Donnerstag, 17. Oktober 2024

Der Abräumer: Banaszak und die grünen Lebenslügen

Die Hosen kurz, der Blick ins Ungewisse gerichtet: Der neue Grünen-Chef Felix Banaszak hat politische Inszenierung über zehn Jahre direkt im parteieigenen Funktionärsinkubator studiert. Abb: Kümram, Kreide auf Acryl

Er trägt diese bübischen kurzen Hosen, die vor Jahren von "Sportschau"-Moderatoren populär gemacht wurden. Dazu die Altentasche als Insigne größerer Pläne, ein Augenzwinkern Richtung Olaf Scholz, der ein solches Stück Tierleder zum Reichsapfel seiner Kanzlerschaft erklärt hatte. Daneben der Zug, das korrekte Mittel der Wahl, wenn es um Mobilität geht. Hinten symbolisch zwei große "A" wie Anfang".

Ein Künstler aus dem Parteiapparat

Felix Banaszak, studierter Künstler und nach allen geltenden Vorschriften für die Ausbildung von Nachwuchskadern über Jahre im Parteiapparat geschult und aufgezogen, ist ein Mann, der nicht nur nie außerhalb grüner Organisationen einer Erwerbstätigkeit nachgegangen ist. Er hat auf seinen Ausbildungsstationen als Politiker auch gelernt, wie politische Inszenierung geht. Von der Pike auf ging Banaszak in die grüne Lehre - erst bei einem Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses, dann bei den Europaabgeordneten Terry Reintke und Sven Giegold

Er bekam beigebracht, wie gefloskelt wird, er weiß zu interpretieren, ohne dass es direkt gelogen ist. Er kann einen Auftritt vor der Kamera hinlegen fast wie Robert Habeck. Bubenhaft das Lächeln. Verwuschelt die Frisur, weil anderes wichtiger ist als sich morgens zu kämmen. Ein Bild, das der junge Maler Kümram von ihm auf Acrylfarben gemalt hat, zeigt den Hoffnungsträger einer ganzen Parteigeneration: Ein Fuß ist leicht vorgestellt und sagt "Jetzt geht es los". Der Blick ist ins Ferne, Ungewisse gerichtet und verspricht dem Wählenden: Ich sehe was, was Du nicht siehst. Und ich führe Dich dorthin, denn es ist das gelobte Land.

Paukenschlag zur Produkteinführung

Zuerst einmal aber muss sich ein neuer Spieler auf jeder Bühne Beachtung verschaffen, am besten mit einem Paukenschlag. Felix Banaszak gehört zum letzten Aufgebot der Grünen, er sprang auf Wunsch von Robert Habeck wie Kai aus der Kiste, nachdem Omid Nouripour und Ricarda Lang stellvertretend für grüne Minister, Fraktionschefs und Lautsprecher als Schuldige für die Serie an Wahlniederlagen ausgemacht und ausgewechselt worden waren. 

Doch unbeschriebene Blätter wie Banaszak und seine designierte Co-Vorsitzende Franziska Brantner sind der einzige Trumpf, den der aufs Kanzleramt schielende Bundesklimawirtschaftsminister noch ziehen kann. Die komplette aktuelle erste Reihe der Partei ist auserzählt. Und die, die wie die früheren Parteichefs  Cem Özdemir und Anton Hofreiter ausdauernd eine Art Nebenpolitik in eigener Sache betreiben, verdienen es aus Sicht der Habecker natürlich nicht, dafür nun auch noch belohnt zu werden.

Unschuldiger Neuanfang

Den Neuanfang kann nur ein Unschuldiger verkörpern. Und diesem Prinzip folgend hat die Parteispitze auch das Drehbuch zur Produkteinführung schreiben lassen. Felix Banaszak, eben noch für den Schauspieler Christian Ulmen gehalten, etablierte sich nahezu binnen Stunden, nachdem die informelle grüne Führung hatte erkennen lassen, dass der anstehende Parteitag keine andere Wahl haben werde als ihn und Brandtner zu wählen. 

