Donnerstag, 12. September 2024

Sauer im Abgang: Wenn niemand mehr etwas von Dir wissen will

Das "Projekt", so nennt es der Gesundheitsminister noch immer, startete mit Euphorie. Nach 16 bleiernen Merkel-Jahren trat deren Koalitionspartner SPD endlich ins Licht. Über Jahre hatten die Parteistrategen gegrübelt, geplant und sich ausgedacht, wie sie die Gesellschaft fit machen würden für eine gerechte, nachhaltige und umfassend klimatechnisch reformierte Zukunft. 

Sauer statt lustig

Gleich zu Anfang kamen die Pläne der beiden Koalitionspartner noch obendrauf. Die Grünen brachten Ideen mit, wie nicht nur Deutschland, sondern die ganze Welt in nur wenigen Jahren komplett umgebaut werden könnte. Die Liberalen dachten an Steuererleichterungen, später. Erstmal aber war es gut, lieber zu regieren als regiert zu werden, denn nur so lässt sich alles Falsche zumindest noch abmildern.  

Das Dreierbündnis erregte Aufsehen. Selten zuvor hatte Deutschland so ein hübsches Kabinett: Hier der knurrige, kleine Kanzler, fast glatzköpfig, aber mit einem sogenannten Schlumpfenlächeln, das ihn sympathisch macht. Er redet nicht viel, sondern regelt die Sachen als Chef. Dafür ist sein Vizekanzler von den Grünen eine sprechende Verheißung. Wenn Robert Habeck das Wort an die Bevölkerung richtete, schwärmte das Land. So ehrlich. So eindringlich. So emotional. 

Seele streicheln

Nie zuvor seit vielen Jahren hatte jemand die Seele der Menschen so zart gestreichelt und ihre Fantasie geküsst, dass am Ende kaum mehr jemand zu sagen wusste, worum es eigentlich gegangen war. Fasziniert von der Aussicht, der erste Staat der Welt zu sein, der klimagerecht, nachhaltig und demokratisch auf elektrischer Basis wirtschaftet, gingen die Massen mit. Die Grünen bauten ihre Beliebtheit aus. Die SPD fand sich mit ihrem Kanzler ab, einem Mann, den sie als Parteivorsitzenden nicht hatte haben wollen und als Kanzlerkandidaten nur aufstellte, weil sie sich sicher wähnte, dass das Rennen ohnehin verloren war.

Was genau die Menschen mitnahm, wenigstens in den ersten Stunden, war auch bei Annalena Baerbock und Karl Lauterbach nicht klar, den beiden anderen beliebten Köpfen im Kabinett. Sie war das schönste Gesicht der Ampel, das sich stolz überall auf dem Globus zeigte. Er übernahm die Rolle des Kärrners, der seine kaum zu bewältigende Sisyphus-Aufgabe mit großer Lust erledigt. Dafür aber verdeutlichte Christian Lindner, Vizekanzler Nummer 2, immer wieder, worum es ihm ging. Ja, das reicht noch nicht. Unbedingt müsse man da schneller werden. Es würde länger dauern, aber das sei nicht gut. Doch wäre er nicht dabei, wer weiß, wie es dann aussähe. 

Zauber des Anfangs

Der Zauber des Anfangs, er hatte die Deutschen schon ein wenig verzaubert. Wie die Statistiken der Suchmaschine Google verraten, interessierten sich zu Beginn der Ampeljahre Millionen Menschen für die neuen Hauptdarsteller im Staatstheater. Vor allem Baerbock, Scholz und Lauterbach erlebten einen wahren Aufmerksamkeitsansturm. Wer sind diese Unbekannten, die uns führen, fragten sich die Menschen. Wieso steht Annalena Baerbock unterm Eiffelturm und was macht Olaf Scholz vor diesem Trumm von Gasturbine? 

Niemand weiß es mehr, aber es interessiert auch keinen. Obwohl die führendsten Ampel-Politiker eine höhere Medienpräsenz genießen als Minister einer Bundesregierung oder Parteichefs jemals vergönnt war, ist das Interesse der Öffentlichkeit weitgehend erlahmt. Die Statistik der Suchanfragen bei Google (oben)  zeigt: Die Ampel ist abgeschrieben. Was sie tut oder nicht tut, plant oder zu unterlassen vorhat, sagt oder verschweigt, wird draußen im Land für ähnlich wichtig gehalten wie die Zusage, bald ein Klimageld auszuzahlen oder das Wahlkampfversprechen der wummsgetriebenen "Magiconomics" doch noch umzusetzen.

Warten auf das Ende

Keiner glaubt noch irgendetwas, keiner erwartet noch Führung oder Entscheidungen anstelle des unablässig grummelnden Dreierstreits zwischen Grün, Rot und Gelb. Ein Land wartet, dass es endlich vorübergeht. Selbst ob es ein Ende mit Schrecken wird, plötzlich und unerwartet eines Abends aus nichtigem Anlass in der "Tagesschau" erklärt, oder der Schrecken noch bis zum bitteren Ende am Wahltag im September 2025 währt, ist mittlerweile auch egal.

1 Kommentar:

  1. Naja... kaputt machen lässt sich in einem Jahr schon noch einiges.

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