Mittwoch, 20. März 2024

Abschottung auf dem Acker: Sieg des Mistgabelmobs

Die geplante Renaturierung des Kontinents muss aufgrund der akuten Situation noch warten.

Schließlich ist die eigene Hose doch wieder näher als der Waffenrock des Nachbarn, der für die Freiheit aller kämpft. Nur noch symbolisch verbrämt mit der Zusicherung eines neuen sogenannten "Hilfspakets", hat sich die EU mit Blick auf die anstehenden Wahlen zum EU-Parlament will zum Einknicken vor den Protesten rabiater Bauernverbände, polnischer Landwirte und deutscher Großagrarier entschlossen.  

Sieg des Mistgabelmobs

Ein Sieg der von rechts unterwanderten Bauernszene, ein Triumph des "motorisierten Mistgabelmobs" (Spiegel), der Zeugnis ablegt von der Erosion der demokratischen Prozesse in der Union: Die EU-Kommission, die immer mehr Umweltauflagen für die Landwirte eben noch für unabdingbar hielt, rudert zurück. Das Europäische Parlament, das den Bäuerinnen und Bauern vor drei Wochen noch gezeigt hatte, was eine Harke ist, beeilte sich nun, die als "Genehmigung des Kommissionsvorschlags" bezeichnete Rücknahme eines Großteils der "Nachhaltigkeitsvereinbarungen" für Agrarbetriebe zu beschleunigen. Auch die Mitgliedstaaten haben ihre Meinungen geändert und sind nun der Ansicht, dass Klima, Natur und Umwelt warten können, weil zuerst einmal Ruhe und Ordnung wiederhergestellt werden müssen.

Umfangreiche und im Kampf gegen den Klimawandel, das Artensterben und den Umbau der Landwirtschaft auf ein nachhaltiges, klimagerechtes Modell notwendige Auflagen an die Landwirtschaftenden werden zurückgenommen, noch ehe das neue, noch schärfere Gesetz zur planmäßigen Renaturierung des Kontinents greifen kann. Und neben dieser im EU-Duktus als "beschleunigte Vereinfachung der Umweltauflagen für Landwirte" bezeichneten Kapitulation vor der mächtigen Bauernlobby fällt Europa auch noch der ums Überleben kämpfenden Ukraine in den Rücken: Um die Interessen der in der EU ansässigen Landwirte zu schützen, werden wieder Zölle auf  Agrarprodukte aus der Ukraine eingeführt. Ziel ist es, den Binnenmarkt abzuschotten, die Preise hochzuhalten und damit die zuletzt deutlich gestiegenen Einnahmen der Bäuerinnen und Bauern zu sichern.

Abschottung der Äcker

Dass die Importhürden es der Regierung in Kiew noch schwerer machen werden, ihren Abwehrkampf gegen den russischen Aggressor zu finanzieren, hat offenbar weder die Unterhändler der EU-Staaten noch die Vertreter des Europaparlaments gestört.  Noch vor der Entscheidung über zusätzliche Zölle auf chinesische Elektroautos, der Einführung neuer Strafzölle auf chinesische Solaranlagen und der Errichtung eines neuen Systems einer CO2-Grenzausgleichsabgabe (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM) im Rahmen des "Fit for 55"-Klimaschutz-Pakets zum Aufbau einer klimaneutralen Volkswirtschaft im Zuge des großen Green Deal einigten sie sich darauf, Eier, Geflügel und Zucker, Mais, Hafer, Grütze und Honig aus der Ukraine wieder mit Einfuhrsteuern zu belegen. Für ukrainische Landwirtschaftsprodukte soll es künftig nur noch ein kleines zollfreies Kontingent geben. Will Kiew mehr exportieren, dürfen die Mitgliedsstaaten wieder Zölle erheben, um ihre eigenen Bauern zu schützen.

Um den eigenen Ruf der konsequenten Unterstützer der bedrängten Demokratie im Osten zu wahren, hat die westliche Wertegemeinschaft freilich parallel eine ganze Reihe neuer Unterstützungsversprechen verabredet. Nach einem Treffen der Verbündeten der "Fähigkeitskoalitionen", die die Partnernationen in Ermangelung konkreterer Unterstützungsideen gebildet haben, verkündete der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius ein weiteres sogenanntes deutsches "Hilfspaket" in Höhe von einer halben Milliarde Euro.

Ein neues Munitionsversprechen

Falls diesmal alles klappt, soll es offenbar soll es nicht in bar, sondern in militärischen Naturalien ausgezahlt werden. So werde Deutschland etwa "10.000 Schuss Artillerie-Munition aus den Beständen der Bundeswehr" liefern, und zwar "kurzfristig, also eigentlich sofort", wie Pistorius schilderte. Außerdem werde Deutschland die Kosten für 180.000 weitere Artilleriegranaten des Kalibers 155 Millimeter im Rahmen einer tschechischen Einkaufsinitiative übernehmen - hier hat der Staat offenbar sehr, sehr gut verhandelt. Statt wie zuletzt für 130 Millionen Euro nur 20.000 Schuss zu bekommen, reicht die halbe Milliarde jetzt nicht nur für viermal mehr Munition, sondern für die neunfache Menge.

1 Kommentar:

  1. Wie übellaunig Sie vom "Aggressor" schreiben, wo doch die Moskowier nur eine mittelalterliche Regression des Sammelns russischer Erde erleiden.

    Abesehen davon sehe ich zur bisherigen Antikriegspolitik der Bundesregierung keinen augenscheinlichen Bruch.

    Ob "5000 Helme", Fliegerabwehr ohne Munition, vor der Verschrottung gerettete Panzer ohne Ersatzteile usw...
    Allzugroße Kriegstreiberei kann man dem Deutschen nun gewiss nicht vorwerfen.

    Nach 2 Jahren selbst alle Hühneraugen zukneifen muss nun auch einfach eimal gut sein. Der Ukrainer soll heim gehen und seine Katzen föhnen. Wenn dem Russen das Öl ausgeht, darf er doch auch ein bisschen was von den europäischen Lithium bekommen. Oder etwa nicht? Und das europäische Lithium liegt halt mal, der Größe nach, in der Ukraine, Skandinavien, dem Baltikum und dem deutschen Fichtel- und Erzgebirge. Aber nein, da muss wieder gegen den "Aggressor" gemotzt werden, bloß weil da wer ein paar Bodenschätze fairteilen will.

    "Kein Krieg für Lithium!" möchte man daher den Ukrainern zurufen. Und den Finnen. Und den Esten.

    Vorbildlich dagegen die Ostdeutschen: wenn "Der Don" Kadyrow die Ehemalige wieder heim ins R... na jedenfalla denkt sich dann der Ex-DDR-Bürger: "Aber nur, wenn es dann wieder Schulapelle mit russischen Soldaten mit diesen dicken lila Händen gibt. Die waren immer so schön." "Also die Apelle. Für Frieden und Freundschaft."

    Warum also nicht wieder Frieden und Freundschaft zelebrieren? Wo doch die Russen, gerade die Russen aus Tschetschenien, doch schon längst da sind und unsere Plätze und Einkauszentren bewundern?

    Einfach die Gelegenheit nutzen und in Schulapellen das Strammstehen für die Friedensbringer aus Tschetschenien üben. Mit echten Tschetschenen. Wo die ja schon längst da sind. Da kann das doch nicht so schwer sein.

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