Dienstag, 20. August 2024

Trick 17 im Haushaltsstreit: Loch an Loch und hält sie doch

Die Einnahmen der öffentlicheh Handes steigen, reichen aber nie
Die Einnahmen der öffentlichen Hand haben sich seit 2009 um 86 Prozent erhöht.

Es war kein Witz der Weltgeschichte und auch kein grausamer Zufall, als Bundesfinanzminister Christian Lindner im Frühsommer die ersten Zahlen zum absehbaren Haushaltsdefizit nach draußen sickern ließ. 17 Milliarden Euro würden voraussichtlich fehlen, 17 Milliarden, das ist beinahe bis auf den Cent genau die Summe, die Deutschland jedes Jahr mehr an die EU überweist als an Förder-, Stützungs- und Rettungsmitteln aus Brüssel zurückfließt, weil das Geld woanders dringender benötigt wird.

Milchmädchens Traum

Ein Milchmädchen hätte es leicht. 17 Milliarden hier, 17 Milliarden da. Es gäbe kein Loch, gäbe es die einen Milliarden nicht, weil dann genug für die anderen da wäre. Ein Gedankengang, der dermaßen auf der Hand liegt, dass die deutschen Leitmedien ihn sich mit zusammengekniffenen Zähnen verbieten: Hierzulande gilt als Regel, dass Deutschland nicht nur "der mit Abstand größte Nettozahler der Europäischen Union" (RP). Sondern auch der "größte Profiteur des EU-Binnenmarktes" (FAZ). 

Zwar zahlte Europas größte Volkswirtschaft im vergangenen Jahr eben jene astronomische Summe von 17,4 Milliarden Euro mehr in den EU-Topf ein als sie daraus erhielt. Dafür aber summierten sich die "dadurch erzielten Einkommensgewinne auf 86 Milliarden Euro im Jahr", wie die Bertelsmann-Stiftung ermitteln konnte.  

Ein Bombengeschäft, obwohl Deutschland sich seine Teilhabe am gemeinsamen Markt mit den vielen  gemeinsamen Institutionen und der gemeinsamen Richtlinien, Regeln und Vorschriften fast doppelt so viel kosten lässt wie Frankreich, das nicht einmal 20 Prozent weniger Einwohner hat. So zahlte jeder Deutsche im Schnitt 237 Euro mehr ein als er erhielt, dahinter folgen Irland mit 197 Euro und Schweden mit 196 Euro; erst auf Platz sechs steht Frankreich mit 147 Euro pro Kopf. 

Dafür aber steigert der Binnenmarkt die Einkommen der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland nach Berechnungen der Bertelsmann-Stiftung deutlich mehr als im EU-Durchschnitt: Der muss sich mit 840 Euro Plus bescheiden. Für jeden Deutschen summieren sich die jährlichen Einkommenszuwächse pro Person auf 1.046 Euro. Das liegt sogar noch um erstaunliche 204 Euro über dem Gesamteinkommenzuwachs, den jeder Deutsche im Durchschnitt erzielte.

Dicke Profite

Zahlen, die stolz machen, zumal Deutschland in letzter Zeit europa- wie weltweit als Wachstumsbremse fungiert. Niemand hat die Absicht, einen Zusammenhang herzustellen, denn die Alternative wäre fürchterlich: Ein Deutschland, das derzeit so sehr und so deutlich profitiert, dass die von Rezessionsängsten geplagte USA auf einen 25-fach höheres Wachstum kommt und die von Robert Habeck als Verursacher der deutschen Misere ausgemachten Chinesen sogar auf ein 30-faches, wäre unbewohnbar, würde es nicht Europa dafür bezahlen, dass es seine Waren kauft.

Dazu wird immer Geld gebraucht, Geld, das immer fehlt. In der neuerlichen Einigung über den Haushaltsstreit hat die Ampel-Koalition denn  nun auch drastische Maßnahmen zur Sicherung der weiteren Zahlungsfähigkeit ergriffen: Die 17 Milliarden wurden auf zwölf eingedampft, diese zwölf wiederum werden eines Tages eingespart, indem. Die Tendenz geht dahin, dann weniger auszugeben oder anders oder es klappt mit unerwarteten Mehreinnahmen, etwa durch einen großen Lottogewinn.

Kein Lottogewinn, kein Siegkrieg

Die Ampel fährt auf Sicht. Bis dahin darf nur noch bereits bewilligte Militärhilfe an Kiew geliefert werden: Der Russe gilt aus Sicht des Kabinettes als noch weiter entfernt als der Insolvenzverwalter, Putin verzeiht deutliche großherziger fehlende Verteidigungsanstrengungen als der Wähler das Ausbleiben von Bürgergeld, Kindergeld, Arbeitslosengeld, Sozialgeld, Grundsicherung, Regelleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen, Wiedereingliederungshilfe, Wohngeld und Heizausgleichsleistungen wegen der durch die Erhöhung von Mindest-, Tarif- und Mindestabstandslohn gestiegenen Inflation.

