Aus Habeck, dem Revolutionär, wurde in diesen Sommermonaten ein Politiker, der das eigene Feld mit Tricks und geschickten Winkelzügen beackert. |
Es waren Monate , von denen er selbst sicher sagen würde, sie seien nicht einfach gewesen. Erst die Pleite mit der Gasumlage, dann das Gelächter, als er verkündete, er habe die Deutschen sicher über den Winter gebracht. Es folgte der letztlich gescheiterte Versuch, den Menschen weiszumachen, dass die Abschaltung der deutschen Kernkraftwerke völlig folgenlos geblieben sei und keinen Einfluss auf den Strompreis gehabt hatte, ehe die Idee, wegen der rekordhohen Strompreise einen Brückenstrompreis einzuführen, zu einem weiteren offenen Streit in der Koalition führte.
Konfrontation mit Realitäten
Dazu die Schuldenbremse, die die Altvorderen für immer erlassen hatten, die danach kaum jemals galt, nie eingehalten wurde und nun schnell weg soll. Die Migration, bei der man sich vergaloppiert hat, weil sich herausstellt, dass begrenzter Platz nur begrenzt für unbegrenzte Mengen an Menschen reicht - immer wieder stößt Klimawirtschaftsminister Robert Habeck auf Realitäten, die in der Autorenstube des Kinderbuchsschreibers kaum eine Rolle gespielt hatten.
Anfangs reagierte der 54-Jährige bockig auf die Konfrontation mit Fakten und abweichenden Meinungen einer Bevölkerungsmehrheit. Bei der Gasumlage wie beim Heizungsaustauschgesetz schien er lange entschlossen, seine Pläne durchzuziehen, was immer es koste. Spät erst wurde dem bis dahin als gewiefter Stratege eingeschätzten Grünen-Politiker klar, dass politische Erfolge so von kurzer Dauer sind. Nicht zuletzt der eigene Hader mit der Schuldenbremse erinnerte Habeck daran, dass jede nachfolgende Regierung, an der man selbst nicht beteiligt ist, die eigenen Beschlüsse und Gesetze im Handumdrehen rückabwickeln kann.
Aus für den großen Erklärer
Aus Habeck, dem Revolutionär, wurde in diesen Sommermonaten nach dem Verlust des als Ratgeber, Einflüsterer und Vordenker so wichtigen Lobbyisten Patrick Graichen ein Taktiker, der weniger oft auf sich aufmerksam macht und stattdessen versucht, hinter den Kulissen Weichen zu stellen. Widerständen auf nationaler und internationaler Ebene, von der unruhevollen grünen Jugend, die sich in ihren Kreisen profilieren will, und von den Naziparteien CDU, AfD und FDP begegnet Robert Habeck durch wegducken. Er, der sich anfangs als der große Erklärer der Politik der großen Transformation verstanden hatte, will nun "nicht aufhören, nachzudenken."
Aber dieses "Prinzip des ständigen Infragestellens" (FAZ) sieht Habeck als Selbstverpflichtung im Sinne von "wie kann ich an meinen Plänen festhalten, ohne aus dem Amt gefegt zu werden". Nicht als Aufgabe, die das Ziel hat, Ziele zu relativieren, eigene Positionen zu korrigieren und Überzeugungen aufzugeben, wenn sie sich als falsch herausstellen. Nein, Robert Habeck ist noch lange nicht fertig mit Deutschland. Nach der großen Sommerpause in seiner Öffentlichkeitsarbeit ist er nun wieder da, mit neuer Kraft und alten Plänen zum kompletten Umbau von allem.
Kein Stein auf dem anderen
Kein Stein soll auf dem anderen bleiben, denn alle werden gebraucht, um ein adenauer- oder merkelähnliches Denkmal für Habeck zu bauen, der als der Mann in die Geschichte eingehen will, der Deutschland fit gemacht hat für den Rest des Jahrtausends: Nachhaltig beheizt, soll das Land klimaneutral wirtschaften, gestützt auf eine staatseigenen Planökonomie, die bis in jede Ritze reicht und den Bürgerinnen und Bürgern eng überwachte Freiheiten gewährt, deren Grenzen auf Parteitagen festgelegt werden.
Würde es nach Robert Habeck gehen, ginge alles sehr viel schneller. Der Klimaminister, der auch Vizekanzler ist, würde so tief in den Schuldentopf greifen, dass kommende Generationen noch in tausend Jahren mit der Rückzahlung beschäftigt wären. Dafür aber erbten sie ein besenrein sauberes Land ohne Chemie, ohne Automobilwirtschaft, ohne schmutzige Energieerzeugung und Individualverkehr. Obwohl auch der Bundeskanzler diesem Ideal folgt, stößt Habeck bei der Umsetzung fortwährend an Grenzen. Menschen widerstreben. Vor allem im Osten wollen sie am Altgewohnten festhalten und nicht schon wieder neu anfangen. Selbst in den Bionadevierteln der Lastenradfahrer wuchs zuletzt die Skepsis, ob sich die Wärmepumpe wirklich an allen Gründerzeithäusern einsetzen lässt, ohne dass die Miete steigt.
