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Die Frühstart-Rente ist ein weiterer Schritt zur Rentenwahrheit: Die staatliche Rente ist weder sicher noch wird sie auskömmlich sein. |
Die Rente ist nicht sicher, schon wieder nicht, obwohl erst Grüne, FDP und SPD sie per Gesetz festgeschrieben und für sicher erklärt haben. Bis 2038, schon als das Jahr des endgültigen Kohleausstieges kein Datum wie jedes andere, so bestimmte die später so dramatisch gescheiterte Ampelkoalition, dürfen weder Beiträge so hoch steigen, dass sie alle Renten in der gesetzlich vorgeschriebenen Höhe finanzieren können. Noch dürfen die Renten auf das Maß sinken, das die noch vorhandene Beitragssumme hergibt.
Regelung mit Ewigkeitskraft
Im Grunde eine Regelung mit Ewigkeitskraft, die der Rentenkanzler Olaf Scholz in der Nachfolge von Norbert Blüm als dem bekanntesten Garanten sicherer Renten durchgesetzt hatte. Allein die Mathematik widerspricht den Festlegungen. Deutschland steckt in der demografischen Falle. Immer weniger Beitragszahler müssen immer mehr rentenberechtigte ehemalige Beitragszahler aushalten. Entsprechende Produktivitätsfortschritte vorausgesetzt, wäre das kein Problem.
Doch wie der frühere EZB-Chef Mario Draghi im vergangenen Jahr in seinem Bericht zur Lage der Union dargelegt hatte: Dank eines Dschungels von mehr als 13.000 Gesetzen und Rechtsakten gefunden, mit denen die EU Fortschritt behindert und Bürokratie beständig ausbaut, steigt die Produktivität in Europa nur noch "schwach, sehr schwach" , so dass die Effizienzgewinne nicht ausreichen, dass weniger Arbeitnehmer mehr Ruheständler finanzieren können.
Ein schöner Platz auf der langen Bank
Ein Problem, das eines Tages sehr akut werden wird, bis dahin aber immer wieder einen schönen Platz auf der langen Bank bekommt hatte, dort, wo sich die Suche nach einem Atommüllendlager nun sogar bis 2074 hinziehen soll, damit kein heute lebender Politker mehr jemandem sagen muss, dass es in seiner Nachbarschaft ideal angesiedelt wäre.
Jede neue Bundesregierung betrachtet es interessiert, aber am liebsten aus weiter Ferne. Um so zu tun, als wolle und werde man etwas tun, führte die eine Koalition die "Riester-Rente" ein, die eine Beitragserhöhung nicht sehr ins Kostüm einer "zusätzlichen privaten Altersvorsorge" steckte. Nachfolgende Regierungen reformierten hier und dokterten da an den Prämien und Provisionsmodellen herum.
Kürzungen und Umbuchungen
Keiner aber gelang es, noch arbeitende künftige Rentner davon zu überzeugen, dass der Staat der bessere Investor ist und Riester ein verlockendes Angebot. Die Ampel versuchte es später mit einer Kapitalrente. Das nötige Anlagevermögen sollte mit Hilfe neuer Schulden herbeigeschafft werden. Die Hoffnung war groß, dass die Zinsen auf die Kredite etwas niedriger ausfallen würden als die Rendite der Investition in ein breit gestreutes Aktienportfolio.
Weil aber selbst optimistischste Berechnungen letztlich nur bei einem Zubrot von Kleckerbeträgen landeten, war sogar der marktaffine Finanzminister der Liberalen entschlossen, es erstmal bei zehn Milliarden Euro für den neuen Rentenfonds zu belassen. Das wären 120 Euro pro Kopf der Bevölkerung gewesen. Über ein Leben gerechnet hätte der Ertrag bei um die 800 Euro gelegen. Genug, um eine ganze Woche im Pflegeheim zu bezahlen.
Den Eltern nehmen, den Kindern schenken
Der Koalitionsvertrag der schwarz-roten Koalition, die Deutschland zurück in bessere Zeiten führen wird, wenn die noch 365.000 SPD-Mitglieder dem Votum der 59 Millionen Wahlberechtigten zustimmen, macht nun aber Schluss mit dem Kleinklein. Er enthält nach Recherchen des Magazins "Focus" einen "schon fast revolutionären Plan für die Rente". Der Staat helfe Kindern beim Aufbau einer aktienbasierten privaten Altersvorsorge. Dazu nimmt er den Eltern. Und überweist ein bisschen an die Kleinen zurück.
