Schwindeln mit der Wahrheit: So leicht geht das

Sind alle störenden Fakten weggestrichen, lässt sich immer eine schöne Grafik bauen, die aussagt, was sein soll.

Wer mit Zahlen und Grafiken lügen will, hat einige grundsätzliche Regeln zu beachten, um nicht sofort aufzufliegen. Einerseits ist es möglich, Zahlen ohne jeden Bezug zu präsentieren. Statt Werte aufwendig in einen Kontext zu stellen und sie damit einzuordnen, bevorzugen es Kenner etwa in der Meisterwerkstatt für mediale Manipulation des ZDF, sie einfach mit dem Zusatz "weniger als" oder "mehr als" zu versehen. Bei Grafiken lassen sich zudem kluge zeichnerische Wertungen setzen, die mit den abgebildeten Werten nichts zu tun haben.  

Top-Zahler als Top-Verdiener

Wenn die Statistik-Spezialisten von Statista, wie T-Online eine Tochter des Werbekonzerns Ströer, nun davon berichtet, dass Deutschland nach den letzten verfügbaren Zahlen von 2022 "zu den Top-Agrarsubventionsempfängern in der Europäischen Union" gehört, dann ist das nicht nur ein Fakt ansich. Sondern auch ein Beleg dafür, dass private Anbieter nach Jahren neidvoller Blicke auf die Wahrheitsmanufakturen der Öffentlich-Rechtlichen inzwischen auf Augenhöhe mit den Experten von ARD und ZDF agieren. 

Um das zu beweisen, haben die Statista-Datengrafiker die etwa 6,3 Milliarden Euro Zuschüsse für den landwirtschaftlichen Sektor, die Deutschland aus Brüssel erhält, auf Platz 3 der Milliardenliste gesetzt, die insgesamt 57 Milliarden Euro schwer ist. Verglichen mit den 181 Milliarden, die die EU für §Energiesubventionen" ausgibt, scheint das bescheiden. Doch wie Statista zeigt, bekommen "nur zwei Länder mehr aus den Töpfen der EU", die zu einem Viertel aus deutschen Zahlungen gefüllt werden. Daran gemessen, zahlt Deutschland also knappe 15 Milliarden ein, bekommt aber als drittgrößter Profiteur satte 6,3 Milliarden zurück. Ein gutes Geschäft, so legt es die Grafik nahe.

Halb soviel zahlen, mehr rausbekommen

Aber ist nicht auch ausgerechnet Deutschland auch das größte EU-Land? Mit den meisten Einwohnern? Ein wenig schon. Frankreich und Spanien, die sich 2022 über 9,5 und 6,9 Milliarden Euro "Finanzhilfen für die heimische Landwirtschaft" freuen durften, haben nicht nur 3,4 Milliarden bzw. 600 Millionen Euro mehr bekommen, obwohl es nur halb so viel einzahlt - knappe zehn Milliarden, die schon mit den Finanzhilfen für die Landwirtschaft fast komplett zurück zu Hause in Paris sind. Spanien ist sogar insgesamt Nettoempfänger. Das Land kam zuletzt mit 3,5 Milliarden plus aus dem Pokerspiel darum heraus, wer wem was zahlt.

Pro Kopf der Bevölkerung aber fällt die angebliche Rechnung mit den "höchstplatzierten Ländern bei den Agrarsubventionen" für die beiden Tabellenführer sogar noch besser aus. Frankreich bekam für jeden einzelnen seiner 67 Millionen Einwohner 141 Euro. Spanien sogar 146. Deutschland profitiert auf einem ganz anderen Level von dem, was offiziell als "Gemeinsame Agrarpolitik" (GAP) bezeichnet wird: Aufgeschlüsselt auf alle 84 Millionen Einwohner überwies Brüssel zuletzt 75 Euro nach Deutschland. 

Ungarn, in der Hitparade der Großempfänger auf dem letzten Platz geführt, kommt auf das Dreifache.