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Optimismus soll die Stimmungwende bringen: Es geht den Angestellten von Staat und staatlichen Organisationen ja immer noch Gold. |
Gewöhnlich läuft es genau andersherum. Hetzer, Hasser und Verhöhner, die gegen die demokratische Mehrheitsgesellschaft mobil machen wollen, bemühen sich stets, ihre Wühltätigkeit gegen die Gemeinschaft als "Satire" zu bemänteln. Brutalstmöglich ziehen bekannte Namen wie Jan Böhmermann oder Dieter Hallervorden dann vom Leder - sie benutzen verbotene Worte, gefallen sich dabei, Menschen als "Ziegenficker" herabzuwürdigen und betonen, dass alles nur Spaß sei, sobald sie erwischt worden sind.
Zoten über Ziegenficker
Es gibt aber auch auf einen anderen Weg, wie die Süddeutsche Zeitung jetzt eindrucksvoll gezeigt hat. Die folgenden Zeilen enthielten "keinerlei Spuren von Sarkasmus" leitet Kommentäter Christian Zaschke einen Beitrag ein, der einen neuen deutschen Optimismus beschwört. "Deutschland kriegt gerade ein paar wichtige Dinge beispielhaft geregelt", heißt es da und allein die Verwendung des umgangssprachlichen Verbs "kriegen" deutet an, dass in der großen Erörterung der Lage der Nation hier keinerlei Spuren von Ernsthaftigkeit zu finden sein werden.
Vielmehr verlegt sich der Beitrag kunstfertig darauf, beispielhaft vorzuführen, wie sich fehlende Belege für Fortschritte bei der Bewältigung von Problemen "in der Politik, im Städtebau, in der Wirtschaft, allüberall" (SZ) vollständig durch den Mut ersetzen lässt, die Augen zu schließen und die Realität zu ignorieren. Wenn nichts für "Zuversicht" (Robert Habeck) spricht, ist keine Zeit für Verzagtheit. Wenn die Nacht am tiefsten ist und die letzte Fortschrittskoalition durch eine "Arbeitskoalition" ohne große Visionen und Träume ersetzt werden muss, bleibt nur das Pfeifen im dürregeplagten Walde, um den Verzagten und Verunsicherten da draußen vor den Empfängern etwas vorzumachen.
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Es wird Zeit, dass die Welt wieder neidisch auf Deutschland schaut. |
Neue deutsche Stärke
Optimismus sei nie eine deutsche Stärke gewesen, heißt es dann, aber gerade das sei ein guter Grund, es einfach mal zu versuchen. Ganz im Gegenteil. Das neue Kabinett, noch unter dem Vorbehalt, dass die Mitgliederinnen und Mitglieder der SPD ihm ihr Plazet geben, zeigt so gut, "wie man ein paar wichtige Dinge geregelt kriegt", dass es "schwer vorstellbar" ist, "dass die Welt oder zumindest ein großer Teil davon derzeit nicht neidisch auf die Bundesrepublik schaut".
Wachstum unter Null. Mit einem Bundestagsbeschluss mehr Schulden als in den ersten 50 Jahren der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zusammengenommen. Kein Plan, was mit dem westlichen Bündnis werden soll. Keine Idee, wie es mit der Europäischen Union weitergehen soll. Nicht ein weiß sie noch aus. Nicht vor kann sie, aber auch nicht zurück.
So weit weg von Washington
Und von einer Vorstellung darüber, ob es günstiger kommt, die Ukrainer den Krieg gegen Russland bis zum St. Nimmerleinstag weiterkämpfen zu lassen oder sie zu einem grausamen Kompromiss mit dem Kreml zu drängen, so weit weg wie Berlin von Washington. Wenn alles dagegen spricht, hat die "Bundesrepublik in dieser Krisenzeit die Chance, sich neu zu erfinden", analysiert Zaschke. Ein Land, das noch im Aril vor 80 Jahren an den nahen Endsieg glauben konnte, wird doch wohl in der Lage sein, auch heute, wo es deutlich besser steht, ein paar besorgniserregende Fakten zu ignorieren.
