In Ruinen: London, wie es frühere Besucher vom Festland kannten, existiert nicht mehr. |
Es war von Anfang an klar. Schlimm würde es werden, ganz schlimm. Womöglich wäre Großbritannien schon in einigen Jahren unbewohnt, aufgegeben von denen, die den Rattenfängern gefolgt waren und sich gegen die EU und für den verharmlosend "Brexit" genannten Sonderweg ins Abseits entschieden hatten. Der Handel würde erlahmen, die Zollgrenzen die Menschen verarmen lassen. Die ersten Unternehmen packten bereits im Februar 2019 die Sachen, um ihr Heil in der Flucht in die sichere Gemeinschaft auf dem Festland zu suchen.
Untergang des Insellandes
Großbritannien, ins Verderben geführt von "gewissenlosen, gefährlichen Clowns" (Tagesschau), blutete aus. Das, was der EU an Einnahmen verloren ging, nahm Deutschland auf seinen Deckel. Auf die paar Milliarden kam es nicht an, sondern auf das Signal, dass niemandem eine Träne nachgeweint wird. Die Briten würden schon sehen. Ohne gemeinsame Standards, gemeinsame EU-Richtlinien, Lieferkettengesetze und Arbeitszeitverordnungen, Metermaß und Rechtsverkehr könnte sich die kleine Insel in der britischen See kaum mehr Gehör verschaffen im Gespräch der Weltmächte China, USA und EU. Wer nicht hören will, muss fühlen. Angst und Ungewissheit sind immer noch die besten Erzieher.
Nun hat die "Tagesschau" zum ersten Mal einen Strich unter den schmerzlichen Verlust und "Bilanz nach vier Jahren Brexit" gezogen. Und wirklich, es kam wie befürchtet: Nach den Daten des deutschen Brexit-Monitors wächst die britische Wirtschaft zwar schneller als die Eurozone. Zudem hat die britische Wirtschaft zuletzt auch die deutsche überholt und einer Prognose des Centre for Economics and Business Research zufolge schickt sie sich an, den Abstand zu Deutschland in den nächsten 15 Jahren fortwährend weiter zu verringern und seinen Vorsprung vor Frankreich ausbauen.
Verheerende Lage
Doch vom Festland aus betrachtet sieht die Lage durchweg verheerend aus: Großbritannien leider unter "weniger Wachstum, fehlende Handelsabkommen und Preisanstieg", hat der "Focus" ermittelt. Es gebe "Armut und Insolvenzen" berichtet der "Stern". Das ZDF weiß von "noch mehr Bürokratie, Preiserhöhungen und Lieferengpässen im Vereinigten Königreich" zu berichten. Und der "Spiegel" hat jemanden gefunden, der vorrechnet, dass der Brexit das perfide Albion allein 2023 140 Milliarden Pfund gekostet hat. Geld, das im Unterschied zu den Milliarden, mit denen Deutschland die fehlenden Einzahlungen der Briten in die EU-Kassen ausgleicht, nicht einmal ein anderer hat.
Es ist eine Katastrophe, das zeigen alle Zahlen. Vier Jahre nachdem Populisten die arglosen Briten mit "Lügen, Feindbildern und radikalen Ideen" (ZDF) vom Brexit überzeugt hatten, ist
"die Bilanz in Großbritannien düster und das Volk gespalten", berichtet der Gemeinsinnsender in seiner Mutmacher-Serie "So schlecht geht es allen anderen". Eine Studie
hat zuletzt erneut gezeigt, wie "enorm" (ZDF) der EU-Austritt die wirtschaftliche Lage verschlechterte. Nur noch eine Frage der Zeit, bis frühere Prognosen eintreten und mit der Reisefreiheit auch alle Briten sterben müssen.
