Freitag, 22. Dezember 2023

Machtwechsel in Polen: Feuern und Steuern

TP-Gründungsintendant Tadeusz Malamberiki gilt in Polen als Erfinder des unabhängigen Farbfernsehens. Ihm zu Ehren wurde in Molina-Gagorow ein Denkmal errichtet.

Jeder gute Revolutionär besetzt zuerst die Polizei- und Poststationen, aber natürlich auch die Radio- und Fernsehsender. Es gilt, der alten Macht, die sich überall festgesetzt hat, die Rückkehr unmöglich zu machen, indem ihr die Werkzeuge aus der Hand geschlagen werden, Kontakt aufzunehmen, Positionen zu verteidigen und das Volk weiter zu indoktrinieren.  

Kopf ab, zack, weg

Donald Tusk, ein in Jahrzehnten mit allen europäischen Wassern gewaschener Erz-Europäer, handelte noch seiner Wahl zum neuen polnischen Ministerpräsidenten folglich in höchster Eile. Kaum war der 66-Järhige zurück im alten Amt, entließ er die Chefs der Öffentlich-Rechtlichen Medienhäuser. Zack. Weg. 

Mit einer "Resolution zur Wiederherstellung der Unparteilichkeit und Zuverlässigkeit der öffentlichen Medien" (DPA), die im EU-Partnerland dafür notwendig ist, hatte das Parlament zuvor den Weg freigemacht zur Rückkehr zu wirklich freien Medien, die nicht nur das berichten, was die Regierung will. In Deutschland war der Jubel groß. Was für eine Maßnahme! Beinahe schon ein argentinischer Tango, den der neue starke Mann in Warschau ohne viel Federlesen, aber mit kräftig Anfassen tanzt. 

Bedenken nach Begeisterung

Schnell aber mischten sich in die erste Begeisterung Bedenken. Befürchtungen und Angst. Wenn es in Europa gängige Praxis wird, nur eine Woche nach einem Machtwechsel sämtliche ordentlich bestallten Vorsitzenden, Vorstandsmitglieder und Aufsichtsräte der Fernsehsender, der Radiostationen und der Nachrichtenagenturen abzusetzen, was droht dann, wenn die Ampel in Berlin so weitermacht wie bisher? 

Die europafeindliche PiS hatte sich in ihrer Regierungszeit wenigstens noch einige Jahre Zeit gelassen, die Meinungsvielfalt auf ihre Seite zu bringen - Pate stand das deutsche Modell, bei dem der angesehene rot-grüne Journalist Nikolaus Brender rein zufällig auf den Sessel des ZDF-Chefredakteurs geriet, als der ZDF-Verwaltungsrat in einer rot-grünen Regierungsphase in Hessen gerade rot-grün dominiert war. Und den Posten ganz zufällig verlor, als die Mehrheiten wechselten.

Radikal demokratisch

Tusk aber agiert in Polen-Geschwindigkeit und radikal demokratisch. Wer von der PiS ernannt wurde, muss gehen, Arbeitsrecht hin, drohende Kosten her, europäische Medienrichtlinien, Unabhängigkeit. Alles Quatsch. Hier geht es um die Meinungsfreiheit, deshalb feierte die Süddeutsche Zeitung im ersten Zugriff noch den "Sendeschluss im Propaganda-TV". Das habe einseitig berichtet, sich "vollständig in einen Propagandaarm der PiS verwandelt" und sich an der Verunglimpfung von Regierungskritikern beteiligt, wie das von der EU-Kommission unterhaltene "Europäische Zentrum für Presse- und Medienfreiheit" bei einer Untersuchung feststellen musste.

Deutschland liegt bei den Fällen von Einschränkung der Medienfreiheit laut ECPMF zwar mit 570 Fällen weit vor Polen mit 298, aber die Leipziger Forscher haben Deutschland bisher noch nicht so genau unter die Lupe nehmen müssen, weil das Grundgesetz hierzulande streng auf die Einhaltung von Artikel 5 achtet. 

