Montag, 19. August 2024

Zum Abschied ein Tritt: Kein letzter Dienst am Totenbett

das letzte Führungsduo der Linkspartei als parlamentarische Kraft: Schirdewan und Wissler.
Vielleicht schon das letzte Führungsduo der Linkspartei als parlamentarische Kraft: Schirdewan und Wissler. Abb: Kümram, Kreide auf Acryl

Nachdem die böse Hexe gegangen war, endlich!, pfiffen sie im Wald. Jetzt würde die Zukunft beginnen, das Gespenst des Kommunismus aus dem Grab auferstehen. Die eigenen Reihen gesäubert, der Blick geradeaus schräg zum Ziel einer gerechteren besseren Gesellschaft, in der der Klimaplan und das gute Sprechen für bezahlbare Mieten, einen kostenlosen ÖPNV und bedingungslosen Kollektivismus zum Wohle aller sorgt. Janine Wissler und Martin Schirdewan waren entschlossen, die kläglichen Reste der Linkspartei aus der Asche der Kommunistenkrieg zu neuen Höhen zu führen.

Faust ins Gesicht

Doch das mutige Pfeifen verklang. Die Realität, seit den Tagen von Marx, Engels und Lenin der ärgste Feind der hochfliegenden Pläne aller Weltverbesserer, ließ die Partei zagen und zweifeln. Die EU-Wahl endete nicht mit einer Ohrfeige, sondern mit Faustschlägen ins Gesicht. Die Linke war tot, sie wollte es nur nicht wahrhaben. Der Versuch, nicht bei denen nach Stimmen zu suchen, die ihre gute alte SED früher zuverlässig gewählt hatten, sondern auf Hilfe aus den Bionadevierteln der Überverdiener im Westen zu schielen, war gescheitert.

Guter Rat ist nicht teuer, aber er wurde von A bis Z schon von der Frau benutzt, der die ideologietreue Abspaltung im Karl-Liebknecht-Haus alles zu geben bereit war. Nur nicht die Genugtuung, es doch immer schon gesagt zu haben 

Was sich hinter den Kulissen der auseinanderbrechenden Partei abspielt, weiß die Öffentlichkeit nicht. Unter dem Mantel der Rückkehr zum Status der "Kümmererpartei" versucht es jeder Funktionär mit eignen Mitteln. Nationalismus, Patriotismus, Internationalismus, Sozialismus und Paternalismus - die jüngste Häutung der SED hat alles im Programm und sie bietet für jeden die Gewähr, dass nichts davon jemals wahr werden wird. 

Ungelenkt von den beiden weiterhin amtierenden Parteichefs taumelt der lecke Dampfer seinem kühlen Grab in den Annalen der Geschichte entgegen: "KPD/SED/PDS/LINKE 1919 - 2024" wird auf dem Stein stehen, der vielleicht schon am 1. September bei der Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen im Gräberfeld "Sonstige" gesetzt wird.

Abschied ganz unten

An Janine Wissler und Martin Schirdewan wäre es in dieser Situation, den Regeln des Bedeutungskampfes folgend bereitzustehen, zu gegebener Zeit Verantwortung zu übernehmen. Die rechte Stunde wird am 1. September schlagen, etwa um 18 Uhr wäre es Zeit für Wissler und Schirdewan gewesen, Konsequenzen aus dem schlechten Abschneiden der Partei zu ziehen, ihren Rückzug anzukündigen und Platz für einen jener Neuanfänge zu machen, die politische Formationen in die Lage versetzen, sich selbst davon zu überzeugen, dass sie noch gebraucht werden, auch wenn sie nicht mehr gebraucht werden.

Die beiden Vorsitzenden aber haben einen anderen Weg gewählt. Janine Wissler, bis in den Herbst kommenden Jahres noch Bundestagabgeordnete, hat ihren Rücktritt jetzt schon angekündigt. "Ich werde nicht wieder kandidieren" heißt es da, wohl um zu verdeutlichen, dass die Ankündigung Martin Schirdewans, ebenfalls nicht mehr zur Verfügung zu stehen, nicht zwischen den beiden abgesprochen war. Schirdewan, der im Frühjahr noch mit viel Glück wieder im Europaparlament gelandet, beklagt eine "teilweise destruktive Machtpolitik in unseren eigenen Reihen". Wissler erinnert sich hingegen rückblickend an "eine Phase, in der die Partei durch politische Machtkämpfe gezeichnet war".