"Wir wollen für jedes Kind vom sechsten bis zum 18. Lebensjahr, das eine Bildungseinrichtung in Deutschland besucht, pro Monat zehn Euro in ein individuelles, kapitalgedecktes und privatwirtschaftlich organisiertes Altersvorsorgedepot einzahlen", heißt es da zur Erklärung der nun "Frühstart-Rente" genannten Idee, Steuern zum Beispiel von den Eltern der Kinder einzunehmen, um ihnen dann pro Kind "das eine Bildungseinrichtung in Deutschland besucht" zehn Euro zu Sparzwecken zurückzugeben.
Statt Klimageld ein Rentenalmosen
Schon zum 1. Januar 2026 wollen Union und SPD ihre "Frühstart-Rente" BWHF) einführen. Das Geld ist da, der Staat hat gut gewirtschaftet. Nicht zuletzt kann er auf die beim Klimageld eingesparten Milliarden zurückgreifen. Das hatte ursprünglich spätestens zum 1. Januar 2025 an die Bürgerinnen und Bürger ausgezahlt werden sollen, sofort nachdem alle Kontonummer ermittelt worden waren.
Nun verbleibt es aber doch dort, wo es deutlich besser eingesetzt werden kann, wie schon eine Überschlagsrechnung zeigt: Waren die jährlichen Klimageldzahlungen auf Summen von zwischen 130 und 300 Euro pro Person veranschlagt worden, werden die Frühstartrenten-Zuschüsse deutlich günstiger: Eine vierköpfige Familie bekommt im Jahr nicht zwischen 500 und 1.000 Euro, sondern nur 240. Das Ganze nicht ein Leben lang, sondern nur über zwölf Jahre.
Riester III, aber billiger
Anschließend wird das große Förderprogramm für die "auskömmliche Rente" - der Begriff hat auf Vorschlag der Bundesworthülsenfabrik (BWHF) die "sichere Rente" abgelöst - zu einem Projekt Riester III. "Nach dem 18. Lebensjahr kann das Vorsorgedepot weiterhin zum Sparen für die Rente verwendet werden", heißt es im Koalitionsvertrag. SPD und Union gestatten Bürgerinnen und Bürger damit erstmals, Geld am Kapitalmarkt anzulegen, ohne mehr dafür hergeben zu müssen als die Zusicherung, nach derzeitig geplanter Gesetzeslage sollten die privaten Rentendepots "vor staatlichem Zugriff geschützt" sein.
Und alle dort wie bei Riester aus dem versteuerten Arbeitseinkommen angesparten Erträge "bis zur Regelaltersgrenze steuerfrei", wobei Sparer eben auch "erst mit 67 Jahren auf das Geld im Depot zugreifen können", wie erste Experten gelesen haben wollen. Staatliche Zuschüsse wie bei Riester gibt es nicht mehr. Dafür aber die gesetzlich festgeschriebene Zusicherung der Bundesregierung, dass alle auf diese Art angesparten Erträge nur "bis zur Regelaltersgrenze steuerfrei sein" werden. Von einem Zugriffsalter von 67 Jahren steht dort nichts. Wo die Regelaltersgrenze in 60 Jahren liegen wird, weiß niemand. Nur nicht bei 67 Jahren, das ist sicher.
Winzige Beträge, großer Applaus
Doch dass die Koalitionäre die Altersvorsorge mit der "Frühstart-Rente" komplett auf den Kopf stellen, wie Kommentatoren loben, ist sicher. Für winzige Beträge pro Kind - der Staat zahlt zwölf Jahre lang monatlich 10 Euro, also 1.440 Euro insgesamt - bekommt die neue Koalition Schlagzeilen, die sie dafür loben, wie sie "mehr Menschen an den Kapitalmarkt heranführt" und endlich den Start in eine "aktienbasierte, geförderte Altersvorsorge" schaffe. Hurra, die Kapitaldeckung ist da!
Und das mit deutlich weniger staatlichem Geldeinsatz als bisher: Riester-Sparer erhalten im Moment 175 Euro Zuschuss monatlich, nicht für zwölf Jahre, sondern für immer. Dazu gibt es eine jährliche Kinderzulage von bis zu 185 Euro pro Kind, das vor 2008 geboren wurde, oder sogar von bis zu 300 Euro pro später geborenem Kind. Das summiert sich auf mehr als 10.000 Euro über ein ganzes Sparerleben.
Kein einziger Cent macht reich
Selbst Gazetten, die Kapitalmärkte und Aktien aus ideologischen Gründen rundheraus ablehnen, kommen angesichts der radikalen Kürzungen bei den staatlichen Hilfen zur privaten Altersvorsorge ins Schwärmen. Wenn nichts weiter mit den schmalen 1.440 Euro pro Kind passiere, "also kein einziger Cent neu im Depot eingespart werden, dann sammeln die 2.729 Euro einfach weiter Zinsen und Zinseszinsen ein", hat die Frankfurter Rundschau errechnet.