Ja, Deutschland ist verunsichert, wirtschaftlich seit einem Jahrzehnt auf dem absteigenden Ast und ohne Strategie bei Migration, sozialen Sicherungssystem und Rente. Aber es habe die Chance, schreibt Zaschke, dennoch ein "sicherer Hafen inmitten der Wirren der Welt" zu werden. "Es muss sie nur nutzen."
Das ist kein neuer Zungenschlag, denn das kleine Karo gilt von München aus gesehen schon länger als großer Wurf. "Das Letzte, was dieses Land jetzt braucht, wäre eine Regierung, die einer Vision nachjagt", hatte die SZ schon vor Tagen festgelegt. Inspiriert vom Fernsehmoderator Rangar Yogeswar, der früher schon ermittelt hatte, dass die schlechte lage allein aus der schlechten Stimmung resultiere. Sie Strategie dagen sei einfach. Man müsse nur sagen "Hey, wir können, wir sind ein tolles Land."
Wirtschaftswumms und Klimageld
Eine Folge der enttäuschenden Bilanz der Ampel-Jahre: Gestartet mit verheißungsvollen Versprechen, legte das rot-grün-gelbe Regierungsbündnis nach nur drei Jahren Amtszeit eine bizarre Bruchlandung hin. Vom Wirtschaftswumms bis Klimageld, von Entlastung der Mitte bis zur Schaffung von mehr Gerechtigkeit blieb keine Erwartung enttäuscht.
Zugleich ließen sich die Gescheiterten von den angeschlossenen Abspielstationen für ihre Erfolge loben. Schon die Halbzeitbilanz fiel durchweg positiv aus. Am Ende war es dann nur die FDP, die die Nerven verlor und durch ihren Verrat am Koalitionsvertrag verhinderte, dass die "sehr unterschiedlichen Partner" auch ihre verbliebenen Zusagen einlösen konnte.
Wandern entlang der Nulllinie
Zufriedenheit lässt sich aller Erfahrung am sichersten herstellen, wenn ein kluges Erwartungsmanagement vorbeugend dafür sorgt, dass niemand sich mehr erhofft als ein trübes, trauriges Weiterso. Der Aufschlag auf dem Boden kommt einem Fallenden vor wie eine Ankunft an. Zumindest geht es jetzt nicht weiter abwärts. Die Wanderung entlang einer Nulllinie kann tröstende Sicherheit vermitteln. Zumindest wird es nicht mehr schlimmer und das ist schon mal sehr viel besser als das Gegenteil.
In einer Zeit, in der die Lumpen und Lügner sich überall breitmachen, erlaubt es die weltweite Großwetterlage nicht, dass Demokraten einstimmen in die Schimpfkanonaden der Feinde der Demokratie. Scheint auch wenig Anlass zu bestehen, frohen Mutes in die Zukunft zu schauen, so ist doch gerade das die Chance, es unverzagt zu tun. Wahren Glauben zeigt nicht, wer kleinlich ist. Wahren Glauben hat, wer an ihm festhält, wenn alle von ihm abfallen.
Kleingeistigkeit abgeschüttelt
Als die Süddeutsche Zeitung vor genau zehn Jahren Europa aufgab und an die Mächtigen appellierte, die "gemeinsame Währung aufzulösen", gab sie sich einem Moment der Schwäche hin. Grundsätzliches sei anzusprechen, hieß es, und zwar ein Problem der Währungsunion, das weit über das damals als ansteckend gefährlich geltende Griechenland hinausgehe: "Sie funktioniert nicht, zumindest nicht in ihrer jetzigen Zusammensetzung."
