Alles auf Ost, alles auf Hier: Im Landtagswahlkampf setzen die progressiven Parteien auf identitäre Botschaften. |
Die internationalistische Linke stellt sich auf Plakaten plötzlich als "ostdeutsch" und sächsisch" vor. Der SPD liegt vor allem "Sachsens Zukunft am Herzen". Die CDU will "stärkste Kraft für Sachsen" werden und mit "Thüringen. Das schönste Land verdient die beste Regierung" verabschiedet sich die FDP aus der Wahrnehmbarkeit als politische Kraft im Osten.
Unser Land zuerst
Alles klingt wie "Unser Land zuerst", eine legalistische Abwandlung der verbotenen Parole "Alles für D-Wort", nur regional. Bodo Ramelow ist nach dieser Lesart "Christ, Sozialist und Ministerpräsident", aber kein Wessi, der sein Glück im Busch gemacht hat. Auch das eben erst frisch gestaltete Logo seiner Partei versteckt der scheidende Ministerpräsident. Die Grünen dagegen verzichten auf Aussagen zur großen Transformation, zur Heizungsrevolution und eine Erneuerung des leidigen Versprechens mit dem Energiegeld. Sie wollen jetzt nur noch "Sachsen gemeinsam bewegen" und "für Mensch, Natur und Thüringen" eintreten. Denn "Umweltschutz sichert Dein Zuhause".
Was letztens noch die Sicherheit war, auf die all die verzweifelten Wahlkampfplaner setzten, weil es selbst in Parteizentralen nach Angst roch, die Wahlkämpfer sich aber verboten hatten, irgendetwas zu irgendeiner Frage von Belang zu sagen, ist heute die heimische Scholle als Rückzugsort für die eigene Gemeinde.
Draußen nur Kännchen
Draußen Kännchen, drinnen der Kuschel-Kamin, an dem die globalen Klima- und Gerechtigkeitskämpfer Heimatgefühle züchten. "Deine Stimme für Grün zählt doppelt", haben sie in Erfurt ausgerechnet, etwas, das auch die Genossen in Sachsen herausbekommen haben: "Strategisch wählen - aber klug" hat die Stunde geschlagen, denn "Wir Bündnisgrüne haben es gegen große Widerstände geschafft, in entscheidenden klima- und gesellschaftspolitischen Fragen einen Richtungswechsel anzustoßen - aber wir sind noch lange nicht fertig."
Da kommt noch was, wenn noch ein Wunder geschieht und im nächsten Kabinett noch Reste der derzeitigen Regierungsparteien Sitz und Stimme haben. Wenn nicht, ist es auch noch so, denn die Opposition hat selbstverständlich auch einen Sack an Hier und Wir und Irgendwasmitthüringen gepackt. Unter "ein-gutes-thueringen.de" offeriert die CDU ihr "Thüringen-Programm", unter "weilesumsachsengeht.de" will die dortige Union "die Sächsinnen und Sachsen nicht nur mit unserem Spitzenkandidaten Ministerpräsident Michael Kretschmer und engagierten Kandidatinnen und Kandidaten in den Wahlkreisen überzeugen, sondern auch mit klugen Ideen für Sachsens Zukunft".
Karl May und Winnetou
Aus Laptop und Lederhose, einst ein Versprechen der CSU, ist "Karl May gehört zu Sachsen und Winnetou ins deutsche Fernsehen" geworden, ein parteiübergreifendes Programm, das auch zu Petra Köpping passt, die als Sächsische Staatsministerin für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vor vier Jahren die Verwahrung von Quarantäne-Verweigerern in psychiatrischen Einrichtungen angekündigt hatte und nun guter Hoffnung ist, die 7,7 Prozent der SPD von damals noch einmal deutlich zu untertreffen.
Köpping tut, was sie kann. Die 66-Jährige plakatiert sich als "die Richtige für Sachsen, die Richtige für Dich", sie verspricht "mehr Bus und Bahn", "bezahlbares Wohnen", "15 Euro Mindestlohn", "mehr Lehrer" und "gesunde Krankenhäuser". Alles für Sachsen. Alles kein Ding. Hätte die SPD schon jemals die Möglichkeit gehabt, im Freistaat mitzuregieren, wäre das alles längst erledigt.
Alles für Thüringen
Nebenan ist alles "für Thüringen", das aber "klar und deutlich", und die Schwerpunkte der "gerechten und solidarischen Gesellschaft", die die Thüringer Sozialdemokratie demnächst errichten wird, sind neben der Queerpolitik eine noch zu stärkende Sozialwirtschaft und "gute Arbeit in Zeiten der Transformation". 44 Seiten hat das Wahlprogramm, eine Art Bibel mit zehn Kapiteln, die ein Best-of aller Parolen bieten, die sich in den vergangenen Jahren als unerlässliche Antworten auf Herausforderungen bewährt haben, die nicht zu den vielen, vielen so ärgerlichen gehören, über die man nicht reden kann.
Wer dazu nein sagen kann, hat all das zweifellos gar nicht verdient.
Wenn die jetzt alle mit dem banalstem völkischen Spam ankommen, dann kann man doch gleich das Original wählen, also die laut bundesdeutscher Reichspresse legitimen Nachfolger des letzten Reichskanzlers.
AntwortenLöschenMan unterschätze nie die zum Himmel schreiende Blödheit des profanum vulgus. Darüber hatte sich vor Lukrez schon Theognis von Megara ausgelassen.
AntwortenLöschenIch freue mich schon auf die Landtagswahlen, jedoch, die Freude ist verhalten.
Ich glaube, die ganze völkische Mimikry hilft auch nicht mehr.
AntwortenLöschenWenn der SPIEGEL recht behalten sollte (und wann war das jemals nicht der Fall), wird Deutschland demnächst vom heimlichen Hitler regiert.
ist das schon hetze?
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