Ein Leben ohne EU ist nicht nur sinnlos, es ist unmöglich, daran hatten die Fachleute rund um den Weltuntergang des Jahres 2016 keinen Zweifel gelassen. Wie lebenswert kann denn eine Existenz sein, die keine Fördermittel aus Brüssel kennt, kein Formsache bei Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Recht und keine EU-Spitzenkandidatur, die am Tag nach der Wahl so viel wert ist wie ein Union Jack ohne Streifen?
Die Reue der Briten
Die Briten selbst haben längst bereut, nicht auf Brüssel gehört zu haben. Ihnen fehlt nun nicht nur ihr Teil am Wiederaufbauprogramm der EU, sondern auch das neue "Recht auf Reparatur", die Aussicht, KI von Brüssel auf kontrollieren zu lassen und die Chance, die Chefs der BBC von einem Tag auf den anderen zu entlassen, ohne dass die EU-Kommission auch nur einen Ton der Besorgnis um die Pressefreiheit piepst.
Aus Boris Johnsons Parole "Take Back Control" ist ein wirtschaftliche Entwicklung geworden, die im vergangenen Jahr nur knapp an einer Rezession vorbeischrammt, wie das Statistikamt ONS berechnet hat. Auch nach der langfristigen Weltwirtschaftsrangliste des CEBR wird das abtrünnige Inselreich in den kommenden Jahren schneller wachsen als die vier derzeit noch großen Volkswirtschaften der Eurozone Frankreich, Deutschland, Italien und Spanien. Und das, obwohl Experten die Verluste durch den Wegfall des Zugangs zum EU-Binnenmarkt mit drei bis fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts beziffern.
Besser als Deutschland
Damit steht das Vereinigte Königreich zwar besser da als Deutschland, wo nicht die Rezession, sondern deren Erwähnung vermieden wird. Doch mit einem prognostizierten Wachstum von 1,6 Prozent und 1,8 Prozent bis 2038 einpendelt, wird Großbritannien in den kommenden 15 Jahren zwar die wachstumsstärkste europäische Wirtschaft sein. Doch dafür wird Deutschland im gleichen Zeitraum mit der Transformation einen beständig negativen Wachstumsbeitrag verzeichnen, der kommenden Generationen helfen wird, ihre "Anstrengungen in den anderen Gebieten noch größer ausfallen" zu lassen, um das auszugleichen, wie die Wirtschaftsprüfer von Deloitte prognostizieren.
Großbritannien wird bis zum Tag der Abrechnung anno 2038 also trotz einer verzögerten Konjunkturerholung Frankreich überholen, statt wie vorausgesagt zuerst unbewohnbar zu werden und im zweiten Schritt die Wiederaufnahme in die EU zu beantragen. Das "ernüchterte Königreich" (DPA) schafft das, obwohl die versprochenen bilateralen Handelsabkommen mit Partnern in aller Welt bisher genauso wenig geschlossen sind wie die großen Freihandelsabkommen der EU. Die verhandelt aber auch erst seit 29 Jahren über Mercosur und noch nicht einmal 20 über TTIP. Leicht auszumalen, wie die Lage aussähe, wäre die Regierung in London nicht nur mit einigen Staaten, sondern mit vielen zu einem Abschluss gekommen.
Die vielen Kehrseiten den Medaille
Das haben sie nun davon, sich abgewandt zu haben von der nicht ohne Grund mit dem Friedensnobelpreis geehrten EU-Gemeinschaft, die vom britischen Abgang deutlich profitiert. Weniger Widerworte, weniger nationale Einzelgänge, die den Schulterschluss der Demokraten immer wieder auf die Probe stellen. Weniger Wachstum insgesamt, das stets auf Kosten des Klimas geht. Immer mehr Firmen, die abwandern. Und dafür weniger Geldwert beim Tausch in die Pleitewährung der Briten.
Gott straft Engeland
AntwortenLöschenEs läuft nichts aus dem Ruder. Es läuft alles wie genudelt und geleckt.
AntwortenLöschenNur nicht eben für uns.