Donnerstag, 24. Oktober 2024

Nato-Osteinsatz: Commander Chaos in Rostock

Noch am 22. Oktober weihte Bundesverteidigungsminister Pistorius in Rostock "das neue taktische Hauptquartier der NATO für die Überwachung des Ostseeraums" ein. Inzwischen sind das Fake News.

Es war nur eine winzige Buchstabengruppe, kaum mehr als vier Zeichen, die im Freundeskreis kein Grund zu irgendeiner Aufregung gewesen wären. Und doch musste Alexander Graf Lambsdorff, der deutsche Botschafter in Russland, sich deswegen eines entwürdigenden diplomatischen Rituals unterziehen: Der Sachwalter deutscher Interessen in Moskau wurde von Wladimir Putins diktatorischem Regime einbestellt, um wegen eines "neuen Nato-Hauptquartiers" (DPA) in der ostdeutschen Ostseestadt Rostock abgekanzelt zu werden.  

Einbestellt und vorgeführt

Graf Lambsdorff, aus einer Familie stammend, die in besseren Tagen schon russische Generalmajore gestellt hat, musste Deutschland gegen den Vorwurf verteidigen, nun ebenso wie Russland völkerrechtlich verbindliche Verträge mit Füßen zu treten, die es der Nato verbieten, Truppen auf dem Gebiet der früheren DDR zu stationieren. Und das nur, weil die Bundeswehr die Umbenennung ihres schon lange bestehenden "maritim-taktischen Hauptquartiers" in Rostock stolz als Gründung eines neuen Nato-Hauptquartiers gefeiert hatte. 

Zu Ehren der Commander Task Force Baltic lud das Verteidigungsministerium zu einem Festakt in "das neue Nato-Führungszentrum". Von "Spiegel" über Deutschlandfunk bis zur "Tagesschau" und dem sozialdemokratischen News-Portal RND lobten alle die Idee, mit dem Bündnis nun nicht mehr nur Richtung Osten zu ziehen, sondern Ostdeutschland auch nicht mehr auszulassen.

Verwirrung um Sprachregelungen

Der "2+4"-Vertrag, mit dem die USA und die Sowjetunion der Bundesrepublik und der DDR die Wiedervereinigung gestattet hatten, verbietet allerdings genau das: Ein Verbot, Nato-Truppen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR zu stationieren, war eine Bedingung für die Russen, dem Beitritt der DDR zur BRD und einem Verbleib des neuen Gesamtdeutschland in der Nato zuzustimmen. Das allerdings war 35 Jahre danach niemandem im Verteidigungsministerium mehr bekannt. 

Der "neue Nato-Stützpunkt in Rostock" (Tagesschau), der ein "Signal an Moskau" hatte sein sollen, wurde zum Fanal für ein umfassendes Führungsversagen. Eilig schwärmten Kompanien von Bundessprachreglern aus, die den angeschlossenen Abspielanstalten das neue "Wording" (Ricarda Lang) nahebrachten. 

Aus "ein" wird "kein"

Aus dem "Nato-Hauptquartier", wie es der "Spiegel" nach den Vorgaben der ersten Bundeswehr-Pressemitteilungen genannt hatte, wurde nun nachgewiesenermaßen  "kein Nato-Hauptquartier" (RND). Die "Tagesschau" änderte ihre Schlagzeile vom Nato-Hauptquartier, das dieses Signal nach Russland gesandt hatte, in ein "Hauptquartier". Der NDR fand die elegantere Umschreibung, es handele sich um ein "Hauptquartier für die Nato". Der Deutschlandfunk strich die Nato sicherheitshalber ganz. Der "Spiegel" ließ der Fantasie freien Raum, verwandelte das Nato-Hauptquartier von eben in ein "Ostsee-Hauptquartier".

