In Hemdsärmeln besuchte Ursula von der Leyen vor einem Jahr Lampedusa, um ihren damaligen Zehn-Punkte-Plan in angemessenem Ambiente vorzustellen. |
Nur ganz knapp länger als ein Jahr hat der letzte Zehn-Punkte-Plan gehalten, den EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im September 2023 bei ihrem legendären Hemdsärmel-Besuch auf Lampedusa vorgelegt hatte. Damals ging es der um ihre Wiederwahl kämpfenden CDU-Politikerin darum, "den hohen Zustrom von Migranten zu bewältigen". Von der Leyen hatte den entscheidenden Punkt mit sicherem Gespür ausgemacht: "Die irreguläre Migration ist eine europäische Herausforderung und sie braucht eine europäische Antwort."
Siebtes Mal 10-Punkte-Plan
Worte wie Donnerhall. Leyens Zehn-Punkte-Plan, es war der insgesamt siebte seit dem 2018 von der EU bei der "Mutter aller Gipfel" in Sachen Migration beschlossenen, der den Zehn-Punkte-Plan zur Migration von 2015 abgelöst hatte, enthielt die Absicht, verstärkt gegen Schleuser vorzugehen. Dazu sollten Migranten aber auch "echte Alternativen" angeboten werden, damit sie sicher nach Europa kommen können. Im Oktober 2023 einigten sich die EU-Staaten auf einen Durchbruch zu einer gemeinsamen Position zur Krisenverordnung. Nur Monate später stimmte auch das EU-Parlament der "humanen Begrenzung von irregulärer Migration" zu.
Ein "Durchbruch" (Die Zeit), den sogar die italienischen "Postfaschisten" (Der Spiegel) feierten, was wiederum für große Zufriedenheit bei den deutschen Medien sorgte. Seit 2015 nervte das Thema. So sehr es auch gemieden wurde, so sehr drängte es sich selbst immer wieder in die Schlagzeilen. Selbst die abenteuerlichen Konstruktionen, die die Wertegemeinschaft EU plant, um "schnelle Asylverfahren an den EU-Außengrenzen" mit Hilfe einer "legal fiction of non-entry" durchführen zu können, bekamen Beifall.
So sehr die Briten für ihre Idee der Ruanda-Lösung verbal verprügelt worden waren, so laut klatschten die Schläger angesichts der Ankündigung, dass die Gemeinschaft künftig Lager an den Außengrenzen unterhalten werde, um Flüchtlinge abzuschrecken.
Verpuffte Reform
Seitdem ist viel passiert und nichts geschehen. Außer dass ganz EU-Europa nach rechts gerückt ist, als wollte es sich von den Vertröstungen der Kommission und der hinhaltend abwartenden Regierungen distanzieren. Die "Asylreform" ist verpufft, ein Papiertiger, der nicht springen musste, um als genau der bürokratische Bettvorleger zu landen, der er vom ersten Tag an gewesen war.
Den Ankündigungsdurst der Ursula von der Leyen kann das freilich nicht bremsen: In einem Brief an die 27 Staats- und Regierungschefs hat sie den nächsten Zehn-Punkte-Plan vorgestellt, diesmal ausdrücklich mit "innovativen Ideen" angeüllt. Auch er soll wieder helfen, "die Zahl der in Europa ankommenden Migranten zu vermindern und abgelehnte Asylbewerber schneller zur Ausreise zu zwingen".
Auch er enthält wieder den Vorschlag, "Abschiebezentren außerhalb der EU" zu bauen. Auch er ist in etwa so ernst gemeint wie Nancy Faesers Versprechen, die britische "Ruanda-Lösung" zu prüfen. Das gab die Bundesinnenministerin vor acht Monaten. Die Prüfung erfolgt offenbar sehr, sehr gründlich, denn seitdem war nie mehr etwas davon zu hören.
Vorübergehend für immer
Das gemeinsame Asylrecht, das es nie gegeben hat, weil sich niemand daran hielt, fliegt seit Wochen wie min Zeitlupe auseinander. Die Grenzkontrollen sind zurück, in Deutschland, das teilweise seit 2015 kontrolliert, als "vorübergehend" bezeichnet. Polen ist aus dem gemeinsamen System ausgestiegen, Ungarn ohnehin, auch die Niederlande. Italien lagert Asylverfahren nach Albanien aus, auf eigene Faust und ohne auf die EU zu warten.
Von der Leyen versucht nun mit ihrem neuen "Zehn-Punkte-Plan", die Davoneilenden einzuholen. Das Konzept "sicherer Drittstaaten", eine teure Idee, die Staaten dafür bezahlt, keine Flüchtlinge durchzulassen, soll "rechtlich neu geregelt" werden, im kommenden Jahr. Auch die "Abschiebezentren", bisher von der EU-Kommission strikt abgelehnt, werden als Zückerchen ausgelegt.
Postfaschistin als Vorbild
Die "Postfaschistin" Giorgia Meloni ist inzwischen Vorbild, nicht mehr der neue Mussolini. Afrikanische Staaten sollen die Ankommenden umgehend übernehmen. Das Thema wäre aus den Augen, aus dem Sinn, aus der Wahlkabine. Ursula von der Leyen, noch im EU-Wahlkampf hatte sie sich als Verteidiger der ewigen europäischen Werte inszeniert und die heute so beliebten "schärferen Regeln" für Zuströmende zurückgewiesen, stört sich neuerdings daran, dass "nur 20 Prozent der abgelehnten Asylbewerber Europa wirklich verlassen" müssen. Von der Leyen will mehr Re-Migration und schneller soll sie gehen.
Den Betroffenen will von der Leyen mit Blick auf die seit neun Jahren anhaltende Kritik am fortwährend hilflos versagenden EU-Asylsystem deshalb "strengere Pflichten" auferlegen. Ein Zeichen gegen den bedrohlichen Rechtsruck, das ergänzt werden soll durch einen "sofortigen Start" der mit der großen "Asylreform" vom Frühjahr geplanten "umfassende Registrierung und Sicherheitsüberprüfung von Flüchtlingen". Verantwortlich für das Asylverfahren wäre dann wie bisher auch der Staat, in der ein Flüchtling europäischen Boden erreicht hat. Damit sich alle daran halten, sollen die Grenzstaaten überzählige Asylbewerber dann aber an Länder wie Deutschland, Polen und Dänemark offiziell weiterreichen dürfen.
>> Die "Postfaschistin" Giorgia Meloni
AntwortenLöschenWas, die ist jetzt bei der Post? Stark.
das war bis neulich noch die amtliche bezeichnung: https://www.morgenpost.de/politik/article237538659/giorgia-meloni-erste-frau-italien-regierung-faschismus.html
AntwortenLöschenDie EU wird durch die Hintertür AfD-isiert. Witzig für Leute, deren Hirn nicht jeden Tag 20:15 resettet wird.
AntwortenLöschenOT Fefe hat... also Fefe so: .. als der hat da....
Nah lohnt sich heute nicht, das sind ja nicht mal mehr unfreiwillige Medienkompetenztests.