Sonntag, 30. Juni 2024

Geheimnisvolles Deutschland-Tempo: Langsam, aber teuer

Nachdem die Versteigerung von Mobilfunklizenzen in die Kritik geraten ist, versteigert der Staat nun Windradflächen im Meer für Milliarden. Die Mehreinnahmen kämen, heißt es, den Stromkunden zugute.

Indien liegt weiter vorn, ein Land, dem Deutschland immer wieder hilft, seine Rückständigkeit zu überwinden. Auch China kann es schneller, womöglich aufgrund der Millioneneinnahmen aus gefälschten deutschen Klimazertifikaten. Osteuropäische EU-Partnerstaaten wie Bulgarien, Kroatien und Litauen beweisen, dass die Aufnahme in die EU kein Fehler war. Nord-Mazedonien, die Schweiz und Malaysia, dass schon allein die Aussicht auf einen späteren Beitritt zur Wertegemeinschaft beflügelnd wirkt.

Weit hinter Nord-Mazedonien

Überall jedenfalls ist das mobile Internet schneller als in Deutschland, das in der List der 40 High-Speed-Nationen nicht auftaucht. Das mobile Internet ist am schnellten in der arabischen Welt, dahinter folgen skandinavische Staaten, dahinter wiederum asiatische. Weit vorn liegt Deutschland dafür bei den Kosten pro Gigabit: 2,14 Dollar pro GB sind eine echte Ansage an benachbarte EU-Staaten wie Italien (0,09 $/GB), Frankreich (0,20 $/GB), Polen (0,37 $/GB) und Spanien (0,48 $/GB), aber auch an Island (1.08 $/GB) und die Briten (0,62 $/GB).


Deutschland hat sein eigenes Tempo, seine eigene spärliche Netzabdeckung, aber auch seine eigenen Preise. Und das mit gutem Grund. Als amerikanische, chinesische und skandinavische Konzerne vor einem Vierteljahrhundert darangingen, die Welt mit einem mobilen Funknetz aufzurüsten, erkannten Bundespolitiker sofort die große Chance, die darin lag. Am 31. Juli 2000 startete in den bescheidenen  Räumlichkeiten der damaligen Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP; heute: Bundesnetzagentur) in Mainz die Versteigerung der Lizenzen für eine Nutzung von Frequenzblöcken durch Mobilfunkanbieter. Nicht einmal einen Monat später hatte der Staat 32,2 Milliarden Euro eingenommen. Bis heute summieren sich die Einnahmen auf mehr als 60 Milliarden Euro.

Sparen und Ausnehmen

Zum großen Erstaunen der wechselnden Koalitionen in Berlin verzichteten die erfolgreichen Lizenzerwerber jedoch nicht auf den Versuch, die zusätzlichen Ausgaben wieder einzuspielen. Einerseits sparten sie einer Analyse für das Bundesministerium für Digitales und Verkehr zufolge bei der technischen Aufrüstung der Netze. Andererseits setzten sie die Preise für die Endkunden so hoch an, dass ihre Mehrausgaben mehr als ausgeglichen werden. Für die Politik kam das vollkommen unerwartet. Im politischen Berlin hatte man damit gerechnet, dass die Mobilfunkriesen die Milliarden für die Lizenzen aus der Portokasse zahlen und darauf verzichten, sie wieder erwirtschaften zu wollen. 

Der Ärger über schleppenden Netzausbau und hohe Preise war groß. Die Verführung, auch mit der nächsten Generation von Netzlizenzen wieder Milliardenprofite zu machen, war noch viel größer. Es brauchte 20 Jahre, bis die ersten Stimmen aus den Ländern auf den Zusammenhang zwischen hohen Lizenzkosten, schlechten Netzen und hohen Preisen hinwiesen und Änderungen forderten. Erst weitere drei Jahre und umfangreiche Versuchen später, die mangelhaft ausgebaute Infrastruktur mit Hilfe von neuen Behörden, amtlichen "Ausbauzielen" und angedrohten Strafen zu ertüchtigen, könnte die Bundesnetzagentur in Kürze erstmals eine neue Strategie ausprobieren.

Die höchsten Einnahmen weltweit

Der Hohn von Rechtspopulisten ist nicht zu überhören. Deutschlands ganz hinten bei der Netzverfügbarkeit, dafür aber ganz vorn den Preisen, das ist der Stoff, aus dem die Verschwörungstheorien sind. Dass der wahrlich nicht auf Rosen gebettete Staatshaushalt hierzulande durch die kluge Auktionspolitik mehr Milliarden für Funklizenzen eingenommen hat als sämtliche anderen EU-Finanzminister zusammen, bleibt absichtlich unberücksichtigt, um nicht erwähnen zu müssen, wie viel Gutes mit den Frequenzeinnahmen bewirkt werden konnte. 

Das Geld, das letztlich von allen Mobilfunknutzern zusammen über höhere Preise wieder an die Mobilfunkfirmen floss und weiter fließen wird, summiert sich immerhin auf einen Betrag, der ebenso groß ist wie der verfassungswidrige Klima- und Transformationsfonds, mit dem die Berliner Fortschrittskoalition lebte und an dem sie schließlich starb.

Milliarden mit dem Nordseewind

Die Bundesregierung hält denn auch zumindest dort an der Praxis der Lizenzvergabe an den Höchstbietenden fest, wo sie öffentlich noch nicht infrage gestellt wird. Eben erst ist es der Bundesnetzagentur gelungen, vom Ölkonzern Total Energies und dem in kommunalem Besitz befindlichen Energiekonzern EnBW mehr als drei Milliarden Euro für Nutzung einer Fläche in der Nordsee etwa 120 Kilometer nordwestlich von Helgoland für einen Offshore-Windpark zu kassieren. 

Ein früheres Versteigerungsverfahren hatte 12,6 Milliarden Euro eingebracht, die einem Bericht des ZDF zufolge nun den "Stromkunden zugute kommen" werden. "Immerhin 90 Prozent der eingenommenen Gelder" würden "zur Senkung der Stromkosten dienen", verspricht die Bundesnetzagentur auch jetzt. Wie bei den Mobilfunklizenzen geht die Bundesregierung davon aus, dass die Erwerber die vielen Milliarden an die Staatskasse aus der Portokasse zahlen und darauf verzichten, sich das Geldvon den Stromkunden zurückzuholen.


3 Kommentare:

  1. OT - Die Achsobesten
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    Wer hat’s gesagt? Corona-Impfstoffe von Pfizer haben „hohes toxisches Potenzial“
    Von Klaus Kadir.

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  2. Keine Sorge, bald erfüllen wir die Kriterien zum Beziehen von Entwicklungshilfe. Mit dem Geld geht's dann vorwärts.

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    1. irgendwerJuli 01, 2024

      "Wer soll die bezahlen..."
      Mal ehrlich: Für D.? Keiner.

      Wenn hier das Licht ausgeknipst wird, werden über See und über Land ein paar Aktendeckel geschlossen, ein Schampus geschlürft und das war's. Naja, vielleicht werden die Akten in FOIA-Land, wegen Gefährdung der nationalen Sicherheit, für 70 Jahre unter Verschluss gestellt, wie weiland durch St. Obama die OSS-Akten zum Ende des WK II. (Nach Ablauf der ersten 70 Jahre.)

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