Nach der nunmehr nur noch vom Parlament zu diskutierenden Haushaltsplanung - die Zustimmung gilt als Formsache - wird bereits bewilligtes Kriegsmaterial noch nach Kiew geliefert. Verzichten aber muss die Ukraine auf zusätzliche Hilfslieferungen, wie sie gleich nach dem Überfall Russlands auf den Vorposten des Westens unverlangt aus Berlin geschickt worden waren. Mit Blick auf die anstehenden Landtagswahlen, die seit einigen Wochen schon die Feder bei jeder Regierungsentscheidung führen, seien sich Bundeskanzler Olaf Scholz und Finanzminister Christian Lindner einig gewesen, dort zu sparen, wo es im Inland am wenigsten bemerkt werde. 

Kleinteilige Regulierung

Die Ukraine muss nun den Gürtel enger schnallen, dazu bekommt die Bahn keinen verdeckten Zuschuss, sondern ein ausgestaltetes Darlehen. Die Bodensatz-GMA wird auf 12,5 Milliarden Euro reduziert, Uniper zahlt mehr zurück und die Vorsorge für den Ausfall von Steuereinnahmen beim EU-Energie­krisen­bei­trag wird reduziert. Schon lässt sich wieder sagen, dass die Ampel trotz aller Abgesänge weiterlebt, "man möchte fast gratulieren, wäre da nicht der nicht so kleine Haken: Vor lauter politischer Überanstrengung hat die Bundesregierung vergessen, auch nur ein Problem wirklich und nachhaltig zu lösen."

Das große Loch ist weiter da, der Haushalt ist sogar Loch an Loch, aber er hält sie doch, diese "Übergangsregierung", wie der grüne Parteichef Nouri Omnipur die einstige Fortschrittskoalition jetzt getauft hat. Im Bundeshaushalt 2025 sind Gesamtausgaben von 481 Milliarden Euro vorgesehen, acht Milliarden weniger als im laufenden Jahr. Aber fünf Milliarden mehr als 2023 und etwa 40 Milliarden mehr als 2020.

6 Kommentare:

  1. Wäre nicht unübel, wenn Danisch richtig kalkulieren täte, dass es dem Rundfunkstaatsvertrag und damit etlichem Schmarotzergezücht ans schmutzige Fell gehen könnte.
    Aber machen wir uns besser keine Illusionen. Es gibt keine bessere oder üblere "Partei" - die spielen alle ihre Rollen in der Affenkomödie für die jeweils spezifische Klientel. Auch für den rein theoretischen Fall,* dass die "AfD" aus dem Stand eine unangreifbare Mehrheit bekäme, dürfte vorgesorgt sein, und zwarstens redundant.

    *Theoretisch. Praktisch: Die kann man doch nicht wählen (Doch, das geht!) - die sind doch RÄCHTS!

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    1. Ja, das stimmt zwar, aber.... Die Regierenden inkl Faeser wären schön blöd, wenn sie das nicht alles genau so machen würde. Wenn sie ein Volk hat, das ausreichend blöde oder feige genug ist, damit man sowas problemlos mit ihm machen kann, nur dann wäre Faeser noch blöder als der Urnenpöbel....

      Das Wesentliche vergessen die meisten immer in ihren Kommentare.

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    2. Le Bon hat sich seine soziologische Erkenntnis ja nicht aus den Fingern gesogen:
      Wer die Masse verführt, wird ihr Held, wer versucht, sie aufzuklären, wird ihr Opfer.
      Das ist so seit dem alten Rom. Wo der Pöbel Macht hat, lässt er sich lenken. Das fällt leicht, wenn der Pöbel nichts hat und versorgt werden will, es fällt aber auch nicht schwer, wenn der Pöbel etwas zu verlieren hat. Im letzteren Fall agiert er eben eher nicht dynamisch, sondern apathisch.
      "Nichts zu verlieren, als ihre Ketten" kommt zwar von Marx, aber nicht von ungefähr.

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  2. Und wenn wir in den groß

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  3. ...ja... wenn wir nun in den großen Berechnungswurf die Target-II-Salden einbeziehen, nach denen "wir" in den Euroraum auf unsere eigenen Kosten exportieren, quasi darlehensfinanziert, dann sieht der Wurf auch nicht mehr allzu groß aus.

    Spätestens seit dem merkwürdigen Abgang Horst Köhlers - unvergessen seine Tränen beim großen Zapfenstreich, während M. fröhlich aufgeräumt auf ihrem Stuhl herumruckelte - wurde deutlich, dass die allfälligen Krisen der Rentenkasse und des ungedeckten Papiergeldes nicht nicht [sic!] gelöst werden sollen. Aber da die Lösung ohnehin nur "zum Preis eines Aufstands" erhältlich sein würde [G. Steingart], konzentriert "man" sich eben zuvorderst auf die Aufstandsbekämpfung.

    Dies hat auch den Vorteil, dass sich die Akteure in der ersten Reihe nicht irgendwelchen Pöbel-Volkers verantwortlich fühlen müssen, sondern nur den Interessen eines verlässlicher scheinenden, feinen kleinen Kreises* an Protagonisten, eher aus Überland als Übersee, verpflichtet sind.
    *Ach Sie nun wieder mit Ihrem Anti... blablabla. Für das "Antidingens", was ich meine, ist noch gar kein eigener Begriff eingeführt.

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  4. @irgendwer: ja, der horst. wollte nicht unterschreiben. so einen kann niemand brauchen

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