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"Ich dachte sofort an einen Comic", sagt der junge Maler Kümram über seine Interpretation der Sondierungsgespräche über die Sondervermögen. |
Eine kurze Schwangerschaft, wegen der anderen Umstände. Aber was für ein kräftiges Baby! Die Vertreter von Union und SPD waren kaum in den Hinterzimmern verschwunden, das erschienen sie bereits wieder, allesamt verkleidet als Weihnachtsmann, abgesehen von Saskia Esken, die als Weihnachtsfrau verkleidet war. Die Repräsentanten der kommenden "kleinen Koalition" (Ricarda Lang) hatte jede Menge Geschenke mitgebracht: Für die Bundeswehr und für die Steuerzahler, für die Mütter und die Kinder, für die Schuldenbremse und den Wohlstand, für das Weltklima, die Wirtschaft, für die Infrastruktur und den Sozialstaat.
Das Alte beiseitegefegt
Endlich ist wieder genug für alle da, endlich wird beiseitegefegt, was Deutschland seit Jahren hemmt und daran hindert, wieder das Land zu sein, für das es sich hält. Vorbild, Freund und Verbündeter, Fluchtburg, Hort der Haushaltsstabilität und ein Sozialstaat, der denen, die es brauchen, mehr gibt, als er denen nimmt, die genug haben. Noch ist nicht alles bis auf die letzte Milliarde durchgerechnet, noch stehen Verhandlungen über die Details aus. Doch der Fahrplan steht: Das Grundgesetz wird renoviert, mindestens zwei Sonderschuldentöpfe ("Sondervermögen") werden außerhalb des Haushalts grundrechteschonend geparkt, die Bundeswehr bekommt wenigstens 400 Milliarden Euro, Brücken, Schulen, Straßen und Geleise dürfen auf 500 Milliarden hoffen. Festtage für die Käufer von Staatsanleihen, die viel frisches Geld brauchen werden, um noch mehr Kupons schneiden zu können.
Der frische Geldregen zeigt: Diese Koalition ist eine Ampel ohne Bremsen. Binnen von nur zwei Wochen ist das Ziel, den Staat aufzuräumen, ihn schlanker und schneller zu machen, mit weniger Vorschriften, weniger Behörden und flotteren Entscheidungsprozessen, in die vierte Reihe gerückt. Kein Spardruck wird in den kommenden Jahren mehr Reformen erzwingen, kein zu kurzes Betttuch Zwangslagen produzieren, wenn es hier nicht reicht, weil es dort nicht langt. Mit der Zukunft als offener Schatzkiste lässt sich doch ganz anders wirtschaften als beengt von regulären Haushaltsgrenzen.
Mit tiefen Taschen
Die Taschen sind tief, die Kosten gering. Zweifellos wird die Geldwertstabilität ein wenig leiden, aber allzuweit her ist es damit ohnehin schon lange nicht mehr. Neue Schulden in einer Größenordnung, die alles übertrifft, was Menschen sich in den zurückliegenden 80 Jahren hätten vorstellen können, erhöhen das Risiko einer Inflation, doch die Europäische Zentralbank (EZB) steht bereit, die Zinsen unabhängig von jeder politischen Einmischung je nach Bedarf zu senken. Europa muss jetzt stark sein, und ein starkes Europa gibt es nur mit einem Deutschland, das seine falsch verstandene fiskalische Disziplin sausen lässt.
Die Alten wollen es, die jungen Nachschuldner rufen schon längst nach der neuen Freiheit, alles anschreiben lassen zu dürfen. Wen stört der dicke Deckel, wenn die Party schön war? Dass das Vertrauen der Finanzmärkte erschüttert wird, steht nicht zu befürchten: Andere Staaten, so hat Olaf Scholz schon im Wahlkampf argumentiert, lebten mit noch viel weniger wirtschaftlicher Substanz schon lange noch viel ungenierter auf Pump. Und weil das viele frische Geld ja nicht nur gedruckt und einmal ausgegeben werden, sondern anschließend auch noch von denen angelegt werden muss, bei denen es schlussendlich gelandet sein wird, haben die Börsenindizes ihre besten Zeiten noch vor sich.