Der Euro sei "auf Hoffnung gebaut, nicht auf Vernunft". Zeit, der Irrtum einzugestehen und umzukehren von einem Weg, der Fehlsteuerung und Fremdbestimmung bringe und die Völker des europäischen Kontinents gegeneinander aufbringe, statt sie zu einen. Ein mutiger Appell, der in den Korridoren der Macht ungehört verhallte. Und der Süddeutschen eine Erkenntnis einbrachte: Nach oben treten kann nur, wer auf dem Rücken liegt.
"Deutsche Unterwerfungsmaschine"
Anerkennung aber gewinnt, wer nicht verrückte Verschwörungstheorien wie die des "Euro als deutsche Unterwerfungsmaschine" verbreitet und ihn als
"Geheimplan zur Unterjochung des Kontinents" anprangere - einen "Schlieffenplan mit Geld statt Soldaten" hatte ihn die Redaktion genannt. Sondern der, der gute Regierungspolitik noch viel besser erklärt, satt wie besinnungslos gegen Freihandel und Zollfreiheit zu hetzen.
Das Bemühen war seitdem immer da. Die Süddeutsche wandelte sich vom kritischen linksliberalen Blatt zum Sprachrohr des Richtigen, dessen Blick stets von oben nach unten ging. Je mehr sich die politischen Ränder einander unaufhaltsam angenäherten, desto treuer stand die SZ in der Mitte. Neben Annalena Baerbock. An der Seite Robert Habecks. An der Seite der Demokratie und des Fortschritts.
Ein Text wie ein Denkmal
Dort steht der "Deutschland kriegts geregelt"-Text wie ein Denkmal. Spricht es denn nicht für die Lebenskraft eines Systems, wenn es Brücken bauen kann? Etwa zwischen einer Partei, die sich gerade noch entschlossen zeigte, sich niemals mit einer Partei an den Tisch zu setzen, die im Parlament gemeinsam mit in Teilen nachgewiesenermaßen rechtsextremen rechten Kräften abgestimmt hat. Und einer anderen, der die SPD immer zu staats- und schuldengläubig war, zu wachstumsfeindlich und zu bürokratiefreundlich. Kaum nirgendwo gibt es das noch in den gespaltenen Gesellschaften des Westens.
Dass es die Süddeutsche Zeitung war, die zuerst entdecke, wie flott es jetzt zum Aufschwung kommen und wie schnell sich Laune aufhellen wird, ist kein Zufall. In München hören sie das Gras wachsen. In Berlin muss es nur noch geraucht werden. Fünf Tage nach der Duloxetin-Depesche aus dem Süden verkündete auch Friedrich Merz, als Kanzler künftig ein natürlicher Begünstigter der Schreibarbeit der SZ, seine Osterbotschaft: "Nach dunklen Tagen kommt das Licht".
Alarmistische Unkenrufe
Einiges ist freilich noch zu tun, damit es so kommen kann. Der größte Feind jeder Regierung sind halbgare Studien, aus denen Medien alarmistische Unkenrufe fabrizieren. Die Statistik ist die Magd der Zweifler, die aus ihr kaputte Infrastrukturen, kriegsuntüchtige Armeen und schwächelnde Konjunkturzahlen herauslesen. Sobald ein Kabinett die Statistiker im Griff hat, ist der Aufschwung greifbar und rasante Wachstumsraten nebst umfassender Zufriedenheit aller "allüberall" (SZ) sind beinahe garantiert.
Niemand hat die Absicht, Daten zu manipulieren, aber gegen eine zuversichtlichere Einordnung kann niemand etwas haben. Eine Anzahl von 16.000 kaputte Brücken etwa, wie sie in diesen Tagen als Beleg für die prekäre Lage durch die Medienlandschaft geistert, erscheint nur so lange hoch, wie die Zahl ohne Einordnung bleibt. Angesichts einer Gesamtzahl von 130.000 Brücken im ganzen Land realativiert sich die Parole: Bei einer normalen Standzeit von 20 Jahren sind 6.500 immer gerade mit einer Renovierung dran. Wirklich überfällig sind also eigentlich nicht einmal 10.000.
