Als es sie noch nicht gab, war die Begeisterung für die neue CO2-Steuer groß. Eine Mehrheit der "Spiegel"-Leser war seinerzeit bereit, das vierfache des derzeitigen Satzes zu zahlen. |
Es war ein cleverer Schachzug, der selbst für die Mitregierenden überraschend kam. Um das leidige Thema Klimageld ein für allemal abzuräumen, möglichst in ausreichend großem Abstand von den nächsten Wahlen, hatte Bundesfinanzminister Christian Lindner Freund und Feind mit einem glasklaren Geständnis förmlich überfahren. Mitten in der sich weiter verschärfenden Regierungskrise gab der Finanzminister dem nächsten zentralen Wahlkampfversprechen aller drei Ampelparteien den Todesstoß. Das Klimageld, jene phantomhafte staatliche Zahlung an die Bürgerinnen und Bürger, die deren Zahlungen an den Staat ausgleichen sollte, sie wird nicht kommen. das aber ganz planmäßig. Ist anderweitig schon ausgezahlt. Außerdem fehlt das Geld. Es tut dem Finanzminister leid. Er könne nur auf das Jahr 2027 verweisen. Dann gehe es frühestens los.
Nach dem Bauernaufstand
Das politische Berlin, nach den Tagen des Bauernaufstandes und der vom Bundesverfassungsschutz über viele Monate übersehenen rechtsextremen Planungsrunden zur völkischen Umwandlung der Republik in ein zweites Russland, reagierte verdutzt. Eben noch hatten sich die Koalitionäre geschworen, in eins nun die Hände zu legen, wie es in einer alten Arbeiterhymne heißt. Besser erklären war gestern, nun sollte besser kommuniziert werden.
Eine Ahnung von neuer Einheit zog durch die Flure der Ministerien: Die Bauern bekäme man sicher in Kürze zur Ruhe, wenn es gelänge, über anderweitig Geld aufzutreiben, um ihnen ihre Wut über die Dieselsteuererhöhung abzukaufen. Eine erste Idee für eine solche erneute neue Steuer schlug Cem Özdemir vor, der Grüne, der in zwei Jahren zum Ministerpräsidenten in Baden.Württemberg gewählt werden möchte. Selbstverständlich keine neue Steuer, sondern nur eine neue Abgabe namens Tierwohlcent.
Da bleibt sicher etwas für Peru übrig
Für kaum jemanden nicht bezahlbar, denn im Grunde müssen den Bauern nur ein paar hundert Millionen durchgereicht werden. Pro Kopf vier Euro, umgerechnet auf den deutschen Durchschnittsfleischkonsum nicht einmal ein Cent pro Kilo Braten und Wurst. Das Schöne an dem Plan ist, dass schon vorab feststeht, dass eine Menge Geld übrigbleiben wird, mit dem sich viele weitere gute Dinge finanzieren lassen werden. Immer noch bekommen ja zahlreiche Länder weltweit kaum Hilfe aus Deutschland. Nicht einmal 1,50 Euro pro Kopf der Weltbevölkerung gibt das reichste Land der Welt (ZDF) derzeit als finanziellen Zuschuss zu wichtigen Projekten in Afrika, Südamerika, China, Indien und die Staaten im Südpazifik.
In Zeiten knapper Kassen sind neue Einnahmequellen ein hervorragendes Argument, zumal die Ablasszahlung an die Bauern in jedem Fall erst nach dem Eingang der ersten Tierwohlmillionen erfolgen wird. Wenn sie denn erfolgt, denn nach dem Vorbild des Klimageldes muss das nicht sein. Auch die SPD hatte es deshalb eilig, nach Lindners Ewigkeitserklärung für die CO2-Abgabe auch ohne die ursprünglich als Teil des Gesamtpaketes verkaufte Rückerstattung an die Bürger schnell wegzukommen von der Diskussion um das Klimageld.
Erstmal braucht es einen neuen Namen
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert stieß stattdessen eine neuen Diskussion an: Er wolle sich nicht mehr "auf den Begriff Klimageld" festlegen, sondern lieber darüber nachdenken, welchen neuen Namen das Kind dereinst tragen könne, wenn eine neue Bundesregierung es - unter sehr, sehr glücklichen Umständen - denn 2027 genau so auszahlt, wie noch die Regierung Merkel III im September 2019 mit dem wegweisenden Klimapaket und der Erfindung der nicht-steuerlichen Abgabe auf Luft in Aussicht gestellt und die Ampel-Koalition 2021 versprochen hatte.
Die Diskussion ist damit zurück auf Anfang, dort, wo die heutigen Koalitionäre in den Stunden ihrer Verhandlungen um eine Regierungsbildung hart gestritten hatten. Sollte die Rückzahlung als "Pro-Kopf-Prämie" bezeichnet werden, wie es die SPD in ihr Wahlprogramm geschrieben hatte? Oder tut man den grünen den Gefallen, ihren Begriff des "Energiegeldes" zu übernehmen? Und was wäre, käme man den damaligen Liberalen entgegen und würde deren Wortschöpfung "Klimadividende" ins Regierungsprogramm schreiben?
Rettung aus der BWHF
Den Kompromiss musste letztlich die Bundesworthülsenfabrik (BWHF) liefern, auf deren Vorschlag "Klimageld" sich die wie Kesselflicker streitenden Parteien schließlich einigten, um die Koalition nicht schon vor ihrer Taufe auf den Namen "Fortschrittskoalition" platzen zu lassen. Wie immer bleibt es nun bei den versprochenen Entlastungen, nur dass die neue Lage neue grundsätzliche Überlegungen erfordert.
Die Grünen, deren Entdeckung der hart arbeitenden Mitte, die unseren Wohlstand erarbeitet, noch keine drei Monate her ist, wollen am Begriff Klimageld festhalten. Die FDP, die sich keine Hoffnungen mehr macht, dem Schicksal der Linkspartei zu entgehen, ist entschlossen, an der Verschiebung auf den St. Nimmerleinstag festzuhalten, um wenigstens mit einem Knall abzutreten. Und die SPD schielt schon auf die Jahre nach 2025, die Jahre nach Scholz: Man wäre vielleicht eher für Steuererleichterungen oder für eine höhere Pendlerpauschale, um das klimaschädliche Herumreisen von Arbeitnehmer attraktiver zu machen, hat Generalsekretär Kühnert schon mal nach rechts geblinkt.
Man könnte doch bundesweit abstimmen, und alle, denen die Klimarettung noch zu billig ist, zahlen doppelte Steuern.
AntwortenLöschenNa klar. Hasen zu fangen ist auch puppenleicht: Einfach Pfeffer auf'n Schwanz streuen.
AntwortenLöschen@anonym1
AntwortenLöschenGenau das wird doch seit Jahren bundesweit alle 4 Jahre gemacht. Alle 4 Jahre wird abgestimmt. Danach werden die Steuern erhöht oder sogar neue erfunden.
Funktioniert wie eine Gelddruckmaschine.
Es wird dafür sicher eine neue Behörde gebraucht. Da ist der Tierwohlcent dann sicher am besten
AntwortenLöschenangelegt.