Die Bedeutung des Hasen für die politische Kommunikation wird häufig unterschätzt. Führendste Bundespolitiker aber nutzen die Ostertage gern für Ramadan-Grüße. |
Im zweiten Jahr nach dem Osterpaket und eins nach dem grünen Osterangriff auf die artgerechte Haltung hat Ostern lange nicht mehr die Bedeutung neuerer Feste, doch im Kalender steht das lange Wochenende immer noch - es sind die Tage, an denen auf den Philippinen Menschen ans Kreuz geschlagen werden, in denen in Rom ein alter weißer Mann wieder einmal vergebens um Frieden betet und die X-Accounts der Politik vor Ostergrüßen überquellen.
Der gute Brauch tuts aus
Der Bundeskanzler belässt es diesmal nicht bei einem simplen Grußwort, wie es guter Brauch ist. Er geht tiefer, dorthin, wo sich alle "nach einer friedlicheren Welt" sehnen und "in Ostergottesdiensten Christen dafür beten". Weil Elon Musk die zulässige Zeichenzahl beim früheren Twitter nie erhöht hat, reicht danach nur noch zu einer weiteren Wahrheit aus dem Kanzleramt: "Frieden ohne Freiheit heißt Unterdrückung, ohne Gerechtigkeit gibt es keinen. Wir unterstützen die Ukraine im Kampf für einen gerechten Frieden - so lange wie nötig."
Die Außenministerin feiert das Fest, wie es fällt. Aus Respekt für die Gefühle einer kleinen, aber religiösen Minderheit wünscht sie eine friedliche Fastenzeit, ihr Parteigenosse Robert Habeck geht sogar noch einen Schritt weiter und nun die Stunden zwischen Tod am Kreuz, Zeitumstellung und der Erstsichtung des wiederauferstandenen Jesu' durch zwei seiner Jünger auf dem Weg nach Emmaus im Westjordanland. Die beiden Getreuen trafen Jesus, "ohne ihn jedoch zu erkennen" wie die Bibel berichtet. Ein weltgeschichtlich bedeutsamer Moment, erinnert er doch bis heute an den Versuch Israels, sich gegen guten Rat aus Deutschland besser zu schützen. Auch dieses Osterfest ist wieder keines der Ruhe, der Stille und des bangen Starrens auf von Kerzen beleuchtete Kirchen.
Wehrhaft statt Friedensbotschaft
Auf eine laue Friedensbotschaft verzichtet der Vizekanzler. Er nutzt die Gelegenheit stattdessen, um den Knieweichen, den Wankelmütigen, den AfD-Nazis, Wagenknechten, dem Papst und den Sozialdemokraten Durchhalten zu predigen. Nicht nur wehrhaft, sondern "schutzfähig" (®© BWHF) soll das neue Deutschland sein, sagt der Mann, der mit dem flammenden Appell an "gemeinsame" und "ausgebaute Kräfte" seine Ambitionen auf eine Kanzlerkandidatur im kommenden Jahr unterstreicht. Eine Osterbotschaft, die beim Anhang hervorragend ankommt, weil sie aufräumt mit den romantischen Sehnsüchten früherer Ostermarschierer nach einem Einfrieren des Krieges und zugleich auch mit den unverantwortlichen Ängsten, unter denen viele nach Monaten intensiver Bearbeitung durch den getarnten Feindsender "Voice of Europe" leiden.
Ihrer vom Kreml finanzierten Furcht setzt Habeck seine staatsmännische "Sorge" (Habeck) entgegen, die der Bevölkerung die Angst vor einer Ausweitung des Krieges nehmen will. "Ein ewiger Frieden ist eine regulative Idee", tröstet der Klimawirtschaftsminister, ein echter Frieden dagegen sei ein "Frieden in Freiheit". Das bedeute, dass es "Zeiten geben kann, wo ein Nichthandeln die Bedrohung des Friedens erhöht". Habeck erkläre eben, er analysiere, lege eigene Zweifel und Gefühle offen, formuliere "geradeaus, verständlich", fasst das frühere Nachrichtenmagazin "Spiegel" zusammen. "Er tut, was Olaf Scholz allzu oft nicht getan hat, woran Scholz immer wieder gescheitert ist, wenn es besonders notwendig gewesen wäre." Sogar einen Ostergruß aus drei Worten hat Habeck im Gepäck.
