Montag, 14. Oktober 2024

Sozial und national: Mit dem Füllhorn zum Wahlwunder

Lars Klingbeil ist der neue starke Mann in der SPD. Er setzt im anlaufenden Bundestagswahlkampf auf neue Versprechen.

Etwas für alle und ein bisschen weniger für wenige: Nur eine Woche nach dem Tiefschlag durch den Rückzug ihres gescheiterten Generalsekretärs Kevin Kühnert hat die deutsche Sozialdemokratie sich kampfeslustig neu aufgestellt. Unter der Regie von Lars Klingbeil, dem starken Mann in der Rest-SPD, schnürten die Genossen ein Paket aus Versprechungen, das die Wählerinnen und Wähler bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr wieder auf die richtige Seite ziehen soll.  

Zurück zu den Wurzeln

Schluss mit den vier Jahren in der Opposition, in denen die SPD nichts durchsetzen konnte. Schluss mit Wolkenkuckucksheimen, in denen die vom Staat als "CO₂-Abgabe" eingesammelten Milliarden als "Klimageld" an die Bürger zurückfließen.

Für die Zeit ab September 2025, wenn die SPD daran geht, das 27. Jahr ihrer Regierungsbeteiligungen seit 1998 komplett zu machen, hat die Partei der Brandt, Wehner und Schmidt sich Großes vorgenommen. Geplant ist ein ganzes Bündel aus Zusagen, die an das vor der letzten Wahl gegebene Klimageldversprechen erinnern: Die meisten Einkommensteuerzahler würden entlastet. Unternehmen, die sich standortpatriotisch im Sinne des von Donald Trump entlehnten Mottos "Germany first" zeigen, belohnt, Überreiche zur Kasse gebeten und der harte Kern des immer noch wohlhabenden inländischen Bionade-Adels mit Steuergeldern bei der Anschaffung von sparsamen Elektrofahrzeugen unterstützt werden. 

Geheimplan Finanzierung

Den kompletten Plan zur Finanzierung der Maßnahmen hat die SPD noch nicht offengelegt. Klar ist aber, dass die von der hart arbeitenden Mitte und den ärmeren Schichten weniger gezahlten Steuern dazu dienen sollen, der Wirtschaft wieder auf die Füße zu helfen. Klingbeil, unter Genossen liebevoll "die Axt" genannt, ist fest entschlossen, 2025 ein zweites Wahlwunder zu bewirken. Mit einer "Körperhaltung des Siegeswillens" möchte der Parteichef im Lande verlorenes Vertrauen zurückgewinnen, indem er den Menschen zumindest das Gefühl gibt, die SPD strebe nicht nur nach der Macht um der Macht willen. Sondern weil sie einen Zweck und ein Ziel verfolge und dazu einen Plan habe.

Das Füllhorn staatlicher Güte

Seit Jahren Gerhard Schröder, heute innerhalb seiner Partei verhasster als außerhalb, seine Stelle vor der Zeit aufgeben musste, ist dieser Plan geheim geblieben, aber immer wieder geändert worden. Die SPD versicherte, immer mehr Gerechtigkeit schaffen zu wollen. Dazu strebte sie an, aus staatlicher Fürsorge staatliche Rundumbetreuung zu machen. Die hart arbeitende Mitte war aufgefordert, folgsam zu sein. Versprochen wurden ihr dafür soziale Wohltaten aus dem übervollen Füllhorn der staatlichen Güte.

Das bekommt, wenn alles klappt, einen kräftigen nationalen Zungenschlag, mit dem die SPD an die egoistischen Gefühle der Wähler appellieren will. Ein neuer "Made-in-Germany-Bonus" aus "umfassenden Superabschreibungen und Steuerprämien für Unternehmen", die hierzulande in Zukunftsbranchen investieren und "gute Arbeitsplätze am Standort Deutschland" schaffen, soll noch höher besteuerte Reiche vom Bleiben überzeugen. 

