vor Entsetzen, andere am liebsten weglaufen, ganz egal wohin. Die Amygdala, der Teil des Gehirns, der auf bedrohliche Reize reagiert, hat den engagierten Warnern vorher die Feder geführt. Nachher verzweifeln sie in Entspannungstherapien, noch unsicher, ob es zum Allerschlimmsten kommt.

Was wird aus den Villen?


Wird Trump den deutschen Arbeitern ihre Villen im Tessin wegnehmen? Wird er die Amygdala weiter kitzeln, indem er "das transatlantische Verhältnis durch aggressive Rhetorik, Handelsstreitigkeiten und eine Abkehr von internationalen Verpflichtungen massiv belastet" (Thüringer Allgemeine)? Ist "Europa geliefert" (Spiegel)? Steht die EU vor düsteren Zeiten?

Wird Trump 150.000 deutschen Angestellten150.000 deutschen Angestellten den Job wegnehmen. Oder mehr? Wer wird die Kraft haben, ihn zu den gemeinsamen Werten zu zwingen? Und ihn daran hindern, das Frauenfeindlichkeitsproblem, das Rassismusproblem und das Faschismusproblem der USA nach Europa zu exportieren? Welches böse Vorbild wird sein Effizienzbeauftragter Elon Musk für die Wohlfühlgesellschaften im alten Europa geben? 

Im politischen Berlin wird mit Beruhigungstabletten gehandelt. Es werde nicht ganz so schlimm kommen. Man werde Trumps Versuche, Deutschland ausbluten zu lassen, mit eigenen wirtschaftlichen Angriffen auf Amerika kontern. Ein starkes Deutschland, wie es viele Bürgerinnen und Bürger noch in Erinnerung haben, lasse sich nicht von einem verrückten Milliardär bremsen, der nach Überzeugung vieler demokratischer Beobachter bereits im Wahlkampf deutliche Zeichen von beginnender Demenz zeigte.

Das Fürchten lernen


Ein starkes Deutschland wird Trump das Fürchten lehren. Spätestens die neue Bundesregierung, die im Laufe des kommenden Jahres ins Amt treten wird und die Schalthebel der Politik übernimmt, ist gefordert, die Villen der einfachen Arbeiter und die Jachten der Angestellten zu schützen, die Respekt-Renten von Millionen zu sichern und die Heizungswende wie den Energieausstieg gegen Einflüsterungen aus Amerika zu verteidigen.


Samstag, 16. November 2024

Zitate zur Zeit: Im brennenden Haus


Kapitän zu sein ist wie jeden Tag in einem brennenden Haus aufzuwachen.

William Trust aus The Ark kommentiert die Situation der Bundesregierung

Der Schachkopf: Ein Leben als Leberwurst

Robert Habeck wollte nicht mit einem Shampoo-Hersteller in Zusammenhang gebracht werden, auch nicht als brillanter Schachkopf.

Er war es gar nicht, hat es aber auf jeden Fall überhaupt nicht so gemeint. Er war anfangs viel zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt, um seine kostbare Zeit damit zu verschwenden. 

Das Team Robert Habeck verwies darauf, dass der Minister die Versorgung des Landes mit Energie sichergestellt habe, eine Koalitionskrise managen musste, ein Buch zu schreiben hatte und nebenher auch noch seine Kanzlerkandidatenkampagne planen musste. Dass er selbst und persönlich einen alten Mann anzeigen würde, weil der ihn durch das Weiterleiten eines Bildes im Internet beleidigt haben sollte? Unvorstellbar.
 

Langsamer Rückzug


Der Rückzug war ein langsamer, die Fronten mussten mehrfach begradigt werden. Inzwischen ist klar: ja, Habeck hatte, zumindest im Sommer noch, Kapazitäten, bei der Vorbereitung des seit 2016 ausgetragenen "Aktionstages zur Bekämpfung von Hasspostings" zu helfen. 

Die Veranstaltung dient dem Zweck, durch demonstrative Hausbesuche bei Bürgern, die sich im Ton vergriffen haben, andere zu warnen. Anfangs richteten sich Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen von Tatmitteln gegen strafbare Meinungsäußerungen. Mittlerweile kommen auch Antragsdelikte wie Beleidigung infrage, um das große Besteck auszupacken.

In der Nähe einer Shampoomarke 


Im Sommer fand ein in Bayern lebender Rentner ein Bildchen, das Robert Habeck in die Nähe einer Shampoomarke stellt, so witzig, dass er das damals gerade erst kurze Zeit geltende Hohnverbot unzulässigerweise missachtete und weiterleitete. 

Ein Fehler. Das Strafrecht sieht für öffentliche Beleidigungen, wie sie auch im Internet vorkommen, strenge Strafen vor. Besonders geschützt sind Personen, die "im öffentlichen Leben stehen". Deren Verhöhnung kann nach § 188 StGB nicht nur mit zwei, sondern sogar mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden. 

Robert Habeck, der virtuos auf der Klaviatur von Verführung und Verdammung zu spielen weiß, nutzte die Chance nicht gezielt, aber strategisch geschickt. Als eine von mehr als 800 Anzeigen in diesem Jahr ging die gegen den Shampoo-Verleumder an die Staatsanwaltschaft. Dort entdeckte ein Beamter das Potenzial, das sich - nach fünf Monaten Zuwartens - beim 11. nationalen Aktionstag zur Bekämpfung von Hasspostings nutzen lassen würde. 

