Samstag, 1. Juni 2024

Einmann hinter Milchglas: Terror ohne Bilder

Einmann hinter Milchglas:  "Wer die Bilder aus Mannheim teilt, hilft dem Terroristen", sagt ARD-Hauptstadtkorrespondent Gabor Halasz

5.000 Demonstranten allein in Berlin! 13.000 sogar nach Veranstalterangaben! Die Klimastreiks sind zurück! 102 Demos ins ganze Deutschland, sogar in Bensheim, Hameln und Seesen! In der "Tagesschau"-Redaktion gab es kein langes Nachdenken. "Wir machen Scholz auf und dem Umfaller beim Einsatz der deutschen Waffen in der Ukraine", hieß es, "danach dann Trump auf, der geht immer". Das Wichtigstes vom Tag aber sofort danach:  Die Bewältigung der Klimakrise als "die Hauptaufgabe des 21. Jahrhunderts" bis hier. Und die Forderungen der Demonstranten nach einer "Politik, die dieser Aufgabe gerecht wird" (FFF).

Halbe Miete

Vier Stimmen, warum und wieso jetzt wieder, weswegen nicht ganz so viel früher und zur Abrundung eine Einschätzung einer der Organisatorinnen, wegen der überragenden Bedeutung des gesetzten Zeichens "für das Klima gegen rechts" (Luisa Neubauer) eine Woche vor der EU-Wahl mehr als angebracht. Schon ist die halbe Sendung überstanden und es geht ins Vermischte. Vorfall in Mannheim, Messerattacke auf dem Marktplatz, Islamhasser, Einzelheiten werden noch ermittelt. Ein Experte ordnet ein: Das Opfer sei "extrem ausgrenzen" unterwegs gewesen, nicht nur Islamkritiker, sondern Islamhasser. Über diese blutige Quittung hatte sich zuletzt auch der slowakische Ministerpräsident Robert Fico gar nicht wundern müssen.

Umgestürzte Stühle im Bild, Archivaufnahmen des Opfers, "furchtbare Szenen der Gewalt", wie der Bundesklimaminister formuliert, "bei denen sogar ein Polizist schwer verletzt wurde". Es gibt die üblichen warmen Beileidsbekundungen von Bundespräsident und Kanzler und Bundesinnenministerin, die sich allesamt "erschüttert" zeigen, wenn auch - einer wohl dem Schock zu verdankenden Formulierung zufolge - nicht über die Tat, sondern die "furchtbaren Bilder" ´(Olaf Scholz). 

Auf "furchtbar" haben sich alle geeinigt, kurzes Umlaufverfahren wohl im Kabinett. Kein Wunder, denn zu sehen ist Einmann, der sich dem ersten Augenschein nach gut integriert hat: Der mutmaßliche Täter trägt Adidas, eine Goldrandbrille und einen Hipsterbart. Statt aber Andersdenkende einfach so zum Schweigen zu bringen, wie es Bundestagsvizepräsidentin Kathrin Göring-Eckhardt einer wohl dem Schock zu verdankenden Formulierung zufolge - für normal hält, hat er "den Boden der Demokratie verlassen und ist ein Fall für den Rechtsstaat".

Kein großes Ding

Nicht unbedingt für die Abend- oder Regionalnachrichten. Sorgfältig hat der WDR die im Netz verbreiteten Aufnahmen des Tatgeschehens hinter einer Milchglaswand versteckt. Der Messerstecher taucht gar nicht auf, nur ein Polizist ist zu erahnen, der gerade einem der Zeugen Handschellen anlegt.   Diesmal handelt es sich nicht um ein zeitgeschichtliches Ereignis, das "stärker wiegt als die Interessen der gezeigten Personen". Der Angreifer hatte ja keineswegs damit rechnen müssen, dass sein Anschlag gefilmt wird. Also hat er sich auch nicht selbst "in eine halb-öffentliche Lage" (WDR) gebracht, in der er erwarten musste, "dass diese Bilder an die Öffentlichkeit gelangen".

