Donnerstag, 26. Dezember 2024

Verdacht auf Vorrat: Wie die SPD mit Magdeburg Wahlkampf macht

Persönlichen Terrordrohungen des Arztes aus Sachsen-Anhalt konnte Bundesinnenministerin Nancy Faeser nicht nachgehen, weil die Vorratsdatenspeicherung fehlt.

Es dauerte keine 48 Stunden nach der Todesfahrt von Magdeburg, da war das politische Berlin zurück im Normalbetrieb. Taleb Al Abdulmohsen hatte sich nicht, wie in den ersten Augenblicken noch instinktiv befürchtet, als Syrien-Flüchtling aus den Zustromjahren nach 2015 herausgestellt, sondern als treuer Staatsangestellter, der der Justiz über Jahre bei Resozialisierung und Integration von Straftätern geholfen hatte. Seine Opfer waren nicht religiösem Wahn zum Opfer gefallen, sondern rechtsextremer Verblendung.  

Ein großer Trost

Ein großer Trost, gerade so kurz vor dem Weihnachtsfest. Es gab keinen Grund mehr, schnelle Aufklärung zu fordern, mit Schuldzuweisungen abzuwarten oder gegen den Terror auf die Straßen zu gehen. Wie am Schnürchen lief die Terrorroutine ab: Auf die "Meine Gedanken sind bei den Opfern und ihren Familien"-Botschaften folgten Zusicherungen, dass "jeder Stein umgedreht" und "die ganze Härte des Gesetzes" angewandt würden. Statt Wut aber dürfte bis dahin nur Trauer gefühlt werden. Alles andere nutze den Falschen.

Unmittelbar danach begann die Instrumentalisierung. Für ihren Wahlkampf griff Bundesinnenministerin Nancy Faeser auf die vor dem Europäischen Gerichtshof schon mehrfach gescheiterte Idee einer vollständigen Überwachung der Kommunikation der Bürgerinnen und Bürger durch die sogenannte Vorratsdatenspeicherung zurück. 

Die Morde des Al Abdulmohsen hätten verhindert werden können, wenn es den Sicherheitsbehörden erlaubt gewesen wäre, die Online-Aktivitäten des Arztes aus Sachsen-Anhalt aufzuzeichnen und zu kontrollieren, argumentiert die Sozialdemokratin, die nach dem islamistischen Messeranschlag in Solingen mit einem umfassenden Messerverbot reagiert hatte. 


Ende des medialen Messerrausches

Recht zügig war es so gelungen, den sich zuvor unablässig aufschaukelnden medialen Messerrausch zu beenden und zur Tagesordnung überzugehen. Die Messerverbotszonen und ein erneut verschärftes Waffenrecht aus dem sicherheitspolitischen Maßnahmenpaket gaben den Behörden vorübergehend ausreichende Befugnisse, absolute Verbote für Messer ab vier Zentimetern Klingenlänge "an kriminalitätsbelasteten Orten wie an Bahnhöfen" einzuführen. Um Verdächtige am Versuch zu hindern, ungeachtet der Rechtslage zu "Volksfesten, Sportveranstaltungen und ähnlichen öffentlichen Veranstaltungen" (BMI) mitzunehmen, erhielt die Bundespolizei das Recht, verdachtsunabhängige Kontrollen durchzuführen."

Nancy Faeser selbst hatte im Zuge der Abschiebekampagne des Bundeskanzlers erst im August 28 Straftäter nach Afghanistan ausfliegen lassen. "Zeitnah" sollten in Kürze weitere sogenannte "Abschiebeflüge" folgen. Das konnte nur durch die höhere Dringlichkeit der Bekämpfung der neuen "Messergewalt" verhindert werden, die es ab Spätsommer vordringlich zu besiegen galt.

Der Aufbau eines Polizeistaates, der die Sicherheit aller überall jederzeit gewährleisten kann, war damit aber noch nicht am Ende. Da der Attentäter von Magdeburg aus seinen Absichten kein Hehl gemacht hatte, selbst mit direkt an die Bundesinnenministerin gerichteten Drohungen aber keine Reaktion der Behörden zu provozieren vermochte, sehen Wahlkämpfer von Union bis SPD jetzt eine reelle Chance, sich den alten Traum von der Überwachungsgesellschaft nach russischem Muster doch noch zu erfüllen.