Und der 35-Jährige, ein Jahrgangsgenosse des gerade erst von fast allen Ämtern zurückgetretenen SPD-Vordenkers Kevin Kühnert, führt sich auch gleich mit einem Paukenschlag ein. "Eine Politik, die nur in Glaubenssätzen und in Programmen, die man mal aufgeschrieben hat, denkt und nicht sieht, wie sich die Welt verändert hat, die ist nicht in der Lage auf diese Welt zu reagieren", hat Banaszak gleich bei einem seiner ersten Auftritte mit mindestens zehn Jahren grüner Illusionsbeschwörung aufgeräumt.

Die Partei als Legostein

Ohne die "feministische Außenpolitik", die desaströs verlaufene Heizungswende oder fantastische Ideen wie das "Wasserstoffbeschleunigungsgesetz" beim Namen zu nennen, verschafft sich Banaszak damit auf Anhieb Beinfreiheit. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Und wer sich nicht klarmacht, was wann möglich und was wann nicht ist, den bestraft der Wähler. Das soll Felix Banaszak verhindern, mit allen Mitteln der politischen Heuristik: Die Grünen sollen konservativer wirken, sie wollen eine Partei sein, die wie ein Legostein überall Anschluss finden kann. 

Macht statt Ideologie, eine Merkelisierung, die mit dem Wind geht, statt sich ihm stur entgegenzustellen. Die Namensgeberin dieser Strategie hatte ihren Start als starke Frau der CDU einst ähnlich smart zelebriert. "Vielleicht ist es nach einem so langen politischen Leben, wie Helmut Kohl es geführt hat, wirklich zu viel verlangt, von heute auf morgen alle Ämter niederzulegen, sich völlig aus der Politik zurückzuziehen und den Nachfolgern, den Jüngeren, das Feld schnell ganz zu überlassen", schrieb sie in ihrem berühmt gewordenen Bewerbungsschreiben mit dem zentralen Satz" "Wir kommen nicht umhin, unsere Zukunft selbst in die Hand zu nehmen."

Abrechnung mit grüner Geschichte 

25 Jahre später schlüpft Felix Banaszak in dieselben Schuhe, bereit zum Marsch durch die grünen Institutionen und ebenso bereit, unterwegs mit den Lebenslügen einer Partei aufzuräumen, die sich eingerichtet hat im selbstverliehenen Nimbus, alles immer besser zu wissen, nie zu irren und durch festen Glauben an das Gute selbst Naturgesetze bezwingen zu können. Banaszaks Abrechnung mit den grünen Träumen von der Weltenrettung durch ein deutsches Tempolimit und der Vorstellung, man müsse Menschen nur zu ihrem Glück zwingen, dann würden sie einen auch lieben lernen, ist von den deutschen Medien weitgehend achselzuckend aufgenommen worden.

Gut für den neuen Mann, denn "ein solcher Prozess geht nicht ohne Wunden, ohne Verletzungen", hatte Angela Merkel vor 25 Jahren beschrieben, wie schwer es ihr fiel, ihren Ziehvater Helmut Kohl, das Tafelsilber der CDU, auf den Müllhaufen der Geschichte zu werfen. Wie Merkel weiß auch Banaszak: "Wie wir in der Partei aber damit umgehen, ob wir dieses scheinbar Undenkbare als Treuebruch verteufeln oder als notwendige, fließende Weiterentwicklung, das wird über unsere Chancen bei den nächsten Wahlen entscheiden".

6 Kommentare:

  1. Zu männlich, oder naja, halt zuviel Pimmel, zu schlank, zu hetero (oder?), also unwählbar.

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  2. Höcke kann so Balsam fürs Gemüt sein. Diese seelenlosen Typen aus der Retorte erzeugen Brechreiz, sondern ausschließlich Bullshit ab - Hauptsache, der Niedergang geht so weiter.

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  3. Felix als Tarnname für Feivel?

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  4. Banaszak ist vermutlich polnisch-katholisch. Da sollten bei deutschen bzw. bunten Demokraten die Warnlampen angehen, denn die Polen versuchen ja grade, die EU zu delegitimieren. Der Tusk dürfte seine Förderer bitter enttäuscht haben.

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  5. Der Tusk dürfte seine Förderer bitter enttäuscht haben.
    Es könnte auch alles, wirklich alles, abgekaspert sein.
    "Katholisch" war Francesco Franco auch, abér - Näheres bei olle Dikigoros ...

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  6. Frank O war auch Freylaura.Hochgrad und so

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