Bei acht Prozent Rendite im Jahr habe der Sparer mit 67 Jahren dann 135.765 Euro auf dem Konto. Bei einer konservativeren Berechnung mit sechs Prozent Rendite seien es sogar 44.203 Euro.
Ein Mann des spitzen Rechenstifts
Friedrich Merz, als Manager bei Blackrock ein Mann des spitzen Rechenstiftes, darf zufrieden sein mit dem Echo, das seine Idee einer endgültigen und dauerhaften Auslagerung der staatlichen Verantwortung für eine auskömmliche Rente findet. Niemand kritisiert, dass es ein CDU-Chef ist, der die einstige Zusage der sicheren Rente für alle, die Beiträge gezahlt haben, abräumt, und sie ersetzt durch das Versprechen, wer zusätzlich privat vorsorge, müsse keine Angst vor Altersarmut haben.
Merz zeigt sich als Meister der politischen Verstellung: Wo sein Vorgänger Scholz von "Respekt" schwatzte und es nicht wagte, einen Offenbarungseid zur Zukunft der Rente zu leisten, vermeidet Merz ihn, indem er so tut, als sei schon lange klar, dass das Geld weg ist und nur noch mehr Geld hilft, privat aus versteuertem Einkommen gespart, die auskömmliche Rente sicherzustellen. Die dann keine mehr ist, sondern Ertrag von privatem, Verzicht zugunsten privater Rücklagen.
Für die eigene Kasse
Merz hat sofort erkannt, dass weniger hier mehr ist, mehr vor allem für die eigene Kasse. Es geht nicht um Alterssicherung. Wichtig ist vielmehr nur der Eindruck, dass es darum gehe. Rein rechnerisch spielen die zehn Euro Staatszuschuss für einige ausgewählte Kindheitsjahre für die Rente überhaupt keine Rolle. Doch medial produzieren sie die erhofften Schlagzeilen darüber, wer bald "massiv profitieren" werde und wie zehn Euro im Monat ein Land überreich zu machen versprechen.
Norbert Blüm, der die Renten durch eine Absenkung des Rentenniveaus von 70 auf 64 Prozent hatte sichern wollen, würde staunen: Heute liegt das festgeschriebene Niveau bei 48 Prozent und die Deutschen sind glücklich, dass ihnen auch die nächste Regierungskoalition wieder verspricht, dass sie eine Lösung gefunden habe, die auf mehr Selbstverantwortung setzt. Wer im Leben nur 450.000 Euro in die Rentenklasse einzahlt wie der deutsche Durchschnittverdiener, kann nach 45 Arbeitsjahren nicht mit einer üppigen Rente rechnen, wenn alle im Durchschnitt zu alt werden.
Überzeugungskraft der Arithmetik
Die "Frühstart-Rente" vertraut auf die Überzeugungskraft der Arithmetik: Würde das in den Jahren seiner Schulzeit so großzügig mit zehn Euro im Monat bedachte Kind seine guten Gaben ein langes Arbeitsleben lang angelegt lassen, wären nach 60 Jahren etwa 9.000 daraus geworden. Die durch eine durchschnittliche Inflationsrate von zwei Prozent verursachten Kaufkraftverluste - der Durchschnitt der zurückliegenden 50 Jahre - schmilzt den eigentlichen Wert des stolzen Gesamtvermögens gerechnet in heutigen Preisen allerdings auf nur noch 2.700 Euro ab. Aber immerhin: Ein ganzer Monat Pflegeheim, einfach bezahlt aus den Ersparnissen, die der Staat geschenkt hat.
Und die stolze Summe, sie lässt sich noch deutlich erhöhen, wenn der SchuKo-Plan aufgeht, dass sich Bürgerinnen und Bürger für die "Rentenrevolution" (Focus) begeistern lassen. Wer von der knappen Hälfte seines Arbeitseinkommens, das ihm nach Steuern und Abgaben übrigbleibt, selbst weiter emsig in ein Frühstartrenten-Depot einzahlt, wird richtig reich.
Zwei Jahre Pflegeheim
Nach den 12 Jahren, in denen Friedrich Merz und Lars Klingbeil das Debot füttern, spart das Kind weitere 50 Jahre lang monatlich 10 Euro, also 6.000 Euro zusätzlich. Nach 62 Jahren hat sich das angesparte Vermögen auf einen Wert von etwa 190.000 Euro vermehrt, eine konservative nominale Rendite von 8 Prozent pro Jahr zugrundegelegt, wie sie den langfristigen Durchschnitt vieler Märkte in den zurückliegenden 50 Jahre repräsentiert. kaufkraftbereinigt wären das um die 60.000 Euro - umgerechnet zwei jahre Pflegheim.
Würden alle Rentenbeiträge am Kapitalmarkt angelegt, käme der durchschnittliche Einzahler nach 45 Arbeitsjahren auf etwa 3,5 Millionen Rentenguthaben.
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