Montag, 5. Februar 2024

Robert Habeck: Wir schaffen das nicht

Zu Caren Miosga hatte Robert Habeck eine klare Botschaft mitgebracht: Wir wissen nicht wie, wir wissen nicht was, aber wir schaffen das nicht. Aquarell: Kümram, Kreide aus Bauschutzmatte

Sie tauchen überall auf, in immer schnellerer Frequenz. Es gilt, den Menschen draußen noch besser zu erklären, was niemand versteht. Warum steht es so schlecht? Weshalb geht nichts voran? Wo ist sie hin, die Fortschrittskoalition von 2021, die stolz und aufrecht in die Zukunft marschierte wie Bruce Willis und seine schräge Lebensrettertruppe in "Armageddon"? Niemand da. Keiner zu sehen.

Von der traurigen Gestalt

Nur Christian Lindner taucht am frühen Abend im ZDF auf. Der scheidende FDP-Chef hat Vorschläge mitgebracht, vor allem aber Erklärungen, wie sehr Mensch sie alle sind im Kabinett. Sie reden dort noch miteinander, besser gesagt sie "stehen ständig im Kontakt". Wenn sie sich etwas zu sagen haben, dann transparent vor aller Augen: Robert Habeck, der Ministerkollege vom Klimawirtschaftsressort, hatte den Bundestag genutzt, um Lindner die Aufnahme eines neuen XXXL-Sonderkredites zu lasten kommender Generationen  vorzuschlagen. Der wenig angetane Liberale kartet nun mit einer uralten Idee zurück. Warum nicht mal wieder ein Steuerreform? Warum nicht mal wieder den Solidaritätszuschlag abschaffen?

Dass deutsche Firmen nun plötzlich dringend "wettbewerbsfähiger werden" (Lindner) müssen, das sie nun plötzlich auch Robert Habeck so. Eben noch war der Bäcker, der nicht mehr backt, nur im Bundesbackurlaub, doch angesichts der durchs Land rollenden Entlassungswelle auch jenseits der Backstuben scheint es nun auch dem dem kommenden grünen Kanzlerkandidaten ("Sein nächstes Ziel ist wohl die Kanzlerkandidatur.", Der Spiegel) blümerant zu werden. "Ein bisschen Dur reinbringen" wolle er, kündigt der 54-Jährige bei seinem Auftritt bei Caren Miosga an. Angela Merkel hat das früher auf diesem Sendeplatz immer so gemacht.Sie verstreute ihr "Sie kennen mich" und "Wir schaffen das". Und am nächsten Morgen war zwar nichts gut, aber alle waren einig, dass es besser aussah.

Reiner Wein und tiefe Falten

Habeck versucht es auf diese Tour. Reiner Wein und tiefe Falten. Der frühere Grünen-Chef, der in zwei Jahren Regierungsamt all seine früher ausgestellte jugendliche Jungenhaftigkeit verloren hat, Müde und abgekämpft sitzt er da, das Haar ist grau geworden, die Stimme hat etwas von einem Märchenerzähler. Robert Habeck sagt Sätze wie "die ökonomische Lage ist eng" und "das Land ist unter ökonomischen und demokratischem Druck". Wichtig jetzt: "Wir müssen die Quadratur des Kreises schaffen." Genauer gesagt, will er "sehen, ob wir die Quadratur des Kreises schaffen".

Ein Mann wie ein einzigen Rückzugsgefecht. Robert Habeck hat sichtlich keinen Plan, er hat nicht einmal ein Ziel. Er jongliert mit Milliarden, irgendwas mit acht, aus denen drei werden, so dass es besser sei, gleich über 300 oder 500 oder 800 zu sprechen, denn auch die würden bestimmt wieder kleingeredet.

Die Gastgeberin fragt besorgt nach, ob er denn wisse, dass das alles ohnehin niemand mitmachen werden?  Ja, schon, daran erinnert sich Habeck. Allerdings auch daran, dass es um alle anderen Auswege genauso steht. Steuern erhöhen? Das bekommen wir nicht durch. Nochmal bei den Abgaben? Dann fliegt der Deckel weg. Sparen bis es quietscht, vielleicht nicht bei den Bauern, sondern bei den Rentnern? Unmöglich.

Sympathische Schulden

Schulden sind da schon sympathischer, denn die tun zumindest heute niemandem weh. Wobei Robert Habeck im Grunde genommen nicht einmal sagen kann, wofür sie gebraucht werden. Für Wirtschaftswachstum. Für Infrastruktur, Fertigung, Fortschritt. Der große Plan mit dem Industriestrompreis, letzten Oktober begeistert als "Milliardenpaket für die Industrie" (WiWo) gefeiert, fällt wieder leise unter den Tisch. 

