Sonntag, 11. Februar 2024

Lazarus aus Leningrad: Die Auferstehung Wladimir Putins

Vor 179 Millionen Zuschauern weltweit spielte Wladimir Putin den Kerngesunden. Abb: Kümram, Eiskaltnadelradierung auf Glas

Das saß er nun also, knapp zwei Jahre nach seinem unmittelbar bevorstehenden Tod. Wladimir der Böse, breitbeinig an einem feinziselierten Tischchen, gegenüber der aus den USA importierte Stichwortgeber Tucker Carlson und vor sich die Weltöffentlichkeit. Gebotoxt sieht er aus, der Präsident. Davon  abgesehen aber, selbst die Kritiker im Westen müssen das einräumen, deutlich gesünder als der Präsident in Washington. Putin klotzt, Putin erschlägt den Gast aus Feindesland mit Geschichtslektionen. Er rekapituliert in den ersten 20 Minuten mehr Zahlen und Daten aus der Historie als Donald Trump je wusste, als Joe Biden vergessen hat und als Olaf Scholz erinnert.  

Tödlich verlaufende Leiden

Putins Lippen sind spöttisch zusammengepresst. In den Augen funkelt dem Mann aus Leningrad die helle Freude darüber, wie er sie alle vorgeführt hat. Und nun auf Angebote wartet. Ein Wunder, noch größer als das grüne Wirtschaftswunder in Deutschland: Immerhin war Wladimir Putin vor zwei Jahren an reihenweise schnell und tödlich verlaufenden Leiden erkrankt. Wochen, allenfalls Monate gaben ihm die großen Adressen der Kreml-Astrologie. Aller paar Tage meldeten sich neue Zeugen, die neue Symptome entdeckt hatten, die auf ein nahes Ende hindeuteten. 

Von "Krebs und Parkinson" wusste der "Focus" zu berichten, die "Frankfurter Rundschau" hat bis heute nicht dementiert, dass der Potentat im Sommer 2022 einen "schweren Herzanfall" erlitt und "nur noch zwei, drei Jahre zu leben hat". Die Illustrierte "Stern" zählte aktibisch alle ihr bekannten Symptome durch: "Zappelnde Füße, unruhige Hände, unsteter Blick". Bei Fernsehauftritten trinke der Moskauer Patient inzwischen "aus einer Tasse Medikamente". 
 
Kein Zweifel, die Lebensuhr des ehemaligen KGB-Mannes lief ab, unerbittlich. Nur mit Hilfe raffiniert umoperierter "Doppelgänger" (Der Spiegel) gelang es dem Kreml zumindest zeitweise, die vom "Münchner Merkur" für Januar 2020 angekündigte Inthronisierung von Putins Tochter Katerina Tikhonova als Nachfolgerin zu verzögern. 
 

Sehen, was gesund ist


Auch im Interview mit Tucker Carlson glückte ihm das Manöver noch einmal, Zwar wurden dem US-Journalisten Verrat an den gemeinsamen Werten des Westens, der Bruch mit journalistischen Standards und die Verbreitung russischer Propaganda vorgeworfen. Doch erstmals liefert der Auftritt des Kriegstreibers keinen Anlass mehr, über seine vielen schweren Krankheiten, seinen bevorstehenden Tod, die Nachfolgefrage und die Funktion der Doppelgänger etwa als geheime Chauffeure zu berichten.
 
Eine Wunderheilung vor den Augen von 179 Millionen Zuschauern, denen Putin gekonnt vorgemacht hat, dass die Nachrichten über seinen Tod verfrüht waren. Vier Jahre nach den ersten Erkenntnissen der deutschen Kreml-Astrologen, dass Putin begonnen habe, "sein Erbe zu ordnen", scheint der 71-Jährige es damit noch immer nicht allzu eilig zu haben. Die "Tagesschau", die ihre Meldung über den wegen des anstehenden Todes des Kremlherren geplanten "umfangreichen Kaderwechsel" von 2021 mittlerweile rückstandslos gelöscht hat, schlägt als wirksamstes Gegenmittel gegen die Propaganda des Machos aus Moskau diesmal nicht vor, ihn krank zu reden und tot zu schreiben, sondern ihn "einfach zu ignorieren".

Nicht zur Kenntnis nehmen. Ausblenden. Bekämpfen. Das hat in anderen Fällen schon hervorragende Ergebnisse gezeitigt.

6 Kommentare:

  1. Das war natürlich kein Interview. Das war Carlsons Propagandashow für Putin.
    Mit Journalistik hat das nichts zu tun. Pfui Teufel!

    Es geht auch anders. Wie man einen Präsident mit kritischen Fragen in die Enge treibt, das zeigt Qualitätsfunk CNN.
    Bitte bestätigen Sie, dass Sie mindestens 18 Jahre alt sind.

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  2. Grandioser Sexfilm, die Ü18-Nummer.

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  3. Ein öffentlich-rechtlicher Fernsehprofi hätte einen sofortigen Rückzug aus der Ukraine und einen Rücktritt mit Amtsübergabe an einen Kandidaten der demokratischen Front herausgeholt.

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  4. "Ein öffentlich-rechtlicher Fernsehprofi"

    Nicht zu reden von unserer Außenministerin

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  5. OT Klono zitiert Celine

    „Man muß sich daran gewöhnen, die Menschen gleich von Anfang an umzudenken, man versteht sie dann viel schneller, man erkennt sofort in jeder beliebigen Person ihre Realität als ungeheure gierige Made”

    Klingt wie von einer verworfenen AI-Betaversion zusammengepfuscht. Klono gibt einem manchmal zu denken. Allerdings ist er selbst auch kein allzu begabter Autor, jedoch ein (unironisch) großer Chronist.

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  6. Celine, köstlich. Ein Meister des Wortes. Auch köstlich, wie von den einschlägigen Interlektuellen um ihn geeiertanzt wird.

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