Dienstag, 7. Januar 2025

Mehr Medienmacht als Musk: So viel mal X besitzt die SPD

Die SPD erreicht mit ihren Medienbeteiligungen täglich fast sieben Millionen Menschen - deutlich mehr als Elon Musk mit seinem Portal X.

Zuletzt legte sich die SPD auch noch eine SPD-Zeitung zu. Die Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft (DDVG), der Medienarm der deutschen Sozialdemokratie, verkaufte die Dresdener DDV Mediengruppe und damit die in Dresden erscheinende Sächsische Zeitung an die Verlagsgesellschaft Madsack, den Eigentümer der Leipziger Volkszeitung. Praktischerweise ein Unternehmen, an dem die frühere Arbeiterpartei über ihr Medienbeteiligungsunternehmen DDVG mit einem Anteil von 23,1 % größter Anteilseigner ist.  

Die Hälfte ist sozialdemokratisch

In Sachsen, dem demokratisch prekären Ost-Bundesland mit dem überaus üblen Ruf, ist die SPD damit nach wie vor Miteigentümer bei drei der sechs noch erscheinenden Tageszeitungen. Doch demokratietheoretisch gibt es kein Problem. Vielmals haben SPD-Führungen versichert, dass sie sich der "inneren Pressefreiheit verpflichtet" fühle und es vermeide, beherrschenden Einfluss auszuüben. Vermutlich um der Versuchung zu widerstehen, hält die DVVG "in der Regel" Minderheitsbeteiligungen an großen und kleinen Zeitungshäusern. 

Ausnahmen bestätigen die Regel, aus alter Tradition hält die SPD nicht nur an ihrem Zentralorgan "Vorwärts" fest, sondern sie baute ihr Mediengeschäft auch aus. Nicht immer war ihr das Glück hold, nicht jeder kluge Trick ging auf und auch die unter Parteichef Martin Schulz angeschobene Expansion nach China brachte am Ende nichts ein außer einer blutigen Nase.

Im Bauch der Parteipresse

Mehr als um Geld ging es der Führung der Sozialdemokratie aber immer um Einfluss. Während CDU und Grüne ihre Pressesprecher bei "Spiegel",  Taz und Gemeinsinnfunk finden, rekrutiert die SPD nicht nur, aber auch im warmen Bauch der parteinahen Presse. Vom politischen Berlin aus füttern die Seitenwechsler dann die Zurückgebliebenen, etwa über das im Regierungsviertel als "Reichsnachrichtendienst" (Taz) verspottete Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), das von Madsack im roten Stammland Niedersachsen betrieben wird und nach eigenen Angaben tagtäglich mehr als 60 Tageszeitungen mit einer Gesamtauflage von mehr als 2,3 Millionen Exemplaren und einer Gesamtleserzahl von rund 6,8 Millionen Menschen mit korrekt interpretierter Wirklichkeit versorgt.

Der politischen Konkurrenz war das lange ein Dorn im Auge. Dass die Medienmacht der SPD gebrochen werden müsse, weil das eigene Verlagsimperium der Sozialdemokratie allein über die ihr direkt zuzurechnenden Tageszeitungen auf einen Marktanteil am bundesdeutschen Tageszeitungsmarkt in Höhe von 3,4 Prozent komme, darüber herrschte unter Konservativen wie Liberalen lange Konsens. 

Zwar hatten Schwarz und Gelb immer ihre eigenen Zugänge zu den Plattformen, über die das Volk informiert wird. Doch als Nummer 8 im deutschen Zeitungsmarkt nach Gesamtauflage ist die DDVG  ein Mitspieler, der allein über seine Tochter Neue Westfälische viermal so viele Menschen erreicht wie Elon Musk mit seinem umstrittenen Gastartikel in der "Welt".

Angeschlossene Kritikerriege

Allerdings ist die Doppelrolle der SPD als politischer Akteur mit angeschlossener eigener Kritikerriege sehr viel weniger Gegenstand aufgeregter Debatten um notwendige Enteignungen, es gibt keine Rufe nach einer härteren Kontrolle der DDVG durch die EU und die Allgegenwart von RND-Chefin Eva Quadbeck bei "Maybrit Illner", "Hart aber fair", "Markus Lanz" und "Maischberger" ist akzeptierter Teil der deutschen Fernsehunterhaltung.