Es sieht so gut aus
So schlecht steht das Land also gar nicht da - es "kriegt" nicht nur "ein paar wichtige Dinge geregelt", sondern sogar dieses im Handumdrehen. Ähnlich entschlossen angepackt, können sich viele Probleme wie von selbst auflösen. Wenn die Entschlossenheit der Süddeutschen Zeitung, die rosa Brille nicht mehr abzunehmen, auf das unter einer Regierung Merz zu erwartende und so lange vermisste Höchstmaß an Staatskunst trifft, kann alles ganz schnell gehen.
Mit einem neuen Förderbeschluss für Elektroautos etwa hätte Deutschland dann nicht nur mehr, sondern sogar deutlich mehr Elektroautoförderbeschlüsse als alle Minister sämtlicher Bundesregierungen seit 1949 an Elektroautos als Dienstwagen gefahren haben. Ein Zeichen, das weithin zu sehen sein wird. Auch Wladimir Putin, der bisher plant, den Angriff seiner Armee auf die westlichen Verbündeten anzuordnen, sobald die Bundeswehr in drei, vier oder fünf Jahren verteidigungsfähig ist, wird nicht umhin kommen, anzuerkennen, dass Deutschland gerade ein paar wichtige Dinge beispielhaft geregelt kriegt. Und umgehend umplanen.
"Anders philosophiert das Pferd über die Peitsche, anders der Fuhrmann"
AntwortenLöschenTheodor Lessing
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Aber: Es dürften sich noch genug Degeneraten finden, welche diesen Mist glauben.
Steht doch in der Zeitung.
<< Die Antifa ist heute in vielen Funktionen praktisch nichts anderes als der verlängerte Arm des Staates, wie die SA nach 1933. Hier wird die Antifa von der Regierung dreckige Aufgaben, die der Staat selbst noch nicht ... >>
AntwortenLöschen------------------------------------------------------------------------------
So ziemlich daneben, und nebenbei: Heil Godwin!
Sogar Hadmut zeigt sich da verständiger, sogar der ...
Wenn ich die Stimmungskanone Ranga sehe, kippt meine Stimmung gleich wieder.
AntwortenLöschenOptimismus versus Pessimismus:
AntwortenLöschenWährend des letzten großen Kriegsertüchtigungswahns der Doidschmichel überlebten die rechtzeitig ausgewanderten jüdischen Pessimisten im Ausland, während die Optimisten, überzeugt, dass es im 1000jährigen Hochkulturvolk sicher nicht so schlimm werden wird, bis auf wenige später befreite allesamt in den KZ endeten.
Pessimismus ist im Zusammenhang mit dummen, launischen Menschen folglich vernünftiger Optimismus.
Selten hat mich etwas so heruntergezogen wie der Artikel von Klonovsky am 13. d.M. - würde bedeuten,
AntwortenLöschendass alles Tun und Sagen vergeblich ist - dass man gegen die kollektive Blödheit (in allen möglichen Manifestationen) nicht an kann.
(Nach Günter Prodöhl "Kriminalfälle ohne Beispiel" war die letzte Hexenverbrennung Ender der 50er
im Hessischen. Hat nicht ganz geklappt - die Hexe kam ins Krankenhaus.)
akademische Minderleister wie der Rangalogwischwahr gehören in die Fischfabrik
AntwortenLöschenDschuwotsch ist bei mir unten durch (Ansage! erst recht) - aber ab und zu doch ein wertvoller
AntwortenLöschenHinweis. Dass Kiesewetter ein Alloholproblem haben soll, hatte ich so gar nicht auf dem
Schirm, aber das würde einiges erklären. Tät es nicht gegen die Schweigepflicht verstoßen,
könnte ich Schoten erzählen ...
Demigod in White retired
Dennis Riehle kann sich seine "Unruhe an der Basis der Union" wohin stecken ...
AntwortenLöschen"Spricht es denn nicht für die Lebenskraft eines Systems, wenn es Brücken bauen kann? " Und Flughäfen, Bahnhöfe, Radwege.
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