Habeck will jetzt nicht mehr Geld ausgeben, das er nicht hat, sondern auf das verzichten, was er ohnehin nicht mehr bekommen wird, wenn erst alles zugemacht hat. Das sind dann irgendwas mit 30 Milliarden. Vermutlich vielleicht. Oder auch etwa.

Mundwinkel auf Merkelart

Es könnten ebenso gut 3.000 sein. Zahlensalat hin, Zahlensalat her. "Ich weiß nicht, ob das Land das aushält", gibt Habeck noch einmal den tiefen Denker und Philosophen, seine größte Rolle. Zusammengesunken sitzt er Tisch, das Hemd offen, die Mundwinkel auf Merkelart Richtung Kinn gefaltet. Einiges weiß er nicht, anderes kann er nicht sagen. Von der Gesamtsituation ist bis heute wenig zu ihm durchgedrungen, denn in einem energischen Moment warnt er bräsig und schläfrig: "Wir dürfen nicht zurückfallen in Bräsigkeit und Schläfrigkeit." 

Ein Auftritt aus einer anderen Welt, in der der alte, kranke Mann Europas beim Radschlagen Kreuzworträtsel löst, während er sich die Zähle putzt und die Fingernägel maniküren lässt. "Ich kann Ihnen auch nicht sagen, ob das erfolgreich ausgeht", sagt Robert Habeck über das immer noch laufende Experiment, einen der größten Wirtschaftsmotoren der Welt bei laufendem Betrieb auszubauen und ihn durch etwas zu ersetzen, von dem derzeit nur eine grobe Wunschvorstellung existiert, die mit den derzeit noch geltenden physikalischen Gesetzen nur schwer in Übereinstimmung zu bringen ist.

Die Körpersprache, die durchweg mollene Tonlage und der verhangene Blick des Robert Habeck an diesem Klimasonntag im Februar, sie geben eine Antwort auf, was niemand wissen will. 

Nein, die schaffen das nicht.

9 Kommentare:

  1. >> der alte, kranke Mann Europa

    https://www.telegraph.co.uk/news/2024/01/31/europe-is-finished-condemned-third-rate-elites/

    Alister Heath

    Europe is finished

    The continent is incapable of recovering from its present economic, military and demographic crises

    Its self-inflicted pathologies – catastrophic economic failure, near-total geopolitical irrelevance, a migration and integration crisis, and a gaping democratic deficit – have now metastasised. They have become too complex, too daunting for Europe’s third-rate elites even to consider tackling, and especially for the selfish, demagogic politicians who have presided with such insouciance over its social disintegration, “degrowth”, Potemkin militaries and appalling demographics. Germany, France, the Netherlands and elsewhere are on the brink of social explosion, with farmers the latest to have become radicalised.

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  2. Nicht "der scheidende FDP-Chef" sondern "der Chef der scheidenden FDP"!

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  3. Einfach die Indiana pi bill verabschieden, dann kann die Realität mal sehen, wo sie bleibt.

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  4. Carl GustafFebruar 05, 2024

    Für den Habeck-Auftritt bei Miosga musste die BWHF leider eine Stachanow-Schicht schieben, wie mir ein übermüdeter Rainald Schawidow heute morgen an der Bushhaltstelle verraten hat. Und das bei dem anhaltenden Fachkräftemangel, der auch an der BWHF nicht spurlos vorbeigeht.

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  5. wir schütteln die brd (((Eliten)) ab und machen einen deal mit den Russen - danach reißt der anglo nicht mehr seine dumme Fresse auf

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  6. OT

    1. Angela Berlin Freitag, 02.02.2024 | 22:21 Uhr

    "Fehler passieren"
    So lachs daher gesagt, wer glaubt das noch.
    -----
    Lecker Lax müßte ich auch wieder mal vertilgen.

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  7. @carl gustaf: und er hat alles falsch betont!

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  8. OT
    Friedensvorschlag von Gerd Schultze-Rhonhof

    Frei nach Ludwig Thoma
    Er war Militär und auch sonst von mäßigem Verstand.

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  9. Also, Hut ab! Der Wirtschaftsminister hat sich hiermit meinen vollen Respekt verdient. Sich im Fernsehen hinzusetzen und aller Welt zu zeigen, daß man von Wirtschaft und Finanzen auch überhaupt keinen Schimmer Ahnung hat, ist schon verdammt mutig. Oder der merkt einfach gar nichts mehr.

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