Elektroauto-Hersteller stehen vielfach unter Beschuss: Militante Gruppen greifen Fabriken an, Käufer setzen weiter auf Verbrenner, die Politik strich die Förderung. |
Erst versagte das VW-Management episch, dann das von Nissan, von Stellantis und schließlich musste sogar Jaguar die Krallen einziehen. Ein Jahr gar keine Autos mehr, teilte der britische Hersteller mit, man müsse erst Kraft schöpfen für Transformation. Danach allerdings macht Jaguar Dampf: Man werde nur noch elektrisch angetriebene Fahrzeuge in Pink und Blassblau herstellen und den Energieausstieg damit schneller bewältigt haben als die Konkurrenz.
Fehlende Konsequenz
Eine Konsequenz, die den deutschen Automobilriesen fehlt. Zuletzt verkauften Audi und Mercedes in China nicht ein einziges E-Auto mehr, weil sie sich geweigert hatten, die Produktion schnell genug umzustellen. Dadurch geriet der Fünfjahrplan zur Transformation in Deutschland außer Rand und Band. Die unmittelbar vor dem Start stehende Speicherindustrie geriet ins Stottern. Mit Northvolt musste der größte Hoffnungsträger der Branche Insolvenz anmelden, statt wie Backstuben bundesweit kontrolliert in Stasis zu gehen.
Deutschland elektrische Zukunft steht auf dem Spiel, begünstigt durch eine autoritär-liberalitäre Bundestagsopposition, die sich weigert, wirtschaftliche Realitäten anzuerkennen, und militante Gruppen, die immer wieder rabiat gegen die Vorreiter der Elektrowende vorgehen, Fabriken angreifen und die Verkehrswende mutwillig sabotieren.
Ohne staatliche Abnahmegarantie für Elektroautos keine Elektrofahrzeugindustrie, mit allen Konsequenzen: Der Ausbau der Ladenetze erlahmt, die Umsetzung der Speicherplanung scheitert, das Netz der bisher nur auf dem Papier stehenden Notgaskraftwerke wird zum Dauerzustand. Deutschland kann in letzter Konsequenz seine Klimaziele nicht erreichen. Und fällt als Vorbild für eine gelingende Transformation aus.
Indien als Vorbild
Bürgerinnen und Bürger wollen sich das nicht so einfach bieten lassen. Nur Stunden nach den Nachrichten aus dem Hauptquartier der indischen Jaguar-Mutter Tata-Motors waren in Wolfsburg und den anderen Städten, die um ihren fossilen Verbrennerfabriken zittern, Zehntausende auf den Straßen. Friedlich und unter den roten Fahnen der deutschen Arbeiterbewegung forderten sie eine schnellere Transformation, ein Ende des Managementversagens und klare Richtlinien: Mehr Geld in der Zukunft oder noch weniger Autos.
Eine verfahrene Situation, die eine der wenigen verbliebenen weltweit bedeutsamen Branchen der deutschen Industrie in den Grundfesten erschüttert. Grünen-Chef Felix Banaszak, von Robert Habeck im Zuge der Neuorganisation der früheren Öko-Partei als neuer Vorsitzenden ausgewählt, ist nun mit einem ungewöhnlichen Vorschlag zur Standortsicherung vorgeprescht.
Klares Bekenntnis aller demokratischen Parteien
Um die deutschen Autobauer zu motivieren, den richtigen Weg zur allumfassenden Elektromobilität mit der gleichen Ambition zu beschreiten wie die chinesische Konkurrenz, müsse sich die Politik klar hinter den großen Wandel stellen. "Es braucht ein klares Bekenntnis aller demokratischen Parteien zur Elektromobilität", forderte der neue Grünen-Chef, der seinen Job von der Pike auf gelernt hat, erst Berliner Abgeordnetenhauses, dann bei den Europaabgeordneten Terry Reintke und Sven Giegold, der mittlerweile unter ihm in der neuformierten Grünen-Spitze dient.
Es sei nicht zu viel auf Elektromobilität gesetzt worden, sondern im Gegenteil zu wenig. "Deutsche Hersteller haben weiter auf den Verbrenner gesetzt und dabei sind sie immer von CDU/CSU und SPD unterstützt worden", beklagt sich Felix Banaszak über die vertrödelten letzten drei Jahre. Konsequent hatte die Bundesregierung sich geweigert, Parteien, Staat, Hersteller und Volk auf E-Mobilität einzuschwören und damit Investitionssicherheit auf einem Markt zu schaffen, der dem Smartphonemarkt vor 15 Jahren gleicht.
Hätte die Politik damals nicht deutlich zu verstehen gegeben, dass sie die Umstellung auf Handys mit Touchbedienung unterstützt, hätten sich iPhone und Android-Handys sicherlich nie durchgesetzt.
Rechnung für Versagen
Dass die Autobauer jetzt die Rechnung für ihr Versagen beim Versuch bekommen, die Politik zur Beibehaltung etwa der E-Auto-Kaufprämie zu bewegen, gilt im politischen Berlin als lehrreich. Dafür dürften aber nicht die Beschäftigten bezahlen, die die falschen Autos bauen, so Banaszak. Es brauche Planungssicherheit, eine deutliche Ansage, dass es wirklich vorbei sei mit dem Verbrenner.
Ein öffentlicher Schwur aller Demokraten, nicht umzuschwenken auf dem Ausstiegspfad aus den Fossilen und nicht nachzulassen bei den Anstrengungen, eine neue, nachhaltige und CO₂-freie Zukunft zu bauen, wäre das richtige Signal an alle Zweifler und die Kräfte der Beharrung, die immer noch meinen, mit mutloser Zögerlichkeit auf der Höhe der Zeit bleiben zu können.
Das Primat der Politik, nie war es so sehr gefordert wie heute. Und nie waren die Aussichten so gut, dass ein Zeichen reicht, um eine Revolution auszulösen. Große Vorbilder in der Geschichte stehen Pate: So hatte etwa der russische Revolutionsführer Lenin mit seiner klaren Forderung nach einer Elektrifizierung des ganzen Landes allen Zweiflern verdeutlicht, dass es kein Zurück gibt auf dem Weg zum Kommunismus.
Mangelnde Opferbereitschaft der Untergebenen war immer das Hauptproblem der großen Umwälzer.
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