Montag, 2. Oktober 2023

Ein Tag in Deutschland, 2023

Die Einschläge kommen näher, aber die Politik zuckt nicht.


Bei Gigaset in Bocholt und Real sind sie nicht pleite, sie bauen nur bald keine Telefone mehr und verkaufen auch sonst nichts. Für Umwelt und Klima eine weitere gute Nachricht in einem bisher guten Jahr für die Menschheit in Deutschland, die immer besser lernt, mit den kostbaren Ressourcen, die der Erde noch verbleiben, so zu wirtschaften, dass es auch für nachfolgende Generationen noch reicht. Wie ein Sturm fegt in diesen letzten Sommertagen eine weitere Welle an Versuchen durchs Land, bescheidener zu leben, weniger Energie und Rohstoffe zu verbrauchen und mit dem, was schon da ist, zurechtzukommen.  

Kurzlebige Zeichen

Während die Aktivisten der Letzten Generation noch kurzlebige Zeichen setzen, um die Bundesregierung zu mehr Anstrengungen beim Klimaschutz zu drängen, hat die Wirtschaft schon längst einen neuen Kurs eingeschlagen. Nicht mehr immer mehr. Sondern immer weniger. Das Bruttoinlandsprodukt schrumpft erstmals Quartal um Quartal, ohne dass von einer Wirtschaftskrise die Rede ist. Das vorhergesagte grüne Wirtschaftswunder hält, was es versprochen hat. Neue Ziele braucht das Land, um Erderwärmung, Fachkräftemangel, russische Kriegstreiber und Rechtspopulismus gleichzeitig bekämpfen zu können. Frieden ohne Freiheit ist Unterdrückung, Wachstum ohne Schrumpfen eine gefährliche Krankheit.

Die Diskussion um "Degrowth", sie war aufgeregt, als das Konzept einer langsam zusammenschrumpelnden Wirtschaftstätigkeit noch als theoretische Möglichkeit vorgestellt wurde. Seit die praktische Umsetzung begonnen hat, streitet Talkshow-Deutschland an allen anderen Fronten. Die neue Härte von Ampel und EU bei der Abwehr von Geflüchteten, die nun wieder "Flüchtlinge" heißen. Die neue, blasse Erkennungsfarbe der CDU. Deutschlands Anspruch auf einen Sitz im Sicherheitsrat der UNO, wo bisher kein Staat vertreten ist, der konsequent für eine feministische Außenpolitik eintritt.

Mit höchster Geschwindigkeit

Ein Tag in Deutschland, 2023. Mit höchster Geschwindigkeit rast Europas größte Wirtschaftsnation auf eine Mauer aus Missverständnissen zu. Einerseits ist klar, dass ab sofort 400.000 Zuwanderer pro Jahr gebraucht werden, um die alternde Generation der Boomer mit Wärmepumpen zu versorgen, zu füttern und perspektivisch  zu windeln. Andererseits fehlt es an Platz, sie irgendwo unterzubringen, so dass eine Obergrenze von 200.000 Neuankömmlingen im Jahr unvermeidlich scheint. Es geht nicht anders, soll nicht alles anders werden.

Nach Thüringen, Sachsen und Bandenburg ist auch Mecklenburg-Vorpommern, bisher Stammland der russlandtreuen Sozialdemokratie, nach rechts weggekippt. Die EU-Wahl im kommenden Sommer droht zum Debakel für den gesamten demokratischen Block zu werden. Ursula von der Leyen, die die Wertegemeinschaft bis hierher mit strengem Blick und einem unerschöpflichen Vorrat an fantastischen Plänen ohne jede Realisierungschance geführt hat, wird zweifellos weitermachen. Als sogenannter "Spitzenkandidat" antreten und sich um ein Mandat des Wahlvolkes bewerben aber mag sie nicht: Da der Posten ohnehin im Hinterzimmer vergeben wird, würde ein gutes Abschneiden nicht helfen. Das absehbare schlechte aber schaden.

Eine unangekündigte Zeitenwende

Es herrscht Angst, es herrscht Ratlosigkeit und Verwirrung bis in die obersten Etagen, die sich plötzlich in einer Zeitenwende wiederfinden, die so nie gemeint war. Von CDU bis SPD, von den Grünen über die FDP bis zur Linkspartei war es bislang für selbstverständlich gehalten worden, dass man mit den Bürgerinnen und Bürger alles machen kann, so lange man es nur zusammen macht. Der Gemeinsinnfunk und die "privaten Medienheuschrecken" (ARD-Manual) standen bereit zur Verteidigung und zur Verurteilung von knieweichen Zweiflern. Wer meckerte, wurde ins Abseits gestellt. Wer andere Ansichten vertrat, von der Bühne gebuht.

Auf einmal nun aber brüllt ganz Berlin die populistischen Parolen. Wo gerade noch Platz war, ist nun keiner mehr. Wo jeder Hinweis darauf, dass ein begrenzter Raum nicht einmal theoretisch unbegrenzte Möglichkeiten bietet, wenn nur der gute Wille vorhanden ist, finden sich die bislang verlässlichsten Genossen ein, um zu widersprechen. Es ist genug, es geht nicht mehr, so schallt es aus dem Morgenkreis, als hätten über Nacht kryptofaschistische Körperfressen die Macht über die Grenzen des Sagbaren übernommen und einem "Obergrenze" pro Satz zur Pflichtübung gemacht. 

Grün steht für neue Härte

Die grüne Parteivorsitzende plädiert nun für Härte. Die EU plant wie immer Maßnahmen und verspricht Hilfe. Die Bundesworthülsenfabrik (BWHF) produziert Deutschland-Geschosse am Fließband. Der Kanzler findet kaum mehr statt. Er will in den Sicherheitsrat, denn in innenpolitisch unsicheren Zeiten, diese Binse hat Olaf Scholz gelernt, ist Außenpolitik ein Feld, auf dem selbst der rostigste Ritter von der traurigsten Gestalt noch glänzen kann wie der Recke auf dem weißen Pferd.

Es ist kein stilles Hinterherschauen hinter den Fellen, die nicht mehr langsam, sondern in großer Eile fortschwimmen. Kein Tag ohne neue Pleitemeldung, vor allem das grüne Wirtschaftswunder meldet sich immer hektischer ab. Unklar, ob Gesundbeten diesmal helfen wird und ob der Rest Kraft noch einmal reicht, neue Rettungspakete zu schnüren. 

Ein Tag in Deutschland, 2023. Wie immer viel zu warm. Wie immer zu trocken. Wie immer zu laut und zu leise zugleich.

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