Samstag, 11. November 2023

Gipfeltreffen der Verfassungsorgane: Weitergehen, es gibt nichts zu sehen

"Weitere Richterinnen und Richter" nahmen am traditionellen Treffen der Verfassungsorgane statt, das vor der Entscheidung über die Verwendung von 60 Corona-Milliarden für Klimazwecke am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe stattfand.


Es ist ein ganz gewöhnlicher Vorgang. Man trifft sich, man kennt sich sowieso. Die einen haben den anderen ins Amt verholfen, die anderen den einen oft den Rücken freigehalten. Gemeinsam zu speisen, Verfassungsorgan von Verfassungsorgan nur durch eine bescheidene Tafel getrennt, das ist so normal zwischen Institutionen wie der Bundesregierung und dem Bundesverfassungsgericht, gerade weil Erstere von Letzterem kontrolliert und -historisch ist die Liste fast endlos - immer wieder im Eifer gestoppt werden muss, die Verfassung zu brechen.  

Auch aktuelle Streitpunkte

Nun also wieder einmal ein Treffen, ganz transparent. Gesprächsthemen diesmal nicht "die Rechtsetzung in Europa und das Zusammenspiel von EU- und deutschem Recht" und das Problem der "Entscheidungsfindung unter Unsicherheiten". Sondern lageangepasst die "Krise als Motor der Staatsmodernisierung" und die "Generationengerechtigkeit: Politisches Leitbild und Verfassungsprinzip". 

Beim letzten Mal, als die bei einem gemeinsames Abendessen informell besprochenen Themen am Vorabend wichtiger Verfassungsgerichtsurteile "auch aktuelle Streitpunkte" (Bundesregierung) wie die seinerzeit überall laufende Eilanträge gegen die Corona-Notbremse berührt hatten, war der Verdacht aufgekommen, dass zwischen der Bundesregierung und den sie letztlich beaufsichtigenden Richtern Absprachen getroffen und in Hinterzimmern geklüngelt werde. 

Obwohl die Zusammenkunft in Wirklichkeit nur "eine seit vielen Jahren bestehende Tradition" (BVerfG) fortsetzte, musste die Beteiligten später zumindest so tun, als ob sie Auskunft erteilen. Es gebe "übliche Gepflogenheiten der Treffen", die "jeweils einmal im Jahr 2018, 2019 und 2021" stattgefunden hätten, räumte die scheidende Regierung Merkel ein und berief sich darauf, dass das zuvor schon "bereits seit vielen Jahren, wenn auch in unregelmäßigen Abständen" so gewesen sei. Mitbekommen hatte es niemand, aber trotzdem könne "von einer Tradition zwischen den Verfassungsorganen gesprochen werden". 

Angela Merkel selbst war ja schon 2012 nach Karlsruhe gefahren, um mit den höchsten Richtern über die Themen "Europa - weitere Entwicklungen" und "das Verhältnis moderner Technikformen zum Recht"  zu sprechen. Niemanden hatte das damals gestört. Keinen. Verschwörungstheoretiker, wer heute mehr hineindeutet. Hier ist alles ganz normal. Gehen Sie weiter. Hier gibt es nichts zu sehen.

Tradition lebt wieder auf

2022 wurde dennoch ausgesetzt. Vielleicht fand sich kein Termin, vielleicht gab es nichts zu bereden. Erst mit der offiziellen Pressemitteilung Nr. 97/2023, abgefasst nach erfolgreichem Abschluss der Begegnung am 9. November 2023, lebte die schöne Tradition der "Stippvisiten" (BNN) wieder auf:  "Bundeskanzler Olaf Scholz und weitere Mitglieder der Bundesregierung" werden als Besucher des Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe genannt. Dort seien die Gäste "von dem Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. Stephan Harbarth, der Vizepräsidentin Prof. Dr. Doris König und weiteren Richterinnen und Richtern des Bundesverfassungsgerichts zu einem Gedanken- und Erfahrungsaustausch empfangen" worden, führt das höchste deutsche Gericht aus, das diesmal nicht nach Berlin bestellt worden war, sondern selbst Gastgeber sein durfte.

Mehr muss niemand wissen. Speisefolge, Anzugsordnung, Ort und Länge, die Namen der "weiteren Mitglieder der Bundesregierung" und der "weiteren Richterinnen und Richtern des Bundesverfassungsgerichts", das alles geht die Grundrechtsträger draußen nur insoweit etwas an, als die Informationen darüber in den besten Köpfen sind, weil die unmittelbar Beteiligten sie kennen und entschieden haben, dass niemand sonst sie wissen muss. 

Corona-Schulden im Klimakampf

Denn in der kommenden Woche schon entscheidet der Zweite Senat über eine Klage der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, die sich gegen die plötzliche Umwidmung von 60 Milliarden Euro aus einem eigens für die Heilung der Corona-Folgen begründeten Sonderkredittopf zu Zwecken des Kampfes gegen den Klimawandel, der der Ampel-Koalition inzwischen bedeutsamer schien. Das Geld ist längst verplant, der "Energie- und Klimafonds" , einer aktuellen Worthülsenmode folgend auch als  Sondervermögen bezeichnet, um die Schuldenbremse einzuhalten, ohne sie einhalten zu müssen, ist mehr als einmal ausgegeben, wird aber weiterhin gebraucht, um grüne Wolkenkuckucksheime künftig seriell bauen zu können.