Traum von der Überwachung

Was Sigmar Gabriel nach den NSU-Morden versucht hatte und was Heiko Maas nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes nur kurz hatte reanimieren können, soll im Schockmoment nach dem Anschlag in Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt Wirklichkeit werden. Noch vor der Neuwahl im Februar 2025 will Nancy Faeser die verdachtsunabhängige Speicherung von IP-Adressen beschließen lassen. Die bisher so glücklos agierende Sozialdemokratin weiß, dass Politik jede Krise nutzen muss, um die eigenen Pläne zum Umbau der Gesellschaft voranzutreiben. 

Die Gelegenheit war selten so günstig. Zwar wollen die Grünen als letzter Partner der SPD in der Fußgängerampel-Koalition nicht mitspielen beim weiteren Abbau der Bürgerrechte. Doch die künftigen Koalitionspartner in CDU und CSU wollen die Vorratsdatenspeicherung schon genauso lange wie die frühere Arbeiterpartei - und ein gemeinsamer Beschluss wäre ein erster fester Händedruck auf dem Weg in die nächste Legislaturperiode. 

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hat Nancy Faeser schon die Unterstpützung der Union bei Ausweitung der verdachtslosen Überwachung aller signalisiert: "Wir fordern seit langem, dass die Arbeit der Ermittlungsbehörden erleichtert werden muss", teilte er mit. Da Faeser Antworten auf ihre eigenen Posts in den sozialer Plattformen nicht lesen könne, müssten die Plattformbetreiber "verpflichtet werden, bei Verdachtsfällen stärker mit den Strafverfolgungsbehörden zu kooperieren."

Passende Argumente

Die Wissenschaft steht wie immer mit passenden Argumenten parat. Die Terrorismus-Experten, die in der Nacht nach dem Anschlag noch wussten, dass da gerade ein IS-Kämpfer auf Anweisung aus Syrien zugeschlagen hatte, wissen nun genau, dass die Speicherung seiner IP-Adresse den gut integrierten Facharzt mit Sicherheit abgeschreckt hatte. Auch die Medien applaudieren dem "Sicherheitspaket". Nicht zuletzt, weil es nur durch die Verweigerung der FDP auf seinem Weg zum nächsten Gerichtstermin gestoppt worden war. 

Mag Taleb Al Abdulmohsen aus seinem Herzen auch nie eine Mördergrube gemacht und die Bundesinnenministerin ebenso wie Gerichte wie Polizei persönlich über seine Absichten informiert haben. Dennoch wäre es sträflich leichtsinnig, seinen Anschlag auf die arglosen Menschen auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt nicht als Gelegenheit zu begreifen, endlich alle Bürger als potenzielle Gefährder zu begreifen und dauerhaft im Blick zu behalten. 

Keine konkrete Gefahr

Nicht jeder von ihnen wird seinen "schrecklichen Anschlag" (Nancy Faeser) schließlich immer direkt bei der zuständigen Fachministerin ankündigen. Nicht jeder wird bei einer Gefährdungsbeurteilung des Bundeskrimininalamtes so gut abschneiden wie Abdulmohsen. Und nicht jedem würde die Bundespolizei attestieren, dass von ihm keine "konkrete Gefahr" ausgeht. 

Wenn also "in den Ermittlungen nach dieser furchtbaren Tat genaustens geprüft" (Konstantin von Notz) worden ist, dass die Toten und Verletzten von Magdeburg Opfer der fehlenden Möglichkeit zur Vorratsdatenspeicherung wurden, werden mit voller Transparenz "umfassende Konsequenzen gezogen und danach die Sicherheitsbehörden gestärkt, um die richtigen Lehren zu ziehen."

3 Kommentare:

  1. Der angeblich Arzt hat ihnen Daten hingeworfen, die Saudis haben ihnen Daten hingeworfen, und Faesers Maschinerie hat abgewunken. Da braucht man keinen Extravorrat an Daten.

    P.S. nach einer Schnelldiagnose anhand Faesers Gesichtsausdruck empfehle ich DuoLax zu Behandlung

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  2. « – »Vergessen Sie nicht das rassische Moment«, ergänzte Knack, »die wertmäßigen Unterschiede der Völker, die rassischen Triebkräfte …« --- Studienassessor Knack: Die Abenteuer des Chaim Noll ...

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  3. Überhaupt kein Grund, zu jauchzen und zu frohlocken. Die ziehen ihr Ding durch. Demnächst geht es denjenigen, wenigen, die noch halbwegs die Nadeln an der Tanne haben, ans Fell. Vorratsdatenspeicherung + Gummiparagraphen.

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