Dabei ist die Parteiräson beim RND eigentlicher Chefredakteur: Obwohl sich die Redaktion erst kürzlich unter lautem Wehklagen von der Hassplattform X zurückzog, führt sie weiterhin Feindbeobachtung durch. Als der CDU-Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter jetzt behauptete, dass Olaf Scholz einen Wahlkampfauftritt in Moskau plane, gemeinsam mit Wladimir Putin, erschien beim RND selbstverständlich das Dementi der Parteispitze als erste Meldung.

Mehr Medienmacht als Musk

Musks Plattform X hat in Deutschland geschätzte zwölf Millionen Nutzer, nach mehreren großen Abmeldungswellen seit der Übernahme durch den enigmatischen Entrepreneur dürften tatsächlich aber nur noch wenige hundert Menschen im Land das frühere Twitter nutzen. Rein rechnerisch erreicht die SPD dank RND und Zeitungen wie der Frankenpost, der Neuen Presse, der LVZ und der Sächsischen Zeitung Millionen Adressaten mehr. 

Vom Missbrauch von Medienmacht aber ist nicht einmal in den verbliebenen früher konservativen Blättern die Rede, wenn nach Möglichkeiten gesucht wird, unfaire Wahlwerbung durch Interessengruppen zu unterbinden, die ihnen durch unlautere Eigentumsrechte gegebenen Zugriffsmöglichkeiten auf mediale Streudosen ausnutzen

Andreas Audretsch, der Wahlkampfleiter der grünen Habeck-Kampagne, hat die Benachteiligung von Parteien ohne eigenes Medienimperium bereits laut beklagt und Maßnahmen geforetrt. Es brauche "Begrenzung von Macht", schireb er auf X, der Hassplattform, auf der zum ersten Mal überhaupt der komplette deutsche Wahlkampf stattfindet. Mögen die Sozialdemokraten die vier, fünf oder sechs Millionen auch gut gebrauchen können, die in guten Jahren von der DDVG in die Parteikasse fließen: "Kein Geschäftsmodell", so Audtetsch, "darf unsere Demokratie zerstören, Europa muss seine Macht nun konsequent nutzen."

7 Kommentare:

  1. >> "Hart aber fair", "Markus Lanz" und "Maischberger" ist akzeptierter Teil der deutschen Fernsehunterhaltung.

    Ich versteh unter Fernsehunterhaltung eher Eberhard Cohrs, Herricht & Preil, Edgar Külow oder Gert E. Schäfer und kann die o.g. Sendungen keinesfalls als Unterhaltung akzeptieren, auch wenn deren einziger Inhalt Unterhaltung oder Monolog sind. Die Schlager des Monats oder ein oberfränkischer Bauernschwank lasse ich auch noch als Unterhaltung durchgehen. Den Tatort oder Bundesliga hingegen nicht, Frauenfußball auch nicht.

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  2. TrumpeltierJanuar 07, 2025

    Solange der Rudelmechanismuspöbel im Balaballa- und Trallalarausch es nicht kapiert, kann der aktuelle Sklavenhalter-Sozialismus doch weiter Scheinheils-Party feiern.

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  3. Von einem Medienkonglomerat (Konglomerate sind immer die Bösen) namens Madsack ('verrückter Sack') kann ja nichts guten kommen.
    Ich erinnerte mich dunkel, dass Tichy vor Jahren daraus mal eine seiner eher dünnen Suppen gekocht hat.
    'Kein Kampf' lol, nicht schlecht, Niggemeier.
    https://uebermedien.de/35556/kein-kampf-roland-tichy-macht-sich-zum-opfer/

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  4. >Rudelmechanismuspöbel

    Hobbyrudelwissenschaftler & Abbafan Dr. Danisch hat die Rudelfunktion von Musik bisher leider bei seinen interdisziplinären Betrachtungen dazu außen vor gelassen. Naja, ist sein Steckenpferd, nicht meins.

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  5. @anmerkung. du ewiggestriger

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  6. Ein Pfund nackend ist auch Unterhaltung, womöglich aber auch ewiggestrig.

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  7. Kurz nach der "Wende", die fränkische Verwandtschaft eines Kumpels bei ihm zu Besuch (jeweils von Ostvertriebenen stammend): "Die CDU musste wählen, weil, die haben das Geld!" - heilige Einfalt.
    Ich wollte erst ... habe mich dann aber mit einem höhnischen Grinsen begnügt.

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