Der Dax geht auf 100.000
Vor 17 Jahren stand der deutsche Aktienindex Dax bei knapp 5.000 Punkten, heute sind es 23.000 und 2040 wären es bei ganz normalem Verlauf schon über 100.000. Mit dem Sonderschuldenturbo dauert es vielleicht nicht gar so lange, um 450 Prozent Gewinn zu machen: Knappe zehn Prozent Rendite reichen schon, um den Lauf seit 2008 zu wiederholen. Bei zwölf Prozent dürften sich Anleger schon auf einen Anstieg auf knapp 160.000 Punkte freuen.
Natürlich, die höheren Zinszahlungen von bis zu einem Bundeswehr-Sondervermögen des alten Scholz-Volumens im Jahr, werden den Haushalt belasten und die Spielräume der Bundesregierung einschränken, noch mehr Gutes zu tun. Doch im Streit der Ideologien um die gemeinsame Sicherheit blieb Union und SPD kein anderer weg zur Vereinigung der diametral entgegengesetzten Vorstellungen, als beiden Seiten alle Wünsche zu erfüllen.
Die Kunst des Kompromisses
Jetzt kommt es ohnehin nicht mehr drauf an, Kompromisse zu schließen, bei denen niemand Abstriche machen muss. Wer will noch was, wer hat noch nichts? Die ersten Kritiken zeigen, dass Mediendeutschland hinter dem Wagnis steht, diese letzte Karte jetzt auszuspielen. Haken sich die "abgewirtschaftete SPD" (FAZ) und die offensichtlich von ihrem eigenen Wahlsieg vollkommen überraschte Union nicht auf diese weise unter, gibt es keine andere. Und ohne das von den weitsichtigen Grünen gepredigte "Zusammen" übernimmt 2029 die einzige, fürchterliche Alternative ein ruiniertes Land, dessen Bürgerinnen und Bürger auch noch den letzten Rest Vertrauen in die demokratische Mitte verloren hat.
So hat es CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz im Wahlkampf immer wieder an die Wand gemalt. So ist jetzt der Plan. Mit der Unausweichlichkeit, die aus der Gefangenschaft in der Vorstellung wurzelt, dass nur immer mehr vom Gleichen hilft, wenn es bisher nie geholfen hat, sichern sich die neuen alten Koalitionspartner noch eine letzte Party vor dem Abgang. Es gibt keinen Plan, abgesehen von dem, grundlegende ideologische Differenzen durch Kredite zu lösen. Es gibt keine Idee, harte Prioritäten zu setzen, sondern von Brücken über Panzer bis Bildung und Bahn ist alles priorisiert. Konflikte werden vermieden, der langfristig zu zahlende Preis ist heiß, aber er wird nicht heute fällig und auch nicht morgen.
Viel wird umbenannt
Eine wichtige Rolle beim Marketing der kommenden Erfolge soll die Bundesworthülsenfabrik (BWHF) spielen. Die Oberbehörde mit Dienstsitz tief unter dem Bundeskanzleramt hat empfohlen, das "Bürgergeld" in "Neue Grundsicherung" umzubenennen, Zurückweisungen an der dicht gemachten Grenze werden Pflicht, soweit die EU-Nachbarstaaten zustimmen, und selbst beim europaweit mit Macht angeschobenen Kampf gegen die Bürokratie ist der Einsatz der Nagelscherebürste nicht ausgeschlossen. "Wir wollen unseren Staat wieder leistungsfähig machen durch eine grundlegende Modernisierung, Reformanstrengungen, einen umfassenden Rückbau der Bürokratie und durch Digitalisierung", haben die Verhandler im Sondierungspapier festgeschrieben.
Es handelt sich nicht von ungefähr um ein Zitat des angesehenen Ökonomen Marcel Fratzscher aus dem Jahr 2015, damals als guter Rat an Griechenland gemeint, das Fratzscher aufforderte, Sonderwirtschaftszonen einzurichten, "in denen Unternehmen viel freier und unabhängiger von der ineffizienten und überbordenden griechischen Bürokratie investieren könnten".
Soweit geht die kleine Koalition nicht, sie plant vielmehr eine Neuauflage der Vergrämung von Sozialhilfeempfängern, die sich in den 90er Jahren in Ostdeutschland bewährt hat. Wer nicht arbeiten will oder kann, soll wenigstens regelmäßig in Qualifizierungsmaßnahmen geparkt werden, Die beim Versuch, Arbeitslose in den Wirtschaftsprozess zu reintegrieren weitgehend erfolglos, sollen "gestärkt" werden, um Arbeit inmitten von Fachkräftemangel und höchster Arbeitslosigkeit seit 15 Jahren "attraktiver" zu machen.
