Auf eine Kandidatur zur EU-Wahl hat Spitzenkandidatin Ursula von der Leyen verzichtet, um ihre Chancen auf den Wahlsieg nicht zu gefährden. |
Lange war die Liebe der Demokraten zur Monarchie nur ein Spiel mit dem Bunten, Bizarren und Barocken. In einem Land, das Walter Steinmeier als höchste Verkörperung der eigenen Würde zu begreifen gelernt hat, ist der sehnsuchtsvolle Blick auf greise Potentaten und deren Erbfolger fast schon verständlich. Selbst wackere Jungrevolutionäre schämten sich nicht, den Tod der britischen Königin als eine Zeitenwende für sich selbst zu empfinden. So etwas, solche Figuren, die immer da sind und nie Gegenstand von Streit, sobald der proppevolle Bundesgedenktagekalender eine Gelegenheit bietet, so etwas hätte man auch gern.
Monarchen statt Parteisoldaten
Monarchen statt Parteisoldaten. Amtsübergaben ohne riskante Entscheidungen, beeinflusst von demokratischen Wahlen, deren Ausgang sich vorher nur abschätzen lässt. Als Ursula von der Leyen jetzt von ihrer Europäischen Volkspartei (EVP) zur "Spitzenkandidatin" für die anstehende EU-Wahl bestimmt wurde, bediente sich die Berliner Taz bei einer PPQ-Beschreibung der alten und wahrscheinlich auch neuen Kommissionspräsidenten. Die EVP setze auf die "Queen of Europe" und zögen mit von der Leyen "an der Spitze in die Europawahl Anfang Juni", formuliert das Blatt gleich mehrere Oxymorone in einem Satz: Europa wählt gar nicht, das tut nur die EU. Und von der Leyen wird auch dort in keinem Land auf keinem Wahlzettel stehen.
Muss sie nicht als Queen of Europe. Darf sie aber auch nicht, weil seit dem greisen Jean-Claude Juncker noch nie ein Spitzenkandidat, der für irgendeine Parteiformation bei einer EU-Wahl angetreten ist, danach Kommissionspräsident wurde. Das "Spitzenkandidatenprinzip", eine informelle Idee, um die aus praktischen und verwaltungstechnischen Gründen nur teildemokratisch abgehaltenen Abstimmungen über das EU-Parlament ein wenig wahlähnlicher wirken zu lassen, stellte sich zuletzt viel mehr als groteske Pleite heraus.
Der deutsche Christdemokrat Manfred Weber, angetreten mit dem zugkräftigen Slogan "The Power of We", holte für die mit der EVP zwar die meisten Stimmen. Musste aber nach wenigen Tagen störrischen Widerstands einsehen, dass die vorgeschriebene "Berücksichtigung" des Ergebnisses der "Europawahl" durch den Europäischen Rat der Staatschefs, die den Kommissionspräsidenten ernenne, auch erfolgt ist, wenn sie jemand anderen nehmen.
Kandidatur ohne Kandidatur
Das kann, dafür steht Ursula von der Leyen beispielhaft, jemand sein, der nicht einmal kandidiert hat. Aus Berlin musste sie damals weg, in Brüssel war ein Platz frei. Wahlen hin, Wahlen her, das interessiert doch hinterher keinen mehr. Und weil die Ära von der Leyen überaus erfolgreich war, heißt es nun "Gleiche Frau, neuer Marschbefehl" (Stuttgarter Zeitung) und "demokratisch, verbunden, sicher, pro Europa, pro Ukraine und pro Rechtsstaat" (Spiegel), als hätte sich die Kandidatin nicht gegen eine Kandidatur entschieden, um ihre Kandidatur nicht zu gefährden.
Es hat schon etwas beruhigend Monarchisches, mit welcher Selbstverständlichkeit die "Volkspartei" der Konservativen bei ihrem "Spektakel" (Spiegel) in Bukarest gar nicht mehr versucht hat, den Anschein zu erwecken, als hätten die Wählerinnen und Wähler in der EU bei der Wahl irgendeine Wahl, mit der sie "mitbestimmen, wer Europa maßgeblich gestalten soll".
Die "Präsidentin aller Europäer" (Friedrich Merz) "hat auch das Vertrauen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und vieler anderer Staats- und Regierungschefs in der EU" (Taz), sie braucht kein Volk, niemand muss wissen, wer die "Delegierten" der "Parteienfamilie" waren, die ihr das Vertrauen gaben, wer sie wie delegiert hat und mit welchem Auftrag. Ursula von der Leyen reicht die Akklamation von Bukarest, die nicht nur entfernt an ferne Inszenierungen erinnert, um dem Traum von einer zweiten Amtszeit näherzukommen.
Hieß das nicht "The Power of Wee"?
AntwortenLöschenIn der TAZ gibt's nur noch konformistisches Gebrüll. Ist ja nicht so, dass da eine Qualität nachlassen kann, aber es ist amüsant zu verfolgen.
AntwortenLöschenWer kämpft hier nochmal gegen Rechts?
Titel: Im Siegeswillen vereint
Da höre ich im Hintergrund den Kanonendonner und die Stukas, die Demokratiefeinde werden hinter die Memel zurückgeworfen. Und die Pose, naja, nicht ganz Sportpalast, aber sie versucht es wenigstens.
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/ursula-von-der-leyen-wie-die-eu-kommissionspraesidentin-um-die-europaeische-volkspartei-buhlt-a-055e8e7b-8023-461c-96a0-ce1cdfbac664
Wie seit Jahren, wähnt man, nichts könne einen noch plätten - aber das, was Klonovsky in seinem heutigen Artikel alles so zitiert - Geliebte im HErrn, leset selbst.
AntwortenLöschenzurück zu den Wurzeln der Menschheit
AntwortenLöschenhttps://twitter.com/ernsterjuenger/status/1766093226165866824
mit "We" waren vermutlich wir gemeint. in der EU wird ja wegen der 3 Mio englischer Muttersprachler das Englische bevorzugt
AntwortenLöschenhttps://www.politplatschquatsch.com/2019/05/the-power-of-we-und-der-berliner.html
Wee wäre zu lustig gewesen
Oh, es ging gar nicht um die ganzen Bettnässer in der EU? Da muß ich flugs mein Englisch etwas nachjustieren.
AntwortenLöschen@Die Anmerkung: Das passt schon. Brüssel ist schon lange Synonym für das Fletcher Memorial Home.
AntwortenLöschen"Wiwi" machen ist auch ostmärkisch - ich liebe es, Le Penseur ein wenig zu necken - siehe Siegmund Freud, die Geschichte vom kleinen Hans.
AntwortenLöschenInteressante Parallelen zwischen C.G.Jung in der Zychoannalüse und Bruce Lee im Wingtschunquen: Beide haben die reine Lehre völlig vermanscht, mit einem unverdienten gewissen Erfolg sogar, beide sind dem Meister schnöde und gönnerhaft gekommen.
Beide, der ehrwürdige Siegmund Freud, und der ehrwürdige Yip Man, haben geraucht wie die Schlote, und wurden mit Anfang Siebzig vom Kehlkopfkarzinom eingeholt.