Experten wiesen gleichzeitig jede Kritik aus Russland zurück. Beim "taktischen Hauptquartier des transatlantischen Bündnisses" in der ostdeutschen Stadt handele es "sich eben nicht um ein NATO-Kommando oder gar ein NATO-Hauptquartier, sondern es ist ein Stab der Deutschen Marine, dessen Ergebnisse der NATO angeboten werden", beteuerte Sebastian Bruns, ein Forscher an maritimer Sicherheit und Strategie an der Universität Kiel. Verteidigungsminister Pistorius selbst betonte, bei der "Nato-Einrichtung" (Pistorius) handle es um "keine Nato-Einrichtung"(RND), sondern "im Kern um ein deutsches Hauptquartier, an dem sich Partner beteiligen".

Stationierte Unstationierte

Wie die Nato dauerhaft keine Truppen im Baltikum stationiert hat, weil das gegen völkerrechtlich verbindliche Verträge mit Russland verstoßen würde, hat sie auch in Rostock keine Nato-Soldaten stationiert. In dem Sinne. Wenn man so will.

Es gibt zwar 25 Offiziere aus elf Nato-Staaten, die im Commander Task Force Baltic (CTF Baltic)  Dienst tun. Doch offiziell arbeiten sie dort nur "mit". Wie die rotierende Stationierung von Nato-Truppen im Baltikum, die bezogen auf die jeweilige Einheit eben nie "dauerhaft" ist, sei auch die  "Einzelabstellung von Personal anderer Nato-Mitgliedstaaten im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit" zulässig. Alexander Graf Lambsdorff bestellte das auch den Moskauer Behörden so: Eine solche Konstellation sei "nicht vom Zwei-plus-vier-Vertrag erfasst und somit möglich". 

Flächendeckende Säuberung

In aller Eile haben mittlerweile nahezu sämtliche großen Medienadressen in Deutschland die anfangs flächendeckend verbreiteten Fake News über das angebliche "Nato-Hauptquartier" gelöscht und kommentarlos durch unverfängliche Formulierungen über "diese neue Führungsbehörde" (Manuela Schwesig) ersetzt. 

Nachrichten über ein neues Nato-Hauptquartier seien "zuvor fälschlicherweise verbreitet" worden, teilt das Redaktionsnetzwerk Deutschland mit, ohne schon herausgefunden zu haben, ob russische Trolle, Elon Musks Botarmeen oder Donald Trump verantwortlich sind für diesen feigen Anschlag auf eine Einrichtung, die auf Pläne zurückgeht, die 2018 verkündet wurden - "also lange vor dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022".

Beinahe spurlos verschwunden

Wären da nicht die Fernsehnachrichten, die nachträglich im Sinne der aktuellen Tageswahrheit zu ändern im Augenblick wohl selbst den Gebührenfunksendern noch zu aufwendig erscheint, könnte gar nichts passiert sein. Das korrekte "Wording" ist fast bis auf die letzte Internetseiten durchgesetzt, nahezu sämtliche verräterische Spuren der ersten Pressemitteilungen aus dem Verteidigungsministerium sind verschwunden, wenn auch Google mit seinem Kartendienst weiterhin "unzutreffendes" (RND) behauptet. Geblieben sind Dementis zu Nachrichten, die nicht mehr vorhanden sind.

Spätere Generationen werden sich beim Studium der Quellen die Augen reiben und fragen: Warum hat das deutschen Außenministerium im Zusammenhang mit der Commander Task Force Baltin eigentlich von einem "Missverständnis" gesprochen? Was mag da damals geschehen sein?

2 Kommentare:

  1. Das neue Nato-Hauptquart...
    äää
    neuer Matrosenimbiss in Rostock.

    AntwortenLöschen
  2. P.S. früher war es eben besser, da hieß sowas 'Objekt' fertig war der Lack und die Presseidioten hatten ihre Schnauzen zu halten.

    AntwortenLöschen

Richtlinien für Lesermeinungen: Werte Nutzer, bitte beachten Sie bei ihren Einträgen stets die Maasregeln und die hier geltende Anettekette. Alle anderen Einträge werden nach den Vorgaben der aktuellen Meinungsfreiheitsschutzgesetze entschädigungslos gelöscht. Danke.