Freitag, 1. September 2023

Wehrwillig zum Weltfriedenstag: Rückkehr in den Schützengraben

Viel zu lange suhlten sich die Deutschen im Gefühl, die Zauberformel gegen Krieg und Tod gefunden zu haben. 70 Jahre oder so hatte es vollkommen ausgereicht, sich "skrupulös mit Geschichte und Moral zu beschäftigen" (Peter Bürger), um sich selbst glauben zu machen, dass Deutschland als erstes Land der Welt Vorbild werde für alle anderen, die nach und nach auch ohne den Willen zu Macht auskommen würden. War man nicht überaus erfolgreich damit, die noch vor 90 Jahren so mächtige Rüstungsindustrie zurückzubauen zu einem bescheidenen Kreis von Mittelständlern? Hatten die Abschaffung der Wehrpflicht und die Säuberung der Restbundeswehr von Nazirudimenten nicht gezeigt, dass eine Armee einfach nur ein guter, gendergerechter Arbeitgeber sein kann, dessen ursprüngliche Aufgabe keineswegs mehr wichtig ist?

Westerwelles Weigerung

Als sich der damalige Außenminister  Guido Westerwelle weigerte, deutsche Heeresverbände nach Libyen in Marsch zu setzen, reagierten die einsatzwilligen Teile der "reumütigen einstigen Täternation" (Bürger) mit "Zehn Vorschlägen zur Abschaffung des deutschen Pazifismus". Der Deutsche, jahrzehntelang auf den Glauben eingeschworen, aufgrund seiner "ökonomischen und technologischen Spitzenstellung zu Höherem berufen" zu sein, so dass Gefecht, Kampf und Krieg eher andere erledigen sollten, sei gefordert, seine "Welt- und Geschichtswahrnehmung gründlich in Frage zu stellen". Fressen und Gefressenwerden dämmerten am Horizont. Alexander Haig, der die nach Ruhe und Frieden lechzenden Deutschen in Ost und West während der 80er Jahre mit der Eröffnung empört hatte, es gebe "Wichtigeres, als im Frieden zu sein", kündigte seine Rückkehr als Idol an. 

Ein Dammbruch damals, just zum alten "Weltfriedenstag". Friede an sich, so suggerieren es schlagartig alle großen Parteien und Großkommentatoren, sei ja doch gar kein Wert! Lieber im Stehen sterben als im Knien leben!, heult es aus den Oppositionsbaracken wie aus dem Regierungslager. Wen es als erstes an die Front zog, dem huldigte die Süddeutsche Zeitung in einem Essay als mutigen Mann in Stahlgewittern: "Im Libyen-Einsatz bewies Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy Mut", hieß es verwegen und verlockend. "Ein Bauchgefühl", das zum Kriege drängt. "Sarkozy fühle sich in dem Krieg nicht nur als politischer, sondern auch als militärischer Anführer", protokollierte die SZ. Wie ein "Feldherr" habe er sich "über Generalstabskarten gebeugt und mit der strategischen Situation in Tripolis vertraut gemacht." 

Tastend zurück in den Schützengraben

So einen wollten wir auch, wenn auch vielleicht nicht alle. Tastend näherte sich Deutschland seinem neuen Ideal, es sollte noch sieben Jahre dauern bis Angela Merkel sich als Feldherrin zeigte. Die Logik war einfach unbestechlich, die Bilanz unwiderlegbar: Weltweit sind immer sämtliche Kriege am Ende von den Guten gewonnen worden. Die es nicht sind, sind nur noch nicht beendet. Stets haben sich die höheren Werte durchgesetzt, immer obsiegte die Moral über die Unmoral. Und seit die Atombombe in die Welt kam, gelingt es überdies, Konflikte immer  blutsparend abzuwickeln. Die große Bombe hat zwar große Opfer gefordert, aber verglichen mit der Kalaschnikow, der Haubitze und dem Panzer war sie nie eine Massenvernichtungswaffe. Sogar durch kleinkalibrige Pistolen sind auf der Welt mehr Menschen gestorben als durch Kernwaffen. 

