Samstag, 17. August 2024

Robert Habeck: Stolz und Vorurteil

"Eine Wärmepumpe spart Geld", hat Robert Habeck errechnen lassen. Für die Laatzener Rentnerin Roswitha Mende (76) wird das Sparen losgehen, wenn sie 100 wird.

Tagelang waren seine Beamten unterwegs, um ihn zu finden, den Adolf Hennecke der Heizungswende, die Frida Hockauf der deutschen Welttemperaturregelanstrengungen. Seit Robert Habeck mit seinem Heizgesetz einen Schlusspunkt unter den gerade anlaufenden Boom der elektrisch betriebenen Heizungen gesetzt hat, schwächeln die Hersteller, weil die Kunden nicht mehr kaufen.  

So dauerte es einen Moment, bis die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit des Bundesklimawirtschaftministerium im niedersächsischen Laatzen fündig wurde. Hier wohnt Roswitha Mende in einem viel zu großen Einfamilienhaus. Die Rentnerin, je nach Quelle 75 oder 76 Jahre alt, ist eine der letzten Wärmepumpenkäuferinnen Deutschlands und damit erste Adresse auf der Sommertour durchs Land, die Robert Habeck als Rettungsmission für die Wärmepumpe sieht.

Der Weg von Roswitha Mende soll Schule machen, ihr Beispiel in die Fläche wirken. Wie wichtig das wäre, nicht nur für Deutschland, sondern auch für den grünen Minister, der sich anschickt, nach dem Kanzlerkandidatentitel der Ökopartei zu greifen, macht ein Blick in Robert Habecks Gesicht deutlich. der 54-Jährige ist in den zurückliegenden knapp drei Jahren seit dem Start des großen Ampelexperiments zur Transformation der gesamten Gesellschaft sichtlich gealtert. 

Graues Haar, tiefe Falten

Das Haar des stets so jungenhaft wirkenden Politikers ist ergraut, Falten haben sich ins Gesicht des Öko-Revolutionärs gegraben. Robert Habcek hat auf dem Weg bis hierher nach Laatzen nicht nur wichtige Weggefährten verloren, sondern auch mehr als die Hälfte seiner Wählerinnen und Wähler, dazu noch das Vertrauen der Bevölkerung und den Rückenwind aus der Wirtschaft, die mittlerweile nicht mehr glaubt, dass der gelernte Philosoph weiß, was er tut.

Dass Habeck an diesem eigentlich recht schönen Sommertag ausgerechnet in diesem Haus vorbeischaue, "ist kein Zufall", hat renommierte FAZ recherchiert. Roswitha Mende sei genau so, wie Habeck und seine Partei die Menschen gern hätten: klimabewusst, veränderungswillig, investitionsbereit und dabei so willig, dass sie nicht auf den oder die Euros schauen, die das alles kostet. 

Statt Meckern und Schimpfen

Wo andere meckern und schimpfen, ist Roswitha Mende zufrieden. Zum Beispiel ist mit dem Gesamtpaket, das es ihr möglich gemacht hat, ihr Haus auf Klimavordermann zu bringen: 40.000 Euro hat die neue Wärmepumpe gekostet, rund 24.000 davon hat Vater Staat spendiert, der Millionen Steuerzahler als Quelle seiner guten Gaben an einzelne wohlhabende Immobilienbesitzer hinter sich weiß. Daraufhin hat Mende sich noch eine Solaranlage für 22.000 Euro geleistet. Alles in allem hat sie mehr als 40.000 Euro in das Haus gesteckt, in dem sie schon seit mehr als 40 Jahren lebt. 

Das lohnt sich, bestätigt Robert Habeck. Ausgehend von 8.000 kWh Wärmebedarf jährlich, wie ihn ein Einzelhaushalt in Deutschland typischerweise hat, liegen die Heizkosten mit einer Gasheizung bei 2.300 Euro. Mit einer Wärmepumpe reduzieren sie sich drastisch auf nur noch 650 Euro. In nicht einmal 25 Jahren wird sich ihre Investition für Roswitha Mende in barem Geld auszahlen: schon zu ihrem 100. Geburtstag wird die Seniorin Grund haben, ausgiebig zu feiern, zumindest wenn sie für den Umbau keinen Kredit aufgenommen hat und bis dahin keinerlei Service- oder Reparaturkosten anfallen.

Wenn das kein gutes Zeichen ist

"Eine Wärmepumpe spart Geld", freut sich Robert Habeck. Und recht hat er. Die Bundesregierung hat gesetzliche Vorkehrungen getroffen, die dafür sorgen werden, dass Öl- und Gas durch die Belastung mit der sogenannten CO₂-Abgabe zielgerichtet immer weiter steigen. Zudem ist es den Ampelparteien gelungen, die leidige Diskussion um einen Ausgleich der gravierenden neuen Belastungen durch ein Klimageld durch hinhaltendes Verzögern und Vertrösten zu beenden. 