Mit dem Kopf durch die Wand
Habecks Kurs war bisher das Trotzalledem. Ungeachtet aller Konfliktpunkte wollte er durch die Wand, ein schneller Schmerz wie beim Abziehen eines Pflasters, keine zarten Ziehen, sondern ein Ruck, der vielleicht ein, zwei Generationen betrifft. Habeck baute dazu die Bürokratie aus, er verbreitete Optimismus, Pessimismus und Thesenpapiere, die wie Horrorlisten alle Erfolge der deutschen Politik bis hierher aufführen.
Hohe Energiepreise, brüchige Lieferketten, endlose Genehmigungsverfahren, Millionen an Ungebildeten im Land, ein grassierender Fachkräftemangel, Beschwerden über wegrutschenden Wohlstand und eine Babyboomer-Generation, die sich wohl weigern wird, bis zur Bahre weiterzuarbeiten, selbst wenn es doch noch gelingt, ihnen zur Strafe noch ein wenig vom Gesparten wegzunehmen. Dazu kommt die Gefahr von rechts und die Gefahr, dass man selbst den Zugang zu den Schalthebeln der Macht schon bald verliert.
Kampf ums Überleben
Gegenmaßnahmen sind dringend gefragt, an allen Fronten. Habeck möchte immer noch Bundeskanzler werden, dazu ist er bereit, allen alles zu versprechen, aber auch allen alles zu geben, wenn sie dafür mitmachen bei seinem Plan oder wenigstens stillhalten. Als "aktive Industriepolitik" bezeichnet der studierte Literat die in Aussicht gestellte umfassende Subventionswirtschaft, bei der der Staat überall dort, wo es nicht mehr reicht, mit Geld aushilft, das er aus der hohlen Hand schöpft und künftigen Generationen als rückzahlbare Verpflichtung auferlegt.
Die hohen Strompreise in Deutschland sollen damit wenigstens für die fossilen Großverbraucher sinken, die dank ihrer Lobbyarbeit am lautesten klagen. Für den Ausgleich der damit einhergehenden Klimalasten werden die Bürgerinnen und Bürgern sorgen, indem sie nach und nach höhere Preise für ihren "CO2-Verbrauch" (Annalena Baerbock) zahlen.
Lockere Luderwirtschaft
Stadt und Land, Hand in Hand, mehr Subventionen, weniger Schuldenbremse, mehr Luft für lockere Regelungen statt einer strengen Hand für eine staatliche Luderwirtschaft, die heute zehnmal so viel Geld zur Verfügung hat wie vor 30 Jahren, aber immer noch nicht genug, um damit auszukommen. Robert Habeck argumentiert, dass die Schuldengrenze aus einer Zeit stamme, die mit der heutigen nichts mehr zu tun habe.
Damals, zu Zeiten der Finanzkrise, sei alles schön gewesen, Politiker hätten es leicht gehabt, das Leben lief prima. Heute aber gebe es Krisen, geopolitische Verschiebungen und die Notwendigkeit eines Energieausstieges - das alles lasse sich mit den Werkzeugen von gestern eben nicht begegnen, argumentiert Habeck, dem eine Freie-Hand-Regelung vorschwebt:Wenn der zuständige Minister Finanzbedarf sieht, muss er auch an die notwendigen Mittel herankommen.
Winkelzüge und Tricks
So deutlich sagen würde das der neue Habeck allerdings heute nicht mehr. In der langen, stillem Sommerpause hat der frühere Grünen-Politiker gelernt, dass sich das eigene Feld mit Tricks und geschickten Winkelzügen besser beackern lässt als mit der konfrontativen Transparenz der ersten 24 Monate im Amt. Den zweiten Teil seiner Amtszeit, das hat sich Robert Habeck vorgenommen, will er nicht mehr verstanden werden, sondern Dinge schaffen, die den Menschen für immer in Erinnerung bleiben.
Was genau es werden wird, wie tief die Schnitte gehen und was eines Tages am Ende stehen kann? Die Deutschen dürfen gespannt sein. Denn Robert Habeck ist noch längst nicht am Ziel.
Hatten wir den schon?
AntwortenLöschen„Existenzbedrohende Energiepreise“
Habeck gesteht Wohlstands-Kollaps
Keiner von diesen (Selbstzensur) sagt oder tut, was der große Sanhedrin nicht genehmigt hat.
AntwortenLöschen@ Volker: Dieser Link zur Blah-Zeitung - Felix Rupprecht? Ein Nachkomme des Ausnahmekünstlers Fips?
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