Nicht zu reden davon, wie viele Leben Atomsprengköpfe eventuell gerettet haben, weil sie kleine, kurze und einfache Kriege zwischen Mächten mit Atomwaffen seit inzwischen 78 Jahren unmöglich machen. Großbritannien, Pakistan und Israel sind sicher, auch Mordkorea weiß es längst und der Iran natürlich ebenso. Nur die Deutschen, zwölf Jahre nach Westerwelles Libyen-Weigerung wieder wehrwillig wie über Jahrhunderte hinweg, will diese notwendige Diskussion nicht führen. Dabei braucht ein Land, das in Ruhe gelassen werden möchte, zwingend Atomwaffen, vielleicht nicht jetzt, nicht gleich, nicht heute, aber bestimmt irgendwann. Denn die Atombombe schafft Recht, wo keines ist, sie macht souverän zu den eigenen Bedingungen und unangreifbar selbst für ein gebeugtes und wie Weidenruten gewundenes Völkerrecht. Waffen schaffen Frieden, und Atomwaffen tun das besonders effektiv.

8 Kommentare:

  1. >> die Deutschen ... wieder wehrwillig wie über Jahrhunderte hinweg

    Da warte ich lieber ab, bis über die Regierungswarnapp (Cell Broadcast) das Gestellungsgesuch zugestellt wird. Ich trolle mich dann zum Kreiswehrersatzamt, mit Wehr läuft es momentan nicht so gut beikir, mit Ersatz auch micht, Entsatz fällt aus, also ich geh da mal hin und schau mir das bunte Treiben dieser Wehrwilligen an. Es würde mich nicht wundern, wenn man in den Gestellungsämtern gleich drankommt, weil grad alle Wehrwilligen abgearbeitet waren, die vor einem da waren.

    Dabei ist Schlagkraft des Bundes momentan recht preiswert zu haben. Wagner steht zum Verkauf. Wenn der Linder jährlich 1 Milliarde locker macht, sollte das machbar sein. Die können alle russischen Waffen. Insofern gibt es dann an der Südfront aka Sahara und drunter keinen Streß. Gibt es da in Hülle und Fülle und für lau.

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  2. The more you know:
    'Über die Jahrhunderte' haben deutsche Länder vor allem Krieg gegen andere deutsche Länder geführt. Es gab ausreichend davon. Aggressionskriege gegen nichtdeutsche Länder waren bis schlagmichtot ins 20 Jh. die Ausnahme.

    A propos Quanten: Wie Schrödingers Katze tot/lebendig ist, sind die Progressiven gleichzeitig für/gegen Krieg. Erst eine Messung entscheidet, was von beiden sie grad sind.

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  3. OT

    Vorgetäuschter linker Angriff

    Ermittler finden abgetrennte Finger von Neonazi – in Braunglascontainer

    Der Rechtsextremist Alexander W. behauptete, vermummte Linksextremisten hätten ihn in einem Chemnitzer Park überfallen. Ermittler gehen nun jedoch davon aus, dass ihm ein Bekannter die drei Finger abgetrennt hat.
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    Braunglascontainer. Soso.

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  4. Von all diesen kreigsgeilen Politikern und "Journalisten" wurde noch nie einer im Schützengraben gesichtet. Dabei gehöhren sie alle dorthin.

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  5. gehöhren sie alle dorthin.

    Höhrt, höhrt!

    Was Ananas: Vära Länksfäldt hatte schon lange VOR ihrer unappetitlichen Schmeichelei betr. Ignaz Spitzbubis bei mir so ziemlich abgegessen - mit den 25 Fragen an die Saudeutsche Zeitverschwendung aber einiges, oder sagen wir ein klitzeklein wenig, wieder gutgemacht.
    Wiederum mit der Einschränkung, dass der Aiwanger natürlich ein (vorekelschüttel) ist.

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  6. Tot den Legasnickern.

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