Montag, 18. November 2024

Grüner Machtanspruch: Der Staat sind wir

Aus dem Angebot "Breit, wenn ihr es seid" wurde das unverhohlen auf Führung abstellende "Der Staat sind wir".

Keine andere Partei ist so für Klima, keine setzt sich dermaßen ein für Gerechtigkeit und Sicherheit, innere wie äußere. Keine andere ist zugleich so beliebt und verhasst, keine erstattet mehr Strafanzeigen und keine bekommt mehr Achtung von der Vierten Gewalt gezollt. Erstmals haben die Grünen, früher gefürchtet für ihre zum Teil anarchischen Parteitage, auf denen Richtungskämpfe um den richtigen Weg zu Sozialismus offen ausgefochten wurden, jetzt gezeigt, dass sie nicht nur erwachsen und staatstragend geworden sind, sondern den Anspruch haben, den Staat selbst zu führen.

Der Staat sind wir

"Der Staat sind wir" hatte die Parteitagsregie nicht über die Hühne geschrieben, auf der der bis dahin nur von sich selbst ernannte Kanzlerkandidat Robert Habeck schließlich ohne Nebengeräusche zum Anwärter der gesamten Partei gekürt wurde. Doch das mitnehmende "Breit wenn ihr es seid" vom letzten Mal ist weg. Die Grünen haben das "ihr", das für die Menschen draußen im Lande stand, hinter sich gelassen. Die Habeck-Führung orientiert sich ganz an Angela Merkel, deren "Wir" immer ein "ich" meinte.

In "der Start sind wir" schwingt die eigentliche Botschaft mit: Diese Partei, in den Tagen nach dem Ampelaus mit einem Ansturm neuer Mitglieder*innen konfrontiert, ist nicht mehr machtkritisch, gegen das System und bemüht, als Korrektiv zu kapitalistischer Wirtschaftsweise und bürgerlicher Demokratie aufzutreten. Sie begnügt sich auch nicht mehr damit, ein wenig mitzubestimmen. Nein, die Grünen erheben 44 Jahre nach ihrer Gründung den Anspruch auf Führung von ganz vorn. 

Ein reinweißes Elitenprojekt

Weiß und westdeutsch: Elitenprojekt Grüne.
Die Bilder aus Wiesbaden waren erschreckend und sie sprachen Bände. Die Grünen sind heute nahezu reinweiß. Sie sind westdeutsch und sie werden dominiert von den Generationen der mitteljungen und mittelalten Altstadtbewohner, die im Glauben aufgewachsen sind, dass Deutschland eine sehr reiches, sehr schuldiges und sehr zu verabscheuendes Land ist, dessen Strafe es sein muss, den Völkern der Welt durch einen schmerzhaften Opfergang zu Energieausstieg, Klimaneutralität und Wirtschaftsrückbau und Wohlstandsverzicht zu zeigen, dass eine andere, ärmere Welt möglich ist.

Die von Robert Habeck installierte neue Parteivorsitzende Franziska Brantner zeigte nach ihrer Wahl demonstrativ die Arbeiterfaust, obwohl der seit einem Vierteljahrhundert im politischen Geschäft tätigen Politikwissenschaftlerin eine Zugehörigkeit zum Realo-Flügel der Grünen nachgesagt wird. Ihr als Gegengewicht installierter linker Kollege Felix Banaszak beschwor ein allgegenwärtiges Gefühl der Angst, gegen das nur grüne Politik helfen könne. Die Partei von Heizungsgesetz, Hausdurchsuchungen und Gaskraftwerke-Neubauprogramm werde mit "Empathie und Zuhören" der "Gasrechnung am Ende des Monats" oder auch "dem nächtlichen Nachhauseweg" den Schrecken nehmen, "um weiter Zukunft zu machen". 

Kampfansage an alle


Eine Kampfansage an alle, die den Grünen nicht zugetraut hatten, nach der Serie von Wahlniederlagen und Umfrageschlappen genau so weiterzumachen wie bisher. Vor allem in Kreisen früherer Sympathisanten herrschte vielerorts noch die Überzeugung, die inzwischen zu den Altparteien zählende frühere Alternative für Deutschland werde es kaum wagen, einen weiteren Wahlkampf mit Leerformeln wie "Machen, was zählt", "Einigkeit gegen rechts und Freiheit" oder "Ein starkes Europa bedeutet ein sicheres Deutschland" zu bestreiten. 

