Eine der letzten Neuigkeiten aus Magdeburg. Seitdem hat sich die Nachrichtenlage beruhigt. Fast ist schon gar nichts mehr passiert. |
20 Jahre Tsunami-Gedenken in Ostasien, Flugzeugabsturz in Kasachstan, womöglich die Russen. Beschädigte Kabel in der Ostsee, mit russischer Spur. Dazu Unruhen in Syrien und mehr tote Flüchtlinge vor den Kanaren.
Aber nichts Neues aus Magdeburg. Fünf Themen verabreichte die "Tagesschau" ihren Zuschauern, ehe der Begriff "Magdeburg" fiel. Dort sitze der "Schock noch immer tief", hieß es nach zwölf Minuten. Beim MDR, Heimatsender im am schlimmsten betroffenen Gebiet, waren es in der Hauptausgabe vier. Dann folgt ein schmaler Filmbericht über das Kriseninterventionsteam, das auf dem Weihnachtsmarkt der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt nach Betroffenen suchen.
Ein schneller Abschied
Der Anschlag vom Freitag vor Weihnachten, er war tatsächlich schon am zweiten Weihnachtsfeiertag fast rückstandslos aus den Nachrichten verschwunden. Während die letzten großen Aufregerthemen, darunter das Ampel-Scheidungspapier der FDP, die VW-Krise und der große Streit um das Kanzlerduell, auf der Emp-Skala für Einheitliche Empörung Werte von zwei, drei Wochen erreichten, schaffte Taleb Al Abdulmohsen mit seinen fünf Morden nicht einmal eine.
Freitag vor Weihnachten steuerte der Arzt aus dem ostdeutschen Bernburg seinen geliehenen BMW in die ahnungslose Menschenmenge. Schon 144 Stunden später war seine Tat in die "Was sonst noch passierte"-Rubrik gerutscht. Nichts Neues im Osten, jedenfalls nichts, was in den großen Nachrichtenredaktionen noch als berichtenswert.
Haltbarkeit: Nicht einmal eine Woche
Hatte es beim Terroranschlag vom Breitscheidplatz vor acht Jahren noch fast drei Wochen gedauert, ehe die Silvesterunruhen von Köln - damals Auslöser einer breiten gesellschaftlichen Debatte um den diffamierenden Begriff "Nafri" - das Augenmerk von Meiden und Politik auf die Notwendigkeit eines neuen Sicherheitspaketes mit "Abschiebehaft, Fußfesseln und härteren Strafen" lenkten, wie das ehemalige Nachrichtenmagazin Der Spiegel abschließend bemerkte.
Auch dort, in Hamburg, wo in den ersten Stunden nach dem ersten Terroranschlag eines deutschen Staatsbediensteten in der Geschichte der Bundesrepublik noch Mann und Maus nach rechten Rückverbindungen des aus Saudi-Arabien geflüchteten Psychiaters gesucht hatten, ist das Thema in den Aufmerksamkeitskeller gerutscht. So vieles ist wichtiger: Vielleicht geht Beyoncé auf Tour! Ein früherer indischer Premier ist tot. Privatpatienten werden bevorzugt, zumindest glaubt man das. "Tatsächlich... Liebe" werde bei Instagram gefeiert, haben Reporter herausbekommen. Dabei würden "Frauen in der Romcom gefatshamed, betrogen und sexualisiert".
Themen gibt es immer genug
An Themenmangel herrscht kein Mangel, es ist allemal genug auf dem Markt, dass es die Magdeburger Morde keineswegs zwingend braucht, um dem ersten Gesetz der Mediendynamik Genüge zu tun: Die Welt passt in keinen Schuhkarton, immer aber in 15 Minuten "Tagesschau". Die folgt seit ihrem Start am 26.
Dezember 1952, damals noch von alten weißen Männern in vollgequalmten Büros zusammengeschnitten und in
einem blassen Schwarzweiß ausgestrahlt, der Grundregel "Angst ist etwas Gutes", weil es die alltäglichen Dystopien vom Autounfall bis zum Atom-Gau sind, über die ein
regelmäßiges Publikum von zwischen sechs und zehn Millionen Menschen
informiert werden will.
Doch nicht immer ist es angebracht, dem Publikum mit schlechten Nachrichten schlechte Laune einzureden. Schon wenige Stunden nach dem Anschlag verebbte der Strom an unerhörten Enthüllungen über den Staatsangestellten aus dem Justizministerium, der wegen seiner aktivistischen Tätigkeit als abgefallener Islamist alleweil vor Gerichten erscheinen musste, der Innenministerin persönlich mit seinem Tod und aufsehenerregenden Taten drohte und nur gelegentlich zur Arbeit erschien, um dort mit bizarren Diagnosen Furore machte.
Parole Besinnlichkeit
Ausgegeben war die Parole Besinnlichkeit. Gerade mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl gelten Empörung über Staatsversagen und Wut auf Behörden, die ihre Arbeit nicht tun, als gefährliche Emotionen. So lange nicht sicher ist, dass Abdulmohsen aus einem Gefühl der inneren Nähe zu rechtsextremen Positionen gemordet hat oder wenigstens nicht schuldfähig ist, müssen Trauer und Nachdenklichkeit reichen. Wer gar nicht anders kann und einen Schuldigen braucht, dem könnten in Kürze ein paar säumige Polizeiobermeisteranwärter präsentiert werden, die ihren Streifenwagen nicht dort geparkt hatten, wo es das Sicherheitskonzept der Stadtverwaltung vorsah.
Zu"guter"letzt käme noch ens um die Ecke und würde dümmliche Vergleiche unter migrantischen Ärzten ziehen, irgendwo zwischen "Dr. Google" und "Approbation am Kaugummiautomaten gezogen", um nicht nur die Menschen an sich, sondern auch den Wert der akademischen Ausbildung in der Levante nebst Speckgürtel* in Zweifel zu ziehen.
AntwortenLöschenAuch könnte, wenn das Thema weiterköchelte, irgendein sogenannter selbsternannter "Experte" fabulieren, dass das Erscheinungsbild von A. stimmig würde, betrachtete ens seine Dissidenz als geheimdienstliche Legende: Strafen gefährden den Aufenthaltsstatus? Asyl ist sicher, nach mehreren Auslieferungsersuchen. Zum Beispiel. Was ließe sich da alles zusammenfabulieren, wenn A. weiter auf seine Täterrolle stigmatisierend reduziert würde.
Und die Nachahmungstäter und Trittbrettfahrer nicht vergessen!
Ens berichtet, mordet mit!
*Nur Nazirassisten assoziieren hier Schweinespeck statt Menschenspeck ("Schwimmring")!
Es ist ganz einfach, es waren die falschen Opfer. Man stelle sich vor, das Auto wäre in eine Palästinenser-Demo gefahren, oder noch schlimmer in einen Haufen Zigeuner oder Neger. Das wäre auf Jahre unverzeihlich.
AntwortenLöschenDass Musk und die "AfD" dahinter stäken, ist reichlich starker Tobak. Es wird aber bei einigen verfangen.
AntwortenLöschenDie jüngere Geschichte, sagen wir der letzten achtzig Jahre, zeigt, dass man den Leuten den schwachsinnigsten Mumpitz aufpelzen kann.
der krug und der lange weg zum wasser
AntwortenLöschender krug und der lange weg zum wasser
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