Dienstag, 16. April 2024

Erderwärmung: Kann der Höllensommer das Klima retten?

Nur zwei Jahre nach Roberts Habecks Vorstellung der ehrgeizigen deutschen Energieausstiegspläne ist schon mehr erreicht worden, als zahllose Skeptiker kritisiert hatten.

Als Robert Habeck im Januar 2022 den ersten Bundesablaufplan zum Energieausstieg vorstellte, war vieles nur eine verzweifelte Hoffnung. Würden die Bürgerinnen mitziehen? Wie viele wären bereit, auch Wohlstand abzugeben, um besser zu leben? Woher sollte der fehlende Strom kommen? Und was würde es bringen, wenn die Rechnung nicht aufginge? Doch Habeck, nicht zuletzt deshalb als kommender grüner Kanzlerkandidat gehandelt, ist ein zupackender Typ, der auch losgeht, ohne den Weg zu kennen.

Wo, wenn nicht in Berlin

Wann, wenn nicht wer? Wo, wenn nicht in Berlin? Und wieso denn nicht, sagte der für Bundesumwelt und Klimarettung gleichermaßen zuständige frühere Grünen-Chef. Legendär die große Pappe mit dem Digitalaufdruck der Treibhausgasemissionen in Deutschland, bei denen es gelungen war, alle durch Deutschland im Ausland verursachten Klimalasten im Einklang mit den Regeln der Weltklimabehörden außen vor zu lassen. In Frankreich produzierte Strom ist ein Problem für Paris, auch wenn er in Deutschland verbraucht wird. In China hergestellte Elektrospeicher für deutsche Selbstversorger hat Peking auf dem Deckel, nicht Berlin.

Ein Trick, den Habecks Ministerium seitdem so clever nutzt, dass Deutschland den ursprünglich vorgegebenen Pfad zu einem klimaneutralen Deutschlanderlebnis bereits verlassen hat. Nach den letzten Prognosezahlen des Umweltbundesamtes schreitet der klimaschützende Energieausstieg längst deutlich schneller voran selbst die größten Optimisten in der Ampel-Koalition es sich erhofft hatten. Eine schwache Wirtschaft, ein - durch frühere deutsche Emissionsanstrengungen hierzulande besonders rekordmilder Winter, aber auch die Verlagerung von Emissionsanteilen auf auswärtige Zulieferer haben den deutschen CO₂-Ausstoß deutlicher sinken lassen als das selbst die größten Optimisten erwartet hatten.

Rekordwerte beim Rückbau

Für Robert Habeck ist das ein Triumph, mit dem er im Kampf um die grüne Kanzlerkandidatur wird punkten können, zumal es seiner Gegenspielerin bisher weder gelungen ist, den Bürgerkrieg in Syrien mit einem Machtwort zu beenden noch die Ukraine und Russland oder gar den Nahen Osten zu befrieden. Der Expertenrat für Klimafragen hat Habecks Kurs jetzt in einem Prüfbericht umfassend bestätigt: Danach sind Deutschlands klimaschädliche Emissionen im vergangenen Jahr um zehn Prozent im Vergleich zu 1990 gesunken. 

Ein Rekordwert, der sich mit den ersten Monaten nach der deutschen Einheit messen kann, als Flächenstilllegungen in Ostdeutschland die Basis legten für Jahrzehnte, in denen Bundesregierungen wegen der Opferbereitschaft der Ostdeutschen vor aller Welt ein positives Fazit der eigenen Ausstiegsanstrengungen ziehen konnten. Fakt ist: Steigen die Temperaturen weiter im selben Tempo wie bisher, wird ein erfolgreicher Klimaschutz rein rechnerisch zum Selbstläufer: Ein Grad mehr Wärme im Winter spart nach Angaben der Bundesregierung satte sechs Prozent Heizenergie, bei drei Grad mehr liegt die Einsparung schon bei 18 Prozent und sechs Grad mehr Außentemperatur bedeuten mehr als ein Drittel Einsparung.

Entlastung für Klima und Geldbeutel

Das entlastet nicht nur viele Geldbeutel und senkt damit über die zurückgehende Nachfrage die Inflation, sondern es wirkt sich auch direkt auf die deutsche Klimabilanz aus. Zusammen mit der "schwächelnden Wirtschaft", wie die anhaltende Rezession offiziell genannt wird, sorgt das trotz der verfehlten Ziele im Verkehrsbereich für einen Rückgang der Gesamtemissionen von 750 Millionen Tonnen sogenannten CO₂-Äquivalenten auf nur noch 674 Millionen Tonnen - eine Menge, die nach Robert Habecks Plänen erst im Jahr 2026 hatte erreicht werden sollen.

Damit bestätigt der Expertenrat im Wesentlichen den richtigen Kurs, den die Ampel-Koalition eingeschlagen hat. Zwar waren es vor allem die Sektoren Energiewirtschaft mit minus 20 Prozent und die Industrie mit minus acht Prozent, das weltweit kritisierten deutschen Exportmodell in einen Klimamusterknaben verwandelten. Doch der Minderverbrauch beim Immobilienbestand liegt mit minus acht Prozent nur knapp über den Vorgaben - wird der nächste Winter nur noch ein klein wenig wärmer, ist das vorgegebene Ziel in Reichweite, ohne dass Vermieter wie bisher befürchtet hunderte Milliarden investieren und über höhere Mieten refinanzieren müssen.

Fahrverbote und Tempolimit, wie sie Zweifler am Vermögen der Bundesregierung zu durchgreifend wirksamen Schutzmaßnahmen für kommende Generationen immer wieder ins Spiel bringen, wären da kontraproduktiv. Je weniger Treibhausgase, die für die Klimaerwärmung verantwortlich sind, desto weniger Erwärmung, desto größer die Gefahr, dass nicht nur der vorhergesagte Höllensommer ausbleibt, sondern in der Folge auch die "immer wärmeren Winter" (Deutschlandfunk), die als vielleicht wichtigster Baustein für das Erreichen der Pariser Klimaziele gelten.

1 Kommentar:

  1. ...sind eindeutig ein Erfolg für Habecks kluge Politik ...


    Es wurden auch früher schon kurze Kälteperioden als solches dem mündigen Bürger angedreht. Die Bematschtheit der Masse kann gar nicht tief genug unterschätzt werden. Musste schon von sonst recht gewitzten Purschen so hören: "Also irgendwas muss doch dran sein ..."
    Von weniger gewitzten: "Also, ich finde det jut, det sich die jungen Leute für die Umwelt ankaschieren ..."
    Maxeiner hin, Miersch her: Der Normaltrottel weiß, das die Umschmutzverwelkung (neudeutsch polljuhschn) ständig zunimmt. Beispiel: Die Gewitterzicke Schanette bei Pipi ...

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