Abendessenteilnehmerin Doris König, nach dem alten deutschen Brauch, demzufolge jede irgendwo im Land mitregierende Partei reiherum Richterstellen in Karlsruhe unabhängig besetzen darf, einst von der SPD ins Amt gepflanzt, wird den Vorsitz führen. Stephan Harbarth aber, direkt aus einer entlegenen Hinterbank im Bundestag an die Spitze des Verfassungsgerichtes kooptiert, als die CDU gerade jemanden ernennen durfte, passt natürlich auf, dass dabei nichts schiefgeht und ein falscher Zungenschlag im Urteil die "Bundesregierung zum Sparen zwingt" (SZ).

Von wegen mangelnde Transparenz

Das Treffen der beiden Verfassungsorgane setzt so wirklich nur "eine seit vielen Jahren bestehende Tradition fort", die gänzlich ungeeignet ist, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen, wie das Bundesverfassungsgericht beim letzten Mal (1 BvR 1170/21 -, Rn. 1-12) entschied, als ein "Gedankenaustausch" (Die Welt) hinter verschlossenen Türen interessierten Kreisen als Anlass diente, die Unabhängigkeit der Richter öffentlich infragezustellen. "Auch dieses Mal werfen Zeitpunkt und mangelnder Wille zur Transparenz Fragen auf", schlägt die "Welt" unverdrossen in die gleiche Kerbe, um Zweifel daran zu wecken, dass das alles nur Besten aller ist. Doch auch dieses Mal wird sich schließlich erweisen, dass Treffen im Rahmen des Dialogs oberster Verfassungsorgane keine "Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts" begründen können.

17 Kommentare:

  1. Eine Verpflegung mit Fleisch bei solchen Veranstaltungen gibt es allerdings nur noch, wenn zuvor eine Sondererlaubnis bei Cem eingeholt wird.

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  2. Da kennst Du die Mischpoche aber schlecht ...

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  3. Das Thema "Generationengerechtigkeit" darf Hoffnungen wecken. Nachdem das BVerfG bereits in seinem schon legendären "Klima-Beschluss" vom 24.03.2021 mit der "Generationengerechtigkeit" begründet hat, dass eine "einseitige Verlagerung der durch Art. 20a GG aufgegebenen Treibhausgasminderungslast in die Zukunft" nicht zulässig, sondern gefälligst die heutige Generation durch Klimaschutzmaßnahmen hinreichend zu belasten ist, darf man davon ausgehen, dass die Herrschaften beim Dinieren darüber sinnieren werden, in welchen Bereichen die Klimaschutz-Schraube nach den Vorgaben des inzwischen wohl als deutsches Verfassungsrecht anzusehenden Paris-Abkommens noch weiter angezogen werden muss, um die Klimaschützer in roten Roben zufrieden stellen zu können. Und man darf annehmen, dass die "Krise als Motor der Staatsmodernisierung" vor allem darauf hinauslaufen wird, jegliche Rechtsmittel gegen klimaschutzrelevante Maßnahmen verfassungskonform abzuschaffen und auszuhebeln. Gut, dass die Beteiligten das vorab einmal persönlich besprechen können.

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  4. Bitte keine falschen Verdächtigungen.
    Das hat nichts zu sagen, dass seit 1933 die Entscheidungen der sog. "unabhängigen Justiz" recht kongruent sind zum Wollen und Tun der jeweiligen Machthaber.

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  5. Können die das nicht wie alle anderen bei ihren Bilderberg-Treffen bereden?

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  6. Von wem ist das Gemälde ? Danke

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  7. Hier gibt es ja kein Impressum - wen kann ich fragen, von wem das Gemälde ist ?

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  8. >> wen kann ich fragen

    Bildersuche diverser Anbieter

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  9. Weiß ich doch nicht, warum Ihr kein Impressum habt - statt Gegenfrage vielleicht einfach mal kurz antworten ?

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  10. .. von wem das Gemälde ist.

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  11. BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

    Karlsruhe muss seinen Kuschelkurs mit Berlin beenden

    Stand: 07:41 Uhr | Lesedauer: 5 Minuten

    Von Benjamin Stibi
    Freier Mitarbeiter Investigation & Reportage

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  12. VERSALIEN sind nicht zu übersehen. jetzt MUSS karlsruhe handeln

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  13. Das Bild oben ist jetzt leider ein anderes - warum ?

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  14. Die Heulsuse Reitschuster hat neulich rumgepöbelt, weil irgend eine Linksdoof-Seite kein Impressum habe.

    Stimmte aber nicht, die haben, sehr einfach zu sehen, eine Seite "Kontakt", wo man die relevanten Daten leicht findet.

    Passt ihm aber nicht, wenn man mit amtlicher Quellenangabe darauf hinweist, dass dies den Anforderungen genügt,der Kommentar wird von ihm gelöscht.

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  15. Von wem stammt eigentlich das Gemälde, das anfangs oben dargestellt war (später ausgetauscht) ? Danke

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