Narren, Clowns und Helden


Der tatverdächtige Rentner Stefan Niehoff ist nicht Elon Musk, der Habeck "Narr" nennt, an den aber kein Herankommen ist. Er ist auch nicht der "Spiegel", der den neu gewählten Präsidenten von Deutschlands wichtigstem Verbündeten aktuell als "Clown" bezeichnet. Er würde vielleicht nicht einmal einen Anwalt bei der Hand haben, wenn Beamte morgens um 6.15 Uhr mit einem Durchsuchungsbeschluss vor seiner Tür stehen, um ihm klarzumachen, dass die Anonymität des Internets keinen Schutz bietet vor einem starken Staat, der genau darauf schaut, wer wen als was betitelt.

"Nazi-Schlampe" fällt unter erlaubte Ironie wie damals der menschenverachtende Spott über "Birne" Kohl und das hämische Gelächter über Genschers Ohren. "Schachkopf" aber, eine sicherlich achtungsvoll gemeinte Anerkennung für Habecks untrügliches strategisches Talent, sich im politischen Raum zu bewegen, bedarf der Prüfung durch die zuständigen Organe, befand ein bayrischer Richter. 

Bei der Durchsuchung des mutmaßlichen Tatortes fanden sich weitere Belege für eine unzulässige Gesinnung: Die Gleichsetzung des verbrecherischen Hitler-Regimes mit den demokratischen Zuständen heute. Eine Verharmlosung, die für die Ermittler im Nachhinein den Verdacht nährt, es könne sich um Volksverhetzung handeln.

Sahnetorte auf der Krönungsmesse


Es hätte die Sahnetorte auf Habecks Krönungsmesse beim Grünen-Parteitag werden sollen, eine warme Ergänzung zur Gesprächseinladung des Klimaministers, der "mit euch, für euch" den "Raum wieder öffnen" will für  "Debatten". Der Küchentisch für die, die bereit sind, zu folgen. Die Kampfansage an andere, die Staatsorgane durch Memes delegitimieren, die allen Satirerichtlinien demonstrativ widersprechen. 

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte gehofft, "Hasskriminalität den Nährboden" zu entziehen. "Wenn die Polizei vor der Tür steht, wird jedem Täter klar, dass Hasskriminalität Konsequenzen hat", sagte sie nach dem Ende der heißen Phase des in diesem Jahr speziell als "Aktionstag gegen Antisemitismus" begangenen Hasstages. Jeder, bei dem daheim durchsucht wird, könnte verdächtig sein. Ein Signal an alle, aufzupassen, was sie sagen.

Stattdessen aber rief die behördliche Bremse für die "Spirale aus Hass und Gewalt" (Faeser) eine Welle aus Unmut und Unbotmäßigkeit hervor. Der vom Gesetzgeber nach wie vor nicht verbotene "Streisand-Effekt" sorgte umgehend für eine massenhafte Verbreitung des Shampoo-Fotos. Der fränkische Rentner Stefan Niehoff avancierte in den Kreisen derer, die Meinungsfreiheit und Demokratie schon beim geringsten Versuch der Durchsetzung einheitlicher Wahrheiten bedroht sehen, zum Helden eines Aufstandes nicht nur gegen den Minister, Kanzlerkandidaten und womöglichen neuen Bundeskanzler. Sondern gleich auch gegen einen Justizapparat, dem normalerweise die langsame Arbeit an Bagatellverfahren bis zur schnellen Einstellung vorgeworfen wird. Diesmal aber ein übereiliges und übergriffiges Vorgehen bis hin zum Missbrauch der Strafprozessordnung als außergerichtliches Straf- und Erziehungsmittel. 

PR-Desaster zum Kampagnenstart


Habecks verständlicher Versuch, nicht mit einem Haarwaschmittelhersteller in Verbindung gebracht werden zu wollen, der den Sanitätspark der Wehrmacht und Hitlers Armeen mit Imprägnermittel für Soldatenstiefel beliefert hatte, entwickelt sich zu einem PR-Desaster, gegen das Renate Künasts "Veggie-Day" von 2013 wirkt wie die erfolgreiche "Deutschlands stärkste Stimmen für Europa"-Wahlkampagne der SPD neben Volkswagens Slogan "Think Small" mit dem die Traditionsmarke schon 1960 weit in die eigene Zukunft schaute.

Nicht einmal die späten und sorgfältig geschminkten Notizen in den amtlichen Blättern können das Bild eines Ministers noch geraderücken, der im Angesicht der Gefahr einer Übernahme des Landes entweder durch Donald Trump oder durch Wladimir Putin nicht Wichtigeres zu tun hat als einen spottenden Bürger vor den Kadi zerren zu lassen. Zwar hat die amtliche Nachrichtenagentur DPA den Fall inzwischen so gründlich umgeschrieben, dass er nun doch "im Frühjahr 2024 auf X eine Bilddatei hochgeladen" haben soll, "die ein Porträtfoto Habecks zeigte". Habeck und sein "Umfeld" seien zudem "verwundert" über die "Hausdurchsuchung, falls diese allein wegen des Strafantrags erfolgt sei". Niemand hier kann für nichts, erst recht nicht Robert Habeck, derf die Rolle als Bereuer besser spielt als alle anderen: Er war es gar nicht, hat es nicht so gemeint und wenn das das Ergebnis ist, dann habe er jetzt erst davon erfahren.