Tun sie nicht, jedenfalls nicht bei ARD und ZDF. "Wer die Bilder aus Mannheim teilt, hilft dem Terroristen", hatte ARD-Hauptstadtkorrespondent Gabor Halasz vorher schon angekündigt, dass die "Tagesschau" nicht beitragen wird zum Versuch, "Angst zu verbreiten", denn das "missachtet das Leid der Opfer". Lieber noch eine Anklageverlesung gegen einen knabenhaften AfD-Mann aus Würzburg. Und dann schnell weiter zum Wetter. Das soll wieder schlimm werden.

Nur nicht verunsichern

Informationen würden "Teile der Bevölkerung verunsichern" und gerade mit Blick auf anstehende letzte Wahlkampfwoche niemandem helfen. Verglichen mit den ungeheuerlichen Vorfällen von Sylt und der Klimademonstrationen handelt es sich bei der "Messerattacke vor einer Veranstaltung der islamkritischen Bewegung Pax Europa"(Tagesschau) um eines jener allenfalls regional bedeutsamen Ereignisse, bei denen die Öffentlichkeit jedes Recht hat, nicht allzu viel davon erfahren zu müssen. 

Beim ZDF sind sie für den Ablauf der Spätausgabe zum gleichen professionellen Schluss gekommen. Russland, Trump, Biden und Israel, das sind die Themen, über die Deutschland informiert werden muss. Schließlich noch ganz kurz die umgefallenen Stühle. Das Wort "Messerattacke". Der "Islamkritiker, der auch verletzt" wurde. Und husch, rüber zu den Klimademos, diesmal ohne Stimmen, aber sicherer Boden. Die heranziehenden Unwetter. Und zurück zum Spiel der Frauenfußballspielerinnen

Verglichen mit dem Singskandal von Sylt ist das alles kaum der Rede wert. Nancy Faeser hat erste Therapiemaßnahme Ruhe verordnet. "Die Ermittlungen werden die Hintergründe dieser Tat aufklären", zeigte sie sich zuversichtlich wie seit Jahren schon im Fall der Terroranschläge auf die Erdgas-Pipeline Nord Stream. Die Dinge gehen nun ihren politischen Gang. 

"Wenn die Ermittlungen ein islamistisches Motiv ergeben, dann wäre das eine erneute Bestätigung der großen Gefahr durch islamistische Gewalttaten, vor der wir gewarnt haben", hat Nancy Faeser sich schon in ihrer ersten Wortmeldung selbst volle Rückendeckung gegeben. Der Kurs, mehr nach rechts zu schauen und nach Hetze, Hass und Zweifeln nun auch den Hohn gezielter ins Visier zu nehmen, war vollkommen richtig.

Vielleicht die Höchststrafe

Ab Montag dann wird es härtere Gesetze hageln, oder zumindest die Ankündigung härterer Gesetze. Nicht nur die Mannheimer Waffenverbotszone wird explizit schärfer durchreglementiert werden, vielleicht mit der Androhung der "Höchststrafe" (Bärbel Bas) für Messereinschmuggler. Statt der 14 Polizisten, die dem Tatgeschehen in den ersten 15 Sekunden verblüfft zuschauen, ehe sie beginnen, die Männer zu Boden zu zwingen, die dem ersten Angegriffenen hatten helfen wollen, könnten demnächst schon 20 oder 40 abgeordnet werden.

 

5 Kommentare:

  1. Es müssen mehr Frauen zur Polizei. Mit mehr Frauen wird alles besser.

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  2. eine sehr gute einstellung
    dann können die männer alle gemustert werden

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  3. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  4. Daß er dann dafür bluten mußte, weil ...

    Aus langer Erfahrung kann ich bestätigen, dass die sogenannten Bullenwitze (Sag mal, wie schreibt man "Gymnasium"? - Los, wir tragen ihn rüber zur Post ...) eines wahren Kernes nicht entbehren.

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  5. Wenigstens die Grünen haben einen kühlen Kopf bewahrt und das Tatgeschehen richtig eingeordnet

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