Wenn Habeck nun in Laatzen sagt, mit den großzügigen Förderungen der Ampel werde sich der Wärmepumpenkauf "schon nach wenigen Jahren amortisieren", hat er das Gesamtpaket im Blick: Wenn Gas und Öl erst richtig teuer sind, dann sieht Roswitha Mendes Rechnung schon ganz anders aus. Würde der Betrieb einer Gasheizung etwa doppelt so teuer wie heute, wäre ihre Wärmepumpe zwar faktisch immer noch keinen Cent günstiger. Doch zumindest im Vergleich hätte sie dann gewisse Chancen, noch vor Erreichen des durchschnittlichen Ablebensalters von Frauen in Deutschland in die Nähe eines positiven Ertrags ihrer Investition zu kommen.

Positiver Beispieleffekt

Es ist dieser positive Beispieleffekt, auf den Robert Habeck auch in dem kleinen Video setzt, das er noch im Überschwang der Begeisterung über die Begegnung mit Roswitha Mende gedreht hat. Dass sich seit der Verschiebung der Wärmewende auf einen Zeitpunkt nach der Vollendung der kommunalen Wärmeplanung gar nichts mehr tut in den Heizungskellern, hat den Minister überrascht und seine Fachleute sprachlos gemacht. 

Niemand im politischen Berlin hatte erwartet, dass die amtlich ausgerufene Unsicherheit die Bauwirtschaft so hart treffen wird und der Stopp von Förderprogrammen und die Kürzung der Zuschüsse für Energieberater eine Krise heraufbeschwören werden.

Wissen, was zählt

Dagegen gilt es nun anzureden. Nicht im Wahlkampf in Sachsen und Thüringen, das würde Partei und Land nur schaden. Aber im zivilisierten Niedersachen lassen sich auch schöne Bilder von zufriedenen Klimamitstreitern ernten. Hier ist die Wärmewende Gewissenssache. Wer sich verweigert, ist schuld am Klimaschicksal der Menschheit, wer gierig auf den Pfennig schaut und behauptet, für ihn selbst rechne sich das alles nicht, versündigt sich an kommenden Generationen. Robert Habeck lehnt es ab, kleinlich zu rechnen, denn er weiß, was zählt. 

Für die angestrebte Kanzlerkandidatur braucht der früher grüne Parteichef nicht noch mehr Pleitemeldungen von Wärmepumpenboom-Firmen, pfiffigen Solarfirmen, Windkraftriesen und Ladesäuleninnovatoren, sondern Wachstum in allen Bereichen. Menschen müssen ihre Häuser elektrifizieren, koste es, was es wolle, sie müssen Batterien kaufen, Solarpanel und Fassadendämmung anschaffen. 

Noch "schwächelt" (DPA) die Wirtschaft, sogar länger als Robert Habeck erwartet hatte. Aber eine Rezession, wie sie den USA und China droht, die derzeit nur auf Wachstumsraten von knapp zwei Prozent kommen, ist nicht im Anzug. Deutschland stagniert mit etwa 0,1 Prozent plus bis 0,1 Prozent minus. Sobald aber das Wachstumschancengesetz Wirkung entfaltet, werden alle Bremsen gelöst. Robert Habeck ist stolz auf das bereits Erreichte im Kampf gegen das Vorurteil, das rechne sich doch alles gar nicht. 

Alle Steuerzahler dürfen mitmachen

Dem Konzept der Bundesregierung nach wird alles, was an großzügigen Fördermaßnahmen für die Bewohner der Eigenheimsiedlungen und private Vermieter ausgelobt wird, um Schwung in die Sache zu bringen, von denen gezahlt, die keine Häuser besitzen und keine Chance haben, ihr E-Auto mit dem eigenen Solardach zu laden. Wer auch nicht mit Hilfe einer neu eingebauten Wärmepumpe in der Mietwohnung von der Wärmewende profitieren kann, wie es Roswitha Mende ab zirka 2050 tun wird, kann dank der weitsichtigen Förderpolitik der Ampel dennoch mitzumachen beim großen Umbau: Dazu reicht es, zu arbeiten und Steuern zu zahlen, die dann als Zuschüsse für die klimagerechte Sanierung in die Bionadeviertel der Republik geleitet werden.


2 Kommentare:

  1. So wie die Wirtschaft sehnsüchtig auf die Früchte des Wachstumchancengesetzes wartet, warte ich noch fiebernd auf den Geldregen, den mir das Lottogewinnchancengesetz bereiten wird.

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  2. Hoffentlich ist es eine dieser Wärmepumpen-PV-Kombinationen, die 40 Jahre halten und nicht 5 Jahre vor Amortisierung (da klingt der Tod schon mit...) schlapp macht.

    Aber die rüstige Rentnerin hat sicher -schlau- vorhandenes Geld verbrannt, bevor es eine suprastaatliche Einrichtung tut. Gnihihi

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