In Erfurt schickt sich eine neue große Koalition aller Parteien außer einer an, die Regierungsgeschäfte zu übernehmen. |
Es reicht nicht, es reicht nicht einmal mit Hinternzusammenkneifen, Gebeten und der Hoffnung darauf, dass es mangels Alternative reichen muss. 44 Stimmen haben CDU, Bündnis Wagenknecht und SPD im Thüringen Landtag, eine zu wenig, um CDU-Chef Mario Voigt zum Ministerpräsidenten zu wählen. Die Thüringer Wählerinnen und Wähler wollten es so, nach endlosen Jahren unter einem linken Ministerpräsidenten, der ohne Mehrheit regierte, sollte auch der Nachfolger sehen, wie er klarkommt.
Ein Blick auf die Bundesperspektive
Er kommt. Voigt hat seine CDU mit den Resten der SPD verbandelt, einer Partei, die es bei der Landtagswahl gerade noch so über die Fünfprozent-Hürde geschafft hatte. Als zweiter Partner wurde die neue Wagenknecht-Partei verpflichtet, eine völkische Friedenskraft, die vom Osten aus darangeht, die Bundespolitik aufzurollen. Kommt es, wie es Parteigründerin Sahra Wagenknecht und ihr Mann Oskar Lafontaine geplant haben, steht das BSW nach dem 23. Februar bereit, jeder Art von Koalition im Bund zu einer Mehrheit zu verhelfen.
Ungeachtet aller aufgeregten Diskussionen, ob Friedrich Merz ab März lieber mit der SPD oder noch lieber mit den Grünen regieren wird, würde es im Augenblick auch für Rot-Grün-Violett, wenn es FDP und die alte SED-Linkspartei nicht wieder in den Bundestag schaffen. Die Union wäre dann zwar stärkste Partei. Doch Olaf Scholz könnte sich mit den Grünen und den Wagenknechten eine eigene Mehrheit zusammennageln. Derzeit käme die nur auf 34 Prozent. Da CDU und CSU auch nicht mehr haben und zudem niemals mit den 17, 18 oder 19 Prozent der AfD stimmen dürfen, reicht dieses Drittel allemal für ein neues Fortschrittsexperiment.
Andere Farben, das gleiche Ziel
In Erfurt wird es im Kleinen ausprobiert, in anderen Farben, aber mit demselben Ziel. Die Verteidigung der Brandmauer ist das zentrale Anliegen des von den Medien auf "Brombeer"-Koalition getauften Notbündnisses. Das vereint die - verglichen mit der Partei im Bund - in Thüringen etwas konservativere Union mit der "national-bolschewistischen" (FAZ) rechten Kommunistin Wagenknecht und einer SPD, die im Freistaat vor ein paar Jahren noch fast ein Viertel der Stimmen holte, nach den Mitgliederzahlen immer noch zweitgrößte Partei in Thüringen ist, aber nur noch ein stumpfer Schatten einer Zeit ist, als tausende vor dem "Erfurter Hof" standen und begeistert "Willy, Willy" riefen.
Heute hat die deutsche Sozialdemokratie im Süden des Ostens Georg Maier, einen Baden-Württemberger, der unter dem Niedersachsen Bodo Ramelow als Ministerpräsident gezeigt hat, was er alles kann. Mit der BSW-Vorsitzenden Katja Wolf stößt eine altgediente Linkspolitikerin dazu, die ihr Leben zwischen Landtag und OB-Büro verbracht hat. Geleitet wird das Ganze von Mario Voigt, einem Mann aus Jena, der mit Mitte 20 schon auf höhere Aufgaben vorbereitet wurde, nun aber Glück braucht: Seine Koalition hat keine Mehrheit im Landtag, nicht einmal die, ihn im ersten Anlauf selbst zum Ministerpräsidenten zu wählen.
Lieber mit den Linken
Meint es die AfD böse mit ihm, klappt es trotzdem. Will Voigt das verhindern, muss er mit denen reden, mit denen er nicht regieren darf: Die SED, nach mehrfacher Umbenennung heute als "Linkspartei" viertstärkste Kraft im Thüringer Landtag, ist wegen eines Brandmauer-Beschlusses der Bundes-CDU kein zulässiger Partner für die Union in Thüringen.
Doch weil sie gebraucht wird, darf die offiziell strikt ausgegrenzte Truppe von Ex-Ministerpräsident Bodo Ramelow über "ein Angebot der Brombeer-Koalition" zur Zusammenarbeit freuen, wie es Mario Voigt nennt, um klarzustellen, dass die Zusammenarbeit keine verbotene Zusammenarbeit sein wird, sondern eine Art von Zusammenarbeit, die als "aktive Einbindung der Linken als konstruktive Opposition" zu gelten habe.
Macht macht alles möglich
Geht es um die Macht, geht das alles, denn Macht macht alles möglich. "Besser zu schlafen, wie so ohne Genossen zu seyn", begründete Friedrich Hölderlin in seinem großen Gedicht "Brod und Wein" die Notwendigkeit, zuweilen "die Menschen des Glüks" zu "schaun" und das "Antliz derer, welche, schon längst Eines und Alles genannt". Der Dichter kannte sein Thüringen, lebte er doch lange in einem Gartenhäuschen in Jena und hatte er doch ein uneheliches Kind mit einer Frau aus Meiningen. Schon um 1800 herum war der Wessi in Weimar sicher "Nichts darf schauen das Licht, was nicht den Hohen gefället".
Thüringer sind praktisch. Sie nennen die Straße, in der ihre Regierung sitzt, die "Regierungsstraße" und den Platz mit dem Dom einfach den "Domplatz". Das Notbündnis, das sie in den kommenden vier Jahren regieren wird, erscheint ihnen als notwendiges Übel, akzeptabel, so lange die Damen und Herren bereit sind, sich überwiegend mit sich selbst zu beschäftigen.
Bescheidene Ziele
Dazu scheinen alle bereit, die am wackligen "Fundament" (Voigt) der "neuen, handlungsfähigen Regierung" mitgebaut haben. Die großen Vorhaben, die das neue 3+1-Bündnis umsetzen will, erzählen die Geschichte einer großen Bescheidenheit: Man werde "weniger Asylbewerber aufnehmen, die Ärztequote erhöhen, Bildung fördern, Wirtschaft und Arbeitsplätze sichern und Friedensbildung bereits an den Schulen stärker in den Fokus nehmen", heißt es im Regierungsprogramm. Die Linke kann noch eigene Ideen beisteuern.
Was ging wohl in den Köpfen der Leute vor, die Wagenknecht gewählt haben. Da habt ihre eure umgefärbte rote Braut in der Globalisten-SED.
AntwortenLöschenWas in deren Köpfen vorging, darzustellen, erfordert einen kurzen Aufsatz, klar ist es jedenfalls. Und hier ist auch die falsche Adresse.
AntwortenLöschenMeinrad Müller mal wieder in Form: Wenn ein mehrtägiger (wahrscheinlich viel längerer) Stromausfall kommt, werden die mündigen Bürger (har, har) es darauf zurückzuführen, dass a) der böse Putin uns das Gas abgedreht hätte, aus Niedertracht, und b) die Energiewende (= Morgenthau-Plan) viel zu zach angegangen wurde. Was gilt's? Hiob 1.11
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