Mit dem Schinken nach der Wurst
Für die "hart arbeitende Mitte" (Lars Klingbeil), die das alles bezahlen soll, gibt es eine abgesenkte Einkommensteuer, für Mieter und Hauseigentümer abgesenkte Strompreise, für Mindestlöhner eine Erhöhung um 20 Prozent und für Besserverdienende eine neue Kaufprämie für Elektroautos. Wer sich trotzdem keines leisten kann, der darf sich auf eine höhere Pendlerpauschale freuen. Unternehmen bekommen staatliche Subventionen, um die hohen Energiekosten nicht mehr selbst tragen zu müssen. Arbeitnehmer verlieren das derzeit noch verbriefte Recht auf einen Achtstundentag, um flexibler zur Verfügung zu stehen, wenn der Wind weht und die Sonne für den Strom keine Rechnung schickt. Vorgesehen ist außerdem, dass die
Sozialversicherungsbeiträge "Richtung 40 Prozent" sinken sollen, um die
Nettoeinkommen zu erhöhen.
Woher das Geld kommen soll, ist unklar, das Ziel aber klar: Mit dem Schinken nach der Wurst werfen und mit einer Neuverschuldung, die im ersten Regierungsjahr von Schwarz und Rot bei etwa 3,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes liegen wird, hoffentlich ein Wachstum von über einem Prozent herbeizufinanzieren. Das Strohfeuer, auf das Merz und Klingbeil, Dobrindt, Scholz und die als Anstandsdame anwesende Saskia Esken hoffen, soll der seit zweieinhalb Jahren "schwächelnden" (Habeck, DPA, Tagesschau) Wirtschaft neuen Schwung verleihen und sie in die Lage versetzen, sich anschließend wieder selbst in Gang zu halten. Statt harter Entscheidungen setzt man auf hartes Geld, das es noch nicht gibt, das aber verspricht, deutlich weicher zu sein, wenn es eintrifft.
Wachstum ohne Zukunftsindustrie
Union und SPD gehen davon aus, dass daraus dann auch ohne Zukunftsbranchen ein nachhaltiges Wachstum wird, so dass zukünftige Generationen den Schuldenberg abtragen können, ohne weitere Wohlstandsverluste zu erleiden. Gelingt das nicht, werden spätere Steuererhöhungen für WStbeitnehmer und Unternehmen die Folge sein, dazu stehen dann Sozialkürzungen auf dem Programm, der Staat wird schließlich beginnen müssen, sogar bei sich selbst zu sparen.
Der
Kreditrausch schafft so kurzfristig die Illusion von Wohlstand, er wird
aber langfristig die Stabilität untergraben, wenn das Wunder ausbleibt.
Griechenland, vor zehn Jahren mit Hilfe zahlreicher milliardenschwerer
"Rettungspakete" kreditfinanziert gerettet, kam am Ende nicht um die schmerzhaften Einschnitte herum, die eigentlich hatten vermieden werden sollen, um den sozialen Frieden und die Gemeinschaftswährung nicht zu gefährden. Am Ende wurde alles deutlich teurer, weil kein Problem gelöst, sondern nur in die Zukufnt verschobe worden war.
Soll das heißen, dass die Schrippe dann 250 Euro kostet? - Na wenn sie kein Brot haben, sollen sie doch iPad essen!
AntwortenLöschenWer erinnert sich noch?
Die Doidschmichelochsen werden in einem von Rohbääärts Kindermärchenbüchern wohl einen ausgestorben geglaubten Goldesel wiederentdeckt haben, der sie fortan pausenlos mit Dukaten zuscheißen wird.
AntwortenLöschenLängst leben viele Normalos im Pomp auf Pump, der privat meist nicht zurückgezahlt werden kann und dann der Allgemeinheit in Rechnung gestellt wird.
80% der 'mündigen' Wahlbürger wollen es seit vielen Jahren genau so!
Das ist eine Symbiose aus Ochlokratie und Idiokratie.
Die eigene Brut treiben sie ab und importieren dafür Ersatz aus Takatukaland.
Der anständige Kluge muss dafür bezahlen oder auswandern.
Aber wohin, wenn menschliche Dummheit die schlimmste globale Pandemie ist?
Das ist, als hätten Annalena, Robert und die Dicke irgendwie doch die Wahl gewonnen und wären gemeinsam bundeskanzelnd.
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