Haselnüsschen in Dauerschleife?

Trotzdem ging die Angst auch in den deutschen Anstalten um. Polizisten in einem TV-Palast in Warschau, arbeitslose Intendanten, statt "Sieben Aschenbrödel für Haselnüsschen" nur noch  Weihnachtslieder in Dauerschleife und statt "Das Traumschiff" ein Testbild. Wohin soll das denn führen? Wenn nächstens womöglich auch in Deutschland ein Regierungswechsel ansteht? Versammeln sich die Wahlsieger dann vor der ARD-Hauptstadtredaktion? Vor der Bauruine des WDR-Filmhauses? Müssen Georg Restle, Dunja Hayali und die Mitarbeitenden der ZDF-Meisterwerkstatt für mediale Manipulation (MMM) dann auch so schnell gehen?

Es dauerte nur wenige Stunden, bis sich subtile Kritik in die Enthauptung der Medienhäuser durch die neue polnische Regierung und ihren eigentlich als Hoffnungsträger aller europa-nahen Wähler geltenden Chef mischte. Obwohl das polnische Rundfunksystem wie das deutsche nach dem Vorbild der britischen BBC als "öffentlich-rechtliches" Zwitterwesen aus unabhängigen Häusern und versteckter Kontrolle durch handverlesene Rundfunkräte geformt wurde, prasselt es nun aus allen Ecken: Im Moment ihrer Befreiung durch Tusk verwandelten sich die öffentlich-rechtlichen Medienhäuser Polen schlagartig in Verlautbarungsstation unter direkter Staatskontrolle.

Nun also doch Staatsmedien

Das ZDF berichtete von der Entlassung der Führungsriegen der "staatlichen Medien". Die "Zeit" schlug in dieselbe Kerbe. Der "Spiegel" schrieb von "Staatsmedien", die "Deutsche Welle", gleichermaßen die Illustrierte "Stern", die "FAZ"  und sogar das dem Namen nach "Euronews", eine Vereinigung, zu der auch Sendern aus Marokko, Russland, Algerien und Tunesien gehören. 

Der Vorwurf an öffentlich-rechtliche Anstalten, "Staatsmedien" zu sein, gilt in Deutschland seit Jahren als Erkennungsmerkmal von sogenannten Schwurblern, die als Querdenker zum Pack gehören. Ihn jetzt gegen die öffentlich-rechtlichen Medien Polens aufzumachen, einem Partner, mit dem ARD und ZDF in der European Broadcasting Union eng zusammenarbeiten und mit denen auch schon gemeinsame Erfolgsformate über findige Grenzpolizisten entwickelt wurden, soll den Anfängen wehren. Niemand in Hamburg, Berlin oder Mainz möchte mit den polnischen Medienhäusern verwechselt werden. Zugleich aber ahnt mancher in den Redaktionen, dass die Gefahr nicht zu unterschätzen ist, weil Gleiches von Uneingeweihten oft als recht ähnlich eingeschätzt wird.

3 Kommentare:

  1. Wen wundert es. Der Tusk ist wie Baerbock und Habeck eine von den Amerikanern eingesetzte Marionette.

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  2. Sowas kommt nicht aus dem leeren Raum aus einem einzelnen Kopf, der Tusk hat den Medienputsch sicher mit seinen WEFlern, Bilderberg etc abgestimmt. Die Leitorgane wurden in die richtige Richtung gedreht, der Rest dreht sich automatisch mit.
    Ein paar machen Alibi-Kritik, und fertig.

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  3. Mein Mitleid mit der PIS hält sich in engen Grenzen. In ein paar Jahren ist ja wieder Wahl. Da kann man es dann wieder ändern. Das sich in Deutschland ein paar Mediefunktionäre Gedanken machen
    ist für sie sicher neu und unangenehm, wird ihnen aber nicht schaden. Ein Blick auf ihre Kontoauszüge wird sie schon wieder beruhigen.

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