Mittwoch, 5. Juli 2023

Klimakiller Mensch: Und Wohnen will er auch noch

Klimaneutral bauen wird immer wichtiger.

Es war wie immer. Der Geist war willig, die Bauwirtschaft aber zu schwach. Wie jede Bundesregierung seit Anbeginn der Zeiten verpasste auch die Ampel-Koalition ihr selbstgesetztes Wohnungsbauziel. Diesmal um 110.000 Wohnungen, das liegt im Schnitt der Vorgängerregierung, die 2016 verkündet hatte, bis 2021 1,5 Millionen Wohnungen neu lassen bauen zu wollen, um die Wohnungsfrage als soziales Problem zu lösen. Dann aber doch nur eine Mietbremse einführte.  

Mietbremse statt Neubau

Leichter ist es nicht geworden, denn zu explodierenden Baukosten, Materialengpässen und  gestiegen Zinsen kommt nun auch noch die Klimagefahr, die dem Bausektor naturgegeben innewohnt. Der einst von der damaligen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock in Aussicht gestellte grüne Zement existiert immer noch nicht. Der herkömmliche aber liefert zuverlässig etwa zehn Prozent der gesamten deutschen CO2-Emissionen - mehr als Flugverkehr und Rechenzentren zusammen, weil der chemische Prozess der Zementherstellung und die Verwendung des Baustoffes so nachhaltig sind wie der globale Klimakonferenztourismus.

Im Jahr 2021 produzierte der deutsche Bausektor 115 Millionen Tonnen CO2, die berechnete zulässige Jahresemissionsmenge wurde damit um zwei Millionen Tonnen überschritten, heißt es auf der Seite der Bundesregierung. Das muss nun noch mehr werden, um die Wohnungsbauziele zu erreichen. Zugleich aber viel weniger, weil in Zeiten der Klimakrise auch die Baubranche ihrer Verantwortung für den menschengemachten Klimawandel gerecht werden muss.

Neubau ja, aber anders

Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen mit Ministerin Klara Geywitz (SPD) an der Spitze will deshalb klimagerechtes Bauen vorantreiben: Neubau ja, aber ohne Treibhausgasemissionen. Wie aber baut man 400.000 Wohnungen im Jahr ohne Beton, ohne Flächenversieglung, ohne Stahl, ohne Steine und Plastikmaterial, mitten in Ballungsräume, in die immer mehr vor allem junge Menschen aus der Last Generation ziehen, weil sie kein eigenes Auto mehr haben wollen und deshalb nicht in Oma ihr klein Häuschen weit draußen auf dem Land ziehen können, wo der Bus nur zweimal die Woche vorbeikommt? 

Herkömmliche Neubauten in neuerschlossenen Stadtvierteln scheiden aus. Ob Penthäuser auf Supermarktdächen, die eine Zeit lang als renditeträchtige Nachverdichtungsmaßnahme gehandelt wurden tatsächlich die richtige Antwort auf die "Klimafrage der Zukunft" (HNA) sind, steht infrage, seit nicht einmal mehr von den kühnen Plänen des "sündenfreien Bauens" (verbietet-das-bauen.de) gesprochen wird. Neue Ankündigungen noch ehrgeizigerer Pläne für noch mehr Neubau aber, nur eben nachhaltig und viel später, beherbergen in der Regel kaum Mieter.

Klare Ansagen unklaren Inhalts

Traurige Tatsachen, die die Bauministerin gar nicht in Abrede stellt. "Die Häuser der Zukunft werden anders aussehen", hatte sie schon im Sommer vor zwei Jahren festgelegt und auf "andere Materialien" verwiesen, mit denen Häuser gebaut würden, die dann "anders beheizt" werden müssten. Ganz klare Ansagen mit bis heute unklarem Inhalt: Das "anders", gelegentlich auch als "klimagerecht", "nachhaltig" oder "ökologisch" beschrieben, ist kein "schnell hochgezogener Wohnblock" (DPA), bei dem "Klimagerechtigkeit und räumliche Qualität keine Rolle spielen", denn der könnte "die Wohnungsnot vielleicht akut mildern", schaffe aber "zugleich eine Hypothek für die Zukunft". Was es aber stattdessen sein wird, vermag niemand zu sagen. 

Irgendwas mit Kreislaufwirtschaft, ein "zirkuläres Bauen", bei dem aus alten Häusern neue werden, ohne neu zu bauen. Der Ausbau oder die Umnutzung von bereits existierendem Bestand, in den nicht noch einmal Zement, Stahl, Glas und Kupfer gesteckt werden, sondern "möglichst viele gebrauchte Materialien". Das hessische Korbach wurde immer gern genannt, in dem das alte Rathaus selektiv zurückgebaut und immerhin 6.000 Tonnen Abbruchmaterial verwendet wurden, um einen Neubau zu errichten. Leider aufgrund falscher Kalkulation am Ende leicht teurer als geplant, aber wer baut, kennt das. 

Wohnen auf kleinem Fuß

Wo aber so viel Abriss herbekommen, dass schon nächstes Jahr genug da ist für 400.000 Wohnungen? Oder stattdessen umsteigen auf Holz, zusammengezimmert mit gebrauchten Nägeln zu Häusern, in denen sich auf kleinem Fuß gut leben lässt? Oder muss nicht gleich radikal dort angesetzt werden, wo das Problem wurzelt: Beim Klimakiller Mensch, der nicht nur essen will, sich bewegen und kleiden, sondern auch noch wohnen? Klara Geywitz ist gefordert, hier rasch zu entscheiden.

4 Kommentare:

  1. Ob die Leute langsam kapieren, dass DIE nicht bloß mit ihnen spielen wollen, dass DIE sie nicht bloß ein bißchen ärgern wollen, dass DIE sie nicht bloß erziehen wollen?

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  2. Es ist anzunehmen, dass sie es NICHT kapieren. Schámä! Was schreiben welche Pipifaxe - Generalstreik, damit der Puff endlich zusammenkracht. Dass gerade DAS von DENEN gewollt sein könnte, ist außerhalb des Spießers Reichweite. Ähnliche Nummer: DIE wollen nur unser Geld. Unklauken Tüch - das brauchen DIE gar nicht: Es geht lediglich darum, dass wir keines haben.
    DIE gibt es übrigens mit und ohne Dreifachklammern - und es ist unter uns Verschwörungstheoretikern umstritten, wer von denen dabei Herrchen und wer Hundchen ist.

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  3. https://www.verbietet-das-bauen.de/

    Daniel Fuhrhop, Die Grünen
    Autor u.a. von 'Willkommens-Stadt - wo Flüchtlinge wohnen und Städte lebendig werden'

    That didn't age well, wie der Anglophone sagt. Manche Städte werden für mäkelige Zeitgenossen etwas zu lebendig.

    Über die Wohnsituation des grünen Baugegners Fuhrhop ließ sich leider nichts finden.

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  4. Bernd möchte gerne in einer Hütte wohnen

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