Die vergessene Botschaft des Hasen
Drei mehr als die Innenministerin zu verklappen hat, deren aktuelle Glückwünsche nicht den Christen gelten, die ihres Religionsschöpfers gedenken, sondern der Ukraine, die an der Fußball-EM teilnehmen darf. Klara Geywitz, Christian Lindner und Steffi Lemke, Boris Pistorius und der wackere Bundespräsident Walter Steinmeier - sie bekümmern in diesen schweren Tagen Trinkbrunnen und Bubatz, den "furiosen Start ins EM-Jahr", die Wiederbelebung des "Weimarer Dreiecks" mit dem "gemeinsamen Ziel der Intensivierung der Zusammenarbeit" und um die Verteilung von Osterorden. Ostern, der Hase, die Friedensbotschaft der Heiligen Schrift, sie spielen keine Rolle, nicht einmal mehr in Rom, wo der zuletzt wegen pazifistischer Schwurbeleien in die Kritik geratene Papst seine Teilnahme am Kreuzweg demonstrativ absagte.
Das ,Schicksal Jesu' aber ist nur wenigen Auftrag, Mahnung und Anlass, den Anhängern der Christenreligion mit Glückwünschen nachzustellen, um bei Wählerinnen und Wähler einen möglichst empathischen Eindruck zu hinterlassen. Der Glaube an die Bedeutung des Hasen ist weltweit auf dem Rückzug, Deutschland aber wendet sich besonders eilig ab - und die politische Klasse marschiert dabei vornweg. Hatte Nancy Faeser ihren Kampf gegen rechts vor zwei Jahren noch demonstrativ unterbrochen, um der Stadt und dem Erdkreis Ostergrüße zu übermitteln, ist die Lage momentan einfach zu angespannt, um ein aufwendig recherchiertes Grußwort an die Schonlängerhierlebenden zu richten wie es bestimmte Populisten tun.
Pragmatisches Hasenverständnis
Das aktuelle Osterverständnis ist pragmatisch, Jesus, der Papst und der Hase sind Privatsache derer, die es nicht lassen können. Für alle anderen aber allenfalls ein Instrument im Ringen um Deutungshoheit: Gesundheitsminister Karl Lauterbach etwa sieht im höchsten Fest der Christenheit eine gute Gelegenheit, Werbung für den "selbstbestimmten Tod" zu machen, In diesen Tagen des Gedenkens an die angebliche Auferstehung möchte er dem Sterben nach eigenem Wunsch "eine neue Chance geben". Hubertus Heil, ein Kabinettskollege mit Milliardenproblemen, geht wagemutig sogar so weit "allen, die über die Feiertage arbeiten, angenehme Arbeitstage" zu wünschen. Allen anderen, die frei haben oder keinen Job mehr, als Bäcker eben gerade mal nicht mehr backen oder als Solarzellenherstellungshelfer vorerst keine Solarzellen mehr herstellen, "frühlingshafte Tage, frohe Ostern und weiterhin Ramadan Mubarak", schreibt Heil.
"Wünschen" und "Wunschdenken" scheinen so eine Art Schlüsselqualifikation der Ampelregierung zu. Bei manch einer Ministerin oder einem Minister leider auch die einzigen.
AntwortenLöschenIch wünsche einen besinnlichen Sonntag!
"frühlingshafte Tage" - ein Schlag ins Gesicht der Kämpfer gegen die als "Klimawandel" verharmloste Globale Erhitzung. Aber konsequent, wenn es darum geht, den Teilen der Bevölkerung, die sich nicht verunsichern lassen, mit Heimaturlaubsgefühlen zu schmeicheln und sie nach 64 Jahren des Wartens nun endlich in der gebotenen Herzlichkeit willkommen zu heißen.
AntwortenLöschenBtw.: Wie war das nochmal im Mittelteil?
PS:
Ich habe nie verstanden, was Victor Hase eigentlich mit dem Osterfest zu schaffen haben soll. Nichtmal eine juristisch korrekte Anspielung auf den ungläubigen [sic] Thomas vermag ich zu erkennen.