Noch unbekanntere Gesichter

Für sie ist sie vorbei, er fühlt sie noch. Beide zusammen kandidieren im Oktober getrennt voneinander nicht mehr für den Vorsitz und geben der Partei, die sie ohnehin nicht wiedergewählt hatte, zum Abschied noch einen letzten Tritt. Nach der Schicksalswahl in den beiden Ostländern, in denen die Linke in ihren guten Jahren Volkspartei war, wird niemand da sein, der die Schuld auf sich nimmt und einen Neuanfang mit noch unbekannteren Gesichtern und noch weniger von der umgebenden Wirklichkeit zu beeindruckenden Genossen ermöglicht.

"Die Entscheidung hätten sie in einer Sitzung dem übrigen Parteivorstand verkündet", zitiert der "Tagesspiegel" den Ablauf des Abschieds ohne Quellenangabe. Wissler, der das "Ergebnis der Europawahl und die Umfragen in Ostdeutschland" nicht etwa gezeigt hat, dass nur der Vorläufer SED es sich leisten konnte, seinen Stiefel gegen die Mehrheit der Menschen durchzuregieren und dennoch gewählt zu werden, sondern "wie schwer es ist, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen", sieht nun "einen langen Weg vor uns", obwohl der schon in 13 Monaten enden könnte. 

Die Partei hat immer recht

Auch Schirdewan, Enkel eines zu DDR-Zeiten verfemten SED-Politbüromitglieds, ist nicht der Meinung, dass irgendetwas falsch gemacht wurde, denn die Partei hat immer recht. Sondern "dass unsere Partei in der jetzigen Situation neue Perspektiven und Leidenschaft braucht, um die notwendige Erneuerung voranzutreiben". In welcher Nische eine Partei Wähler finden soll, die grüner und weltoffener sein will als die Grünen, sozialer und gerechter als die SPD, verbal wehrhafter als die FDP, antikapitalistischer als die AfD und beim Thema Waffenlieferungen friedlicher als die sächsische CDU, steht noch in Frage.

9 Kommentare:

  1. Go Woke, go Broke

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  2. Warum haben diese zwei so rote Rüssel! Übertreibt es Kümram mit der künstlerischen Freiheit?

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  3. Und nu? Gysi? Für ein Plakat hatten sie ja den alten Milliardenzauberer wieder aus dem Sarg geholt.

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  4. DIE Sorte kapiert es näwwer äwwer. Lenchen Ceausescus große Fresse fast noch vorm Erschießungskommando ...

    Was Ananas, Danisch zu Toni Kroos. Musste gleich an Ulrich Roski selig denken, die Geschichte von Beppo Boppel aus Bad Boll: "Mein Lieber, wenn Ihr Sohn im Kopf nicht so ganz hell ist, ist er doch GRADE der geborenen Athlet!" - Das war noch Wortkunst.

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  5. Danisch zu ARD, AfD und Karola Keks oder wie die Strulle heißt: Oh heilige Einfalt ...

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  6. Einen noch, einen noch: Sebastian Dummprügel, von den Plinsen. Die feiste, blöde Fresse ...

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  7. >Sebastian Dummprügel
    Der sieht mittlerweile aus wie Kalkofes Ar...m. Vermutlich klingt er inzwischen auch so.
    Hähäh. Internet for you.

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  8. Naja, nach über 30 Jahren sollten die SED-Milliarden ja nun ihren Weg in die Privatschatullen gegangen sein.
    Da kann die zugehörige Partei dann auch weg.

    PS: Immer noch besser, zurückzutreten, als im Schweizer Straßenverkehr unvorsichtig zu werden. (Gnihihi...
    .. die Hoffnung stirbt zuletzt dann doch. Mit den Hoffenden.)

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  9. die SED-Milliarden

    Seit Mitte der Neunziger, und zwarstens bis heute noch, erlebe ich (erst in den letzten Jahren gelinde abflauend), dass die Idee des Geistertanzes des Schamanen Wowoka durchaus nicht tot ist: Wenn wir sie nur eifrig wählen, kehren die Büffel und die Arbeitsplätze zurück!

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