Lars Klingbeil durfte sich seinerzeit des Applauses von allen Seiten gewiss sein. |
Natürlich hassen sie ihn immer noch. Friedrich Merz, nach allem, was man heute wissen kann kommender Kanzlerkandidat der Union und wohl auch der in einem Jahr amtierende Regierungschef, ist wieder links noch richtig Mitte, er ist nicht Merkel und schon gar nicht Grün, und als wären das nicht genug Gründe, ihn rundheraus abzulehnen, hat der Mann tatsächlich schon einmal sein eigenes Geld verdient.
Wenn es das demokratische Geschäft noch erlauben würde, wäre der Münsterländer schon als deutsche Trump zum Richtblock geführt worden. Allein verbietet sich solche Verrohung angesichts all der Klagen über Verrohung, mit denen das politische Vakuum seit Monaten gefüllt wird.
Die Federn fliegen anders
Und wenn der Wind sich dreht, muss auch die Feder anders fliegen. So kommt den Merz, ohne selbst etwas zu tun, immer besser weg bei seinen Richtern. Der "Deutschlandtag" der Jungen Union war der vorläufige Triumph des so lange verhöhnten und verpönte Merkel-Rivalen: Merz sprach Klartext zur Rente, er ließ dabei keinen Zweifel daran, dass allein wahltaktische Gründe ihn bewegen, derzeit noch gegen eine Erhöhung des Rentenalters für alle zu plädieren.
Denn damit "nehmen wir den Sozialdemokraten jedes Potenzial gegen uns, eine infame Kampagne zu führen, die da lautet, mit der CDU und mit Merz wird es in Deutschland Rentenkürzungen geben".
Und dann machte er allen, die jetzt noch hoffen, vom SPD-Geschenk der Rente mit 63 profitieren zu können, eine klare Ansage: Wer früher gehe, müsse akzeptieren, dass es größere Abschläge gebe. Eine Rentenkürzung für alle, die nach 45, 47 oder vielleicht sogar 50 Jahren Arbeit meinen, ein paar Jahre mehr Ruhestand seien die 14 Prozent Abschlag auf die gesetzliche Rente wert, die Vater Staat derzeit für die frühere Freiheit in Rechnung stellt.
Wunder der Verwandlung
Das Wunder der Verwandlung dieser auf offener Bühne angekündigten Rentenkürzung für Hunderttausende fand im Nachgang statt. Merz hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass er den Bürgerinnen und Bürgern an Portemonnaie gehen wird. Wer früher geht, soll noch mehr dafür zahlen, im Gegenzug sollen die, die ohnehin länger arbeiten wollen, noch mehr dafür bekommen.
Doch es war nicht die Abschaffung der Rente mit 63, die CDU und CSU unter Angela Merkel gemeinsam mit der SPD beschlossen hatten und die inzwischen nur noch bekommen kann, wer mindestens 65 ist. Sondern der taktische Teil der Rede, dass eine Ankündigung eines höheren Rentenalters vom einstigen und wahrscheinlich auch künftigen Koalitionspartner für eine "infame Kampagne" missbraucht werden könnte, der die Schlagzeilen bestimmte.
Sogar die SPD-Presse klatscht
"Merz gegen höheres Renteneintrittsalter" durfte der CDU-Chef sogar bei der SPD lesen, bei der "Tagesschau" ohnehin, auch die Taz feierte seinen Sieg über die Begehrlichkeiten der reiferen Jugend, und die "Morgenpost" bejubelte ein Basta Schröderschen Formats: "Merz erteilt JU Absage: Rente mit 67 bleibt – keine Kürzungen".
Ein Verlauf, der deutlich zeigt: Friedrich Merz hat die Medienmeute jetzt schon fest im Griff. Die angekündigten Maßnahmen Kürzung der Rentenzahlung an Menschen, die vom 16. oder 18. Lebensjahr an immer gearbeitet haben, labelt der Deutschlandfunk als Schritte, "einen frühen Rentenbeginn weniger erschwinglich zu machen". Die FAZ lässt den künftigen Kanzler sagen "Wir heben das Renteneintrittsalter nicht an". Das "Handelsblatt" stellt das Vorhaben als "Rentenzusage" dar.
Schmeichelnde Schlagzeilen
Mehr Liebe zu einem, der noch nichts ist, geht kaum. Wie sonst eigentlich nur bei Politikern, die in Regierungsfunktionen amtieren, sind alle eifrig bemüht, die angekündigte Abschaffung der Rente mit 63 kleinzuschreiben. Und die Absage an das Projekt Rentenalterserhöhung, das abgesehen von der Jungen Union nur in der Zwergenpartei FDP eine Mehrheit hätte, als mutige Tat eines neuen Volksverstehers. Merz schafft damit, was Merkel stets gelang: Die Schlagzeilen schmeicheln ihm. Und der wird später immer sagen könnten, dass er doch recht früh gesagt habe.
"Einer, der ihr n i c h t gefiel, das war Dietchen Klingebiel ..." Wilhelm Busch, - "Julchen" ---
AntwortenLöschenScherz beiseite. Der Affenzirkus geht vielleicht so lange weiter, bis sich die Sonne zum Roten Riesen aufbläht, aber ohne Europide. Es ist praktisch und bequem, den Pöbel mit der Illusion, er könne etwas ändern, vom Aufmucken abzuhalten.
Bei TAZ haben sie bzw. hat sie (Sabine am Orde) immer die wirklichen Probleme im Blick.
AntwortenLöschenUnd es sind deutlich mehr Männer als Frauen gekommen.
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Aushänge weisen auf Menschen mit leuchtend blauen Armbinden hin, die ansprechbar seien. Sie gehören zum Awareness-Team und bieten im Fall von Belästigungen Hilfe an. Das wäre vor Jahren bei der Jungen Union noch undenkbar gewesen.
Das wäre es und ist ein schönes Symbol für den Zeitgeistopportunismus der JU.
Oder haben die jetzt nicht nur alte, sondern auch die schlagezeilennotorischen jungen Männer auf den Parteitagen?
Es steht schon in "Kein Krampf" von Alfons Güttler, beim Orwell Schorsch, und die Praxis beweist es wieder und wieder: Dem gemeinen Hausdeppen (Stultus domesticus vulgaris) kann man alles, wirklich alles aufpacken, gegebenenfalls am nächsten Tag das genaue Gegenteil. Und, die meisten derer, sich weise dünken, sind auch nur ein Zwiespalt und Zwitter von Pflanze und Gespenst.
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