Doch genau das ist der Plan, den die neue Parteivorsitzende in groben Zügen vorstellte. "Wir brauchen Investitionen, Investitionen und nochmals mehr Investitionen", kündigte sie kommenden Generationen höhere Schuldenlasten an. Den Gürtel enger zu schnallen bringe ja nichts, "wenn die Hose schon fehlt". Brandtner sagte "Deutschland kann mehr" und sie meinte damit zweifellos mehr Schulden machen - zugleich aber gelang es der Parteitagsregie, einen Beschluss der Delegierten zur Aufhebung der Schuldenbremse zu verhindern. 

Kraft der Zuversicht

Starke Grüne, "in diesen Zeiten eine Kraft der Zuversicht", werden beides haben können: Mehr Investitionen, aber weniger Schulden. Soziale Verbesserungen für Kinder, Flüchtlinge, Menschen mit geringeren Einkommen und Entlastungen für die "hart arbeitende Mitte" (Ricarda Lang). Mehr Sicherheit. Mehr Rüstung. Mehr Klimaschutz. Mehr Empathie. Mehr Freiheit. Mehr Staat. Mehr Ordnung. Mehr Überwachung und mehr Schutz der Privatsphäre. 

Robert Habeck selbst hat auf dem Parteitag die Lösung skizziert: "Milliardäre und Superreiche, deren Vermögen einfach nur in großen Prozentzahlen weiter wächst", müssten "einen gewissen Anteil ihres Vermögens zur Verfügung stellen". Die Schulenbremse müsse so reformiert werden, dass sie die Staatsausgaben nicht mehr bremse. Die Wirtschaft wird erneuert, "indem Zukunftstechnologien im Lande gehalten werden". Habeck will Europa stärken, indem er noch mehr "Souveränitätsrechte nach Brüssel übertragen" wird. Und er verspricht günstige Energie, sobald "wir sie sauber gemacht haben".

Alles wie gehabt


Alles wie immer, alles wie gehabt. Nur in einem Punkt haben die Grünen, ausweislich der vom Parteitag aus verbreiteten Bilder mehr denn je ein im Grunde rein weißes westdeutsches Elitenprojekt, ihren Kurs radikal geändert. Galt der "Kampf gegen rechts" bis zu den Landtagswahlen in Ostdeutschland im Spätsommer als zentraler Kern der politischen Glaubenslehre der in ihren frühen Jahren vom Verfassungsschutz beobachteten Partei, verzichtete die neue Führung unter Habeck konsequent auf jeden Hinweis auf die wachsenden Gefahren durch Rechte, Nazis und geheime Trump-Fans. 

Obwohl es Robert Habeck selbst gewesen war, der noch bei den EU-Wahlen im Frühjahr darauf gesetzt hatte, dass ein entschiedener Fokus auf den Kampf gegen rechts seiner Partei die Sympathien von Millionen eintragen werden, steuerte das "Elitenprojekt" (Ricarda Lang) in Wiesbaden still und heimlich um. Kein Wort fiel über die Grünen als "Anti-Rechte", über "Einigkeit gegen rechts" und die Notwendigkeit, Deutschland als demnächst "ersten klimaneutralen Wirtschaftsstandort in Europa" gegen Abwicklungspläne von Konservativen und Rechtsextremen" (Lang) zu verteidigen und "Demokratiefeinde in die Schranken zu weisen".

Anflug der Plattitüdenbomber


Das geschieht nun hinter den Kulissen, etwa indem Robert Habeck und Annalena Baerbock sich Satire, Hohn und Spott nicht mehr so einfach gefallen lassen. Vor dem Vorhang übersetzt sich das in das Angebot, "die Wirtschaft anzukurbeln, mehr für den Klimaschutz zu tun, gesellschaftliche Ungleichheit abzubauen und die Demokratie zu schützen". Die bekannten Propagandaparolen, die in Kürze wieder von ganzen Luftflotten aus Plattitüdenbombern über dem Land abgeworfen werden, sie haben den "Start" (Grüne) vom "Ihr" zum "Wir" unbeschadet überstanden.

2 Kommentare:

  1. Ich denke, dass Baerbock die Kanzlerkandidatur von Habeck in der gleichen Art und Weise unterstützen wird, so wie sie jetzt immer wieder das Selbstverteidigungsrecht von Isreal betont und unterstützt.
    Um den Spin aufrechtzuerhalten, werden die Meinungsumfragen Habeck jetzt erst einmal sukzessiv in Richtung 20% drücken. Im Januar kommt dann entweder ein Blackout oder ein interner Skandal, der Habeck noch vor der Wahl zum Sturz bringt.

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  2. Grüne Sprechsprachkinder im doitschlandfunk."hmmm, jaa, wir haben Zukunftzhoisa gebaut...aus Pappe und Laub...." so geht das weiter, 90 Minuten mühsam dahergelaberter Unsinn, kleine protoElite, stumpfsinnige grünenkinder.

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