Eine neue Kaufprämie, mit der die SPD Wohlhabenden mit dem Geld von Geringverdienern die Anschaffung von Elektroautos erleichtern und die heimische Automobilindustrieretten will, wird ergänzt von einer gesetzlich vorgeschriebenen E-Auto-Quoten für Leasinganbieter und Steuernachlässe für E-Autos, allerdings nur, wenn sie als Dienstwagen gefahren werden.

Auf Kurs am Kern vorbei

In Auswertung der Vielzahl an Wahlniederlagen, die die deutsche Sozialdemokratie in den vergangenen Monaten hatte einstecken müssen, bleibt die SPD auf Kurs. Ungeachtet einer auch vom parteinahen RND ventilierten Studie, nach der Inflation, Migration und Sicherheit die Themen sind, die die Menschen vor allem gelöst sehen wollen, nimmt die Partei Kurs auf einen Wahlkampf, der genau diese Themen meidet.

Für die SPD ist klar: Würde die Partei erst regieren, kämen viele Dinge, die heute im Argen liegen, schnell wieder in Schuss. Neue Schulden würde es geben, bewährterweise als "Sondervermögen" bezeichnet. Eine große Steuerreform werde dann 95 Prozent der Bürger entlasten, die Einnahmeausfälle würde allein das eine Prozent der Höchsteinkommenshaushalte tragen, das ohnehin niemand leiden kann. "Diese Reform wird den Menschen mehr finanziellen Spielraum geben und die Kaufkraft stärken. Damit kurbeln wir die Wirtschaft von unten und aus der Mitte der Gesellschaft an", heißt es in der sechsseitigen Beschlussvorlage mit dem Titel "Wir kämpfen für Deutschlands Zukunft: Wirtschaft ankurbeln, Arbeitsplätze sichern, Beschäftigte entlasten".

Das Gesicht des Wumms

"Wumms", "Doppel-Wumms" und grünes Wirtschaftswunder "wie in den 50er Jahren" (Olaf Scholz) bekommen damit ein Gesicht. Ohne die lästige Mindestlohnkommission, einst eingeführt, damit der Mindestlohn nicht in jedem Wahlkampf in einem Überbietungswettbewerb hochgetrieben wird, soll diesmal nach Parteibeschluss um weitere 20 Prozent auf dann 15 Euro steigen. Damit will die frühere Arbeiterpartei dem Fachkräftemangel entgegenkommen und die zuletzt exorbitant gestiegenen Preise in Bau und Handwerk einfangen. Gerade der Mittelstand werde profitieren. All die Bäcker, die nicht mehr backen, die Dachdecker, die nicht decken, und die Maler, die nicht mehr malen.

"Aktive Wirtschaftspolitik" nennt es Arbeitsminister Hubertus Heil, der darauf vertraut, dass die Besser- und Überverdienenden in den inhabergeführten mittelständischen Betrieben und Großkonzernen nicht so schnell aus Deutschland wegkommen, wie ihnen das Geld aus der Tasche gezogen werden kann. 

FDP-Chef Christian Lindner, in seiner letzten Saison als Spitzenpolitiker, wittert, dass "die SPD  mittelständische Betriebe stärker besteuern" will und vorhabe "mit Schulden Subventionen für geplante Investitionen an die Wirtschaft zu zahlen". Schön für die um Überleben kämpfenden Liberalen: "Die nächste Wahl entscheidet über gelenkte Verwaltungswirtschaft oder Soziale Marktwirtschaft", glaubt Lindner, unter dessen Ägide die Steuer- und Abgabenquote neue Höhen erreicht hat.

3 Kommentare:

  1. Die 37 Jahre SPD seit 1998 kamen mir wie 47 vor, aber nicht wie 27.

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  2. der autor weiß schon mehr

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  3. Habe mir mal das Interview Tim Kellner mit dem Typen von der Jungen Feigheit reingetan, einfach nur gruselig: Der größere Teil dieser Landeier in seiner Kuhbläke vermeint, dass wären eitel Nazis, die man durch magische Rituale bannen, bzw. "fucken" müsste.
    Angeblich von Alberto Unopietra, oder war es Albertos Monolapis - Zwei Dinge wären unendlich, die menschliche Blödheit und das Universum, nur beim Universum noch nicht völlig sicher.

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